(Original: "The Midnight Library"/ 2020) Canongate, Übersetzer/in: -, ★★★(☆)☆ 3,5 Sterne
Zwischen Leben und Tod existiert eine Bibliothek.
Als sich Nora Seed inmitten der "Midnight Library" wiederfindet, hat sie die Möglichkeit, einige Dinge wiedergutzumachen. Bis jetzt bestand ihr Leben hauptsächlich aus Not und bereuten Entscheidungen hat. Sie hat das Gefühl, dass sie alle im Stich gelassen und enttäuscht hat, einschließlich sich selbst. Doch die Dinge sind dabei sich zu ändern...
Die Bücher in der "Midnight Library" erlauben es Nora, ihr Leben noch einmal so zu leben, als hätte sie in bestimmten Situationen anders reagiert. Mit der Hilfe einer alten Freundin, kann sie nun alles wiedergutmachen und gleichzeitig ihr perfektes Leben formen. Bis sie feststellt, dass nichts wirklich so ist, wie man es sich vorstellt. Immer mehr geraten sie und auch die Bibliothek in Gefahr.
Bevor die Zeit abläuft, muss sie sich einer Frage stellen: Was ist die beste Art und Weise zu leben?
Matt Haig ist mittlerweile ja ein wirklich bekannter und beliebter Autor. Nach seinem Bestseller "The Humans" (dt. Übersetzung "Ich und die Menschen") ging es für ihn stetig bergauf.
Daher bin auch nicht ganz um seine Bücher herumgekommen. Zusätzlich zu seinem Erfolgsroman, habe ich mit den Jahren auch seine Weihnachtsbücher gelesen und war von beidem recht angetan. Als sein neuester Roman bei mir einziehen durfte, war ich daher recht zuversichtlich, dass mir die Geschichte gefallen würde.
Und das hat sie grundsätzlich auch, jedoch blieb ich mal wieder mit dem lästigen Gedanken zurück, dass ich mir doch irgendwie mehr erhofft hatte.
Der Klappentext impliziert bereits wohin uns der Roman nehmen möchte. An einen Ort zwischen Leben und Tod, eine Bibliothek, die sich den Träumen und Wünschen der Protagonistin anpasst und sie dazu verleitet, noch einmal über ihr Leben und ihre Entscheidungen nachzudenken. Bis dahin gibt es keine Einwände. Es ist zwar nicht die originellste Idee, aber doch schon auf seine eigene Weise speziell.
Demnach gefiel mir auch sehr die Umsetzung der Bibliothek, in der wir uns hier bewegen. So wie Haig den Ort und die Stimmung beschreibt, habe ich mich wie in einer Art Traum gefühlt, einer Welt mit "Was wäre wenns...". Und das hat auch wirklich gut funktioniert. Zumal ich die Protagonistin als verletzlich, liebevoll, wenn auch manchmal naiv empfand. Sie entwirft und verwirft neue Träume und gibt den Leser*innen das Gefühl, dass sie keine Protagonistinnen-Maschine ist, die nur über ein emotionales Programm verfügt.
Und dennoch war ich am Ende etwas traurig, dass Haig sich vor allem in der Mitte in vielleicht zu lang gezogene Szenarien gestürzt hat und die Geschichte dann zum Schluss doch sehr vorhersehbar daherkommt. Auch wenn ich dem Meisten, was er mit dem Roman erzählen möchte, wirklich zustimme und schätze, fehlte mit dann doch der besondere Touch - und zwar eben besonders im mittleren Teil.
Das Ende hat sich für mich wie gesagt relativ schnell abgezeichnet, aber dennoch fand ich den Schluss dann erneut etwas stimmiger und besser. Hier kommen auch noch einmal viele Emotionen zusammen, die man sich vielleicht schon an früherer Stelle erhofft hätte (oder ich bin zu abgebrüht, was eigentlich nicht sein kann, weil ich sehr nah am Wasser gebaut bin).
Ich würde den Roman begrenzt empfehlen. Für Leser*innen, die schon viele Bücher in ihrem Leben verschlungen haben, wird die Geschichte sicherlich süß und auch schön sein, weil der Bezug zu der Bibliothek gegeben ist, aber letztlich wird man vielleicht mit dem Gefühl zurückbleiben, dass man den Roman schon kennt. Für Leser*innen, die etwas fürs Herz suchen und noch nicht viele Romane mit einem solchen Anfangsszenario gelesen haben, könnte es genau das Richtige sein.
Das Setting, die Protagonistin und auch den Grundgedanken sowie die Ausflüge in eine andere Ebene der Wahrnehmung fand ich durchaus geglückt. Leider fehlte mir jedoch letztlich doch das übliche gewisse Etwas, denn das Ende war sehr leicht zu erahnen. Es ist sicherlich eine schöne Geschichte für Zwischendurch mit durchaus ernsten Tönen, aber die Art wie sie geschrieben ist, sorgte dafür, dass sie einen durchschnittlichen Eindruck hinterlässt.
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