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REZENSIONEN




NEUE   BEITRÄGE

"Okaye Tage" von Jenny Mustard


Werbung ~ Rezensionsexemplar (Original: "Okay Days"/ 2023), dt. Übersetzung: eichborn Verlag 2023, Übersetzer*in: Lisa Kögeböhn (aus dem britischen Englisch), ★★★ 4 Sterne
Sommer in London: Die Schwedin Sam, impulsiv und leicht chaotisch, ist vorübergehend für ein Praktikum bei einer hippen Agentur in die Stadt gekommen. Auf einer Party trifft sie den idealistischen Luc, der nach der Uni noch nicht so recht seinen Platz in der Welt gefunden hat. Die beiden verlieben sich - im vollen Bewusstsein, dass ihre Verbindung aufgrund der Umstände nur von kurzer Dauer sein kann.


Meine Kurzrezension zu "Okaye Tage" auf Bookstagram

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Am liebsten würde ich in die Menge eintauchen, aber die Stickigkeit und der Lärm sorgen für Distanz. Als hätte ich eine VR-Brille auf, die mir weismachen will, dass alles um mich herum real ist, aber wenn ich die Hand ausstrecke, ist da nur Luft. Irgendwie paradox, nicht die virtuelle Welt für real zu halten, sondern die reale Welt für virtuell. Wahnvorstellungen im digitalen Zeitalter. 

- S.129f.

 

Zeitgenössische Romane, die aktuell viele junge Leute ansprechen, haben derzeit unter anderem die Gemeinsamkeit, dass sie nicht immer ein klares Ziel verfolgen und zudem stark die Dynamik oder auch Entwicklung der Protagonist*innen in den Fokus rücken.
Jenny Mustards "Okaye Tage" reihte sich für mich definitiv in diese Kategorie mit ein und ähnelt somit den Büchern von Sally Rooney und Coco Mellors.

Vorrangig wird nämlich die Frage aufgeworfen: "Wann weiß man eigentlich, dass man wirklich glücklich ist und man an dem Punkt im Leben steht, den man sich immer erträumt hat?"
Und die Protagonist*innen Luc und Samantha stellen sich diese Frage oft. Sehr oft. Der Roman erzählt eine sehr lebensnahe Geschichte über zwei Menschen, die sich mögen, Fehler begehen, versuchen vieles richtig zu machen und ihren Platz in der Welt zu finden sowie die Tücken des Arbeitsalltags zu überstehen.
Und obwohl Sams Herkunft Schweden eine Rolle spielt, kriegen wir hier das wilde Londoner Leben zu spüren.

 

 

„Es machte mir Angst, dass wir unter so unterschiedlichen Bedingungen lebten, uns gegenseitig nie hundertprozentig verstehen konnten. Also retteten wir uns ans Ufer, unterhielten uns wieder über Filme, Fernsehen und Essen. 

- S.294

 

Die Geschichte ist durchaus turbulent und doch geschieht gefühlt „wenig“. Der Fokus liegt für mich deutlich auf der Entwicklung der Figuren aufgrund der Geschehnisse. Als Leser*in spüren wir, wie jedes Erlebnis dafür sorgt, dass neue Überlegungen stattfinden und sich Luc und Sam daraufhin erneut ausrichten. Sei es wo sie sich Zuhause fühlen und mit wem sie sie selbst sein können.

Ich würde behaupten, auch wenn man weiß, worauf man sich einlässt (falls man eben Bücher sucht, die denen von Sally Rooney etc. ähneln), muss man in der passenden Stimmung sein, weil man die psychologischen Aspekte irgendwie feinfühliger wahrnehmen und auch damit zurechtkommen muss, dass man sich über viele Entscheidungen der Figuren ärgert.  
„Okaye Tage“ zeigt aber wunderbar auf, dass das Leben nicht immer perfekt ist, wir aber auch einiges (wenn auch nicht alles) beeinflussen können.
Die Figuren sind für mich keineswegs gleichbleibend sympathisch, aber ich mochte sie sehr, weil sie "frei" wirken. Sams unüberlegte und Lucs vorsichtige, rücksichtsvolle Art bilden eine sehr realistische Konstellation, welche die Geschichte auf besondere, feinfühlige und moderne Art erzählen.
 
