Jane Austen: Eine Entdeckungsreise durch ihre Welt von Holly Ivins

April 11, 2017











(Original: "The Jane Austen Pocket Bible: Everything you want to know about Jane and her novels" / 2010) DVA Verlag, Übersetzer/in: Sabine Roth (aus dem Englischen), 240 Seiten, gebunden★★ 4 Sterne 

„Haben Sie schon einmal von Mr. Darcy geträumt? Wären Sie nicht auch gern die Auserwählte, der ein Gentleman wie Mr Knightley beim Contredanse sehnsüchtige Blicke zuwirft? Wie es im Herzen der Frauen aussieht, weiß keine Autorin so gut wie Jane Austen. Noch heute lieben und leiden viele Leserinnen mit den Schwestern Bennet und Dashwood, und die Welt der englischen Klassikerin fasziniert nicht weniger als vor 200 Jahren. Holly Ivins gewährt uns Blicke hinter die Fassaden der prunkvollen Herrenhäuser und beschreibt mit großer Lust am Detail, wie man sich als Dame schicklich kleidete und wie ein Gentleman seiner Angebeteten formvollendet den Hof machte. Sie erzählt davon, was Mann durfte, Frau aber nicht, für die es sich vor allem nicht ziemte, Romane zu schreiben. Lassen Sie sich entführen in den Alltag in der Regency-Zeit – Holly Ivins weiht Sie ein in die Geheimnisse von Jane Austen.“


MEINE MEINUNG | FAZIT

"Am Ende dieses kleinen Führers sollten Ihnen Austens Romane nicht mehr als einschüchternde Klassiker vorkommen, sondern wie alte Freunde." S.10

Jane Austen, wer kennt und liebt sie nicht? Ihre Bücher sind wahre Klassiker, die nicht nur uns Leser privat unterhalten, sondern auch viele Produzenten zu den unterschiedlichsten Adaptionen verleiten. Dem ganzen Jane Austen- Universum geht das Büchlein hier Schritt für Schritt auf den Grund. Was schon nach dem ersten Kapitel auffällt ist, dass der englische Titel "Pocket Bible" schon ganz gut beschreibt, worauf man sich hier einlassen kann. Denn es werden zwar die wichtigsten Eckdaten rund um die Person Jane Austen und deren gesellschaftlichen Status und Umgang geschildert, aber alles eben recht kompakt und zusätzlich auch in einigen Stichpunkten. Man hat also alles parat, was man über sie oder ihre Werke wissen muss, es bleibt aber alles etwas überschaubar. Einige Details werden auch in mehreren Kapiteln erneut aufgegriffen, so sind auch einige Wiederholungen nicht ganz ausgeschlossen. Etwas detaillierter geht es jedoch bei den, in Jane Austens Romanen, auftretenden Figuren zu. Hier gibt es wirklich viele Informationen zu den vielleicht manchmal unterschwelligen Anspielungen an die damalige Etikette oder Ähnliches, was wirklich wissenswert ist. Besonders für Einsteiger ist das Buch sicherlich gut geeignet, da sie hier auf die ausführlichen Figurenbezüge zurückgreifen können, falls man bei allen Liebesverknüpfungen durcheinander kommt.

"Während sich heutzutage viele Bekannte mit Handschlag begrüßen, war das Händeschütteln zur Regency-Zeit nur unter engen Freunden üblich - daher Harriets Glück, als Emma ihr die Hand gibt.“  S.47

Zudem wird natürlich auch auf die möglichen privaten Fakten in Bezug auf die Autorin selbst eingegangen. Wie sah ihr Liebesleben aus? Gab es wirklich niemanden, an den sie ihr Herz verschenkt hat? Für mich ist das Buch wunderbar, um solche netten Details zu erfahren, oder eben um sein Wissen etwas aufzufrischen. Ganz zu schweigen von den recht ordentlichen Tipps, die das Buch ebenso zu bieten hat. Es führt zum einen die ganzen Orte auf, die eine wichtige Rolle in den Romanen spielen und verleitet einen beinahe dazu, dass man sich auf der Stelle solch eine Erkundungsreise buchen wollen würde. Ebenfalls kann man sich auf zahlreiche Nennungen verschiedener Filmadaptionen freuen, die man nacheinander "abarbeiten" könnte. Zusätzlich werden auch hier ganz interessante Details verraten, wie zum Beispiel welche Kostüme bereits in anderen Filmen getragen wurden oder Ähnliches. Für bereits richtig eingeschweißte Jane Austen Fans wird es hier wohl nicht sehr viel Neues zu erfahren geben (wenn man sich vielleicht schon selbst ausgiebig über ihr Leben und ihre Werke informiert hat), aber ich finde es ist ein sehr schönes Buch, um die wichtigsten Fakten beisammen zu haben. Ebenfalls erfreut man sich einfach an der schönen Gestaltung und dem Gefühl, sofort alle Werke Jane Austens erneut lesen zu wollen oder damit zu beginnen.

