"Okaye Tage" von Jenny Mustard

Oktober 21, 2024


Werbung ~ Rezensionsexemplar (Original: "Okay Days"/ 2023), dt. Übersetzung: eichborn Verlag 2023, Übersetzer*in: Lisa Kögeböhn (aus dem britischen Englisch), ★★★ 4 Sterne
Sommer in London: Die Schwedin Sam, impulsiv und leicht chaotisch, ist vorübergehend für ein Praktikum bei einer hippen Agentur in die Stadt gekommen. Auf einer Party trifft sie den idealistischen Luc, der nach der Uni noch nicht so recht seinen Platz in der Welt gefunden hat. Die beiden verlieben sich - im vollen Bewusstsein, dass ihre Verbindung aufgrund der Umstände nur von kurzer Dauer sein kann.


Meine Kurzrezension zu "Okaye Tage" auf Bookstagram

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Am liebsten würde ich in die Menge eintauchen, aber die Stickigkeit und der Lärm sorgen für Distanz. Als hätte ich eine VR-Brille auf, die mir weismachen will, dass alles um mich herum real ist, aber wenn ich die Hand ausstrecke, ist da nur Luft. Irgendwie paradox, nicht die virtuelle Welt für real zu halten, sondern die reale Welt für virtuell. Wahnvorstellungen im digitalen Zeitalter. 

- S.129f.

 

Zeitgenössische Romane, die aktuell viele junge Leute ansprechen, haben derzeit unter anderem die Gemeinsamkeit, dass sie nicht immer ein klares Ziel verfolgen und zudem stark die Dynamik oder auch Entwicklung der Protagonist*innen in den Fokus rücken.
Jenny Mustards "Okaye Tage" reihte sich für mich definitiv in diese Kategorie mit ein und ähnelt somit den Büchern von Sally Rooney und Coco Mellors.

Vorrangig wird nämlich die Frage aufgeworfen: "Wann weiß man eigentlich, dass man wirklich glücklich ist und man an dem Punkt im Leben steht, den man sich immer erträumt hat?"
Und die Protagonist*innen Luc und Samantha stellen sich diese Frage oft. Sehr oft. Der Roman erzählt eine sehr lebensnahe Geschichte über zwei Menschen, die sich mögen, Fehler begehen, versuchen vieles richtig zu machen und ihren Platz in der Welt zu finden sowie die Tücken des Arbeitsalltags zu überstehen.
Und obwohl Sams Herkunft Schweden eine Rolle spielt, kriegen wir hier das wilde Londoner Leben zu spüren.

 

 

„Es machte mir Angst, dass wir unter so unterschiedlichen Bedingungen lebten, uns gegenseitig nie hundertprozentig verstehen konnten. Also retteten wir uns ans Ufer, unterhielten uns wieder über Filme, Fernsehen und Essen. 

- S.294

 

Die Geschichte ist durchaus turbulent und doch geschieht gefühlt „wenig“. Der Fokus liegt für mich deutlich auf der Entwicklung der Figuren aufgrund der Geschehnisse. Als Leser*in spüren wir, wie jedes Erlebnis dafür sorgt, dass neue Überlegungen stattfinden und sich Luc und Sam daraufhin erneut ausrichten. Sei es wo sie sich Zuhause fühlen und mit wem sie sie selbst sein können.

Ich würde behaupten, auch wenn man weiß, worauf man sich einlässt (falls man eben Bücher sucht, die denen von Sally Rooney etc. ähneln), muss man in der passenden Stimmung sein, weil man die psychologischen Aspekte irgendwie feinfühliger wahrnehmen und auch damit zurechtkommen muss, dass man sich über viele Entscheidungen der Figuren ärgert.  
„Okaye Tage“ zeigt aber wunderbar auf, dass das Leben nicht immer perfekt ist, wir aber auch einiges (wenn auch nicht alles) beeinflussen können.
Die Figuren sind für mich keineswegs gleichbleibend sympathisch, aber ich mochte sie sehr, weil sie "frei" wirken. Sams unüberlegte und Lucs vorsichtige, rücksichtsvolle Art bilden eine sehr realistische Konstellation, welche die Geschichte auf besondere, feinfühlige und moderne Art erzählen.
 
 
Fazit
 
Wenn ihr einen Roman sucht, der kleine Jahresschnipsel einer Freundschaft und Beziehung mit Höhen und Tiefen aufzeigt, dabei auch ein wenig dem Schema der Planlosigkeit folgt und viel Wert auf die Feinheiten der Dynamiken in der zwischenmenschlichen Interaktion legt, werdet ihr das Buch mögen. Man sollte sich jedoch darauf einstellen, dass man manchmal den Kopf schüttelt und gleichzeitig mit einem Lächeln die authentischen Handlungen der jungen Protagonist*innen nachvollziehen kann.
Es ist aber definitiv ein Buch, das ein ganz eigenes "Feeling" hinterlässt.


 

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