 
Fazit
 
Wenn ihr einen Roman sucht, der kleine Jahresschnipsel einer Freundschaft und Beziehung mit Höhen und Tiefen aufzeigt, dabei auch ein wenig dem Schema der Planlosigkeit folgt und viel Wert auf die Feinheiten der Dynamiken in der zwischenmenschlichen Interaktion legt, werdet ihr das Buch mögen. Man sollte sich jedoch darauf einstellen, dass man manchmal den Kopf schüttelt und gleichzeitig mit einem Lächeln die authentischen Handlungen der jungen Protagonist*innen nachvollziehen kann.
Es ist aber definitiv ein Buch, das ein ganz eigenes "Feeling" hinterlässt.


 

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Book Ranking: Emily Henry

September 06, 2024


Gelesene Bücher von Emily Henry


Bereits seit einigen Sommern ist die Autorin Emily Henry die Hauptquelle, wenn man einen unterhaltsamen und gefühlvollen Liebesroman für die warmen Monate sucht und aus dem Bereich nicht mehr wegzudenken. Auch ich bin von ihren Geschichten angetan, denn sie sind leicht und versprühen grundsätzlich genau das richtige Gefühl.
Im August habe ich es nun endlich geschafft, die bisher fünf bekanntesten Emily Henry Bücher zu lesen und damit sozusagen auf dem neuesten Stand zu sein. Zu den Büchern gehören:
  • "People We Meet on Vacation"
  • "Book Lovers"
  • "Beach Read"
  • "Happy Place" &
  • "Funny Story"

Übrigens: Für nächstes Jahr April ist bereits ein neues Buch angekündigt. Die Geschichte trägt den TItel "Great Big Beautiful Life".

Da bei einigen Romanen die Meinungen auseinandergehen und ich auch überrascht war, dass bei mir einige "least favourites" durchaus zu den Favoriten zählten, habe ich gedacht, erstelle ich ein kleines Ranking. Die Platzierungen orientieren sich dabei an meinen ganz persönlichen Eindrücken während des Lesens. Sollte euer Lieblingsbuch daher nicht ganz weit oben stehen, nehmt es nicht zu ernst. Jede*r darf das Ranking natürlich ganz nach eigenem Belieben anders sehen. 

 

Diese Buchverfilmungen sind geplant

Spannend ist zudem, dass bereits für alle Geschichten dazugehörige Buchverfilmungen geplant sind. Als Film und auch als Serie.

In "People We Meet on Vacation" werden Tom Blythe (als Alex) und Emily Bader (als Poppy) in den Hauptrollen zu sehen sein.
Für alle weiteren Bücher steht der Cast bisher noch nicht fest beziehungsweise wurde noch nicht bekanntgegeben.
Es bleibt also spannend!

 

Mein Ranking 

 

Platz 5: "Happy Place"

"Happy Place" war das erste Buch, das ich von Henry vorbestellt und mich riesig drauf gefreut hatte. Und doch war es irgendwie genau das Buch, das mich dann letztlich am wenigsten gepackt hat.
Zwar mochte ich die Protagonistin, aber die Dynamik der Figuren, die Ausarbeitung der Beziehungsprobleme sowie auch das Ende, haben mich nicht wirklich abgeholt. Es wurde einiges zu stark in die Länge gezogen oder besser gesagt "dramatisiert", was für mich hätte nicht sein müssen.
Ich mochte jedoch das Setting und dass sich die Gruppe an einem Ort zusammenfindet, da es einen perfekten Urlaubs-/Sommerflair versprüht hat.

Es ist eine nette Geschichte, landet aber im Vergleich zum Rest leider auf dem letzten Platz.


Platz 4: "Funny Story"

Das neueste Buch der Autorin hat mich wirklich gut unterhalten. Die Idee, dass man das "flirty couple" aus zwei Verschmähten zusammensetzt, die beide die jeweiligen Ex-Partner kennen und nun als Zweckgemeinschaft zusammenleben, ist schon interessant.
Ich mochte zudem, dass der Aspekt der "Funny Story" so schön hervorgehoben wurde. Dadurch waren Anfang und Ende einfach wirklich perfekt aufeinander abgestimmt. 

Dennoch glaube ich, dass man hier noch speziellere Momente hätte reinbringen können. Ab einem gewissen Moment wusste man schon genau wie alles ausgeht und welche Konflikte noch entstehen. Mir hat das gute alte "gewisse Etwas" gefehlt, damit ich die Geschichte etwas höher platziert hätte.