"Ruhm und eine gewinnträchtige Laufbahn anzustreben galt in der damaligen Gesellschaft als undamenhaft, darum machten es viele Autorinnen wie Austen und entschieden sich für eine anonyme Veröffentlichung, um sich keiner üblen Nachrede auszusetzen." S.87


Durchaus gelungene Zusammenstellung der wichtigsten Fakten rund um Jane Austen, die damalige Regency-Gesellschaft und ihre zahlreichen Romane. Geht außer bei der ausführlichen Beschreibung und Verknüpfungen der Figuren aus den Romanen, zwar nicht zu tief ins Detail, was die Zeit und Jane Austens Leben anbelangt, ist aber dennoch informativ und zahlreich an kleinen "Nice-to-know" Stichpunkten. Die schöne Gestaltung sorgt dafür, dass auch richtige Jane Austen Fans, ihre Freude an dem Buch finden werden.


Vielen Dank an den DVA Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!


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Kein Tee für Mr. Darcy (Tea Time #2) von Janina Venn-Rosky

April 09, 2017






(Original: "-" / 2017) Selfpublishing: Bibliografie auf der Autorenseite» , Übersetzer/in: -, 357 Seiten,  Taschenbuch★★ 3 Sterne 

Buchreihe: 1. "Liebe in Teedosen" , 2. "Kein Tee für Mr. Darcy",  3. folgt
„Bloggerin Jane liebt englischen Tee, fantastischen Kuchen, die Welt von Jane Austen und natürlich Mr. Darcy. Für andere Helden ist in Janes Leben kein Platz vorgesehen. Dennoch versucht ein echter Gentleman sich mit einer gehörigen Portion Fantasie, Beharrlichkeit und vielen Tassen Tee in ihr Herz einzuschleichen. Doch Jane wird das seltsame Gefühl nicht los, dass er etwas vor ihr verheimlicht …
Auch im Tea Time sieht die Lage alles andere als rosig aus. Durch eine hinterhältige Intrige ist der kirschrote Teesalon plötzlich in großer Gefahr. Finden Jane und ihre Freundinnen einen Weg, ihren gemeinsamen Traum zu retten? Als auch noch ein Brief von Mr. Darcy höchstpersönlich bei Jane eintrudelt, ist das Chaos perfekt. Kann sie die Chance ihres Lebens ergreifen, ohne ihre Freundinnen zu verlieren? Außerdem ist sie nicht die Einzige, die Tee mit Mr. Darcy trinken will. Und auch der hat so einiges zu verbergen …
Umgeben von allem, wovon sie immer geträumt hat, muss Jane sich fragen, wohin ihr Herz gehört, wenn die Show vorbei ist. Doch das ist alles andere als einfach. Denn – wer kann schon Mr. Darcy widerstehen? Ein Roman über große Träume, echte Freundinnen … und Mr. Darcy“


MEINE MEINUNG | FAZIT

Mit dem zweiten Teil, der sich mit dem hübschen Café "Tea Time" beschäftigt, sorgt die Autorin wieder einmal für ganz verträumte Lesestunden. Klar betitelt ist das Buch als "Frauenroman" und ich glaube in dieser sehr konkreten Eingliederung liegt auch ein wenig seine Stärke. Denn das Buch ist sicherlich gut, um wirklich mal abzuschalten und sich dem schmachtenden Herzen hinzugeben, das sich nach leckeren Kuchenrezepten und an Jane Austen angelehnte Liebesbegegnungen sehnt. Ich persönlich finde es immer unfassbar schwer, bei Liebesromanen oder "Frauenromanen" eine vernünftige Bewertung abzugeben, da hier die Atmosphäre wohl eine der größten Rollen einnimmt. Was die Handlungen betrifft, weiß man als Leser ja meist, wie es ausgehen könnte. Und genau diese Atmosphäre mag ich auch an den Büchern von Janina Venn-Rosky. Ich habe mich tatsächlich gefreut, wieder die Eindrücke des "Tea-Time" wahrzunehmen, mich mit Jane an einen Tisch zu setzen und im Gedanken neue Teesorten auszuprobieren und einfach mal eine gewisse Leichtigkeit zu verspüren, die man mit diesen typischen "Mädchensachen" einfach hat. Auch hier fand ich es wieder ganz gelungen, dass die erwähnten Gebäckstücke mit passendem Rezept hinten ergänzt wurden. Es ist einfach so eine Reihe, die man mit wohligem Gefühl beginnt und beendet und bei der man weiß, dass sie zur reinen Unterhaltung dient. Mich unterhält sie aber bisher ganz gut. Ab und an habe ich noch etwas das Gefühl, dass die Dialoge zu gestellt wirken und manchmal zu oft die Namen bei den Gesprächen genannt werden, was bei einem ganz alltäglichen Dialog unter Freunden ja nicht unbedingt der Fall ist. Dennoch hilft es natürlich dabei, gezielter zu erkennen, wer nun was gesagt hat.

