"Eine perfekte Familie" von Liane Moriarty

März 27, 2022

Eine perfekte Familie von Liane Moriarty-Buch
Werbung ~ Rezensionsexemplar (Original: "Apples Never Fall"/ 2021) Diana Verlag - Penguin Randomhouse Imprint (2022), Übersetzer/in: Carola Fischer (aus dem Englischen), ★★★(★)☆ 3,5 Sterne
"Joy ist spurlos verschwunden, aber sollen sie ihre Mutter wirklich als vermisst melden? Ein Dilemma für die vier erwachsenen Kinder, denn Vater Stan ist offensichtlich mehr als verdächtig. Bisher galten die Delaneys als Vorzeigefamilie par excellence, doch nun bleibt kein Stein mehr auf dem anderen. Was verheimlicht Stan? Und wer war die Fremde, die erst Wochen zuvor in Joys Leben trat? Den Geschwistern stellt sich aber eine noch viel erschreckendere Frage: Kennen sie ihre Eltern überhaupt?"
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"Es war klar, dass das passieren würde, sagten die Leute, und jetzt war es passiert."  S.9

Moriartys Roman "Big Little Lies" war für mich als TV-Serie eine positive Überraschung. Damals habe ich mir die Buchvorlage entgehen lassen, aber ihren neuen Roman wollte ich dann doch lesen, um zu sehen, ob das Niveau ähnlich sein würde. 

Das Portrait einer Familie, die sich nach dem großen Erfolg im Tennis sehnt, war für mich durchaus spannend zu verfolgen. Nach und nach erfährt man, was dieser Druck durch die Sportart ausgelöst hat und in wieweit die Fassade anfängt zu bröckeln, wenn es um den Zusammenhalt und die Familiendynamik geht. 
Die Sportart selbst wird nicht zwingend ausführlich besprochen, dennoch bekommt man einige Randinformationen zu den Spielabläufen, zu den Regelwerken und den Tennisturnieren präsentiert, die meiner Meinung nach gut eingebaut werden. 
Gleichzeitig soll diese Verkettung aber natürlich in erster Linie dafür sorgen, dass wir uns der psychologischen Seite der Medaille zuwenden.

"Zweifellos waren sie miteinander verwandt. Auch ihre Stimmen klangen ähnlich: leise, tief, rau. Menschen mit Halsschmerzen und Geheimnissen." S.12
 
Der Ton des Romans war für mich tatsächlich abwechslungsreich, wenn nicht sogar manchmal ambivalent. Es gab Kapiel, die sehr düster und ernst wurden und diesen Touch von "Big Little Lies" aufwiesen. Daneben jedoch gab es wirklich viele Stellen, Momente und auch Auflösungen, die sehr ins lustige und komische gezogen wurden. Diese Vermischung beider Teile wäre für mich eigentlich gar nicht problematisch gewesen, da sie an einigen Stellen wirklich gut passen, jedoch wurde besonders zum Ende hin die sogenannte Authentizität und realistisch-mögliche (soweit eben in einem fiktiven Roman machbar) Handlungsweise einiger Figuren etwas ins Absurde gezogen.

So sehr ich die Geschichte und die Stück für Stück analysierte Familiengeschichte gemocht habe, fiel es mir schwer, den Roman durch die Auflösung als das anfangs clevere Spiel zwischen Machtdemonstration, Familiengeheimnissen und der Herausforderung einer jeden Figur im eigenen Leben (mit oder ohne Tennis) zu sehen. Dieser eine Teil wollte sich für mich persönlich nicht ganz in das ganze Konzept einfügen.
Denn (und das muss ich wirklich sagen), das eigentliche Ende sorgte dann wieder für das Gefühl, welches man zu Beginn verspürt hat und das diese Ernsthaftigkeit in Anbetracht einiger Schicksale und Verhaltensweisen unter den Figuren stärkte. Leider blieb die Geschichte daher nicht durchgängig auf dem Niveau, das ich mir erhofft hatte. 

Die Familie als solches, mit den unterschiedlichen Charakteren der Kinder und natürlich auch der Eltern, sorgt für viel Gesprächsstoff und greift die Frage auf, wie man als Familie funktionieren kann. Wie schafft man es, die eigenen Bedürfnisse nicht auf die eignen Kinder zu projezieren?
Darüber hinaus werden immer noch wichtige Themen wie Gewalt in der Beziehung, der (unerfüllbare) Kinderwunsch und auch die Position und Selbstverwirklichung des jeweiligen Ehepartners innerhalb der Familie aufgegriffen. Alles Themen, die meiner Meinung nach größtenteils gut eingebunden wurden.
Ich bin der Familie im Großen und Ganzen gerne gefolgt, habe mich gekrümmt, wenn ich Angst hatte, dass eine*r der Mitglieder einen Fehler macht und bin größtenteils mit Interesse an der Geschichte drangeblieben, auch wenn es hier und da durchaus hätte knapper ausgeführt werden können.

"Es war alles sehr höflich und akkurat. Nur dass diese Akkuratesse ihm das Gefühl gab, er würde liebevoll mit einer dicken Daunendecke erstickt werden." S.138
 

Ein teils Mystery- teils Familienroman, der mich in gewisser Hinsicht gut abgeholt und positiv überrascht hat. Die Suche nach den Geheimnissen war meiner Meinung nach spannend, wenn auch manchmal etwas zu sehr ausgeführt. Die vielen Facetten der Familienmitglieder und das psychologische Aufdröseln der Dynamik fand ich spannend und durchaus packend. Einzig die Auflösung hat bei mir den Eindruck erweckt, als wolle sich der Roman nicht ganz auf eine Stimmung festlegen und schwingt mal auf die sehr ernste, mal auf die beinahe komödiantische Schiene. Hätte funktionieren können, hat sich aber hier vielleicht etwas verzettelt. Das danach folgende Ende hingegen fand ich wieder stark und sorgt für genau den Effekt, den ich mir von dem Buch erhofft hatte.

Buchrücken-Liane Moriarty-Eine perfekte Famiie

 

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