Neuzugänge: Penguin Minis und Bookstagram-Verlockungen

November 22, 2019

Bücherstapel-Neuzugänge
Penguin Minis-Puffin in Bloom
The Hazel Wood-Melissa Albert

Seit den letzten (kleinen) Geburtstagsneuzugängen sind wieder einige Bücher bei mir eingetrudelt und momentan bin ich wieder voll und ganz im Lesefieber, denn die früh eintretende Dunkelheit am Tag sorgt für die perfekte Lesestimmung. Zudem könnte ich einfach den ganzen Tag damit verbringen mir alle Bücher anzuschauen (in meinem Regal oder auch auf Instagram), sie neu anzuordnen, die Vorsatzpapiere und die, sich unter dem Schutzumschlag verborgenen, Zusätze wiederzuentdecken und sie anzuschmachten. Es ist wirklich nichts Neues, aber jedes Mal, wenn man wieder feststellt, wie sehr man gewisse Dinge liebt und sie einen glücklich machen, fühlt man sich einfach wohl und beinahe geborgen. Als würde einem jemand zuflüstern, dass man endlich seine Leidenschaft gefunden hat und man allein dadurch eine gewisse Inspiration in sich trägt. Für mich können Bücher und das Entdecken neuer Geschichten genauso aufregend und spannend sein, wie für andere ein Ausflug zum Bungee Jumping. Somit präsentiere ich - Et voilá - die Neuzugänge im November:

  • Genau einen Monat sind die kleinen Puffin in Bloom Bücher nun auch in der Penguin Minis-Variante auf dem Markt. Gestartet ist die Reihe mit einem John Green Set (mittlerweile gibt es noch zahlreiche weitere Romane in dem Format), welches ich bisher allerdings etwas gemieden habe. Die Verfilmung zu "Paper Towns" fand ich nicht so überzeugend, dass ich, nach "The Fault in Our Star", noch zu weiteren Romanen von ihm greifen wollte (lediglich "Turtles all the way down" habe ich noch etwas im Blick). Aber mal zurück: Obwohl ich schon die großen Ausgaben der Puffins besitze, konnte ich letztlich doch nicht widerstehen. Die Minis sind perfekt für Unterwegs und man kann sie in beinahe jede noch so kleine Tasche packen. Dieses Set besteht aus "A Little Princess", "Anne of Green Gables" & "Heidi". "Little Women" ist leider nicht dabei, aber wie schon auf Instagram angedeutet, denke ich, dass es etwas zu wuchtig für das Format gewesen wäre.
  • "The Hazel Wood" von Melissa Albert: Ich bin mal wieder spät dran, denn Anfang 2020 wird schon die Fortsetzung folgen. Nichtsdestotrotz dachte ich mir, kann ich ruhig mit dem ersten Teil beginnen. Es klingt nach einem Buch, das wunderbar in die Herbst-/ Winterzeit passt. Hier verweise ich zwar nicht auf eine Bookstagram-Empfehlung, aber meine Schwester hat das Buch vor einiger Zeit ebenfalls gelesen und war recht angetan. Das stimmt mich dann immer zuversichtlich.
  • Über das Rezensionsexemplar zu Lauren Groffs "Florida" habe ich mich ebenfalls sehr gefreut. Bei mir liegt hier zwar noch ihr Roman "Fates & Furies", aber mit Kurzgeschichten fällt es mir manchmal leichter zu beginnen. Man tastet sich dann Stück für Stück, Kapitel für Kapitel vor und hat schon einmal einen etwas gröberen Eindruck vom Schreibstil. Nachdem @literarischernerd die Erzählungen auch so sehr gelobt hat, bin ich nun umso gespannter darauf!
  • Ebenfalls als Rezensionsexemplar eingezogen ist das Buch "Gartenstadtbewegung", herausgegeben von Tobias Roth und erschienen im Verlag "Das kulturelle Gedächtnis". Die Bücher, die dort veröffentlicht werden sind ein Hingucker. Hochwertiges Papier und oben gibt es einen farblich angepassten Buchschnitt. In diesem Buch finden sich "Flugschriften, Essays, Vorträge und Zeichnungen aus dem Umkreis der Deutschen Gartenstadtgesellschaft". Ich habe mich bis jetzt noch nie mit diesem Thema befasst und auseinandergesetzt, daher bin ich auch hier gespannt, was mich erwarten wird. Der Klappentext klingt aber recht vielseitig. Gerade in der heutigen Zeit, in der bezahlbare Wohnungen immer seltener werden und die Klimadebatte im vollen Gange ist, scheint es hochaktuell zu sein.
  • "Orchid & The Wasp" von Caoilinn Hughes: Das Buch habe ich das erste Mal auf dem Instagram-Account von @biblio.babble entdeckt und war sofort von dem Cover angetan. Zudem geht es laut Angaben um die Anforderungen an persönlichen Ambitionen im Leben und um soziale Umbrüche, also ein guter Roman, wenn man wieder Lust auf einen Roman hat, der die Schwierigkeiten des Alltags hervorhebt.
  • "Bunny" von Mona Awad hat mich ebenfalls des Öfteren auf Instagram verfolgt. Zuerst gesehen bei @missbookiverse, habe ich direkt mal etwas nachgehakt, ob es sich lohnt. Kurz darauf habe ich es dann auch noch öfters bei @lottelikesbooks entdeckt, die es sogar mit fünf Sternen bewertet hat. Und irgendwie war ich seither ziemlich neugierig darauf. Es soll wohl etwas heftig sein, wenn es um den Umgang mit Tieren geht, aber wenn selbst Margaret Atwood von dem Buch schwärmt, habe ich die Hoffnung, dass es alles einen "Sinn" macht und es eine Botschaft verfolgt, also nicht wahllos auf Gewalt aus ist. Hoffe daher, dass ich es schaffen werde, das Buch in ganz naher Zukunft zu lesen.
  • Und dann wurde es auch mal Zeit (nach gefühlt zehn Jahren), dass ich endlich den zweiten Teil "The Girl Who Fell Beneath Fairyland and Led the Revels There" der "Fairyland"-Reihe von Catherynne M. Valente weiterlese. Ich kann mich daran erinnern, dass der erste Teil ebenfalls wunderbar in den Herbst gepasst hat. Verträumt und doch voller abenteuerlicher Bezüge zur Realität. Ich freu mich schon darauf! Bleiben dann also nur noch drei weitere Bände...