"´Viele denken, es wäre schlimm, vor der Realität davonzulaufen, aber meinst du nicht, dass ab und zu ein wenig Eskapismus erlaubt ist? Eine kleine Flucht vor der Welt?´" S.24

Im Mittelpunkt der Fortsetzung steht hier nun "Jane", die Jane Austen Bloggerin des Trios. Ganz klar war für mich, dass mich dieses Buch wohl am meisten interessieren würde, denn ich liebe Blogs und Jane Austen selbstverständlich auch. Von der Entwicklung der Geschichte war ich ebenfalls positiv überrascht, denn Jane verweilt nicht nur in Berlin im "Tea Time", sondern begibt sich auf ganz genau genommen zwei Reisen nach England. Zu Beginn einmal nach Bath und dann noch einmal auf ein recht geheimnisvolles Anwesen von Mr. Darcy persönlich. Zwischen beiden Erlebnissen kommt der Teeladen aber natürlich auch nicht zu kurz. Darüber hinaus mochte ich, dass zu Beginn etwas dieses Jane Austen Treffen thematisiert wurde, wobei ich auch gerne noch mehr darüber gelesen hätte, da es sich tatsächlich ganz interessant angehört hat und ich das Gefühl hatte, dass man an diesem Ort ebenfalls eine ganze Handlung hätte spielen lassen können. Insgesamt gefiel mir die Mischung aus beiden Schauplätzen aber und auch der Einfall mit Mr. Darcys Brief und seinen folgenden Konsequenzen konnte mich gut unterhalten. Auch hier tauchen natürlich gezielt ganz spezielle "Frauenthemen" auf, die den Verlauf der Geschichte etwas erahnen lassen, aber ich muss gestehen, dass mir einfach der ganze Charme der Jane Austen Welt und auch der Charme der Bloggerin ganz gut gefallen haben. Und auch die Anspielung des Titels auf den weiteren Verlauf der Geschehnisse hat mich irgendwie zum Schmunzeln gebracht.

"´Ich bin mir nicht sicher. Ich meine, ich liebe seinen Stil und seinen Geschmack, aber ich will keinen konservativen Mann!´

          ´Aber du würdest gern im 19. Jahrhundert leben?´ ,bohrte Olivia nach. ´Meinst du nicht, dass 
           da ein kleiner Widerspruch verborgen liegt?´" S.88


Ganz süße Fortsetzung über das Trio des "Tea Time" Cafés, bei dem die Bloggerin Jane im Vordergrund steht. Dadurch werden natürlich auch viele Bezüge zu Jane Austen gezogen und es wird ebenfalls mit den Figuren aus ihren Romanen gespielt, im Fokus natürlich "Mr. Darcy". Die Dialoge konnten mich nicht immer überzeugen, die Atmosphäre und das lockere Gefühl, das man beim Lesen hat aber dafür umso mehr. Wer also gerne in romantische Geschichten entflieht und sich von Tee, Gebäck (mit passenden Rezepten), Jane Austen Bezügen und der gewissen Prise "typischer" Liebesgeschichten verzaubern lassen möchte, der liegt hiermit ganz richtig.



Vielen Dank an die Autorin Janina Venn-Rosky für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!


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Wem erzähle ich das? von Ali Smith

April 06, 2017


(Original: "Artful" / 2012) Luchterhand Verlag, Übersetzer/in: Silvia Morawetz (aus dem Englischen), 224 Seiten, gebunden★★(☆) 4 bis 5 Sterne 

„Wenn Ali Smith die Regeln des Erzählens erklärt, entfalten sich Geschichten. Ihre Vorlesungen über Literatur sind eine Liebesgeschichte, wie sie noch keiner je gehört hat – eine Geschichte zweier Liebender ebenso wie die Geschichte der Liebe des Menschen zur Kunst und was sie für unser aller Leben bedeutet.“


MEINE MEINUNG | FAZIT

"Ein volles Jahr und ein Tag mögen als kurze Zeit durchgehen, aber dreißig Jahre? Wie konnte es sein, dass mir dreißig Jahre vorkamen wie ein bloßer Wimpernschlag?" S.16

