Liebesromane und ich: die Ausgangssituation
Die Beziehung zwischen Liebesromanen und mir ist schwierig. Nicht, weil ich grundsätzlich etwas gegen flauschige Feel-Good-Bücher habe, ganz im Gegenteil, sondern weil ich das Gefühl habe, dass ich nicht zu viele von den Geschichten lesen kann, ohne zu denken, dass sich alles wiederholt und gleich wirkt. Ich habe mich in den ganzen Jahren des Lesens weiterentwickelt, habe neue Genres und Umsetzungen von Romanen entdeckt, die mir mehr zusagen.
Fakt ist aber auch, dass ich damals, als ich kurz vor der Entscheidung meines Studienfachs stand, gerade durch diese Art von Romanen meine Liebe zur Literatur wiedergefunden habe. Tatsächlich hatte ich zu Weihnachten zwei Bücher von Jojo Moyes geschenkt bekommen (Klassiker!) und bin nur so durch die Seiten geflogen. Bei aller berechtigter Kritik, die mittlerweile auch in Bezug auf "Ein ganzes halbes Jahr" angebracht wird, kann ich die Tatsache nicht ändern, dass mich die Bücher eben zum Lesen gebracht haben.
Aus dieser recht paradoxen Ausgangssituation also, habe ich ein kleines Projekt gestartet und eine Woche lang nur Liebesromane gelesen. Heißt also: 1 Woche, 5 Liebesromane. Konnten mich die Bücher überzeugen?
Vorab zunächst einmal hier die Buchauswahl:
- "Wait for it" von Jenn McKinlay
- "The Flatshare" (dt. Übersetzung: "Love to Share - Liebe ist die halbe Miete") von Beth O´Leary
- "The Two Lives of Lydia Bird" (dt. Übersetzung: "Zwei in einem Herzen") von Josie Silver
- "The Honey Don´t List" von Christina Lauren
- "The Break-Up Book Club" von Wendy Wax
Zugegeben, die Auswahl ist nicht sehr divers und zielt vorwiegend auf Liebesverhältnisse zwischen Mann und Frau ab. Da dies aber in den letzten Jahren die bekannten und klassischen Stereotypen eines solchen Romans waren (zumindest die, die breitflächig vermarktet und veröffentlicht wurden), habe ich sie gezielt als Vergleich ausgewählt.
Alles schon gelesen?
Die Frage, die mich natürlich zu Beginn beschäftige, war: Bin ich durch mit dem Genre und den Inhalten? Oder können mich die Geschichten noch überraschen?
Nun, ehrlich gesagt muss ich der Befürchtung leider etwas zustimmen. Ich hatte in keinem der fünf Liebesromane das Gefühl, dass mich hier etwas gänzlich Neues erwartet. Zugegeben, die momentane (politische) Lage war einerseits hinderlich daran, den Kopf gänzlich freizubekommen, jedoch sollten gerade solche Romane dann in der Lage sein, die Leser*innen abzulenken.
Die Handlungsidee von "The Flatshare" und "The Two Lives of Lydia Bird" implizierte durchaus einen ungewöhnlichen Start und versprach Abwechslung, doch schnell merkte ich, dass diese Idee unter dem Schema des Liebesromans ausgebremst wurde.
Zu gerne hätte ich zum Beispiel in "The Flatshare" von noch mehr Situationen gelesen, die diese sehr spezielle Wohnsituation zuspitzen, noch mehr Details, die verdeutlichen, wie man mit einer anderen Person zusammenleben kann und sich Dinge innerhalb der Wohnung verändern, während man nie gleichzeitig an einem Ort ist. Obwohl dies zu Beginn noch aufgegriffen wird, springt die Situation für mich plötzlich viel zu schnell in das "normale Setting" um, was wiederum dafür sorgt, dass die Geschichte wirkt wie viele andere.
In "The Two Lives of Lydia Bird" gefiel mir die "Was wäre wenn...?" Situation. Ich liebe es, wenn Parallelwelten aufgezogen werden, die einen hinsichtlich der Handlung mehrgleisig fahren lassen. Doch auch hier entstand für mich der Eindruck, dass die Situation nicht ausgeschöpft wird und sie nur als Grundgerüst dient. Gute Anfangsideen? Ja. Details und Ausarbeitung? Eher weniger. Nichtsdestotrotz war ich überrascht, dass der Roman sich etwas zurücknimmt, was die rosarote Brille betrifft. Das gefiel mir tatsächlich ziemlich gut. Keine übertriebene Heiterkeit, keine "frei von Problemen"-Zone. Obwohl die Geschichte einen mit einem guten, wenn auch etwas tränenreichen Impuls zurücklässt, wird sie nicht unglaubwürdig in Bezug auf die Entwicklung des Liebeslebens ausgeschlachtet.
"The Honey Don´t List" und "Wait For it" konnten für mich mit keiner originellen Story überzeugen, hatten jedoch einige unterhaltsame Elemente, die mich zum Schmunzeln gebracht haben.
Das ist neu
Den folgenden Vergleich bringe ich an in Anlehnung an meine Eindrücke von den letzten Jahren. Wie immer sind diese absolut subjektiv.