Habt ihr eines der Bücher schon gelesen? Würde euch eines besonders ansprechen? Wie sieht eure momentane Lesesituation aus?

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Die Geheimnisse der Gaslight Lane (The Gower Street Detective #4) von M.R.C. Kasasian

November 18, 2019

Buch-Die Geheimnisse der Gaslight Lane-Kasasian
Werbung ~ Rezensionsexemplar (Original: "The Secrets of Gaslight Lane"/ 2016) Atlantik Verlag (2019), Übersetzer/in: Alexander Weber (aus dem Englischen), ★★★☆☆ 3 Sterne
"Alles ist ruhig in der Gower Street 125 – zu ruhig. Während Sidney Grice über die anatomische Struktur menschlichen Haares nachdenkt, raucht seine Patentochter March Middleton eine heimliche Zigarette nach der anderen. Endlich werden die beiden von einer jungen Dame erlöst, die Sidney um Hilfe bittet. Ihr Vater wurde brutal ermordet. Alles geschah in seinem hermetisch abgeriegelten Haus und es gibt keine Spuren eines Einbruchs. Doch schnell kommt Sidney dahinter, dass er in Wahrheit zwei Mordfälle aufklären muss. Denn Onkel und Tante des Verstorbenen wurden zehn Jahre zuvor auf die gleiche grausame Art umgebracht. Kein leichtes Unterfangen – selbst für Londons besten Detektiv."
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"'Sie hat numal nich unsere Intelligentheit, nich wahr, Sir?' versetzte Molly süffisant, und ihr Dienstherr musterte sie prüfend.
          'Deine kognitive Insuffizienz wird einzig noch von deinem mentalen Vakuum übertroffen', entgegnete er, und Molly grinste.
'Keine Sorge, Miss', beschied sie mir. 'Von Ihnen sagt er dasselbe.'
      'Ganz bestimmt tut er das' , versicherte ich ihr." 
S.40

