Lila, Lila von Martin Suter

Februar 06, 2017







(Original: "-" / 2009) Diogenes Verlag, Übersetzer/in:-, 352 Seiten, gebunden,  Einzelband, ★★★★(☆) 4 bis 5 Sterne 

"So rein wie die Liebesgeschichte, die er als Manuskript in einem alten Nachttisch findet, sind auch Davids Gefühle für Marie. Und er möchte ihre Liebe, um jeden Preis. Dafür muss er ein anderer werden als der, der er ist. David schlüpft in eine Identität, die ihm buchstäblich über den Kopf wächst."


MEINE MEINUNG | FAZIT 

"´Weshalb ich Sie nicht erkannt habe, hat mit Sophie, Sophie zu tun. Beim Lesen stellt man sich den Autor anders vor.´

         ´Wie denn?´

Sie überlegte. Reifer, wollte sie sagen. Oder erwachsener. Aber dann zog sie es vor zu antworten: ´Ich weiß nicht. Einfach anders.´“ S.100

Bereits in meinem Monatsrückblick hatte ich angedeutet, dass diese Lektüre rein zufällig auf meiner Leseliste gelandet ist. Durch mein Studium bedingt, ist es mir aber glücklicherweise in die Hände gefallen. Zunächst schien es mir recht unauffällig zu sein, viel versprochen habe ich mir davon also nicht. Ich habe aber ziemlich schnell festgestellt, dass mir der Schreibstil sofort zugesagt hat. Die Wortwahl ist recht einfach, ist aber so konstruiert, dass sie etwas Träumerisches hat. Glücklicherweise passt dies auch absolut zur Geschichte. Grob skizziert geht es um David und Marie, die sich unter etwas ungeplanten Umständen annähern. Man könnte vermuten, dass es sich dadurch um eine typische und unaufgeregte Liebesgeschichte handelt. Dies ist aber keineswegs der Fall. Natürlich bildet die "Liebe" einen bedeutenden Anhaltspunkt der gesamten Geschichte, darüber hinaus jedoch wird in dem Buch viel mit der Identität gespielt und mit der Frage, ob wir immer noch wir selbst sind, wenn wir vorgeben jemand anderes zu sein. Auch der Literaturbetrieb an sich wird etwas in die Mangel genommen, da ein geheimnisvolles Manuskript dazu führt, dass sich die Protagonisten in literarischen Kreisen bewegen. Meiner Meinung nach ist Martin Suter mit diesem Buch eine wirklich interessante Geschichte gelungen, die sich durch verschiedene punktierte Anspielungen zu einer ganz charmanten Handlung entwickelt und den Leser ein klein wenig in eine Welt der offenstehenden Möglichkeiten entführt.

"´Man verliebt sich, man entliebt sich, das ist das Gesetz der Natur. Das ist stärker als du.´“  S.329

So romantisch einiges erscheinen mag, so schnell kann vieles aber genauso schnell wieder zerbrechen. Das hat mich an dem Buch ebenfalls sehr gereizt. Aufgegriffen werden demnach auch Überlegungen, die soweit führen, dass sich die Protagonisten fragen, wie weit sie für etwas gehen würden, das ihnen sehr am Herzen liegt. Bis zu welchem Punkt lässt man sich auf ein Spiel ein und lässt sich gegebenenfalls auch von anderen benutzen? Können wir vor allem den Schein uns selbst gegenüber noch wahren und vertreten? Das sind alles vorkommende Anhaltspunkte, die im Zusammenspiel der Geschichte zwischen David und Marie wunderbar funktionieren und die Geschichte auch zusätzlich spannend machen. Nicht immer sympathisiert man mit den Charakteren, was aber ebenfalls zum Gesamtkonzept passt. Denn schnell wird deutlich, dass auch der eigene Profit im Vordergrund der Geschehnisse steht. Für mich hat das Buch eine ganz eigene Ausdrucksweise und greift auch tatsächlich eine Idee auf, die ich als wunderbar umgesetzt empfand. Vielleicht lag es auch daran, dass mich eben auch die Nebeninformationen in Bezug auf den Literaturbetrieb interessiert haben, was bei anderen Lesern vielleicht nicht der Fall gewesen wäre. Aber dennoch bin ich der Meinung, dass der Grundplot für sich spricht und auf einer zusätzlichen Ebene, eine wertvolle Botschaft widergibt. 

"Der erste Satz bestätigte ihren Verdacht, daß sie David falsch eingeschätzt hatte:
               Das ist die Geschichte von Peter und Sophie. Lieber Gott, laß sie nicht traurig enden." S. 72


Rührend und ironisch zugleich. Verbindet die Idee der Liebesgeschichten geschickt mit herausfordernden Fragen bezüglich der eigenen Identität und dem Streben nach persönlichem Profit. Das Hinzuziehen der Einblicke in den Literaturbetrieb hat mir persönlich gut gefallen, auch wenn deutlich wird, dass vieles nicht so ist, wie es scheint. Mir gefielen immer wieder auftauchende Motive und Verstrickungen, die das Buch insgesamt in sich schlüssig, unterhaltsam und spannend gemacht haben. Persönlich fand ich auch die Verbindung der im Manuskript auftauchenden Sequenzen und der Leben der Protagonisten wunderbar umgesetzt. Die Geschichte ist schön, etwas melancholisch und auch bissig zugleich. Meiner Meinung nach, eine wunderbare Mischung.



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