Liebe in der Nacht von F. Scott Fitzgerald

Mai 20, 2019




(Original: verschiedene Titel, da einzeln erschienen/ 1920-1949) Diogenes (2015), Übersetzer/in: Melanie Walz, Christa Schünke, Bettina Abarbanell & pociao (aus dem Amerikanischen), ★★★(★)☆ 3,5 Sterne
Erzählband mit sieben Erzählungen des Autors F. Scott Fitzgerald, die sich alle mit dem Thema der Liebe auseinandersetzen.
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"Verzweifelt spürte er, dass sich die ganze Welt der Schönheit über ihn ergoss wie Mondschein, dass sie ihn erdrückte, seinen Atem in ein Seufzen verwandelte und im nächsten Augenblick stocken ließ, während er hilflos in einem Übermaß an Jugend feststeckte, für die unzählige Erwachsene Jahre ihres Lebens gegeben hätten." S. 167

Der Titel dieses Erzählbandes "Liebe in der Nacht" ist durchaus sehr passend. Die sieben Geschichten, die der Leser hier vorfindet, greifen allesamt das Thema der Liebe auf. Und diese Liebe wird stets mit dem Gedanken des sozialen und finanziellen Wohlstands betrachtet. Eine Dynamik, die man auch bei Fitzgeralds wohl bekanntesten Roman "The Great Gatsby" (dt. "Der große Gatsby") findet. 
Demnach sind es keine ganz üblichen Liebesgeschichten, die von einer glücklichen Beziehung ohne Hindernisse  erzählen, sondern ihnen steht immer die Frage der "Vorteile" gegenüber. Die Figuren sehen sich nach Personen, hinterfragen aber die gesellschaftlichen Gepflogenheiten, wundern sich, ob das eigene Ansehen unter einer Beziehung leiden würde und kommen je nach Überlegung zu einem anderen Ergebnis. 
Alle Erzählungen haben dabei das irgendwie typisch Träumerische, den Wunsch nach dem einfach zu erreichbarem Glück und dem Streben nach der eigenen Zufriedenheit mit sich selbst.

"'Oh, ich bin durch die Hölle gegangen, mehr als einmal, ohne zu jammern - und die weibliche Hölle ist tödlicher als die männliche.'" S.87

Ich persönlich fand, dass jede Erzählung für sich dennoch etwas sehr Eigenes hatte, sich aber gut an die anderen Geschichten angepasst hat, sodass eine schöne Sammlung herausgekommen ist. Ebenso bin ich davon angetan, dass Fitzgerald die Gesellschaft oft (auch stark) für ihr Verhalten und ihre Oberflächlichkeit kritisiert und sie auch mit scharfer Ironie auf die Schippe nimmt. 
Was ich jedoch absolut nicht verstehen konnte und was mir die Erzählungen an vielen Stellen in schlechter Erinnerung behalten lassen hat, war, die Entscheidung des Verlags, gewisse rassistische Wörter beizubehalten. Ob aus Gründen der Authentizität oder der getreuen Abbildung des Originals, das weiß ich nicht genau, aber da das Buch hier im Jahr 2015 erschien, hätte ich mir da eine deutlich überarbeitete Version gewünscht. Den Erzählungen hätte es zumindest keine große, bedeutende Veränderung gebracht, wenn diese Wortwahl durch nicht rassistische Wörter erneuert oder ergänzt worden wäre. Das fand ich tatsächlich sehr schade.

"Als er zu ihnen emporsah, begriff er, dass es seine Sterne waren, wie immer - Symbole für Ehrgeiz, Kampf und Ruhm. Der Wind wehte durch sie hindurch und stieß jenen hohen Fanfarenton aus, auf den er immer horchte. Die ausgedünnten Wolken zogen in einer Parade vorbei, bereit zum Gefecht. Die Szene war von beispiellos herrlicher Pracht, und nur das geübte Auge des Befehlshabers bemerkte den einen Stern, der jetzt fehlte." S.191


Ein Erzählband mit sieben Geschichten eines der berühmtesten Autoren der Zwanziger Jahre, welche das Thema der Liebe und des gesellschaftlichen Status in den Fokus setzen. Träumerisch, verspielt, romantisch und immer mit einer gewissen Portion Ironie und Augenzwinkern. Auch wenn einige Geschichten vor Sehnsüchten und Liebesbeziehungen triefen, wird die Oberschicht kritisch beäugt, was den Erzählungen mehrere Schichten und Tiefen ermöglicht. Daher grundsätzlich gelungene Sammlung. Lediglich die vom Verlag beibehaltenen rassistischen Wörter (wohl aus Originaltreue?) haben den positiven Eindruck geschmälert.


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