Oh wow, ich hatte wirklich vergessen, wie unausstehlich Sidney Grice sein kann. Er wettert gegen alles und jeden, aber eines muss man ihm lassen - er "verachtet" alle Menschen gleichstark. An der einen oder anderen Stelle habe ich mich gefragt, ob ich sensibler geworden bin oder ob sich die Ausdrücke und Kommentare der Figuren wirklich verschärft haben. Ich muss leider gestehen, dass es mir in diesem vierten Band oftmals schon einfach zu viel war. Der Autor hat sich hier etwas zu sehr an Sidney Grice ausgetobt und es meiner Meinung nach etwas zu weit getrieben. Und das, obwohl seine helfende Hand Miss Middleton klar macht, dass sie ihm in seinen Ansichten nicht zustimmt und auch gegen ihn wettert.
Dies rettet den Roman hinsichtlich dieser Äußerungen ein klein wenig. Denn March Middleton und die Haushaltskraft Molly sind so eigen und versuchen im 19. Jahrhundert tatsächlich eine Art Gleichberechtigung für Frauen voranzutreiben. Man merkt immer mal wieder durchaus, dass hier versucht wird die negativen Seiten des Ermittlers abzumildern und sie zu kritisieren. Dennoch gab es für mich leider zu viele kritische Begriffe, die irgendwie unüberlegt reingeworfen wurden, selbst in einem sehr sarkastischen, humorvollen Kriminalroman. 

"'Alibis sind wie Hosen.' MrG fuhr mit dem Finger wieder zurück. 'Je öfter man sie trägt, desto fadenscheiniger werden sie.'” S. 69

"Der Diener straffte seinen Rücken und streckte die Brust heraus wie ein Gefreiter beim Antreten. 'South Easterly Gale Nutter, zweiunddreißig Jahre alt, Sir.'
       'Entschuldigen Sie...' Nur mit Not konnte ich ein Lachen unterdrücken. 'Heißen Sie wirklich so?'
'Jawohl Miss' , sagte er. 'aber alle nennen mich Easterly. Öch habe zwei Brüder, Westerly und Norherly, und eine Schwester namens Southerly.'"
S.106

Der Fall selbst war dieses Mal wieder recht interessant und bot einige Entwicklungen, die man nicht vermutet hat. Allerdings hatte ich auch hier das Gefühl, dass sich der Autor etwas zu sehr hineingesteigert hat. Es gibt sehr viele Figuren, Namen, Orte, Daten und Fälle, die einem beinahe um die Ohren geworfen werden und einige davon kann man sich einfach nicht vernünftig merken. Dadurch viel es auch oftmals schwer selbst "Ermittlungen" aufzunehmen.
Man kann allerdings nicht behaupten, dass es demnach langweilig ist, da ständig etwas geschieht oder angedeutet wird. Ebenfalls wird sehr häufig von den Taten berichtet, die mit reichlich Blut und aufgespießten Körpern zu tun haben, was mir zusätzlich an vielen Stellen überflüssig schien. Der Fokus lag aber eher auf den scharfzüngigen Interaktionen der Figuren, die mir, wie ich schon angedeutet habe,  diesmal einfach zu extrem waren, auch wenn man an der einen oder anderen Stelle durchaus schmunzelt (wenn es gerade nicht beleidigend ist, sondern ein gut überlegter Schlagabtausch stattfindet).

