Things We Say in the Dark von Kirsty Logan

Oktober 16, 2019

Things-We-Say-In-The-Dark-Kirsty-Logan

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(Original: "Things We Say in the Dark"/ 2019) Harvill Secker , Übersetzer/in: -, ★★★★☆ 4 Sterne
Diese dunklen Geschichten thematisieren die Ängste von Frauen mit schonungsloser Ehrlichkeit und Fantasie, sprechen dabei über den weiblichen Körper, häusliche Klaustrophobie, Verlangen und Gewalt. Der Erzählband besteht zudem aus feministischen Geschichten, die sich irgendwo zwischen Märchen und Geistergeschichten bewegen.
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"We are afraid that someone will come into our house when we don´t want them to. We are afraid that the thing we fear is already inside. We are afraid that we can´t make it leave. We are afraid that the lock on the door will not hold.”  S. 25

Bereits durch Logans “A Portable Shelter” wusste ich, dass die Autorin Erzählungen auf ganz besondere Art und Weise transportieren kann. In diesem Band jedoch hat sie das Bizarre aber noch einmal übertroffen.
Die Geschichten sind tatsächlich alle recht düster, einige sind sogar wirklich schauderhaft. Nicht nur aufgrund der Beschreibungen, sondern auch durch deren Inhalt. Wieder einmal offenbart sich die Wahrheit hier in einem schleichenden Prozess. Manchmal jedoch weiß man am Ende gar nicht was nun überhaupt der Wahrheit entsprach. Wie in dem Klappentext angedeutet, schwankt Kirsty Logan tatsächlich zwischen Metaphorik, Traumzuständen und einer Art Gruselgeschichte. Mythische Wesen werden genannt, aber auch blutige Zaubertricks und Babyhaie finden hier ihren Platz.

"Let us see where the lies end and the truth begins.” S. 55

So sehr die Geschichten oberflächlich zunächst eher absurd, makaber und eben bizarr (auf einige vielleicht sogar verstörend) wirken und man sich denk: „Ja, das kann ja so gar nicht stimmen, das ist alles erfunden”, so stark ist jedoch auch stets das Gefühl, dass die Erzählungen die schwierigen Seiten des Lebens greifbar machen. Ängste werdender Mütter zum Beispiel finden in der Gesellschaft weniger Beachtung, weil man sie stets mit Floskeln zurechtweist und sagt: „Das wird schon“. Hier wird diesen Ängsten zugehört und sie werden niedergeschrieben. Dass sie nicht leicht zu lesen sind, das steht außer Frage, aber wenn man sie liest, überkommt einen wirklich ein Schauer und man kann sich nur vage vorstellen, wie sich die Figuren und die Menschen fühlen müssen, denen wirklich so etwas durch die Gedanken streift.
Das Thema der Eltern-Kind-Beziehung ist in dem gesamten Erzählband stets präsent, wird aber aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und in verschiedenen Kontexten erzählt. Darüber hinaus werden aber auch traumatische Erlebnisse junger Mädchen thematisiert und mit den vorwurfsvollen Stimmen der Gesellschaft vermischt. Hier muss man durchaus in der Lage sein, diese abkapseln zu können, denn die Erzählungen orientieren sich daran, den Stimmen der Frauen und Mädchen ein Verständnis für ihre Gedanken und Gefühle zuzusprechen. Einige andere Figuren müssen sich ihrer Wahrheit stellen, die sie versuchen zu verdrängen. Ich persönlich fand einige Erzählungen packender, als andere, kann aber nicht sagen, dass ich eine wirklich schlecht fand.
Man muss allerdings beachten, dass die Geschichten ziemlich abrupt enden und man sich das eine oder andere Mal etwas zurückgelassen fühlt. Oft erahnt man das Folgende, vieles setzt sich aber erst durch die eigenen Interpretationen zusammen. Einiges musste ich mehrmals lesen, um es halbwegs oder gänzlich zu verstehen.
Was ich an dem Erzählband jedoch wirklich großartig fand war, wie er geschrieben ist und in eine sinnvolle Reihenfolge gesetzt wurde und in welcher Intensität einen das Geschriebene dadurch letztlich trifft. Man wird Schritt für Schritt sensibler, lässt aber gleichzeitig alle Überlegungen einer Unmöglichkeit fallen und lässt sich komplett auf die Geschichten ein.

"’It´s sea-glass. I found it in the kitchen. Do you think it´s a good-luck charm from your gran? To wish us well?’
Alice threw the musty duvets into the hall. ‘Trust me, Rain. My gran didn´t wish anybody well.’ S. 15


Der Name des Erzählbandes ist Programm. Es geht hinab ins Dunkle. In das Dunkle des Menschen und seiner Gedanken. Es geht aber auch um Dinge, die man sich nur traut im Dunklen zuzugeben, wenn die Nacht einen schützt. Das Thema „Familie“ steht durchaus im Fokus und Eltern, Frauen und junge Mädchen bekommen hier eine Stimme und erzählen von ihren Ängsten, Wünschen und Albträumen. Viele Geschichten sind aufgrund des thematisierten Inhalts nicht leicht zu ertragen, da sie auch ein bedrückendes Gefühl auslösen. Da die Geschichten alltäglicher Ängste in bestimmten Formen verpackt sind, sprich mythische Legenden, Geistergeschichten, Träume oder Ähnliches wirken sie zunächst etwas fremd. Mit der Zeit merkt man jedoch, dass hier der Versuch unternommen wird, diese Ängste so zu transportieren, dass beim Leser ein Verständnis dafür aufkommt. Ein „gruseliges“ Oktoberbuch, in dem einen eher die Menschen ängstigen und nicht irgendwelche scheinbaren „Monster“.


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