Wenn man als Leser selbst Literatur studiert, oder genauer gesagt das Studienfach "Komparatistik" und man ein Buch wie dieses entdeckt, das Vorlesungen zu genau dieser Richtung beinhaltet, dann schlägt das Literatur-Herz ein wenig höher. Zugegeben, an der ein oder anderen Stelle habe ich mir die Frage gestellt, ob das Buch wirklich so ein großes Publikum ansprechen würde, da es in sich sehr verschachtelt ist, was die verschiedenen Bezüge zu anderen Büchern anbelangt. Die Intertextualität steht hier sicherlich sehr stark im Vordergrund, so kommen zwar vor allem sicherlich Germanistik oder Komparatistik Studenten auf ihre Kosten, aber dennoch bietet das Buch darüber hinaus auch weitaus mehr und das auch für Leser, die sich einfach von einer ganz eigenen Art von Text inspirieren lassen möchten.
Obwohl der Text hauptsächlich aus den Auszügen der Vorlesungen besteht, ist er auch zum Großteil Fiktion, der zwei Protagonistinnen einbaut, die zu dem Zeitpunkt auf ganz spezielle Art und Weise "kommunizieren". Der Leser wird dazu aufgefordert deren Logik zu folgen und sich so Schritt für Schritt an unterschiedliche, aber dennoch zusammengehörende Themen anzunähern, die zwar literarisch geprägt sind, die aber auch ganz natürliche Fragen des Lebens beantworten. Abwechselnd gibt es also die Annäherung an die fiktive Handlung, wie aber auch die Annäherung an die Vorlesungen. Was mich persönlich sehr interessiert hat, waren natürlich auch die vielen Textbezüge, die aufgeführt werden. Zentrales Werk ist hier aber wohl "Oliver Twist" von Charles Dickens, welches alle Kapitel mit einander verbindet. Zusätzlich zu den Kapiteln gibt es im Innenteil eine kleine Auswahl an Bildern, die etwas die Stimmung des Textes einfangen. Sie sind zeitlos, träumerisch und auch surreal, für mich eine ganz gut getroffene Darstellung dessen, was man auch von dem Text erwarten kann. Beinhaltet sind, die auch als Kapitelüberschriften gewählten Themen wie "Zeit", "Form" oder "Ränder", die nicht nur auf literarische Weise untersucht werden, sondern eben auch auf menschliche.

"Du gehst zu deinen Bücherregalen (wir sind da noch nicht zusammengezogen, haben noch nicht getan, was das größte Versprechen überhaupt ist: unsere jeweiligen Bücher in eine gemeinsame Bibliothek zu überführen), ziehst ein schmales Bändchen von Jane Austen heraus, schlägst es auf und blätterst, bis du das Gesuchte findest.“  S.27f.

Was die Sprachwahl angeht, war ich größtenteils sehr positiv überrascht, wahrscheinlich aber auch durch den fiktiven Teil, mit dem ich zu Beginn gar nicht gerechnet hatte. Es werden ebenfalls sehr viele Gedichte und Textstellen anderer Autoren angeführt, die natürlich den literaturwissenschaftlichen Aspekt wunderbar abdecken. Einige Gedichte sind sogar, was mir sehr gefallen hat, auch in der Originalsprache sprich Englisch abgedruckt. Bei den anderen wurde, meiner Meinung nach, viel Wert darauf gelegt, dass die Verbindungen zu gewissen Anspielungen gut verständlich sind und auch aufgegriffen wurden. Sind demnach englische Begriffe für ein weiteres Verständnis ausschlaggebend, werden diese auch in der bestmöglichen Form, sei es auch in Klammern, genannt. 
Mein einziges Kriterium an dem Buch waren wirklich Kleinigkeiten, die ich auch nach mehrmaligem Lesen nicht in einen logischen Einklang bringen konnte. Ich bin mir nicht sicher, ob das auch von der Übersetzung gewollt war, weil es dem Originaltext entspricht, oder ob es schlichtweg Flüchtigkeitsfehler sind, aber sie haben dem Text oftmals das Gefühl einer Unverständlichkeit verliehen. Ein Beispiel wäre zum Beispiel dieser Satz: "Du tratst in das Zimmer, als wärst du blind, hinter dir eine Spur aus grobkörnigem Zeug, sehr ähnlich dem, was ich in der Hand hatte, als wir alle dabeistanden und ich die Urnevoll du auf der alten Römerstraße im Wald bei dem Weg mit den Buchen verstreute, kamst noch weiter herein und bliebst vor deinem alten Schreibtisch stehen [...]" (S.23). Oder auch der Satz: "Die Phantasie weiß genau, was die Stunde geschlagen hat." (S.57). Kurz habe ich überlegt, ob ich da tatsächlich etwas nicht im Zusammenhang des Textes verstanden habe, wobei sich mir der Kontext beim ersten Beispiel in dieser Schreibweise auch nach mehrmaligem Lesen nicht erschließt und beim zweiten das "was" wohl durch ein "wann" vertauscht wurde, was auch durch das jeweilige Kapitel, das sich "Zeit" nennt eigentlich auch sinnvoller wäre. Wie dem auch sei, haben sich diese hin und wieder kleinen Stellen nicht zu negativ auf den allgemeinen Eindruck des Buches niedergelassen, denn ich finde die "Machart" des Ganzen wirklich sehr gelungen. Ali Smith schafft es hier einen literarischen Zauberwürfel zu erschaffen, der bei jedem Drehen neue Seiten ans Licht bringt und sich durch die immer wieder aufgebrochenen Sequentzn von Fiktion und Essay wunderbar ergänzt.

