(Original: "Yellowface"/ 2023), Übersetzer*in: - , , ★★★★☆ 4 Sterne
Die deutsche Übersetzung ist unter dem Titel "Yellowface" beim eichborn Verlag erschienen.
Eine Notlüge. Dunkler Humor. Tödliche Konsequenzen...
Die Bestsellerautorin Juniper Song ist nicht, wer sie vorgibt zu sein. Sie hat das Buch nicht geschrieben, das sie behauptet eigenständig verfasst zu haben und sie ist ganz sicher nicht "Asian American".
Doch wie soll sie das richtigstellen? Soll sie das überhaupt? Und was werden die Leute sagen, falls die Wahrheit ans Licht kommt?
„Every author hates their imprint. There are no Cinderella stories - just hard work, tenacity, and repeat attempts at the golden ticket.“
- S.4
Der Roman kritisiert gekonnt die Buchszene (online, wie zum Beispiel auf Social Media), die Buchbranche sowie Verlagsarbeit generell. Natürlich vorrangig in Hinblick auf das gestohlene Manuskript und wie ein „Skandal“ für den Erfolg beiseitegeschafft und klein gehalten werden soll.
Obwohl ich verstehe, dass viele mit der Erzählerin nicht zurechtkommen, ist gerade ihre Art das Clevere an der Umsetzung. Sie rechtfertigt sich ständig, um ihr Gewissen zu erleichtern und man ertappt sich dabei, wie ab und zu Verständnis aufkommt. Natürlich bei dem eingewobenen persönlichen und doch traumatisierten Schicksal, aber eben nicht der bei dem üblen Angriff auf Minderheiten und rassistischen Ansichten. Gerade hier wird der Grat zwischen Verständnis und absoluter Abneigung für die Protagonistin sehr schmal.
Gleichzeitig macht sie einen so wütend, weil sie gewisse Dinge nicht versteht beziehungsweise nicht nachempfinden kann und will. Es entsteht ein Strudel von: Wer ist am übelsten dran und verdient den Erfolg nun wirklich?
Durch die Erzählweise müssen Leser*innen oft selbst abschätzen was ihnen negativ am Verhalten der Protagonistin auffällt, was ich ziemlich gut fand. Es verlangt uns also einiges an Selbstreflexion ab.
„I know what you´re thinking. Thief. Plagiarizer. And perhaps, because all bad things must beracially motivated, Racist.
Hear me out.
It´s not so awful as it sounds.“
- S.36
Die ständige Frage danach, ob der Diebstahl des Manuskripts nur auf einer moralischen Ebene hinsichtlich der Autorschaft untersucht werden sollte oder eben doch tiefgehender ist, führt erneut dazu, dass man sich als Leser*in in einer Schleife der Reflexion wiederfindet.
Wenn Buchbranche, also hier der Verlag, und Autorin Hand in Hand entscheiden, den Namen so für die Werbung des Buchs anzupassen, dass es "echter" oder "besser" wirkt, was sagt das über unsere Gesellschaft und den reinen Gedanken an "Profit und Erfolg geht über alles" aus?
Wichtige Fragen, deren Antworten man wie gesagt unbedingt auch für sich selbst beantworten muss. Das Buch versucht in beide Richtungen auszuschwenken, offenbart den Kern der eigentlichen Aussage aber durchaus.
Insgesamt ist "Yellowface" ein wichtiges Buch, das durchaus unterhält, die wichtigsten Dinge und Aussagen aber zwischen den Zeilen versteckt hat. Man sollte sich die Zeit nehmen, diese zu ergründen, denn der Buchmarkt steht hier zwar natürlich in der Schusslinie, es geht aber um deutlich wichtigere Themen.