Recent reads: 3 Japanische Bestseller

Mai 15, 2022

"'Sell books that sell - that´s the rule.'

A curious phrase indeed. A curious phrase that had a bizarre ring to it." - The Cat Who Saved Books, p.139


Japanische Literatur hat in den letzten Jahren deutlich an Beliebtheit und Bekanntheit dazugewonnen. Nach Haruki Murakami sind nun auch Namen wie Toshikazu Kawaguchi, Hiro Arikawa oder Durian Sukegawa in den Buchhandlungen und im digitalen literarischen (deutschen) Umfeld ein Begriff. 

Letzten August habe ich mich bereits an die "Before the Coffee Gets Cold" - Erzählungen ran gewagt und war sehr angetan. Die Geschichten bestechen durch eine zurückhaltende Eleganz, lassen aber dennoch viel Raum für Gefühle.
Es wurde also an der Zeit, dass ich mich an die nächsten japanischen Texte wage. Aus diesem Grund, habe ich mir drei Bücher ausgesucht, die als "japanische Bestseller" gelten. Konnten sie mich ebenfalls so überzeugen? Gibt es Elemente, die "typisch" zu sein scheinen oder einem Trend folgen?


DAS WAR IN DEN BÜCHERN ÄHNLICH

Gestartet bin ich mit "How Do You Live" von Genzaburo Yoshino. Vielleicht nicht ganz verwunderlich, da das Buch nun mit einem Vorwort von Neil Gaiman ergänzt wurde. Ich war tatsächlich etwas verwundert, dass die Geschichte einen so starken Fokus auf den "Coming-of-Age"-Aspekt legt und dennoch so erfolgreich geworden ist. Der Text greift durchaus auch elementare und wichtige Dinge wie die Entstehung der Planeten, Sternenkonstellationen, also auch angerissen die Geschichte mit Kopernikus sowie auch Napoleons Werdegang oder moralische Fragen auf, aber dies ist alles auf eine sehr spezielle Weise ausgelegt.
Einerseits hat man als Leser*in das Gefühl, dass der Text durchaus für ein jüngeres Publikum gedacht ist, andererseits wird versucht, durch die Einschübe der Tagebucheinträge des Onkels, die Ebene der "erwachsenen Literatur" mit einzuschließen. Das hat an der einen oder anderen Stelle gut für mich funktioniert, leider hat aber zum Ende hin mein Interesse an diesem Stil etwas abgenommen, wodurch es mir mit der Zeit etwas ermüdend und langweiliger erschien. 

Als ich dann zu "Lonely Castle in The Mirror" von Mizuki Tsujimura und "The Cat Who Saved Books" von Sosuke Natsukawa vorgedrungen bin, war ich umso überraschter, dass auch diese beiden Bestseller, die nun auch den europäischen Büchermarkt für sich einnehmen konnten, ebenfalls an ein eher junges Publikum gerichtet sind und versuchen, den Fragen á la "wie lebe ich richtig?" / "was ist moralisch wichtig?" auf die Spur zu kommen.
Diese beiden Bücher werden zudem noch von dem Aspekt der Trauerbewältigung unterstützt. Die Geschichten vermischen somit das eigene Hadern mit einer schwierigen Situation und die Überlegungen danach, wie man sich dennoch in der Welt zurrechtfinden kann ohne andere dabei vor den Kopf zu stoßen.


DAS HAT DIE BÜCHER UNTERSCHIEDEN

Unterschiede kann man, trotz allen Ähnlichkeiten, viele finden. Auch wenn man natürlich bedenken muss, dass hier die Übersetzungen ins Englische einiges ausmachen, muss ich gestehen, dass mir "The Cat Who Saved Books" & "Lonely Castle in the Mirror" vom Ton und Stil her um einiges besser gefallen haben. Sie hatten etwas Zeitloses, überzeugen aber mit dem Drang, dass man weiterlesen möchte und es etwas spannender ist. 