"Wir behandeln Bücher heute mit überraschender Lässigkeit. Wir kämen nicht auf die Idee, dass wir ein Musikstück bereits beim ersten Mal verstehen, glauben bei einem Buch aber nur zu gern, wir hätten es gelesen, wenn wir einmal damit durch sind." S.43


Äußerst gelungener Text, der die Grenzen zwischen Fiktion und Essays verschwimmen lässt und trotzdem einigen Prinzipien treu bleibt. Die Kapitel bauen aufeinander auf, thematisieren aber gezielt einen bestimmten Aspekt in literarischen Werken, wie auch darauf bezogen, im Leben der Menschen. Für mich eine ganz neue Spielerei mit der bereits bestehenden Literatur, dem geschriebenen Wort an sich und der Imagination des Lesers.



Vielen Dank an den Luchterhand Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!

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Ein Kleid von Bloomingdale´s von Jane L. Rosen

April 03, 2017






(Original: "Nine Women, One Dress" / 2016) Goldmann Verlag, Übersetzer/in: Stefanie Retterbush (aus dem Amerikanischen), 288 Seiten, Taschenbuch★★() 2 bis 3 Sterne 

„Im Kaufhaus Bloomingdale's weiß man, dass so manche Saison ein besonderes Kleid hervorbringt. Ein Kleid, das mehr New Yorkerinnen tragen wollen als jedes andere. Ein Kleid, das irgendwie Leben verändert. Wie das der schüchternen Natalie – seit ihr Exfreund sich neu verlobt hat, ist sie todunglücklich. Doch als sie in dem kleinen Schwarzen dem umwerfenden Hollywoodstar Jeremy Madison ins Auge fällt, nimmt ihr Leben eine turbulente Wendung. Auch die liebenswerte Felicia, die seit zwanzig Jahren heimlich für ihren Chef schwärmt, erlebt eine Überraschung. Und so macht das Kleid seinen Weg, heilt Herzen, lässt sie höher schlagen und führt sie auf wundersame Weise zusammen ...“


MEINE MEINUNG | FAZIT

"Sie plapperte unbeeindruckt weiter. ´Bis zum Herbst werden die Promis aus der ersten Reihe dieses eine Kleid auf die Zeitschriftentitel bringen, auf den roten Teppich und in die Schaufenster der großen Läden. Und normalerweise ist es ein kleines Schwarzes - so wie deins.´ " S.10

