Die letzten vier Tage des Paddy Buckley von Jeremy Massey

November 01, 2016






(Original: "The Last Four Days of Paddy Buckley" / 2015) Carl´s Books, Übersetzer/in: Herbert Fell, 270 Seiten, Broschur,  Einzelband, ★★★ 3 Sterne
"Paddy Buckley ist mit Leib und Seele Bestatter. Als eine attraktive Witwe seine Zuwendung braucht, gibt er sie ihr – doch sie stirbt auf dem Höhepunkt seines körperlichen Trostes. Geschockt von diesem Erlebnis, überfährt er auf dem Heimweg einen Fußgänger. Der Tote ist der Bruder des gefährlichsten Gangsters von ganz Irland, Vincent Cullen. Jetzt hat er eine tote Witwe und einen toten Gangster am Hals, für die er obendrein auch noch die Beerdigung auszurichten hat! Er muss also höllisch aufpassen, sich nicht zu verraten. Denn Cullen hat geschworen, den Tod seines Bruders zu rächen. Eine rasante Verfolgungsjagd durch Dublin beginnt. Zum Glück ist Paddy einfallsreich und kann sich auf seine Freunde verlassen … Ein höchst amüsantes Betrugsmanöver und ein ausgebufftes Verwechslungsspiel um einen Leichnam vollenden diesen köstlichen, makabren und warmherzigen Roman."


MEINE MEINUNG | FAZIT 

"Selbst nachts ging ich ans Telefon - der Tod hält sich nicht an geregelte Geschäftszeiten - , ich zog in das Dunkel Dublins hinaus [...].S.11

Zugegeben, der Beruf des Bestatters ist nicht gerade einer der viel Freude und lustige Unterhaltung verspricht. Es wird auch darauf hingewiesen, dass sich der Roman durch einen typisch irischen und schwarzen Humor auszeichnet. Allerdings konnte ich auch in Anbetracht dessen nicht ganz mit dem Roman warm werden. Mein Hauptmerkmal oder Kriterium ist aber vielleicht auch darauf zurückzuführen, dass ich durch den Klappentext von einer typischen "Verfolgungsjagd" ausgegangen bin, die etwas schwungvoller ist. Genau genommen gibt es meiner Meinung nach nämlich keine Verfolgungsjagd. Alles geschieht in derselben Stadt und fließt ineinander über. Kuriose Einfälle sind hier zwar durchaus genügend gegeben, aber diese haben nicht immer meinen Geschmack getroffen. Als Leser bin ich tatsächlich sehr flexibel was den Humor angeht und kann auch meistens den Sinn dahinter erkennen, wenn es sich eben um einen eher "tristen" Humor handelt. Hier allerdings hatte ich aber auch zusätzlich das Gefühl, dass es eine typische Männergeschichte ist, was sich darin widerspiegelt, dass alles zunehmend auf dubiose Gangster und die Härte der Bestrafung hinausläuft, die denjenigen betreffen, welcher sich mit den Cullens anlegt. Es ist und bleibt für mich ein kurzweiliger Roman, der irgendwie nicht ganz in Fahrt kommt.

"Als kleiner Junge hatte er mir geholfen, mir einen imaginären Unterschlupf zu schaffen, an den ich mich zurückziehen konnte, um mich zu entspannen und wieder zu Kräften zu kommen; er brachte mir bei, mich von außen zu betrachten, das Ganze zu sehen, von dem ich nur ein Teil war.S.13

Es gab allerdings ganz gute und positive Anhaltspunkte im Roman, die mir gefallen haben. Ich mochte das Spiel mit der Wahrnehmung des eigenen Handelns und der eigenen Anwesenheit, wie auch das Gespräch, welches der Protagonist Paddy mit einer "Kundin" führt. Dieses bezieht sich auf die Anzahl der "Schleier", welche Menschen in ihrem Leben und ihrem Umgang mit anderen tragen und wie sich dies bemerkbar macht. Obwohl mir das als ein guter und ausbaufähiger Punkt erschien, wurde es aber am Ende beinahe komplett beiseitegelassen. Da hätte ich mir vielleicht noch eine etwas spannendere Auflösung gewünscht. Mir schien es am Ende einfach zu wenig ausgefeilt zu sein. Die Figuren in der Geschichte sind an sich alle ganz erträglich und man hat nie das Gefühl, dass sie einem unsympathisch rüberkommen, das liegt wahrscheinlich zum großen teil auch daran, dass man das Buch immer mit einem Augenzwinkern betrachtet. Man spürt, dass viele Geschehnisse absichtlich ins Extreme gezerrt wurden, um dem Leser diese Überspitztheit schmackhaft zu machen. Allerdings konnte ich persönlich an manchen Stellen nicht so viel mit Paddy anfangen, da er ein sehr wankender Charakter ist. Mal ist er total gelassen, mal gleicht er einem Komplettausfall. Kann an der ein oder anderen Stelle ganz unterhaltsam sein, ich empfand es aber auch als zu gewollt. Positiv hingegen waren auch die kleinen Einblicke in das Bestattungsinstitut und die tatsächlich unterhaltsamen "Sidekicks", die bei dem "ausgebuffte[n] Verwechslungsspiel um einen Leichnam" entstehen.

"Christy warf mir einen verstohlenen Blick zu, der eindeutig war: Kumpel, wir sitzen in der Scheiße.S.102


Ein Debüt mit sehr eigenwilligen Einfällen, makabren und kuriosen Einblicken in das Bestattungsunternehmen und einem Protagonisten, welcher eine ganz spezielle Art hat, Situationen von außen zu betrachten. Leider fehlte mir die im Klappentext angepriesene "Verfolgungsjagd" und auch einige Entwicklungen hätten für mich besser ausgearbeitet sein können. Dennoch ist der Roman durch seine Eigenwilligkeit eine angenehme Lektüre für Zwischendurch, die für mich einen größeren Anteil an "Männergeschichte" hat. 



 Vielen Dank an den carl´s books Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!


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