Platz 3: - 

Auf Platz drei landet - Überraschung - keines der Bücher. "Funny Story" und "Happy Place" landen zwar grundsätzlich im Mittelfeld, in diesem Ranking jedoch hatte ich das Gefühl, das keines der Bücher auf diese Position passt. Dafür waren mir die bereits genannten doch zu "schwach", die anderen jedoch zu gut. 

Daher bleibt diese Stelle unbesetzt.



It hurts to want it all, so many things that can´t coexist within the same life. 
- "People We Meet on Vacation", S.285

 

Platz 2: "People We Meet on Vacation"

Mein Platz 2 ist vielleicht so ein "love it or hate it"-Fall, da ich weiß, dass viele dieses Buch gar nicht mögen. Das war auch genau der Grund dafür, warum ich es so lange vor mir hergeschoben habe. Als ich es diesen Sommer dann doch endlich gelesen habe, war ich sehr überrascht. Und zwar positiv. Denn ich finde, dass "People We Meet on Vacation" richtig gut ist.

Viele haben den Buchtitel selbst kritisiert, wobei ich auch hier finde, dass er wunderbar zur Geschichte passt. Ebenso mochte ich, wie gut die Protagonist*innen zusammen funktioniert haben, obwohl ihre Gegensätze im Vordergrund stehen (sollen). Die Dynamik hat zu schönen und unterhaltsamen Stellen geführt, die ich nach dem Lesen gerne nochmal aufgeschlagen habe.
Emily Henry spielt öfters mit Rückblenden und den "Second Chance"-Momenten, hier hat es mir aber besonders gut gefallen. 

Eventuell bin ich auch etwas voreingenommen an die Sache rangegangen, da ich eben wusste, dass das Buch verfilmt wird und ich mir viele Stellen bereits in filmischer Umsetzung vorgestellt habe und wirklich glaube, dass es richtig gut werden kann.
Nichtsdestotrotz kam "People We Meet on Vacation" genau zum richtigen Zeitpunkt und hat sich dadurch Platz 2 gesichert.


Platz 1: "Book Lovers" & "Beach Read"

Und somit haben wir nicht nur einen, sondern zwei Gewinner! "Book Lovers" und "Beach Read" liegen für mich wirklich sehr nah beieinander. Nicht nur, weil ich sie unheimlich gerne gelesen habe und irgendwie fast alles gepasst hat, sondern auch, weil sie sich stilistisch und inhaltlich doch ähneln.

Beide versprühen eben diesen sommerlichen Charme und dazu auch noch die Liebe zum Lesen sowie Büchern. So wie die Titel es andeuten, sind die Geschichten genau das Richtige für den Strand oder eben für Buchliebhaber.
Das Kleinstadt-Feeling und die Gespräche der Protagonist*innen sind auch hier wieder sehr unterhaltsam und haben doch etwas Besonderes an sich. Ich weiß noch, dass ich sehr überrascht davon war, wie erfrischend anders die Unterhaltungen verlaufen, im Vergleich zu den Romance-Büchern, die ich sonst kannte.

Mit diesen beiden Büchern habe ich mich in die Welt von Emily Henry gelesen und freue mich seitdem immer, wenn ein passendes Buch für die Sommersaison angekündigt wird. Daher verdient Platz 1.

 

 

Hearts can be so stupid. 
- "Happy Place", S.165

 

Ein Ranking für alle Zeiten?

So eine Platzierung hält bei mir meist so lange, bis ich die Bücher ein zweites Mal lese oder wenn eben Verfilmungen bevorstehen. Wenn ich die Filme/ Serien mag, kann es sein, dass ich danach auch die Bücher noch einmal neu einordne.
Daher behalte ich mir mal vor, das Ranking hin und wieder zu aktualisieren, sollte sich etwas ändern (oder neue Bücher hinzukommen). Man weiß ja nie...




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"Blue Sisters" von Coco Mellors

Juni 18, 2024


(Original: "Blue Sisters"/ 2024), Übersetzer*in: -, ★★★() 3,5 Sterne

Die deutsche Übersetzung ist unter dem Titel "Blue Sisters" im Eichborn Verlag erschienen.  

