Cider with Rosie (The Autobiographical Trilogy #1) von Laurie Lee

Juni 14, 2018

(Original: "Cider with Rosie"/ 1959) The Folio Society, mit zahlreichen s/w Illustrationen von John Ward, Übersetzer/in: - , Englische Ausgabe, ★★★☆☆ 3 Sterne
Der erste Teil der autobiographischen Trilogie von Laurie Lee.

MEINE MEINUNG / FAZIT
  
"I was lost and I did not expect to be found again. I put back my head and howled, and the sun hit me smartly on the face, like a bully." S.3  

Cider with Rosie war wieder einmal so ein Buch, zu dem ich gegriffen habe, ohne genau zu wissen worum es geht.
Der erste Eindruck vermittelt einen leichten, lockeren, sommerlichen, Roman. Vielleicht sogar eine Art Liebesroman. Allein bei dem Titel dachte ich an etliche Begegnungen des Protagonisten mit einer Rosie, bei denen nach und nach eine gewisse Bindung entsteht.
Und was soll ich sagen, es ging in eine komplett andere Richtung. Dies ist eine autobiographische Erzählung des Lebens von Laurie Lee, dem Autor. Er beschreibt das ländliche Leben und die Umgebungen in denen er aufgewachsen ist und geht auch auf recht problematische Dinge ein, die er getan beziehungsweise erlebt hat. 
Man weiß zudem erst recht zum Ende hin, warum das Buch überhaupt so heißt, wie es heißt. 
Ehrlich gesagt bin ich mir mit meiner Meinung über die Geschichte und die Art der Geschichte nicht ganz bewusst. Nachdem ich nach einigen Seiten einordnen konnte, dass es autobiographisch ist, da der Autor namentlich genannt wird, konnte ich mich zumindest schon einmal mit dem Genre an sich anfreunden. Die Problematik tat sich mit aber eher bei dem Inhalt auf.
Anfangs wirkt alles noch recht 'lustig', da zum Beispiel gemeine Ziegen, vor denen alle Angst haben oder andere Anekdoten erzählt werden. Auch die allgemeine Beschreibung der ländlichen Umgebung ist ganz gut geglückt. Alles scheint noch fernab der modernen Welt zu sein, als Leser stellt man sich die Kinder eben wie kleine Rabauken' vor und dass sie sich draußen selbst beschäftigt haben. Die 'Geschichte' ist also irgendwie nett zu lesen, wenn man auch merkt, dass vielleicht nicht alles nach den Wünschen des Protagonisten abläuft. 
Mir gefielen auch die Passagen, in denen er von seiner Familie erzählt, von seiner Mutter und ihren Eigenschaften, seinen Geschwistern, seinem Vater und der Problematik, dass er nicht mehr da ist und auch von seinen Onkeln. Alles hat immer etwas Unterhaltsames und gleichzeitig sehr Verletzliches.

"I alone, the drowsy middleman of these two, found it hard to win Miss Wardley´s approval. I achieved this in the end by writing long faked essays on the lives and habbits of otters. I´d never seen an otter, or even gone to look for one, but the essays took her in." S.52