Viele Anfänge habe ich mir für diese Rezension zurechtgelegt, aber keine passt so recht. Was erwartet man bei einem Buch, das nach Frauenroman und modeverbundenen Themen schreit? Eigentlich eine süße, unterhaltsame Geschichte für zwischendurch, die aber doch irgendwie hängen bleibt. Nun, so sehr ich den Roman mögen wollte und auch den Punkt des "Frauenromans" berücksichtigt habe, haben mich einfach zu viele Dinge daran gehindert, das Buch wirklich gut zu finden. Es gibt einige positive und gelungene Vorgehensweisen, aber leider auch einige Umsetzungen, die das Buch für mich letztlich etwas missglückt zurückgelassen haben. Was mir gefallen hat, war tatsächlich diese gewisse Lockerheit, die dem Buch unterliegt. Es ist einfach nett, mal von einer ganz schweren Kost damit abzuschalten und sich mit eher "oberflächlichen" Themen zu beschäftigen, wie dem perfekten Kleid, das alles zurechtrücken soll. Allerdings ging mit diesem Versuch auch direkt der erste negative Punkt einher, denn die Autorin wirft ab und an eigentlich ganz wichtige Themen hinein, die aber überhaupt nicht näher ausgebaut werden. Figuren, die irgendwie gar nichts mit den anfänglichen Kapitel zu tun haben, tauchen auf einmal auf und thematisieren zum Beispiel die kritischen Ansichten in Bezug auf das Tragen von Burkas und den möglichen Gedanken, die Frauen haben könnten, wenn sie diese eigentlich gar nicht tragen wollen und ihnen plötzlich ein unfassbar teures Kleid unter die Augen kommt. Für mich war es einfach etwas ungünstig, wie viele solcher Themen einfach kurz reingeworfen wurden und nach ein oder zwei Kapiteln auch schon wieder aus der Welt geschafft waren. Das führte mich auch schon zu meinem nächsten Punkt, den ich nicht ganz mochte. Das Buch besteht aus sehr kurzen Kapiteln, dafür gefühlt aus zwanzig verschiedenen Perspektiven erzählt. Gut, das Buch gibt an, dass es sich um neun Frauen handelt, die mit dem Kleid auf irgendeine Weise verbunden sind, was durch die wirklich vielen Kapitel, die dann aber aus Sicht eines Mannes verfasst werden, irgendwie keinen Sinn ergibt. Ich persönlich dachte nämlich, es wäre darauf ausgelegt, dass man sich dann näher mit den neun Frauen und deren Geschichten auseinandersetzt und dann nicht mehrere Kapitel über das Leben der Männer schreibt.

"Ich kam gerade aus der Zigarettenpause, als das Flittchen mit einem Arm voller Klamotten zur Kasse stakste. ´Nur das hier... Das mit dem Kleid macht mich völlig fertig!´ Es macht sie fertig? Ein Kleid? Ernsthaft? Und in Afrika tragen Menschen Secondhand-T-shirts mit dem Aufdruck ´Wir haben Beccas Bar-Mizwa gerockt“  S.54

Einige Gespräche und Dialoge sind durchaus unterhaltsam und verleiten natürlich auch dazu weiterzulesen. Schade allerdings auch hier, dass durch die vielen und schnellen Wechsel der Kapitel und deren Protagonisten vieles einfach untergeht, was die Entwicklung der Personen betrifft. Man hätte da durchaus auf den einen oder anderen Handlungsstrang verzichten können und die anderen dadurch etwas "interessanter" werden lassen, damit die Geschehnisse nicht einfach wie Klischees klingen. Ab und an habe ich dann aber auch daran gedacht, dass die Geschichte vielleicht in der Originalsprache (Englisch) etwas flotter rüberkommt, als in ihrer Übersetzung, da es manchmal auf Deutsch wirklich einfach nur wie eine Aneinanderreihung von Floskeln klang. Es ist wirklich etwas schade, weil ich glaube, dass das Buch durchaus Potential hätte. Die Autorin greift wie gesagt viele wichtige Ansätze der Gesellschaft auf, die ich darin am Anfang gar nicht vermutet hätte, zum Beispiel die Darstellung der Schwulen in der Öffentlichkeit oder eben der Burka-Trägerinnen, wie aber auch der Liebe zwischen älteren Paaren, das ja manchmal auch als Tabu angesehen wird. Vor allem fand ich es dann am Ende auch wirklich schade, dass das Kleid an sich nicht den gewünschten Effekt erzielt hat, den man sich irgendwie wünscht. Nach jedem weiteren Kapitel, das beschreibt, wie es zu der nächsten Besitzerin kommt, entsteht eher der Gedanke, es sei es ein kompletter Lumpen und dass man das Kleid wohl in der Realität niemals gekauft, geschweige denn noch getragen hätte. Irgendwie passte auch hier vieles nicht für mich zusammen. Die "Magie" des Kleides blieb da auch etwas aus. Zum Ende hin wurde es meiner Meinung nach, vom Ablauf und den wilden Ereignissen her auch etwas zu absurd. Allerdings mochte ich persönlich die Kapitel des Schnittmachers, die zum einen am Anfang und zum Ende eingeführt wurden. Das hat einiges für mich aufgewertet, weil es da tatsächlich etwas mehr um gefühlvollere Schicksale ging, wobei man da auch wieder sagen muss, dass da keine der neun Frauen die große Rolle spielt.

"Manche Schnittmeister bekommen das Kleid erst bei der Anprobe zu Gesicht. Aber ganz gleich, wann sie es zum ersten Mal sehen, man kann nur hoffen, dass sie ihm auch den Respekt entgegenbringen, den es verdient. Denn in einem schönen Kleid steckt immer ein gewisser Zauber. Und der Schnittmeister ist der Zauberer, der es aus dem Zylinder zieht." S.25


Ein klein wenig blieb das Gefühl zurück, dass zu viel gewollt wurde und die Geschichte dadurch keine Konstante hatte. Zu viele und zu schnell wechselnde Kapitel lassen die Handlungen etwas klischeehaft und sehr oberflächlich wirken. Das Kleid trat dabei meiner Meinung nach zu wenig zu der Gesamtheit bei. Sicherlich nett für zwischendurch, aber große Gefühle oder intensivere Schicksale bleiben leider aus.

