Die Blue Schwestern waren schon immer außergewöhnlich und außergewöhnlich anders. Da wären Avery, Bonnie, Lucky und Nicky, deren viel zu früher Tod die drei Schwestern hat taumeln lassen.
Als sich die drei nach einem Jahr in New York wiedersehen und versuchen den Verkauf der Wohnung aus Kindheitstagen zu verhindern, erkennen sie, dass sie nur durch das wieder Zueinanderfinden, an ihren Problemen arbeiten und das Leben wieder lieben lernen können.
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Lucky is twenty-six years old, and she is lost. In fact, all the remaining sisters are.
But what they don´t know is this: As long as you are alive, it is never too late to be found.
 
- S.7


Mit "Blue Sisters" bleibt Coco Mellors ihrem Stil weiterhin treu. Was das bedeutet? Für mich, dass der zweite Roman der Autorin erneut viele schöne und nachdenkliche Stellen beinhaltet, das "pure" Leben thematisiert und dennoch - und das sollte wirklich erwähnt werden - erneut auch die starke Abhängigkeit von Alkohol und Drogen im Vordergrund steht. 
 
Die Geschichte erzählt von den Leben der vier Schwestern, spaltet sich dabei in insgesamt drei Erzählstränge, die aber immer wieder zusammenlaufen, wenn etwas geschieht, das auf ein gemeinsames Erlebnis anspielt oder sich die drei an den gleichen Orten aufhalten. Ich mochte diese Herangehensweise, da wir dadurch jede Figur einzeln kennenlernen und uns dennoch die Dynamiken innerhalb der Familie vorstellen und eher greifen können. 
Die Erinnerungen an die vierte Schwester, Nicky, sind für mich die wohl emotionalsten, auch wenn jede der vier mit schwierigen Dingen zu kämpfen hat und emotionalen "Ballast" mit sich herumträgt. 
 
Was mich aber genau deshalb leider ein wenig enttäuscht hat, war, dass ich ständig das Gefühl hatte, dass etwas fehlt. Genau das ist ein wenig paradox, denn die Handlung selbst besteht durchaus aus Fortschritten und neuen Ansätzen. Auch die emotionale Ebene, die darauf anspielt, dass die Charaktere wachsen und die Vergangenheit verarbeiten sowie dass wichtige Gespräche geführt und Gedanken ausgetauscht werden, ist durchaus an vielen Stellen gut ausgebaut.
Dadurch habe ich gemerkt, dass es vielleicht daran liegt, dass ich mir im Mittelteil wohl eine etwas kompaktere und gezieltere Handlung gewünscht hätte. Der Roman zeigt in einem realistisch anhauchenden Stil auf, dass das Leben aus einem steten Vorwärtskommen und Rückwärtsgehen besteht. Für mich hat das an einigen Stellen leider in Romanform nicht ganz funktioniert. Hinzu kommt, dass ich gehofft hatte, dass hier die Beziehung der Schwestern noch stärker im Zentrum steht und nicht so oft und präsent von den Drogen- & Alkoholproblemen verdrängt wird. Zwar ist es ein wichtiges Thema, wird beleuchtet und kritisiert, letztlich ist es aber wieder zu banal behandelt worden, als dass es nicht wirkt wie ein schlecht verwendetes Stilmittel, um Sympathien zu erwecken.

 


Obwohl ich den mittleren Teil daher leider etwas schwächer fand, muss ich sagen, dass mich der Anfang und auch das Ende im Gegenzug abgeholt haben.
Die Einführung in die Figuren, die Stimmung, die wichtigen Themen, die angesprochen werden und auch eben der zentrale Aspekt der Verbindung der Schwestern, auch in Bezug zu dem problematischen Verhalten der Eltern, haben mir gefallen.
Jedoch fand ich die Beziehung zwischen Bonnie und ihrem Boxlehrer irgendwie merkwürdig und auch merkwürdig weitergeführt, nachdem wir den Time-skip haben.



