"The Bass Rock" von Evie Wyld

September 22, 2021

(Original: "The Bass Rock" / 2021) dt. Übersetzung: "Die Frauen", Vintage (Penguin Randomhouse Imprint), Übersetzer/in: -, ★★(★)☆☆ 2,5-3 Sterne
Im frühen 1700 flieht Sarah, die verdächtigt wird, eine Hexe zu sein, um ihr Leben.

Während der Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs, versucht Ruth, sich durch ein neues Haus, einen neuen Ehemann und die seltsamen Gewässer der Stadtgemeinde zu navigieren.

Sechs Jahrzehnte später steht das Haus still. Viv, die den Tod ihres Vaters betrauert, katalogisiert Ruths Habseligkeiten und entdeckt ihre Rolle in der Vergangenheit - und vielleicht auch in der Zukunft.

Über all ihnen steht der Bass Rock. Jede Entscheidung der Frauen, ist umschrieben von den Männern, in ihrem Leben. Aber in der Schwesternschaft gibt es Hoffnung auf Rettung und einem neuen Leben...
__________________________________________________________________________________
 
"So strange, she always thought, how a bullet could take out just a finger or it could take the whole person."  S.37
Romane mit einem Hauch Gothic sind eigentlich total meins. Und "The Bass Rock" klang auch wirklich nach etwas, das ich lieben könnte. Drei miteinander verwobene Schicksale, die nach und nach zusammenführen...
Doch irgendwie wurde ich nicht ganz warm mit der Geschichte. 

Das schwierige: Bereits zu Beginn ist alles viel zu losgelöst voneinander. Wenn man den Klappentext nicht im Hinterkopf hat, scheint jedes neue Kapitel von einer ganz anderen Welt zu handeln. Durch die zeitliche Verschiebung stimmt das zum Teil sogar, aber für die Leser*innen wird es zunehmend komplizierter, eine Bindung zu den einzelnen Figuren aufzubauen und dann letztlich das Gefühl zu haben, dass die Teile in einen harmonischen Einklang gebracht werden. Für mich blieben die Stränge stets getrennt, obwohl an vielen Stellen versucht wird eine "geschickt gekonnte" Verbindung herzustellen, die ein "ach, nein!" oder verblüfftes "was?!" entlocken soll. 

Der "Bass Rock" als solches kam mir letztlich leider auch zu kurz. Atmosphärisch war der Roman sogar über weite Strecken, aber auch hier fehlte der letzte Schliff, der die Geschichten, den Schauplatz um den Bass Rock und auch die ganzen Nebenstränge, so komprimiert hätte, dass es dieses "packende" Gefühl hinterlässt. Der Ort war zwar als Anker angesetzt, hat sich für mich aber nicht so angefühlt, sondern eher wie ein Schiff, dass um den Bass Rock herum manövriert und manchmal von den Wellen verschluckt wird.
"´Do you ever look at yourself in the mirror for such a long time that you start to see something else? Like there´s someone else under the skin. Have you ever looked in the mirror and deliberately made an ugly face, bared your teeth, growled and snarled and become suddenly aware that there is something else inside of you that you´re not letting out?" S.233f.
Ich war zu Beginn dennoch relativ angetan von der Grundidee und bin den Brotkrümeln auch teilweise mit Interesse gefolgt. Jedoch wurde die Stimmung zunehmend (passiv-)aggressiv.
Der Roman stellt im Zentrum drei Frauen vor, die vor der Macht und der (körperlichen) Gewalt der Männer fliehen (wollen) und versucht ein Bündnis zwischen den Figuren herzustellen. Für mich ist dies durchaus nachvollziehbar und gar nicht so schlecht, wenn man bedenkt, worauf der Roman hinaus möchte. Jedoch wurde es zunehmend immer düsterer und brutaler, was leider nicht dem Gothic-Anteil des Romans geschuldet war, sondern der Tatsache, dass hier der Mann als solches zum absoluten Feind degradiert wird.
Irgendwann hat man das Gefühl, dass die einzige Aussage bleibt "Hasst die Männer, fürchtet euch vor ihnen." Kann man machen, muss man aber auch nicht. Und irgendwie hätte ich mir gewünscht, dass hier der Roman eine weitere Ebene aufbricht, die darüber hinausgeht.

Zudem wird das Ganze für mich so auf die Spitze getrieben, dass es an einigen Stellen mehr als absurd wirkt und die Schicksale der Frauen, die in gewalttätigen Beziehungen sind, hier schon beinahe parodistische Züge annehmen. Zum Beispiel, wenn der Mann von Vivs Schwester plötzlich mit einem Hammer auftaucht und wie ein ferngesteuerter Roboter wirkt oder Vivs männliche Bekanntschaft den "Instinkt des Wolfs" verkörpern soll. Alles Szenen, die hätten das transportieren können, was wohl beabsichtigt war, die sich aber nicht wirklich "authentisch" angefühlt haben.

 

Insgesamt eine Idee, die sehr interessant klang, für mich aber nicht ganz gehalten hat, was sie versprochen hat. Es gibt durchaus einige "düstere" Element, die ganz leicht "Gothic Novel" rufen, insgesamt bleibt es aber für mich eine einzige Warnung an Frauen, sich nicht (niemals!) auf Männer einzulassen. Zwischen den Zeilen gibt es durchaus clevere Einschübe, aber leider hinkte die Umsetzung einfach an dem zu losgelösten Handlungsstrang und der nicht ausreichend geschaffenen Bindung zu den Figuren.


2 Kommentare:

  1. Autsch! Jetzt tut es mir fast leid, das Buch so empfohlen zu haben. Da hatten wir ganz klar eine total unterschiedliche Leseerfahrung, obwohl ich viele deiner Punkte (vor allem die klare Warnung vor Männern) auch gut nachvollziehen kann.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ach nee, alles gut! Ich hätte das Buch ja so oder so lesen wollen. Mich stört es auch nicht, wenn ich ein Buch am Ende nicht so feiere, wie andere. Jede Leseerfahrung bringt einen ja irgendwie weiter. :)

      Ich verstehe auch durchaus, wenn jemand das Buch mag/ gut umgesetzt oder allein die Thematik interessant findet, aber bei mir hat der Roman gerade zur jetzigen Zeit einfach eher die negativen Aspekte für mich hervorgebracht. Vielleicht war es ein klarer Fall von "zur falschen Zeit" gelesen...

      Löschen

Mit dem Absenden Deines Kommentars bestätigst Du, dass Du meine Datenschutzerklärung, sowie die Datenschutzerklärung von Google gelesen hast und akzeptierst.