"'Solch bittere Armut neben solchem Reichtum', klagte ich. 'Es muss etwas getan werden.'
        'Da kann ich Ihnen nur zustimmen.' , sagte MrG und stiefelte durch die Nebelschwaden. 'Man sollte sie alle fortjagen.'
'Der beste Weg sich der Armen zu entledigen, ist, sie reich zu machen.' wiedersprach ich. Doch da widmete er sich bereits der Eingangstür und den quer verlaufenden Metallriemen, mit denen sie beschlagen war.
"
S.103


Der vierte Fall von Sidney Grice und March Middleton hat viel Tempo, ist aber auch ziemlich blutig und verliert sich manchmal in zu vielen Einzelheiten, da es schwer fällt, über die Personen und Ereignisse den Überblick zu behalten. So sehr ich die Dynamik der Protagonisten eigentlich schätze, schien mir hier über die Stränge geschlagen worden zu sein. Mr. Grice äußert Dinge, die einfach zu weit gehen und manchmal einen merkwürdigen Beigeschmack hinterlassen, trotz der guten und charmanten Gegenwehr der Damen im Haus.

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Once Upon a River von Diane Setterfield

November 14, 2019

Buch-Once Upon a River-Diane Setterfield
Buch-Once Upon a River-Diane Setterfield
(Original: "Once Upon a River"/ 2018) Emily Bestler Books (Simon & Schuster Imprint), Übersetzer/in: -, ★★★★(☆) 4,5 Sterne
An einem kalten Winterabend in einem antiken Gasthaus, entlang der Themse, unterhalten sich die Stammgäste, indem sie sich Geschichten erzählen. Doch plötzlich wird die Tür aufgestoßen und ein verletzter Mann tritt ein. In seinen Armen hält er den Körper eines ertrunkenen Kindes. Nur einige Stunden später beginnt das Mädchen allerdings wieder zu atmen und bewegt sich erneut unter den Lebenden.
Ist es ein Wunder? Oder doch Magie? Und zu wem gehört das Mädchen?
Die britische Online-Zeitung "Independent" sagt, das Buch vereine einen Hauch von "Jane Eyre", "Rebecca" und "The Woman in White".
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"She tried to catch the tail end of the feeling and name it. Almost too late, yet she did catch it, fleetingly, for she heard the words her tongue pronounced in the empty room:
'Something is going to happen.' " 
S.65

"Once Upon a River" ist endlich mal wieder eines dieser Bücher, das mich absolut gefesselt hat, bei dem es mir aber umso schwerer fällt, die Magie, die davon ausgeht, wirklich zu beschreiben. Vielleicht auch, weil ich vermute, dass sie nicht bei jedem gleich stark hervorgerufen werden wird.
Der Roman, die Geschichte mit märchenhaften Elementen, die Erzählung, der etwas von "magical realism" anhaftet, man könnte viele Genres und viele Beschreibungen für Setterfields Text heranziehen, aber es bleibt ein Text, den man nicht gänzlich kategorisieren kann.
Ebenso bin ich mir sicher, dass für den einen vielleicht zu wenig geschieht, für den anderen hingegen zu viel, denn das Buch beinhaltet viele - wirklich viele - Wendungen und Plottwists, die einen immer wieder nach vorne gehen oder zurücktreten lassen. Perspektiven werden gewechselt, Vergangenheiten werden hervorgeholt und Geheimnisse werden offenbart. Für mich persönlich haben die vielen Wendungen durchaus Sinn gemacht und haben nicht für eine Überfüllung der Handlung gesorgt. Die Geschichte lebt davon, dass alles möglich sein könnte, dass zu jedem Zeitpunkt, eine andere Wahrheit existieren kann und es einen Erzähler gibt, der sich und diese Wahrheit im Verborgenen hält. Die Spannung war für mich daher durchaus in beinahe jedem Kapitel gegeben.