It was true. Being one of four sisters always felt like being part of something magic. [...] The seasons, the elements. The points on a compass. [...] Four chambers of a human heart. 
- S.107


Fazit

Grundsätzlich hat mich der zweite Roman von Coco Mellors leider nicht so überzeugen können wie ihr Debüt "Cleopatra und Frankenstein". Obwohl ich die Thematik liebe, weil ich Geschichten über Schwestern großartig finde, fehlte es mir an einigen Stellen an den nötigen Emotionen, gezielteren Handlungsverläufen und auch dem altbekannten "show, don´t tell." Der Roman dreht leider wieder zu stark in die Richtung ab, dass es wie eine Sucht-, Alkohol- & Drogengeschichte schöner Menschen wirkt und nicht wie eine Familiengeschichte. Das mag für viele vielleicht sogar gut funktioniert haben, mir hat es letztlich leider nicht so gut gefallen. Da mir jedoch viele weitere Aspekte und auch die Sequenzen, die auf die Beziehung der Blue Schwestern abzielen, dennoch gefallen haben, blieb das Buch zum Schluss im Mittelfeld im Gedächtnis.


Weitere Rezensionen zu Büchern von Coco Mellors

"Cleopatra & Frankenstein"

 

 

 

 

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"Yellowface" von Rebecca F. Kuang

März 25, 2024


(Original: "Yellowface"/ 2023), Übersetzer*in: - , , ★★★ 4 Sterne

Die deutsche Übersetzung ist unter dem Titel "Yellowface" beim eichborn Verlag erschienen. 

Eine Notlüge. Dunkler Humor. Tödliche Konsequenzen...
Die Bestsellerautorin Juniper Song ist nicht, wer sie vorgibt zu sein. Sie hat das Buch nicht geschrieben, das sie behauptet eigenständig verfasst zu haben und sie ist ganz sicher nicht "Asian American".
Doch wie soll sie das richtigstellen? Soll sie das überhaupt? Und was werden die Leute sagen, falls die Wahrheit ans Licht kommt?


Meine Kurzrezension zu "Yellowface" auf Bookstagram

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Every author hates their imprint. There are no Cinderella stories - just hard work, tenacity, and repeat attempts at the golden ticket.“ 
- S.4

 

"Yellowface" ist ein Roman, der für mich erst nach und nach seine ganze Wirkung entfaltet. Die Einflüsse des "Krimis" scheinen für das Interesse am Weiterlesen im Vordergrund zu stehen, doch ehrlich gesagt besteht die Geschichte aus so viel mehr.

Der Roman kritisiert gekonnt die Buchszene (online, wie zum Beispiel auf Social Media), die Buchbranche sowie Verlagsarbeit generell. Natürlich vorrangig in Hinblick auf das gestohlene Manuskript und wie ein „Skandal“ für den Erfolg beiseitegeschafft und klein gehalten werden soll.
Obwohl ich verstehe, dass viele mit der Erzählerin nicht zurechtkommen, ist gerade ihre Art das Clevere an der Umsetzung. Sie rechtfertigt sich ständig, um ihr Gewissen zu erleichtern und man ertappt sich dabei, wie ab und zu Verständnis aufkommt. Natürlich bei dem eingewobenen persönlichen und doch traumatisierten Schicksal, aber eben nicht der bei dem üblen Angriff auf Minderheiten und rassistischen Ansichten. Gerade hier wird der Grat zwischen Verständnis und absoluter Abneigung für die Protagonistin sehr schmal.
Gleichzeitig macht sie einen so wütend, weil sie gewisse Dinge nicht versteht beziehungsweise nicht nachempfinden kann und will. Es entsteht ein Strudel von: Wer ist am übelsten dran und verdient den Erfolg nun wirklich?
Durch die Erzählweise müssen Leser*innen oft selbst abschätzen was ihnen negativ am Verhalten der Protagonistin auffällt, was ich ziemlich gut fand. Es verlangt uns also einiges an Selbstreflexion ab.
 
 
 

 

I know what you´re thinking. Thief. Plagiarizer. And perhaps, because all bad things must beracially motivated, Racist.
Hear me out.
It´s not so awful as it sounds.
 
- S.36

 

Das Thema der Aneignung spielt natürlich eine sehr große Rolle, wenn nicht eben die Rolle. Ich mochte, dass viele Aspekte aus mehreren Blickwinkeln betrachtet werden, dabei aber stets eine deutliche Botschaft vermittelt wird.
Die ständige Frage danach, ob der Diebstahl des Manuskripts nur auf einer moralischen Ebene hinsichtlich der Autorschaft untersucht werden sollte oder eben doch tiefgehender ist, führt erneut dazu, dass man sich als Leser*in in einer Schleife der Reflexion wiederfindet.

