"Yellowface" von Rebecca F. Kuang

März 25, 2024


(Original: "Yellowface"/ 2023), Übersetzer*in: - , , ★★★ 4 Sterne

Die deutsche Übersetzung ist unter dem Titel "Yellowface" beim eichborn Verlag erschienen. 

Eine Notlüge. Dunkler Humor. Tödliche Konsequenzen...
Die Bestsellerautorin Juniper Song ist nicht, wer sie vorgibt zu sein. Sie hat das Buch nicht geschrieben, das sie behauptet eigenständig verfasst zu haben und sie ist ganz sicher nicht "Asian American".
Doch wie soll sie das richtigstellen? Soll sie das überhaupt? Und was werden die Leute sagen, falls die Wahrheit ans Licht kommt?


Meine Kurzrezension zu "Yellowface" auf Bookstagram

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Every author hates their imprint. There are no Cinderella stories - just hard work, tenacity, and repeat attempts at the golden ticket.“ 
- S.4

 

"Yellowface" ist ein Roman, der für mich erst nach und nach seine ganze Wirkung entfaltet. Die Einflüsse des "Krimis" scheinen für das Interesse am Weiterlesen im Vordergrund zu stehen, doch ehrlich gesagt besteht die Geschichte aus so viel mehr.

Der Roman kritisiert gekonnt die Buchszene (online, wie zum Beispiel auf Social Media), die Buchbranche sowie Verlagsarbeit generell. Natürlich vorrangig in Hinblick auf das gestohlene Manuskript und wie ein „Skandal“ für den Erfolg beiseitegeschafft und klein gehalten werden soll.
Obwohl ich verstehe, dass viele mit der Erzählerin nicht zurechtkommen, ist gerade ihre Art das Clevere an der Umsetzung. Sie rechtfertigt sich ständig, um ihr Gewissen zu erleichtern und man ertappt sich dabei, wie ab und zu Verständnis aufkommt. Natürlich bei dem eingewobenen persönlichen und doch traumatisierten Schicksal, aber eben nicht der bei dem üblen Angriff auf Minderheiten und rassistischen Ansichten. Gerade hier wird der Grat zwischen Verständnis und absoluter Abneigung für die Protagonistin sehr schmal.
Gleichzeitig macht sie einen so wütend, weil sie gewisse Dinge nicht versteht beziehungsweise nicht nachempfinden kann und will. Es entsteht ein Strudel von: Wer ist am übelsten dran und verdient den Erfolg nun wirklich?
Durch die Erzählweise müssen Leser*innen oft selbst abschätzen was ihnen negativ am Verhalten der Protagonistin auffällt, was ich ziemlich gut fand. Es verlangt uns also einiges an Selbstreflexion ab.
 
 
 

 

I know what you´re thinking. Thief. Plagiarizer. And perhaps, because all bad things must beracially motivated, Racist.
Hear me out.
It´s not so awful as it sounds.
 
- S.36

 

Das Thema der Aneignung spielt natürlich eine sehr große Rolle, wenn nicht eben die Rolle. Ich mochte, dass viele Aspekte aus mehreren Blickwinkeln betrachtet werden, dabei aber stets eine deutliche Botschaft vermittelt wird.
Die ständige Frage danach, ob der Diebstahl des Manuskripts nur auf einer moralischen Ebene hinsichtlich der Autorschaft untersucht werden sollte oder eben doch tiefgehender ist, führt erneut dazu, dass man sich als Leser*in in einer Schleife der Reflexion wiederfindet.

Einen besonderen Stellenwert hat weiterführend ebenfalls die im Buch auftauchende Kritik daran, dass man für Marketingzwecke eine Identität annimmt, die einem aller Deutlichkeit nach nicht gehört. Und das nicht nur in Hinblick auf das Buch selbst, sondern eben auch die Herkunft und die Kultur.
Wenn Buchbranche, also hier der Verlag, und Autorin Hand in Hand entscheiden, den Namen so für die Werbung des Buchs anzupassen, dass es "echter" oder "besser" wirkt, was sagt das über unsere Gesellschaft und den reinen Gedanken an "Profit und Erfolg geht über alles" aus?
Wichtige Fragen, deren Antworten man wie gesagt unbedingt auch für sich selbst beantworten muss. Das Buch versucht in beide Richtungen auszuschwenken, offenbart den Kern der eigentlichen Aussage aber durchaus.
 
 
Was zunächst als makabre Situation startet, entfaltet sich zu einer Geschichte, die nicht mit Kritik an der Gesellschaft und Buchszene geizt. Die Spannung und das Tempo werden definitiv zugunsten des Leseinteresses aufrechterhalten, die leisen Zwischentöne und doch auch nachdenklichen Szenen bieten aber genug Raum für Reflexionen.
Insgesamt ist "Yellowface" ein wichtiges Buch, das durchaus unterhält, die wichtigsten Dinge und Aussagen aber zwischen den Zeilen versteckt hat
. Man sollte sich die Zeit nehmen, diese zu ergründen, denn der Buchmarkt steht hier zwar natürlich in der Schusslinie, es geht aber um deutlich wichtigere Themen.

  

 

 

4 Kommentare:

  1. Hallo Karin, ich beginne es demnächst und bin soo gespannt. Tolle Bilder!

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    1. Danke dir! :)
      Oh, dann muss ich Ausschau nach deiner finalen Meinung halten, bin sehr gespannt, was du dazu ssagst!

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  2. ich bin mir nicht sicher, ob ich das Buch lesen will oder nicht. Es klingt auf jeden Fall interessant. Ich hatte mal in "Babel" reingelesen, war aber nicht besonders angetan. Lag vielleicht einfach am Genre. "Yellowface" ist eher mein Ding, würde ich mal sagen. Im Moment hab ich aber noch andere Bücher, die ich lesen will. Als nächstes steht z. B. "American Gods" an.

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    1. Ja, also man muss schon sagen, dass "Babel" und "Yellowface" ganz unterschiedlich sind. Denke, dass dir letzteres dann eventuell tatsächlich mehr zusagen würde.

      Wünsche dir aber erst einmal viel "Spaß" mit "American Gods". :) Ist auch nicht ohne, aber ich hab es gemocht.

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