"There are stories that may be told aloud, and stories that must be told in whispers, and there are stories that are never told at all.” S. 247

Was mich allerdings weitaus mehr beeindruckt hat als die Spannung, war die bloße Idee, die Wortwahl und diese sogenannte "Magie", die alles umschließt. Immer mal wieder kamen Sätze, wie aus dem nichts, die mich gepackt haben und mich nicht loslassen wollten, weil sie in sich vor der Grenzenlosigkeit sprühen. Ich liebe Geschichten, die dies bewirken können. Das Gefühl, dass der Text einem kleine Hinweise zuschiebt, die man entweder annehmen kann und sich in eine ganz besondere Welt entführen lässt oder aber die Hinweise so deutet, dass man sich auf einem sicheren Pfad befindet, den man jederzeit verlassen könnte, wenn man wollte. Es ist eine Geschichte, die um das Erzählen selbst kreist und den Leser / die Leserin vielleicht auch dazu ermutigt, selbst Geschichten weiterzuerzählen.
Diese ganze Stimmung wird wunderbar getragen von dem historischen Setting. Besonders gelungen fand ich die Verbindung zu der damals noch aufwendigen Produktion von Fotografien und der Tradition sich in den Gasthäuserin, wie dem "Swan" zu treffen. Ebenfalls geglückt ist das durchgängige Aufgreifen des Sees und des Wassers, was durch die Nässe und teilweise Kälte dafür sorgt, dass man das Buch wunderbar an Herbst- /Winterabenden lesen kann.
Gesagt werden muss aber auch, dass das Buch gewisse Themen anspricht, nicht zwingend explizit, aber doch gezielt auf diese verweist, die mit traumatischen Erlebnissen und der Bewältigung dieser zu tun haben. Dadurch passiert es, dass man von diesem märchenhaften Stil durchaus abrupt in eine kalte, echte, und harte Welt katapultiert wird, die sich mit dem menschlichen Abgrund beschäftigt. Psychologische Ansichten werden hiermit zwangsläufig auch bedient und greifen oft die Überlegungen der psychischen Unterdrückung oder Manipulation auf.

"The philosophers of the Swan fell to thinking and very quickly to disputing. Does the occurrence of one impossible thing increase the likelihood of a second?" S. 301


Ein Roman, den man schwer kategorisieren kann, der sich aber durchaus zwischen einer märchenhaften, magischen und einer "kalten", realen Welt bewegt. Es gibt viele Wendungen und mögliche Ansätze zur Interpretation, für mich jedoch liegt die Besonderheit darin, dass der Text zum Glauben an das Unmögliche einlädt. Trotz einiger kleiner Kritikpunkte, bisher eines meiner Highlights.

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Neverwhere (London Below #1) von Neil Gaiman

November 09, 2019

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Viele Leser / Leserinnen haben lange darauf gehofft, vor zwei Jahren wurde es dann schon einmal bestätigt, und nun ist es bald soweit. Die Fortsetzung (oder Erweiterung) von "Neverwhere" steht in den Startlöchern und soll nächstes Jahr im September unter dem Titel "The Seven Sisters" erscheinen. Aus gegebenem Anlass habe ich nun erneut zu dem Roman gegriffen und frische die alte Rezension zusätzlich ein wenig auf. Hat sich meine euphorische Ansicht über die Geschichte gelegt? Will ich immer noch eine Fortsetzung lesen (Das kleine Büchlein "How The Marquis Got His Coat Back", das ebenfalls zu dieser Welt gehört, mal außer Acht gelassen)?

"She nodded. The rain fell harder, pattering on the roofs and on the asphalt of the road. 'I´d watch out for doors if I were you." S. 3

Was erwartet den Leser in "Neverwhere"?

Richard Mayhew ist ein junger, gutherziger Mann mit einem recht gewöhnlichen Leben, welches sich jedoch für immer verändert, nachdem er einem Mädchen hilft, das er blutend auf dem Gehweg Londons vorfindet. Sein Akt der Hilfsbereitschaft manövriert ihn direkt hinein in eine Welt, von der er niemals geahnt hat, dass sie existierten könnte. Es gibt Menschen, die durch das Raster der Gesellschaft fallen und Richard wird zu einem von ihnen. Er muss lernen, in der Stadt voll von Schatten und Dunkelheit, Monstern und Heiligen, Mördern und Engeln zu überleben und gleichzeitig herausfinden, wie er in das London, das er kennt, zurückgehen kann.

