"Babel" von Rebecca F. Kuang

April 23, 2023

(Original: "Babel or The Necessity of Violence"/ 2022), Übersetzer*in: - , , ★★★() 3,5 Sterne

Die deutsche Übersetzung ist unter dem Titel "Babel" im Eichborn Verlag erschienen (28.04.23). 

Oxford, 1836. Die Stadt der träumenden Türme.
Die Stadt ist das Zentrum alles Wissens und allen Fortschritts in der Welt.

Im Herzen befindet sich Babel,
das prestigeträchtige "Royal Institute of Translation" der Oxford University. Der Turm, von dem die ganze Macht des Empires fließt.

In Canton als Waise geboren und von einem mysteriösen Beschützer nach England gebracht, geht Robin Swift davon aus, dass Babel ein Paradies ist.
Doch dann wird es zum Gefängnis... Aber kann ein Student sich gegen das Empire stellen?
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A lie was not a lie if it was never uttered; questions that were never asked did not need answers. 
- S.30

 
"Babel" war wohl eines der heißersehntesten Neuerscheinungen im letzten Jahr. Ein Dark Academia Roman inklusive Magie und einer rätselhaften Verstrickung? Das hat vor allem die Booktube- und Bookstagram-Welt aufhorchen lassen. Auch ich war sofort interessiert, als das Buch angekündigt wurde.

Nachdem ich das "Babel" beendet hatte, war ich jedoch hin und hergerissen. Daher habe ich einige Tage gebraucht, um die Geschichte noch einmal Revue passieren zu lassen.
Letztlich gab es dann doch einige Aspekte, die dafür ge
sorgt haben, dass ich den Roman nicht so lieben konnte, wie viele andere, obwohl ich ihn durchaus gemocht habe.
Dazu zählt vor allem, dass viele Dinge zwar gut, aber viel zu detailliert erklärt beziehungsweise oft wiederholt werden, als wäre man kein*e aufmerksame*r Leser*in und müsse ständig daran erinnert werden.
Babel als Institution für Übersetzungen benötigt sicherlich hier und da - auch zum Aufbau der Welt - gewisse Erläuterungen. Einige Beschreibungen und Herleitungen der Wörter wirken dabei leider aber besonders zäh, obwohl das Wissen darüber für die Figuren essenziell ist. Eventuell spielt hier aber meine eigene Vorkenntnis durch das Studium eine Rolle, sodass es für Leser*innen, die diese Bezüge noch nicht kennen, etwas spannender ist.
Gleichzeitig schienen für mich auch einige
Fußnoten fast willkürlich gesetzt zu sein. In einer wird dort etwas vermerkt, das an einer anderen Stelle ähnliche im Roman beziehungsweise Haupttext selbst beschrieben/ erwähnt wird. 
 
Das Tempo der Handlung war für mich zu Beginn nicht optimal umgesetzt, da mehrmals "gestoppt" wurde. Heißt, wenn gerade spannend wurde und man das Gefühl hatte, dass es "richtig losgeht", wurde plötzlich wieder ein Gang zurückgesetzt und es folgten gefühlt erneute Einleitungen in die Geschichte. Bei mir entstand dann das Gefühl, dass ich wieder bei null (oder bei zehn Prozent) anfange.



„'You see?' asked Anthony. 'Languages aren´t just made of words. They´re models of looking at the world. They´re keys to civilization. And that´s knowledge worth killing for.'“ 
- S. 164
 
 
Natürlich gab es aber auch Punkte und Inhalte, die ich im Roman sehr geschätzt und gemocht habe

Dazu zählen unbedingt die Stimmung und Thematik des Romans. Babel selbst und die Verknüpfung zur Magie, waren für mich essentielle Aspekte, die die Geschichte gut getragen haben. Sobald ich erneut in das Buch eingetaucht bin, habe ich mich in einer ganz bestimmten Stimmung wiedergefunden, die schon beinahe filmintensive Bilder hervorgebracht hat. Ich habe mir die Welt, die Figuren und die Umgebung lebhaft und sehr exakt vorstellen können.

Die Figuren und auch die Gruppenkonstellation- sowie Dynamik waren es auch, die mich weiterhin animiert haben, weiterzulesen. Ich mochte die Mystik, welche anscheinend alle Beteiligten umgibt. Wem kann man trauen und wem nicht?

Die Kritik an gesellschaftlichen Themen wie der "modernen Sklaverei", dem Machtmissbrauch von Ländern und Gruppen und auch Einrichtungen hat dazu beigetragen, dass der Roman eine zusätzlich ernste Komponente erhält, die wichtige Themen anspricht und sich damit auseinandersetzt. Ich möchte nicht zu viel verraten, aber auch das Ende war für mich, unabhängig von der Tempo-Kritik, gut umgesetzt und hat den roten Faden der Geschichte aufrechterhalten.
Diese ernsten Themen und die vielen Überlegungen dazu fand ich wirklich interessant und gut integriert. Der Protagonist Robin Swift hat beide Seiten, das Academia-mäßige/ Magie-spaßige und die Ernsthaftigkeit der Geschäftswelt sowie Politik sehr gut vereint.

Der Schluss hält für mich persönlich sogar Spekulationen für eine Fortsetzung beziehungsweise ein Spin-Off bereit, worüber ich tatsächlich nicht ganz abgeneigt wäre.



Ein durchaus gelungener Dark-Academia-Roman, der nicht nur die schöne und beeindruckende Magiewelt aufgreift, sondern sich mit ernsten Themen und politischen Streitigkeiten auseinandersetzt.
Obwohl ich viele Aspekte und umgesetzten Ideen der Geschichte wirklich mochte, konnte ich mich nicht ganz mit dem wechselhaften Tempo und den doch vielen Erklärungen anfreunden. Diese kamen manchmal so oft und ausufernd vor, dass den Leser*innen viel an Eigeninterpretation abgenommen wurde. Dadurch entstand zudem oft das Gefühl von repetitiven Stellen.
 

 

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