Vielen Dank an den Goldmann Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!

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Mein Wildgarten von Meir Shalev

April 01, 2017








(Original: "Ginat ha-bar" / 2017) Diogenes Verlag, Übersetzer/in: Ruth Achlama (aus dem Hebräischen), 352 Seiten mit 40 Illustrationen von Refaella Shir, gebunden,  ★★★(★) 3 bis 4 Sterne 

„Um sein Haus im Norden Israels hat Meir Shalev einen Garten angelegt – mit lauter wilden Blumen, Sträuchern und Bäumen, die er liebevoll hegt und pflegt. Jede Pflanze, die heranwächst, jedes Tier, das ihm im Garten begegnet, löst Gedanken, Erinnerungen, Geschichten über Natur und Kulinarik, Geschichte und Gegenwart, Mensch und Kreatur, Liebe und Literatur aus. Ein Selbstporträt des Künstlers als Gärtner, voller Lebensweisheit und Humor.“


MEINE MEINUNG | FAZIT

"Deshalb ist dieses Buch weder ein Gartenratgeber noch ein Lehrbuch für Botanik oder Gartenbau. Es ist nur eine Sammlung von Notizen über einen bescheidenen Wildgarten und den Gärtner, der ihn hegt und pflegt, einen Mann, der recht spät im Leben ein Hobby gefunden hat, vielleicht sogar eine neue Liebe." S.19f.

"In diesem Garten blühen Geschichten". Dieser Satz hat mich aus vielen Gründen sofort neugierig gemacht. Zum Beispiel weil ich Anekdoten liebe. Ich mag es, wenn Leute ausgehend von einem Gegenstand, einem kleinen Vorkommnis oder eben auch der Natur, Geschichten zu Tage bringen, die man vielleicht sonst nie gekannt hätte, weil sie sonst nie die Gelegenheit dazu bekommen hätten, sie zu erzählen. Und ich mag es besonders, wenn dies von Autoren übernommen wird. Meir Shalev ist in Israel ein sehr beliebter und bekannter Autor, der in der Jesreel-Ebene lebt und dort einen Wildgarten hegt und pflegt, was allerdings nicht jeder so sieht, denn für viele ist es einfach ein "wildes" und freiblühendes Stück Land. Interessant also zu sehen, wie der Autor sich diesen kleinen Ort zu seinem eigenen Lieblingsplatz macht und anhand der verschiedenen Blumen- oder Baumarten, wie auch Insekten oder Landesgebiete, seine Assoziationen preisgibt und so eine ganz kleine Art Lebensphilosophie offenbart. Den Einstieg fand ich recht vielversprechend. Der manchmal vielleicht etwas "trockene" Humor des Autors kommt bereits im Kapitel "Anstelle eines Vorworts" bestens zum Ausdruck und man freut sich auf unterhaltsame Anekdoten. Leider blieb bei mir dann allerdings erst einmal die Reaktion aus, dass ich das Buch interessant fand. Irgendwie konnten mich die ersten Kapitel, bis etwa zur Mitte nicht wirklich packen. Anstatt dieser angenommener unterhaltsamen Geschichten über seinen Garten kamen oftmals viele Verbindungen zu biblischen Stellen, in denen diese und jene Art vorkam und welche Bedeutung dies hatte oder haben könnte. Obwohl es einerseits sicherlich interessant ist, war es mir viel zu unpersönlich, dahinter steckten noch keine eigenen Anhaltspunkte, auf die man Rückschlüsse auf seine Erfahrung und Gedanken zu seinem Garten schließen konnte. Lediglich die wunderbare Gestaltung und die schönen Illustrationen, die einerseits farbig oder auch als Skizzen in schwarzweiß daherkommen, haben mich zunächst wirklich beeindruckt. So hielt sich meine Begeisterung in der ersten Hälfte noch etwas zurück.