Kritikpunkte, denen ich aus der alten Rezension immer noch zustimme

Es ist durchaus so, dass ich vielen Kritikpunkten aus meiner alten Besprechung zustimmen würde. Einiges sollte aber durchaus ergänzt werden, denn es klingt oftmals tatsächlich so, als sei ich verwundert darüber gewesen, dass eine Fantasygeschichte mit phantastischen Elementen spielt (okay...?). Daher folgt nun eine Rezension, die sich auf meine nun etwas erweiterte "Leseerfahrung" stützt.
  • Die Geschichte ist "typisch Neil Gaiman": Definitiv! Man lernt eine Parallelwelt Londons kennen, die vollkommen neuartig und einzigartig ist, die man sich aber dennoch gut vorstellen kann. Eine Welt, die neben unserer existiert und die wir nicht wirklich wahrnehmen, weil wir es nicht wollen. Gaiman schafft es daher, dem Leser / der Leserin wieder den berühmt berüchtigten Spiegel vorzuhalten und die Gesellschaftsnormen in Frage zu stellen. Zusätzlich gibt es Charaktere und Figuren, die nach der Handschrift des Autors schreien und welche mit der Mythologie verwoben werden.
  • Humor, eine gute Portion Mystery, Tiefgang und kleine Horrorelemente werden gelungen vereint: Tatsächlich findet man hier von allem etwas und es wirkt überhaupt nicht überladen. Durch die Aufgaben, die der Protagonist erledigen muss, ist ein Stillstand nicht gegeben und man schwankt ständig zwischen erfreulichen Passagen, die einem ein Lächeln entlocken, schaurigen oder sogar emotionalen Passagen.
  • Die Figuren funktionieren als Gruppe sehr gut: Damit ist gemeint, dass sich die Dynamik der Charaktere sehr gut entwickelt und man niemanden als überflüssig ansieht. Bei jedem fragt man sich, ob man ihm / ihr vertrauen kann. Selbst die kleineren Auftritte, wie von "Anaesthesia" bleiben im Gedächtnis und sorgen für ein vertrautes Gefühl. 
  • Es gibt spannende Plot-Twists: Nach dem zweiten Lesedurchgang kann ich dem zwar immer noch zustimmen, jedoch würde ich schon sagen, dass sich einiges anbahnt und man dies auch wahrnimmt. Nichtsdestotrotz hatte ich tatsächlich einige Wendungen wieder vergessen und wurde dann mit diesen überrascht. Dadurch bleibt die Geschichte glücklicherweise durchgängig spannend und lässt zu, dass man mit rätselt, während man sich von Kapitel zu Kapitel begibt.