Einen besonderen Stellenwert hat weiterführend ebenfalls die im Buch auftauchende Kritik daran, dass man für Marketingzwecke eine Identität annimmt, die einem aller Deutlichkeit nach nicht gehört. Und das nicht nur in Hinblick auf das Buch selbst, sondern eben auch die Herkunft und die Kultur.
Wenn Buchbranche, also hier der Verlag, und Autorin Hand in Hand entscheiden, den Namen so für die Werbung des Buchs anzupassen, dass es "echter" oder "besser" wirkt, was sagt das über unsere Gesellschaft und den reinen Gedanken an "Profit und Erfolg geht über alles" aus?
Wichtige Fragen, deren Antworten man wie gesagt unbedingt auch für sich selbst beantworten muss. Das Buch versucht in beide Richtungen auszuschwenken, offenbart den Kern der eigentlichen Aussage aber durchaus.
 
 
Fazit
 
Was zunächst als makabre Situation startet, entfaltet sich zu einer Geschichte, die nicht mit Kritik an der Gesellschaft und Buchszene geizt. Die Spannung und das Tempo werden definitiv zugunsten des Leseinteresses aufrechterhalten, die leisen Zwischentöne und doch auch nachdenklichen Szenen bieten aber genug Raum für Reflexionen.
Insgesamt ist "Yellowface" ein wichtiges Buch, das durchaus unterhält, die wichtigsten Dinge und Aussagen aber zwischen den Zeilen versteckt hat
. Man sollte sich die Zeit nehmen, diese zu ergründen, denn der Buchmarkt steht hier zwar natürlich in der Schusslinie, es geht aber um deutlich wichtigere Themen.

  

 

 

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Zehn Jahre Bloggen: Lesegewohnheiten, die sich geändert haben

März 24, 2024

 

Zehn Jahre "little words"

Unfassbar, aber diesen Oktober wird mein Buchblog und gleichzeitig mein Lieblingsprojekt "little words" schon zehn Jahre alt. In all den Jahren durfte ich viel erleben, mich über viele Dinge freuen, an vielen schönen Events teilnehmen und wirklich fabelhafte (Buch-)Menschen kennenlernen. Es war und ist natürlich weiterhin ein Teil meines Lebens, welches ich keineswegs missen möchte. 

Als ich dann über die Anfänge und mein eigenes Leseverhalten zu Beginn meiner Bloggerzeit nachgedacht habe, ist mir aufgefallen, dass sich doch so einiges verändert hat. Natürlich in Hinblick auf die fehlende Zeit, wenn es um die Regelmäßigkeit des Bloggens geht, aber eben auch in Hinblick auf Lesegewohnheiten und Vorlieben.

Let´s have a look. 


Was hat sich nach 10 Jahren Bloggen im Leseverhalten geändert?

1. Hardcover-Liebling vs paperback

Für mich waren Hardcover-Ausgaben das Ding. Sie waren irgendwie schöner und haben im Bücherregal immer was hergemacht.
Mittlerweile hat sich das bei mir sehr geändert. Es gib Ausgaben, da warte ich eher auf das Taschenbuch, weil ich weiß, dass es platzsparender ist oder ich es eher in der Bahn/ unterwegs lesen will und es praktischer ist. Hardcoverausgaben sind für mich natürlich durchaus immer noch interessant und oftmals greife ich gerne zu ihnen, wenn ein Lieblingsbuch als Schmuckausgabe erscheint, aber ich habe mein Herz auch für Taschenbücher (besonders floppy paperbacks) geöffnet. 


2. Englische Bücher, E-Books & Hörbücher

Stichwort "floppy paperbacks", die es ja eher in englischsprachigen Verlagen gibt: Während und aufgrund meines Studiums bin ich stark auf englischsprachige Literatur umgestiegen. Obwohl ich Dank meiner Schwester immer Interesse an der Sprache hatte und auch in der Schule bilingual unterrichtet wurde, habe ich es immer vor mir hergeschoben regelmäßig englische Bücher zu lesen. Seit einigen Jahren jedoch lese ich beinahe ausschließlich auf Englisch, weil ich mich in dem Bereich deutlich sicherer fühle und mich viele deutsche Übersetzungen in den letzten Jahren leider enttäuscht haben.
Und auch hier muss ich gestehen, dass ich viele Cover einfach weiterhin viel schöner und ästhetisch ansprechender finde. Das hat sich nach all den Jahren leider nicht geändert, dass ich stark von Covern beeinflusst werde. 

