Werbung ~ Rezensionsexemplar (Original: "My Sister, the Serial Killer"/ 2018), Blumenbar / Aufbau Verlag (2020), Übersetzer/in: Yasemin Dinçer (aus dem Englischen), ★★★★☆ 4 Sterne
"Zwei Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Ayoola ist das Lieblingskind, unglaublich schön - und sie hat die Angewohnheit, ihre Männer umzubringen.
Korede ist eher praktisch veranlagt und dafür zuständig hinter ihrer Schwester aufzuräumen: die Krankenschwester kennt die besten Tricks, um Blut zu entfernen, und ihr Kofferraum ist groß genug für eine Leiche. Dann verknallt sich natürlich auch Tade, der hübsche Arzt aus dem Krankenhaus, in Ayoola, der doch eigentlich für Korede bestimmt ist. Jetzt muss die sich fragen, wie gefährlich ihr Schwester wirklich ist -- und wen sie hier eigentlich vor wem beschützt."
__________________________________________________________________________________
"Ich ertappe mich dabei, wie ich um drei Uhr morgens Serienmörder in die Google-Suchleiste eintippe. Da stand es: drei oder mehr Morde...Serienmörder" S.52
Laut der New York Times ist der Roman, der auch für den Booker Prize nominiert ist 'Schnell und witzig. Ironisch und böse funkelnd'. Ich kann allem zustimmen, bis auf das 'witzig'. Ich weiß nicht, was das immer ist, dass viele Menschen bestimmte Romane urkomisch finden, die ich absolut nicht so wahrnehmen kann. Ja, der Roman ist unfassbar ironisch (dass man vielleicht lächelnd aufseufzt und den Kopf schüttelt) und bitterböse, aber weitestgehend wollte ich einfach laut losschreien. Manchmal fühlt man sich in dem Szenario, als stiller Zuhörer, genauso gefangen, wie der Komapatient, den die Protagonistin Korede besucht. Man kann nicht einschreiten, würde aber nur zu gerne alle Beteiligten schütteln.
Auch wenn ich dieser Kategorisierung von 'witzig' also nicht zustimmen kann, finde ich den Roman darüber hinaus sehr klug, erfrischend scharfzüngig und richtig geschickt konzipiert.
Auch wenn ich dieser Kategorisierung von 'witzig' also nicht zustimmen kann, finde ich den Roman darüber hinaus sehr klug, erfrischend scharfzüngig und richtig geschickt konzipiert.
"Hat ihr nie jemand gesagt, wie schmerzhaft es ist, stumm zu weinen?" S.221
Die Protagonistin beginnt ihre Erzählung direkt mit der Tatsache, dass es einen Toten gibt, man wird also ins kalte Wasser geschmissen. Keine Vorgeschichte, keine Hintergrundinformationen. Doch nach und nach beginnt Korede ihre Schwester und ihr Verhalten zu analysieren und reflektieren. Was ist da eigentlich los? Wieso gerät alles so schnell außer Kontrolle und wer muss noch um sein Leben fürchten?
Gleichzeitig (und das fand ich ebenfalls sehr gut umgesetzt) erfahren wir zum Ende hin auch immer mehr über die Vergangenheit der Schwestern. Der Leser beginnt zu erahnen, dass die Geheimnisse rund um die Familie selbst, tiefer sitzen, als zunächst angenommen. An dieser Stelle und auch in Hinblick auf die Gesamtdynamik des Romans hatte ich stets den Originaltitel "Thicker Than Water" im Hinterkopf. Und er ist so, so passend. Natürlich thematisiert die Geschichte die Tatsache, dass eine der Schwestern eine Serienmörderin ist, aber der Roman geht viel weiter. Er thematisiert, was es bedeutet, mit der Frage konfrontiert zu werden, was man für die Familie machen würde, ob man sich von ihr distanziert, wenn moralisch verwerfliche Dinge gestehen und ob man ausnahmslos zu ihr steht.
"Ich hole mir ein paar Staubtücher aus dem Vorratsschrank. Könnte ich damit doch nur auch all unsere Erinnerungen fortwischen." S.69
Der Roman, der sich schnell liest und mit einer bitterbösen, aber doch leichten Stimmung daherkommt, hält Wahrheiten bereit, welche der Geschichte einen nötigen Tiefgang verleihen. Die Beziehung zwischen den Schwestern also auch die Spielerei zwischen der "guten und vernünftigen" und "kaltblütig und impulsiven' ist geschickt konzipiert. Ebenso steht hier die Verbundenheit zur Familie wie auch die Bevorzugung der Gesellschaft von "schönen" und damit wohl 'wertvolleren' Menschen im Vordergrund. Man würde viele Protagonisten gerne mehrfach wachrütteln und gleichzeitig wird immer die Frage á la: Würdest du deine Familie verraten oder zu ihr stehen? aufgeworfen. Wer also auch nach dem Lesen die Handlungen der Figuren hinterfragt und zu analysieren versucht, gerät in einen psychologisch-moralischen Gedankenstrudel.
Ahoi Karin,
AntwortenLöschenmit dem Buch hatte ich ja geliebäugelt, obwohl es so gar nicht in mein Leseschema passt; klingt immer noch interessant :D Danke für deine Kurzrezension mit wie immer schönem Bild :)
Liebe Grüße
Ronja von oceanloveR
Es ist tatsächlich sehr interessant! Es klingt sehr makaber (ist es sicherlich auch), aber irgendwie hält sich das so im Rahmen, dass man es nicht komplett übertrieben findet. Etwas paradox, aber eigentlich gut gelöst. :D
LöschenLiebe Grüße
Karin