Kritikpunkte, die noch erwähnt werden sollten

  • London!: Was ich in der ersten Rezension gar nicht erwähnt habe, ist die Tatsache, dass London hier wahnsinnig gut in Szene gesetzt wird. Neil Gaiman beschreibt die Straßen, die Orte, wichtige Sehenswürdigkeiten so herrlich, dass man direkt dort hinfahren wollen würde. Man findet hier ebenso einige sehr schöne Überlegungen, wieso gewisse Stationen so heißen, wie sie nun einmal heißen und welche Geschichten sich um diese Orte und benannten Figuren ranken. Die Reihe heißt schließlich nicht umsonst "London Below". Daher gibt es auch einen klaren Pluspunkt für das gesamte Setting. Wichtig und gut zugleich aber: Londons "Schattenseiten" und die Kritik werden aufgegriffen, sprich auch das Gesellschaftsraster, durch das viele zu fallen scheinen.
  • Das Buch ist für viele Leser / Leserinnen geeignet: Quasi für alle, die auf spezielle und ausgefallene, Fantasy angehauchte, Geschichten stehen und die sich gerne darauf einlassen etwas Neues und Ungewöhnliches zu erleben. Dennoch bleibt das Spiel und die Frage nach Wahrheit und Fiktion ständig erhalten. 
  • Das Spiel mit Türen und Schlüsseln. Der Aspekt nimmt einen großen Teil in dem Roman ein und ich finde ihn unfassbar spannend. Die Figur "Door" verweist bereits darauf, dass die Übergänge zwischen den "Welten" eine besondere Rolle spielen und diese Spielerei wird, meiner Meinung nach, im gesamten Roman gelungen aufrecht erhalten. Wie werden Orte betreten, wie wieder verlassen? Welche Schlüssel benötigt man? Allein die Vorstellung der Möglichkeit einer solchen "Reise" ist sehr einnehmend und macht Lust darauf, sich selbst eine ganz eigene Welt zu erschaffen oder diese zumindest selbst um gewisse Eigenschaften zu erweitern. Der Roman fördert damit die eigene Fantasievorstellungen und macht dadurch unheimlich Spaß.

"Everybody was buying. Everybody was selling. Richard listened to the market cries as he began to wander through the crowds.
    'Lovely fresh dreams. First-class nightmares. We got ´em Get yer lovely nightmares here'.
S.110

Fazit

Ja, ich will unbedingt eine Fortsetzung lesen! Zwar bin ich mir nicht ganz sicher, ob Richard Mayhew und Door wieder im Fokus stehen werden, da der Titel unweigerlich auf die Figuren "The Seven Sisters", die bereits in Teil 1 kurz erwähnt wurden, verweist, aber dennoch kann ich es kaum erwarten wieder in diese Welt einzutauchen. Bis dahin werde ich mir noch die kleine, bereits erwähnte, Zusatzerzählung "How The Marquis Got His Coat Back" schnappen.

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Dubliner von James Joyce

November 05, 2019

Dubliner-von-James Joyce-Manesse-Bibliothek
Buch-Dubliner-von-James Joyce
Werbung ~ Rezensionsexemplar (Original: "Dubliners"/ 1914) Manesse Bibliothek (2019), Übersetzer/in: Friedhelm Rathjen (aus dem irischen Englischen), ★★★(★)☆ 3,5 Sterne
"Das Augenmerk dieses legendären Klassikers gilt nicht den Lichtgestalten, sondern den Stiefkindern des Glücks – den Sündern und Lügnern, den Bedrückten, Säufern und Schmarotzern. Wie der «Ulysses» lebt auch Joyce‘ Erstling «Dubliner» von der faszinierenden Atmosphäre seiner Vaterstadt. In fünfzehn Storys schildert der Autor darin das Alltagsleben einfacher Leute. Das Bahnbrechende daran: die nackte Realität wird von ihm weder beschönigt noch diffamiert. Um große Literatur zu schaffen, braucht Joyce keine spektakulären Schicksale. In der Welt der kleinen Leute findet er den Reiz ungeschminkter Wahrheiten und den Stoff, aus dem die wahren Dramen des menschlichen Daseins sind."
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"' Schlüpf mal runter, Gabriel, sei bitte so gut und sieh nach, ob mit ihm alles in Ordnung ist, und lass ihn nicht rauf, wenn er beduselt ist. Ganz sicher ist er beduselt. Ganz sicher."  S. 316