Etwas Neues in einem für viele beliebten und funktionierenden Genre durchzusetzen braucht Zeit. Viele Jahre über hatte ich das Gefühl, dass die Romane überwiegend davon leben, dass die Frau den Mann fürs Leben findet - plus minus einiger Hindernisse. Also Glück durch Liebe. Und die Liebe sah meistens so aus, dass sich das Mädchen oder die Frau an den Mann anpassen sollte.
Sicherlich gibt es immer noch genügend Liebesromane, die nach dem Schema verfahren, hier jedoch war es schön zu sehen, dass sich zumindest einige Fortschritte erkennbar machen.
Frauen lösen sich von alten Mustern, von Vorgaben wie sie zu sein haben und leben selbstbestimmt. Besonders "The Break-Up Book Club" schien hier die Botschaft senden zu wollen, dass eine Trennung kein Untergang ist, dass man sich von egoistischen Ehemännern und Partnern nichts bieten lassen und dass man nicht sofort zurückkehren soll, wenn sich die Chance ergeben würde.
Leider (!) wurde hier an einigen Ecken mit der Ausarbeitung gespart und zum Schluss noch eine Handlung bezüglich des Online-Datings ausgebaut, was das ganze sehr flopsig und reingequetscht wirken ließ. Wirklich schade, denn die grundsätzliche Intention einen Liebesroman über Trennungen und über die Stärke jeder einzelnen Protagonistin zu schreiben, fand ich super.
Tops & Flops oder auch: das Fazit
Ehrlich gesagt fällt es mir schwer, hier ein finales Urteil über die Tops & Flops zu fällen. Mich konnte kein Roman wirklich vom Hocker reißen. Dafür gab es einfach zu viele Baustellen und Schwachstellen, bei denen ich manchmal meine Augen verdreht habe, das Ende zu absehbar oder mir die Handlungsabfolge zu abrupt war. Da mir jedoch die recht ruhige und nicht übertriebene Art von "The Two Lives of Lydia Bird" gefallen hat und hier der Aspekt der Trauerbewältigung eine große Rolle spielt, würde ich den Roman noch am ehesten als Favoriten bezeichnen.
Die anderen Romane landeten im guten Mittelfeld, wenn man wirklich eine Geschichte sucht, die die eigene Stimmung etwas auflockert, die man nicht zu ernst nimmt, die aber hier und da eine nette und wichtige Botschaft bereithält.
Obwohl ich einige Figuren durchaus mochte, wirkten andere wie vorgefertigte Schablonen, die man nur eingesetzt hat. Mir fehlte es da durchaus an der altbekannten Bindung zu den Charakteren.
Die Stimmung jedoch war bei eigentlich allen Büchern recht angenehm. In einem befindet man sich in einem edlen Gästehaus, in einem anderen auf Tour mit einem auf Social Media gefeierten Pärchen und in den anderen größtenteils in den guten alten vier Wänden. Für Liebesromane eine absolut berechtigte Kulisse, die mal mehr, mal weniger für Überraschungen sorgt.
Würde ich noch einmal eine Woche nur Liebesromane lesen? Eher nicht. Die Geschichten bleiben für mich weiterhin gute Ablenkungen in Zeiten, in denen ich mal etwas fürs Herz brauche, aber nach fünf Liebesromanen sehne ich mich nach einer ernsteren und durchdachteren Geschichte.
Es bleibt nur zu sagen, was man schon hätte ahnen können: Die Mischung machts.
Hallo liebe Karin,
AntwortenLöschenein sehr interessantes Projekt, das du da ausprobiert hast. Ich tue mich mit Liebesromanen auch oft schwer und es gibt selten welche, die mich richtig vom Hocker hauen. Trotzdem greife ich immer mal wieder gerne zwischendurch zu einem und freue mich umso mehr, wenn der Funke überspringt.
Ganz liebe Grüße, Steffi
Hi!
LöschenJa, da geht es mir ähnlich. Man weiß ja tatsächlich ungefähr, was man davon erwarten kann und manchmal braucht man es während einer gewissen Stimmungsphase.
Freue mich auch immer, wenn ich die Liebesromane dann gut fand und sie einem das Herz erwärmen konnten. Ich werde daher sicherlich auch immer mal wieder schauen, was aus dem Bereich populär oder diskutiert werden wird. :)
Hallo Karin, ein sehr interessanter Beitrag. Mich spricht dieses Genre wenig an, auch aus den von dir genannten Gründen. Vieles wiederholt sich einfach immer wieder, eine Story gleicht der anderen. Umso spannender finde ich deine Idee, dich mit diesem Genre so auseinandergesetzt zu haben und dein Fazit dazu!
AntwortenLöschenZeilentänzerin
Das ist lieb, danke! <3 :)
LöschenDieses Mal war leider kein Buch dabei, das sich etwas stärker abgehoben hat. Aber vielleicht werde ich im Sommer noch mal einem Liesbesroman eine Chance geben, das eben nicht den "typischen Beziehungen" folgt.
Kann aber eben absolut nachvollziehen, wenn du da auch nicht so oft zu greifst.