(Original: "The Road to Little Dribbling"/ 2015) 480 Seiten, gebunden, Einzelband, ★★★★☆ 4 Sterne"Abwarten, Tee trinken, weiterreisen! Vor über dreißig Jahren beschloss der Amerikaner Bill Bryson, England zu seiner Wahlheimat zu machen und für einige Jahre dort zu leben. Damals brach er auf zu einer großen Erkundungsreise quer über die britische Insel. Inzwischen ist er ein alter Hase, was die Eigentümlichkeiten der Engländer betrifft, aber dennoch entdeckt er immer wieder Neues, was ihn fasziniert und amüsiert. Kein Wunder also, dass es ihn reizt, diese Insel erneut ausgiebig zu bereisen. Von Bognor Regis bis Cape Wrath, vom englischen Teehaus bis zum schottischen Pub, von der kleinsten Absteige bis zum noblen Hotel, Bryson lässt nichts aus und beantwortet zahlreiche Fragen. Wie heißt der Big Ben eigentlich wirklich? Wer war Mr. Everest? Warum verstehen sich Amerikaner und Engländer nur bedingt? Bill Bryson will noch einmal wissen, was dieses Land so liebenswert macht, und begibt sich auf den Weg – schließlich ist er wieder reif für die Insel!"
MEINE
MEINUNG | FAZIT
"Ich verbrachte die Zeit damit, einen diskreten Blick in die Schubladen meines Schreibtischs zu werfen - die nicht abgeschlossen, aber leer waren - und auszuprobieren, ob man Spaß dabei haben kann, wenn man einen Cursor auf einem leeren Bildschirm hin und her bewegt. Fehlanzeige.“ S.23 (Bill Bryson über das Warten bei seinem britischen Einbürgerungstest)
Ein gebürtiger Amerikaner, der auf erstaunlich britische, charmante Weise, über seine Reise an die tollsten Orte Englands erzählt. Das muss ja unterhaltsam sein, würde man sich da denken. Und genau das ist es auch. Bill Bryson versteht es, ganz langweilige Statistiken und Fakten mit schönen und lustigen Anekdoten zu würzen. Begegnungen mit berühmten Leuten und private Erlebnisse bleiben natürlich auch nicht aus. Neben einigen sehr wissensüberliefernden Passagen, tauchen immer wieder so komische Beschreibungen seines Lebens und seiner Reisen in England auf, dass man sich manchmal fragt, was man da denn nun gerade liest. Eine Reisebeschreibung oder ein humoristisches Tagebuch. Nun, es ist schlichtweg beides. Genau diese Mischung macht das Buch zu einer tollen Sommer- Bahn oder was auch immer - Lektüre. Man bildet sich etwas und fühlt sich wunderbar unterhalten. Egal ob von wildgewordenen Kühen, Shoppingerlebnissen mit aufdringlichen Verkäuferinnen, dem Versuch, bei jeder Möglichkeit eine Tasse Tee trinken zu können oder der schlichten Bewunderung der schönen, stillen Orte Englands. Bill Bryson vereint die gesamten Eindrücke, seien sie noch so negativ oder positiv, in einem Buch. Für mich, als ziemlich England- Begeisterte ist das Buch also ein wahres Erlebnis. Man kann mit dem Autor gemeinsam das Gebiet rund um Stonehenge bewundern und kriegt kostenlos ein paar bissige, wie auch informative Kommentare zu hören. Sicherlich muss man etwas für diese Kommentare übrig haben, ohne immer direkt aufzuschreien und die Ironie dahinter nicht verstanden zu haben. Bill Bryson ist nun mal ein sehr eigener Charakter. Dennoch habe ich es sehr genossen, die Wanderungen "miterleben" zu können.
"Fast 40 Prozent von London sind Grünfläche. Man hat all den Lärm und das geschäftige Treiben einer Metropole, und dann biegt man um eine Ecke und hört Vogelgezwitscher. Perfekt.“ S. 74
Der Schreibstil ist daher recht flüssig, einfach, aber nie "platt", sodass man sich denkt, dass es langweilig wird oder, dass der Autor gar nicht weiß, wovon er redet. Obwohl er viele englische Dinge oder auch Institutionen kritisiert, weist er selbst immer mal wieder darauf hin, dass er selbst nicht fehlerfrei ist. Ich persönlich finde, das hat dem Buch definitiv etwas Positives beigesteuert, da man durchaus versteht, dass der Autor dadurch selbst Dinge reflektiert und darauf hinweist, dass der Leser eine ganz andere Meinung haben kann und auch darf. Ebenfalls positiv ist mir die Gliederung des Ganzen aufgefallen. Ich hätte nicht erwartet, dass das Buch gute vierhundertachtzig Seiten umfasst, daher ist es hilfreich, dass sich zu Beginn ein Inhaltsverzeichnis mit allen besuchten Orten finden lässt und zudem in jedem Kapitel genügend Pausen gesetzt werden. So muss man nicht etliche Seiten lesen, um sich eine Pause gönnen zu können. Ich selbst mochte es aber generell lieber, mehrere Kapitel hintereinander zu lesen, da man dadurch das Gefühl des "britischen" und diese Beschreibungen der Orte viel harmonischer wahrnimmt. Das ist aber sicherlich bei jedem Leser anders und vielleicht auch abhängig davon, ob man selbst schon gewisse genannte Orte besucht hat. Verschont bleibt der Leser auch nicht von Bill Brysons herrlichen Vorher / Nachher Eindrücken, die er von den verschiedenen Orten hat. So werden zunächst tolle Landschaften beschrieben und anschließend die negativen Entwicklungen. Denn wer braucht schon im Museum Sachen, die einem etwas beibringen, wenn man diese auch durch Imbisse ersetzen kann, die einem Pommes verkaufen? (Gute Museen werden natürlich auch erwähnt.)
"Wir leben in einer Welt, die so gut wie keine Wertschätzung von Qualität, Tradition oder Eleganz besitzt und in der Leute, die nicht einmal alltägliche Worte korrekt schreiben können, darüber entscheiden, was überlebt. Das kann ganz bestimmt nicht richtig sein. Ich bin, wie ein TripAdvisor-Berichterstatter es womöglich formulieren würde, zutivst beunrigt.“ S. 58
Humorvolle und tolle britisch / amerikanische Sicht auf die vielen Gebiete Englands. Neben dem ständigen Bedürfnis Tee trinken zu wollen und dem Auslassen an verschiedenen britischen Fehlschlägen, entführt Bill Bryson den Leser aber auch auf tolle Orte und Pfade, die es sich lohnen würde, auch in der Wirklichkeit zu besuchen. Ereignisreich, mit vielen Fakten und mit der nötigen Prise Humor versehen. Eine kleine Hommage an die Natur und Kultur und ein Hinweis an den Leser nicht immer alles für Selbstverständlich zu halten. Am Ende ist man wirklich erstaunt, wie viele bedeutsame Menschen und Entwicklungen aus England stammen und dort zu finden sind.
Leave a little note ~ Hinterlasse eine kleine Notiz
Mit dem Absenden Deines Kommentars bestätigst Du, dass Du meine Datenschutzerklärung, sowie die Datenschutzerklärung von Google gelesen hast und akzeptierst.