Natsukawas kurze Erzählung führt uns in die unendlichen Reihen von Bücherregalen. Und zwischen diesen müssen wir navigieren, Entscheidungen fällen und uns gleichzeitig retten. Der Aspekt einer "Quest" steht hier ziemlich stark im Vordergrund, was für Leser*innen einen schönen Reiz ausmacht. Im Gegensatz zu Yoshinos Tageserlebnissen/Tagebucheinträgen-Mischung, plätschern die Gedanken nicht nur so vor sich hin, sondern es gilt auch eine Aufgabe zu lösen und hinter die Intention des Szenarios zu kommen. Für mich war dies ein wirklich gelungenes Abenteuer, was als Erzählung auch verdient einen Klassiker-Status erhalten könnte.
Die Frage nach dem Hintergrund der Situation ist auch Ausgangspunkt in Tsujimuras Roman, wenn auch auf etwas andere Art und Weise. Kurzzeitig tritt der Aspekt ein wenig zurück, um dann am Ende in einem spannenden Showdown zu münden. Für mich war diese Geschichte sicherlich ein kleines Highlight, das trotz der Adressierung an ein jüngeres Publikum, auch wunderbar für Erwachsene ist, da man hier auch vielleicht aus Sicht eines Elternteils Einblicke in die Schwierigkeiten von Schüler*innen zurückblicken und den eigenen Kindern neue Perspektiven aufzeigen kann. 

Der wohl markanteste Unterschied zwischen Yoshinos Roman und "Lonely Castle in the Mirror" und "The Cat Who Saved Books" ist jedoch, dass die beiden letzteren einen wirklich schönen Fantasy-Anteil haben, der zum Träumen einlädt.


"The Chronicles of Narnia, which sat in the bookcase downstairs, crept into her  mind. How could a portal into a different world not be appealing?" - Lonely Castle in the Mirror, p. 26

 

DIE JAPANISCHE KULTUR KENNENLERNEN

Wenn man zu Büchern aus anderen Teilen der Welt greift, hofft man (zumindest in den meisten Fällen), auch etwas Neues aus der Kultur zu erfahren. In allen drei Büchern war dies sicherlich der Fall. Ich habe einiges zur japanischen Trauerkultur erfahren, zum Schulsystem, zur gewünschten Lebensweise und zu eigentlich ganz beiläufigen Dingen, die mich aber sehr interessiert haben. 
Zum Beispiel wird in "Lonely Castle in the Mirror" oft auf die Namen und Namensgebung verwiesen. Fügt man bestimmte Endungen zu einem Namen hinzu, wird man entweder als "Freund" angeredet oder in einer höflich distanzierten Form. Ebenso erfährt man einiges zu den Silben, die den Namen bilden und wie schwierig es sein kann, diese dann in Schriftform zu lernen. Ich persönlich finde solche Informationen neben der eigentlichen Handlung unfassbar spannend und lesenswert, sodass ich mich sehr gefreut habe, hier ein wenig "unterrichtet" worden zu sein. 

FAZIT / SIND JAPANISCHE BÜCHER ETWAS FÜR MICH?

Definitiv! Ich schätze die Intention der Bücher, die ich bisher aus der japanischen Literaturwelt mitnehmen konnte sehr. Obwohl mir "How Do You Live" in einigen Teilen zu statisch wirkte, konnten mich die zwei Nachfolger "The Cat Who Saved Books" & "Lonely Castle in the Mirror" Dank des Spannungsbogens und der Kombination einer anderen, uns unbekannten Welt, sofort abholen und in den Bann ziehen. Zudem haben beide Bücher viel Gefühl, ohne kitschig zu sein, was mir ebenfalls sehr gefallen hat.
Daher werde ich nur allzu gerne weiterhin schauen, was die japanische Literatur noch zu bieten hat und sicherlich auch zu Büchern greifen, die nicht nur als "(internationale) Bestseller" bekannt sind, um auch andere Facetten kennenzulernen. 



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