Aber mit der Zeit schlichen sich immer mal wieder Äußerungen ein, die ich manchmal gar nicht glauben konnte. Die Erzählung hat sich für mich dann eher zu einem Anblick gewendet, dass der Erzähler von ganz falschen Vorbildern geleitet wird (seine Onkel sind unter anderem nicht die besten Beispiele, wenn es um vorbildliches Benehmen geht), dass dieses beschauliche Landleben ganz und gar nicht so schön harmonisch ist und sich nach einem tollen Romanauszug anhört.
Fangen wir aber vielleicht zuerst noch etwas weiter vorne an, denn die Erzählweise hat bei mir auch dazu geführt, dass ich nicht mehr so 'mitgefühlt' habe. Es gibt sehr starke Zeitsprünge, so wird quasi direkt zu Beginn schon ein Kapitel eingeleitet, das das Leben seiner Mutter beschreibt. Als Leser erfährt man aber gleichzeitig auch schon von ihrem späteren Tod und wie er ausgesehen hat. Eine Seite später springt er aber wieder zu den frühen Erlebnissen zurück, in denen sie natürlich bei ihm ist. Theoretisch ist das eine gute Art und Weise um nicht zu monoton zu werden und die Biographie nicht entsetzlich langweilig werden zu lassen. Hier allerdings führte das bei mir dazu, dass ich an der Stelle schon traurig gewesen bin, aber durch die spätere 'Lebendigkeit der Mutter' das Gefühl hatte, sie sei nie gestorben. Irgendwie ersetzen diese Zeitsprünge den Tod, sodass man diese Empfindung des Verlustes der 'Figur' nicht mehr spürt. Vielleicht war aber auch genau das die Intention dahinter, dass man denken soll, die Personen seien irgendwie omnipräsent für ihn.
Nach diesen Überlegungen, ob ich die Zeitsprünge nun hilfreich finde oder nicht, kam schon die nächste 'Problematik'. Ich konnte immer weniger mit dem Erzähler sympathisieren. Er lässt manchmal Sachen fallen, die so oberflächlich und beinahe schon kaltherzig wirken, dass ich viele Sachen gerne einfach übersprungen hätte. Manchmal bin ich ehrlich gesagt auch etwas abgedriftet. Ein Beispiel dafür wäre zum Beispiel auch das noch unten folgende Zitat. Dort schubst er ein Mädchen einfach und verlangt von ihr, dass sie fliegen soll, weil er der Meinung ist, sie sehe wie ein Engel aus. Als sie hinfällt und nicht seinen Erwartungen entspricht, ist er verärgert und enttäuscht darüber. Was mich gewundert hat war, dass es keinerlei Konsequenzen gab und gibt, wenn solche Vorfälle passieren. Irgendwie scheinen solche Handlungen da einfach hingenommen worden zu sein. Für mich war es einfach schwer nachvollziehbar und Laurie Lee als Figur geriet deutlich in eine Distanz, in Bezug auf die Sympathie.
Diese merkwürdigen Handlungen Mädchen gegenüber kommen zudem häufiger vor. Sie werden als dick und hässlich beschimpft und relativ zum Schluss erwähnt der Erzähler sogar, dass er mit seinen Freunden eine Vergewaltigung geplant hatte. Ab diesem Punkt konnte ich schon gänzlich nicht mehr verstehen, warum viele das Buch als wunderbaren Klassiker betiteln, der das Landleben portraitiert. Auch wenn das Leben damals vielleicht grober war, solche Dinge in einem Buch zu ignorieren und nur auf die Beschreibung der Natur zu verweisen und der Entwicklung des Landlebens zum Modernen, finde ich etwas schwierig. Er erwähnt zwar, dass es dann nicht dazu kam, die Ausdrucksweise, wie sie das Mädchen aber betiteln und behandeln ist aber ebenso einfach daneben.

“´Fly!´ I commanded. ´You got wings, ain´t you?'
Poppy squirmed and wiggled her shoulders.
I grew impatient and pushed her off the mantlepiece, and she fell with a howl into the fireplace.” S.194


Ein autobiographisches Buch, das sich auf das Leben auf dem Land bezieht und mit Anekdoten und Erlebnissen von Laurie Lee und seiner Familie gefüllt ist. Obwohl das Buch zu Beginn noch vielversprechend und an einigen Stellen unterhaltsam wirkt, haben sich für mich zum Ende hin eher viele kritische Aussagen finden lassen. Die persönlichen Empfindungen, die sich auf seine Schulzeit beziehen oder die Beziehung seiner Eltern liest man noch mit Interesse, das despektierliche Verhalten Mädchen und Frauen gegenüber fand ich aber deutlich zu viel. Sicherlich sollte das als 'damaliger' Umgang vorangebracht werden, für mich hat es nur dazu geführt, dass ich den Erzähler kaum noch sympathisch finden konnte.


1 Kommentar:

  1. Das Buch schaut sehr ansprechend aus. Auch die Schriften gefallen mir sehr.

    Neri, Leselaunen

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