Ebenso hat sich mein Leseverhalten hinsichtlich der Medien geändert. Durch meinen Beruf bin ich im ständigen Kontakt mit digitaler Literatur und ich muss wirklich sagen, dass ich sie nun mehr als schätze.
Damals war ich eher Team "nur gedruckte Bücher sind Bücher", worüber ich mittlerweile selbst nur müde lächeln und den Kopf schütteln kann. Natürlich sind E-Books und Hörbücher auch Bücher. Sie bieten viele Vorteile (vor allem unterwegs) und helfen vielen Menschen Zugang zur Literatur zu erhalten, die sie sonst nicht hätten.
Ich bin sehr froh, dass sich diese Sichtweise bei mir mit den Jahren geändert hat.


3. Vorsichtiges Lesen

Wer viel auf BookTok unterwegs ist, wird sicherlich schon das ein oder andere humorvolle Video dazu gesehen haben. Leser*innen sind entweder sehr vorsichtig, wenn sie lesen oder brechen dem Buch gleich drei Mal den Buchrücken, hinterlassen Eselsohren oder markieren und annotieren das Buch in jeder möglichen Farbe.
Ich für meinen Teil habe mit der Zeit gelernt, Bücher weiterhin gut zu behandeln zum Beispiel für den Fall, dass sie mir nicht gefallen und ich sie gerne weiterverschenken/ verkaufen möchte und mich dennoch nicht beim Lesen einzuschränken. Nichts ist schlimmer als sich ungemütlich für mehrere Stunden hinzusetzen, damit das Buch wie gerade neugekauft wirkt.  



4. Bücher (nicht) aussortieren

Nach zehn Jahren wüsste ich gar nicht wie das platztechnisch funktionieren sollte, wenn ich es nicht endlich geschafft hätte, Bücher regelmäßig auszusortieren. Ob Rezensionsexemplare, Buchgeschenke oder selbst gekauft, irgendwann sind die Regale einfach voll. Mich hat es zudem unzufrieden zurückgelassen, wenn ich in die Regale geschaut und gemerkt habe, dass mir viele Bücher davon nicht einmal gefallen haben. 

Daher plane ich mir nun immer wieder Tage ein, an denen ich meine Regale von nicht geliebten Büchern oder denen, die mir emotional gesehen nichts bedeuten, befreie. 

 

5. Lesetempo und Lesestatistik

Ich glaube, Leseflauten sind schon für viele ein Stressfaktor. Zu meinem Erstaunen muss ich allerdings sagen, dass ich davon in all den Jahren nie wirklich betroffen war, da ich mir einfach immer zwischendurch Phasen erlaube, an denen ich ein bis zwei Tage nicht lese und mich eher auf Musik oder anderes konzentriere. Danach kann ich es immer kaum erwarten wieder zu einem Buch zu greifen.

Dennoch sind mein Lesetempo und die Anzahl der im Monat gelesenen Bücher durchaus gesunken. Mit der Zeit überwiegen die beruflichen Aufgaben und die Kraft nach der Arbeit, Hausarbeit und anderen Verpflichtungen sinkt im Allgemeinen. Als ich mit dem Bloggen angefangen habe, befand ich mich gerade mitten im Studium und hatte einfach deutlich mehr Zeit zum Lesen, da ich unter anderem die Bahnfahrten immer vollends ausgenutzt habe. 

Ich bin also durchaus froh, wenn ich nun im Monat bis zu fünf Bücher schaffe. Aber das ist okay. Natürlich wartet mein tbr-Stapel sehnlichst auf mich, aber es ist absolut in Ordnung, wenn man das Tempo und die Anzahl von über zehn Büchern pro Monat irgendwann einfach nicht mehr halten kann.
Lesen sollte keine zusätzliche Aufgabe sein, die man versucht abzuhaken, sondern etwas. das einen gerade davon ablenkt.



Mehr Einblicke & Lesegewohnheiten auf Booktok // @karinlipski

Noch mehr kurze Einblicke in neue/ alte Gewohnheiten gibt es auf TikTok zu entdecken. Schaut gerne vorbei. Zum Beispiel bei "Meet the Booktoker": @karinlipski

 

 



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