"Leider gilt das nicht für alle, denn gelegentlich sieht man immer noch einen Mistkerl sein Auto mit dem Schlauch waschen oder seinen Hof abspritzen und ärgert sich über die Mengen guten Wassers, die dabei verrinnen, aber die meisten Israelis sind sich der Wasserknappheit bewusst, und auch Nichtreligiöse beten um Regen.“  S.164

Als ich dann schon nicht mehr damit gerechnet hatte, offenbarte sich in der zweiten Hälfte genau die Art von Verbindung zwischen Wildgarten, Gärtner und Geschichten, die man sich am Anfang so wünscht. Mir schien, als blühe da nicht nur der Garten, sondern eben auch der Autor mehr auf. Es gab interessante Geheimrezepte für die perfekten selbsteingelegten Oliven, ein Rezept für das Getränk "Limoncello", das man unbedingt mal trinken sollte und wirklich schöne und auch nachdenkliche Kapitel, die den Leser trotz des Humors, der irgendwie immer unterschwellig anwesend ist, mitfühlen lassen. Mir gefielen die deutliche Nähe des Autors zu seinem Garten und die Opferbereitschaft an der einen oder anderen Stelle. So traten für mich auch erst ab der zweiten Hälfte die wirklich lesenswerten Kapitel auf, die nicht nur viele gute Gedankengänge in Bezug auf die Natur wiedergeben, sondern auch über das Konsum- /Sammelverhalten der Menschen, die Überlegungen, was mit den persönlichen und geliebten Sachen eines jeden Menschen passieren, wenn man einmal nicht mehr ist und auch ein paar zum schmunzeln verleitende Witze. Es werden viele Schilderungen geliefert, wie verschiedene Pflanzungsarbeiten unterschiedlicher Blumen funktionieren oder aber auch, welche Tiere sich mit dem Autor ab und an einen "Scherz" zu erlauben scheinen. Ja, die zweite Hälfte hatte für mich definitiv den größeren Unterhaltungswert. Leider haben mich aber auch hin und wieder einige Äußerungen gestört, weil sie sich widersprochen haben und ich mich dann immer gefragt habe, wie das zusammenpassen soll. Da wäre zum einen seine Überlegung, dass Pflanzen natürlich Empfindungen haben und wir Menschen und gar nicht wirklich vorstellen können, was in ihnen alles vorgeht. Wiederum bestreitet er zu glauben, dass Pflanzen Schmerz empfinden können. Da frage ich mich, wie er das eine mit dem anderen in Einklang bringen kann, wenn er so für Pflanzen einsteht und weiß oder spürt, dass sie ganz eigene Lebewesen mit eigenen Empfindungen sind, sich aber nicht vorstellen kann, dass sie Schmerzempfindungen haben, sei es auch in einer Art und Weise, die mit unserer menschlichen Empfindung nicht übereinstimmt. Oder er sagt er sei "keiner von denen, die [...[ mit Sträuchern sprechen", als wäre es etwas Schlimmes, wenn es so wäre, gibt aber an, dass er doch mit seinen Blumen redet - kleiner Widerspruch, bei dem mir Zweites sogar sympathischer ist (siehe Zitat unten). Ebenso erwähnt er, dass für ihn der Garten keine Religion sei, doch er greift wirklich oft auf biblische Stellen zurück, was auf den ersten Blick nicht ganz ungewöhnlich ist, da die israelische Kultur sicherlich daran stärker angelehnt ist, in dem Buch allerdings hat das für mich aber nicht ganz harmonisch geklungen. Da gab es einfach so Kleinigkeiten, die mir etwas negativer aufgefallen sind. Allerdings mochte ich wiederum das Endkapitel unheimlich gerne. Es war ein wunderbares Ende mit einer ganz zarten, aber wichtigen Botschaft an die nächsten Generationen und hat mich im Endeffekt dazu gebracht, dass ich das Buch trotz einiger Schwachstellen definitiv positiv in Erinnerung behalten werde.

"Doch dann fiel mir ein, dass ich diese beiden Alpenveilchensamen hätte beiseitelegen und später in einen eigenen Blumentopf säen sollen, damit ich wüsste, dass sie es waren, die ich unter meinem Schreibtisch gefunden und vom Tode errettet hatte. [...] In einigen Jahren [...] würden diese beiden ´vielen Dank´ zu mir sagen. Und ich würde es hören, wissen, dass sie es sind, und erwidern: ´Keine Ursache´." S.274f.


Kleine,  (teilweise) persönliche Geschichtensammlung eines bekannten israelischen Autors, der eine Vorliebe für seinen Wildgarten hegt. Durchgängig hat mich die liebevolle Gestaltung und die schönen Illustrationen überzeugt, inhaltlich hat mich die zweite Hälfte des Buches deutlich stärker angesprochen, da sie etwas persönlichere und interessantere Einblicke enthielt, als der erste Teil. Trotz kleiner Schwächen bleibt mir das Buch aber durch unterhaltsame Anekdoten, interessante "Rezepte", einen speziellen Humor und auch nachdenkliche Ansätze positiv in Erinnerung.




Vielen Dank an den Diogenes Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!

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