(Original: "Nothing Can Hurt You"/ 2020), Übersetzer*in: - , ★★★★☆ 4 Sterne
An einem kalten Wintertag in 1997 wird die Studentin Sara Morgan, in den umliegenden Wäldern ihres Kunst-Colleges in New York, ermordet. Ihr Freund, Blake Campbell, gesteht, doch seine Aussage, dass er an einer vorrübergehenden Verwirrung litt, führt zu mehr Fragen als Antworten.
Das Geschehen und der Fall verfolgen seitdem ein ungewöhnliches und überraschendes Netz an Menschen, von der jungen Frau, die Saras Körper entdeckte, bis hin zu der Nachwuchsreporterin, die eine Verbindung zum Serienkiller John Logan vermutet.
Die Jahre vergehen und weitere Menschen beginnen nach Erklärungen zu suchen, darunter auch Saras Halbschwester, die sich durch das Vermeiden des Themas "Blake" seitens ihrer Familie, als Babysittern ausgibt und eine eigene Form der Gerechtigkeit sucht, sowie eine Jugendliche, die Sara damals selbst babysittete und nun, als Teil eines Klassenprojekts, beginnt mit Logan Kontakt aufzunehmen.
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„And what about forgiveness? Certain things had to be unforgivable, otherwise the whole concept was meaningless.“
- S.28
In Geschichten, in denen ein Mord begangen wird und die, wie hier, auf wahren Begebenheiten beruhen (echte Namen und Orte wurden von der Autorin bewusst nie genannt), rechnet man sicherlich zunächst mit einer Wendung, einem doppelten Boden oder einer anderen spannenden Auflösung, die uns ins Stocken geraten lässt.
Wer das von diesem Buch erwartet, wird vielleicht enttäuscht sein, doch im Kern bietet "Nothing Can Hurt You" den Leser*innen dadurch so viel mehr.
Wer das von diesem Buch erwartet, wird vielleicht enttäuscht sein, doch im Kern bietet "Nothing Can Hurt You" den Leser*innen dadurch so viel mehr.
Der Mord an der jungen Sara bildet für alle Progatonist*innen den Mittelpunkt ihrer Gefühle, Gedanken und Aktionen. Was hier besonders auffällig ist: Wir kehren höchstens aus anderen Perspektiven zu uns bereits bekannten Figuren zurück. Jedes Kapitel wird nämlich aus Sicht einer anderen Person erzählt und zeigt, wie unterschiedlich das Schicksal der jungen Frau, das Leben der Umstehenden beeinflusst.
Mir gefiel diese Art der Erzählung sehr. Man muss sich zeitweise zwar viele Namen merken und ist gezwungen sich immer wieder die Verknüpfungen und Verbindungen zurückzurufen, aber man erhält dafür eine sehr packende und wirklich gefühlvolle Geschichte präsentiert.
Mir gefiel diese Art der Erzählung sehr. Man muss sich zeitweise zwar viele Namen merken und ist gezwungen sich immer wieder die Verknüpfungen und Verbindungen zurückzurufen, aber man erhält dafür eine sehr packende und wirklich gefühlvolle Geschichte präsentiert.
„Whenever anyone talks about the women who die young, they say how sad and terrible it is that these women never got a chance to have a real life, with a job and kids and marriage. But lots of women don´t get to do those things, or don´t want to. And Lizzie has a job, and she´s about to get married, and she´ll probably have kids at some point - but so what? Who fucking cares? she thinks, on the verge of tears. What exactly is Sara missing out?“
- S. 150f.
Die Blickwinkel lassen Gedanken zu, die in vielen Situationen sogar eher als Tabu angesehen werden zum Beispiel auch die Frage danach, was man mit Aussagen wie "Sie hatte noch so viel vor sich und wird jetzt nie die Möglichkeit haben, diese zu nutzen" eigentlich meint. Sind es mittlerweile leere Floskeln, die standardmäßig abgespult werden? Trauert man seinem eigenen, nicht genutzten Potential hinterher? Oder ist es ein Mitgefühl, das man einfach nicht anders benennen kann?
Ebenso werden brisante Themen angesprochen wie das Sympathisieren mit den Mördern, der Bewunderungskult um die Grausamkeit der Taten (Anspielungen an Hypes wie bei Netflix mit der Jeffrey Dahmer Serie) und auch die Frage danach, ob ein Verzeihen möglich ist.
Besonders gelungen fand ich zudem, dass man sich zwar in der Geschichte vorarbeitet und Neues erfährt, die Ausgangssituation aber immer die gleiche bleibt. Spekulationen werden zwar gewollt beibehalten, die Tatsachen werden aber nicht verändert.
So wird die Figur von Blake Campbell so eingeführt, dass man als Leser*in auch mit Überlegungen hinsichtlich des "Mordes durch den Freund" konfrontiert wird. Wie kann es sein, dass ein Bekannter oder Geliebter zu so einer Tat in der Lage ist?
So wird die Figur von Blake Campbell so eingeführt, dass man als Leser*in auch mit Überlegungen hinsichtlich des "Mordes durch den Freund" konfrontiert wird. Wie kann es sein, dass ein Bekannter oder Geliebter zu so einer Tat in der Lage ist?
Das Tempo ist einerseits schnell, da die Kapitel wirklich nicht lang sind, andererseits jedoch auch gedrosselt, da die vielen Einblicke stets auf Rückblicke Bezug nehmen.
Ein Buch, das sich schwer in eine Schublade stecken lässt. Die Aufarbeitung des Mordes durch die vielen verschiedenen Blickwinkel sorgen für Spannung, aber auch für eine Betrachtungsweise, die sich sehr auf die Gefühlswelt und den psychologischen Aspekt der Figuren und Schicksale konzentriert. Im Vordergrund steht demnach nicht zwingend die Tat selbst, sondern die daraus resultierenden Handlungen und Überlegungen der Protagonist*innen. Ein sehr kluger, wenn auch durchaus düsterer Roman.
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