Die Flasche Stout. Eine der wohl am häufigsten erwähnten Gegenstände in "Dubliner" und für viele ein treuer Gefährte. Die Erzählungen halten sich alle zwischen einem träumerischen "Es könnte sich alles zum Guten wenden" und  dem gegensätzlichen "Es wird sich nichts ändern" auf. Die Figuren schildern ihren Alltag, aus dem sie meist ausbrechen möchten, der sie aber schon beinahe wie ein wildes Tier gefangen hält. Wirklich raus aus ihrer Situation kommen sie nicht.
Grundsätzlich finde ich den Erzählband durchaus lesenswert, wenn man Einblicke in die Version des menschlichen Alltags in Irland aus James Joyces´ Sicht erhalten möchte. Allerdings fand ich einige der Erzählungen etwas zäh und für mich persönlich schienen sie sich manchmal um sich selbst zu kreisen, ohne so wirklich auf den Punkt kommen zu wollen (erinnerte mich an "Ulysses", nur deutlich weniger komplex). Vielleicht genau das Gefühl also, was die Protagonisten in Hinsicht auf das Leben verspüren und dennoch, wenn man es in dem Moment liest, fällt es manchmal einfach schwer, sich darauf zu konzentrieren. Ab und an schweiften meine Gedanken schon beinahe ab oder gesellten sich eher noch einmal zu der bereits davor gelesenen Erzählung. Und dies ist auch ein Phänomen, das ich beim Lesen gemerkt habe. Im Moment des Lesens fehlte mir manchmal das Besondere, was mich gepackt hielt, als ich die Geschichte dann beendet hatte, entfalteten sich erst die Gedanken und dadurch gefielen sie mir deutlich besser. Zu einigen hingegen habe ich einfach nicht diesen sogenannten "Draht" gefunden. Vielleicht fehlte mir hier einfach auch die Vorkenntnis der Gegebenheiten des damaligen Irlands und der Ängste wie auch Wünsche der Menschen dort.

"Die Bürger Dublins werden davon profitieren. Sieh dir bloß mal die ganzen Fabriken unten an den Kais an, da steht alles still! Sieh dir das ganze Geld hier im Lande an, wenn wir bloß die alten Industrien wieder in Gang kriegten, die Mühlen, die Schiffswerften und Fabriken. Kapital ist das, was wir brauchen." S. 226f.

In den Geschichten und den Leben, die Joyce skizziert, steht sehr vieles zwischen den Zeilen. Der Leser wird in den Alltag eines Menschen hineingeworfen, der zunächst sehr ausführlich dargelegt wird. Dabei wird wirklich alles Mögliche genannt, vorwiegend auch das Gerede der Nachbarn und die momentane Situation. Diese beherbergt aber immer ein Geheimnis, das mit Sehnsüchten zu tun hat. Und in vielen Fällen, bekommt man die Auflösung mit einem Satz, irgendwo am Ende der Geschichte, präsentiert, die man nur entschlüsseln kann, wenn man diese Enttäuschungen, Ängste oder Akzeptanz irgendwie nachvollziehen kann. Dies ist mir besonders bei der Geschichte "Arabia" aufgefallen, welche ich letztlich mitunter am gelungensten fand. Dort kommen diese Verbissenheit und Wunschvorstellung, mit einem Ereignis sein Leben "besser" machen zu wollen und die abrupte Feststellung, dass dies in den meisten Fällen nicht funktioniert und man sich oft selbst täuscht, zusammen. Alles aber auf so eine wirklich subtile und doch geniale Art, dass ich beeindruckt gewesen bin.

"Die Luft war erbarmungslos rau, und tief im Herzen schwante mir schon Schlimmes."  S. 48


Ein Erzählband, welcher sicherlich angenehmer zu lesen ist als "Ulysses" und dennoch das Leben der Iren gelungen porträtiert. Dennoch entfalten die Geschichten erst nach dem Lesen die eigentliche Wirkung, wenn man sich die Zeit nimmt, um sie zu reflektieren. Dadurch empfindet man leider ab und zu, während des Lesens, das Gefühl, als seien die Erzählungen langatmig und würden sich in sich selbst verlieren. Vieles steht zwischen den Zeilen verborgen und wird nicht konkret benannt, sodass man auch durchaus die Äußerungen der Protagonisten in Hinsicht auf ihren Wahrheitsgehalt anzweifeln muss. Für mich gab es daher einige Geschichten, die ich besonders gut fand und einige, zu denen ich (noch) keine Verbindung aufbauen konnte.

Innenansicht-vom-Buch-Dubliner-James Joyce
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