"Dinosaurier auf anderen Planeten" von Danielle McLaughlin

Februar 24, 2021

Buch: "Dinosaurier auf anderen Planeten" von Danielle McLaughlin
Werbung ~ Rezensionsexemplar (Original: "Dinosaurs On Other Planets"/ 2015), Luchterhand Verlag (2021), Übersetzer/in: Silvia Morawetz (aus dem Englischen), ★★★(★)☆ 3,5 Sterne
"Eine junge Frau lernt ihren Mann ganz neu kennen, als sie zum ersten Mal seine Heimat an der nordirischen Küste besuchen; eine Mutter will verstehen, warum ihr kleiner Sohn so besessen ist von Tierknochen und der Apokalypse … In diesen Geschichten ist die Welt ebenso schön wie fremd. Männer und Frauen, Alt und Jung bewegen sich durchs Leben, wie ein Tourist ein fernes Land erkundet: aufmerksam, mit einer Mischung aus Staunen und Misstrauen. Sie leben in ständiger Gefahr, missverstanden, verletzt oder abgelehnt zu werden, und wollen doch nur begreifen, wer sie sind, in welcher Welt sie leben."
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"Der Glückspilz Bob, der Schmerz so wenig kannte, dass er ihn hübsch verpackt bei eBay bestellen musste, um ihn sich hernach in lackierten Rahmen an die Wand zu hängen." S.42
Kurzgeschichten sind so eine Sache für sich. Einige können so gar nichts damit anfangen, andere wiederum lieben sie. Ich gehöre eher zur zweiten Kategorie. Daher bin ich wohl auch grundsätzlich mit einer hohen Erwartung an diesen Erzählband gestartet.

Ich muss sagen, dass mir die elf Geschichten insgesamt gut gefallen haben, auch wenn es komisch wirkt, dies in Bezug zu den teils unschönen Inhalten zu sagen. Jede Erzählung spielt mit dem Gefühl der Protagonist*innen, dass etwas, ein Geheimnis, ein tief verborgener Wunsch, eine Veränderung, die sie herbeisehnen, nicht offengelegt wird und nicht nach Außen gelangt. So spüren wir jedes Mal aufs Neue, einen in sich doch eher unbefriedigten Ausgang der Situationen. 
Dies kann auf der einen Seite natürlich frustrierend sein (und das ist es teilweise auch), aber manchmal schafft es McLaughlin genau deshalb die Intensität des Geschehens und der Emotionen herauszustellen. Was wünschen sich die Figuren am sehnlichsten? Was würden sie am liebsten in die Welt hinausschreien, um nicht das Gefühl des inneren Drucks zu spüren, der sie förmlich zerreißt? 
 
Ebenso enthalten einige Sätze eine solche Macht, dass man noch länger damit beschäftig ist. Dies war bei mir zum Beispiel bei dem ersten Zitat dieser Besprechung der Fall. Menschen, die sich Bilder an die Wand hängen, die Schreckliches zeigen (Krieg, Trümmer, vernichtete Gegenden), was sie allerdings nie erlebt haben und es nur als passendes Dekoelement für Zuhause erachten. Gleichzeitig war diese Aussage so tief mit dem Charakter verbunden, der dies geäußert hat, dass man die Projizierung des eigenen Schmerzes der Figur förmlich in jeder kleinen Anspielung auf Alltägliches spüren und packen konnte.
"'Der Ärger weiß, wie er die Leute findet´ sagte Kavanagh.'" S.90

Für mich ist der Erzählband demnach sicherlich nichts zum einfach schnell Weglesen oder zu dem man sofort einen Zugang findet, der einem alles erklärt. Vieles liegt dazwischen verborgen, schlummert ein wenig und kommt dann plötzlich mit einer ganz eigenen Kraft zurück. Man muss daher auch in der Stimmung sein und Lust darauf haben, sich intensiver mit den Geschichten auseinanderzusetzen, andererseits könnten es sicherlich viele als "banal" oder sogar langweilig ansehen. 

Die elf Geschichten sind insgesamt alle relativ ruhig. Es gibt Ereignisse, die es in sich haben, diese werden aber immer hinter einem Schleier erzählt, der den schlimmsten Aufprall verhindern soll.
Gleichzeitig war ich an vielen Stellen etwas abgeneigt, da (für mich persönlich) zu stark auf Beschreibungen gesetzt wurde, die irgendwie nicht in die Erzählung passen wollten. Ebenso waren auch die vielen Grausamkeiten gegenüber den Tieren absolut nichts für mich - auch wenn diese oftmals stark kritisiert werden und die düstere, makabre Stimmung inszenieren sollen.
Ebenso tat ich mich sehr schwer mit der oft auftretenden Gewalt gegenüber Kindern. Es werden Dinge geschildert, die natürlich aufzeigen, dass die Situation aufgeheizt ist und die Eltern oder umstehenden Personen am Limit sind. Jedoch fehlte mir bei der Tat selbst, bei der eine "Hand ausgerutscht ist", eine viel stärkere Kritik daran. Natürlich kann man dies zwischen den Zeilen irgendwie herauslesen, aber da dies bei vielen Geschichten erwähnt wird, erweckt es den falschen Eindruck der "Normalität".

Die Atmosphäre hingegen mochte ich oftmals sehr. Wir bewegen uns durch ländliche Gebiete Irlands, die wirken, als könnten sie auch einer Zwischenwelt entsprungen sein. Leise und doch laut. Sicher und dann wieder gefährlich.

"'Auf anderen Planeten könnte es also noch Dinosaurier geben?'
         'Nein', sagte Colman genau im selben Moment, als Pavel 'Höchstwahrscheinlich'
         sagte."
S.236
  
 
Elf Geschichten mit starken Inhalten. Mich hat jede Geschichte in Beschlag genommen, auch wenn sich einige Lieblinge herauskristallisiert haben. In den Erzählungen geht es um Themen des Alltags, des Lebens, der Familie und sich selbst. Nicht einfach zu verkraften, aber mit vielen guten und wichtigen Überlegungen. Dennoch fand ich einige Elemente unnötig eingebaut und die Beschreibungen des Umgangs mit Tieren wie auch der zu wenig kritisierten Gewalt gegen Kinder nicht immer angemessen.


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