The Palace of Curiosities von Rosie Garland

März 19, 2019




(Original: „The Palace of Curiosities“/ 2013) Harper Collins Übersetzer/in: -, ★★(★)☆☆ 2,5 Sterne
Abel und Eve gelten als Außenseier der viktorianischen Gesellschaft. In Professor Josiah Arroners Palace of Curiosities erlangen sie jedoch eine gewisse Berühmtheit als "The Lion Faced Girl" und "The Flayed Man". Von dort an beginnt eine Reise, die ihre Schicksale miteinander verflechten wird.

MEINE MEINUNG / FAZIT 

"Beauty is skin-deep. We are all horrors under the skin." S. 22

Es gibt Geschichten, da weiß man nicht einmal wo man genau beginnen soll. Bei "The Palace of Curiosities" weiß ich es tatsächlich auch nicht. Meine Gedanken und Eindrücke scheinen sich diesbezüglich so wirr zu verändern und umzusortieren, wie die Erzählung selbst.
Aber fangen wir vielleicht mit den doch positiven Dingen an. Rosie Garland entführt uns nach London, in das Jahr 1831. Dort beginnt die Erzählung aber zunächst im Rückblick, denn die Protagonistin Eve ist noch gar nicht geboren, ist aber die Erzählerin. Bereits hier wird die sehr spezielle Art der Geschichte deutlich, denn dem Leser werden viele Informationen zum eigentlichen Sachverhalt verheimlicht. Der Zirkus und dessen Eigenheiten stehen aber schon hier im Fokus und sind prägend für die anfänglich beschriebene beziehungsweise angedeutete Zeugung von Eve. Geheimnisvoll, mysteriös und gleichzeitig präzise wie auch irgendwie abstoßend führt uns Garland also in das Leben einer Protagonistin ein, die auch fortwährend immer anders sein wird. Anders vor allem durch ihr Aussehen, denn sie wird "The Lion Faced Girl" genannt - Ein Mädchen, das behaart ist und von allen wie ein Tier wahrgenommen wird. 
Diese einleitenden Kapitel, das Gefühl Eves nicht dazuzugehören, verspottet zu werden, sich verstecken zu müssen und Angst vor Anfeindungen zu haben, besonders im Jahr 1845 (als sie ein Teenager ist) und fortwährend, werden gut transportiert. Besonders in Anlehnung an die Zirkusshow, die mit Kuriositäten überzeugen möchte, ist die, ja man muss es so sagen, Abartigkeit des Verhaltens ihr gegenüber wirklich spürbar. Ihre Figur ist demnach durchaus nachvollziehbar Sie, die sich nach Liebe sehnt, akzeptiert ihre Rolle als Löwenfrau, möchte bewundert werden, verliert sich dabei aber meistens selbst. Ihre Figur und die Kapitel, die ihr Schicksal beschreiben waren wohl die noch am gelungensten des Romans, denn besonders hier wird noch einmal verstärkt die Kritik der Gesellschaft aufgegriffen.

"I feel a stirring of fear that there is more to be uncovered: I know not what. I am swelling up with secrets and wonder how much more i can be filled before I burst." S.92

Doch bereits mit der Einführung des Protagonisten Abel begannen meine Schwierigkeiten mit der Stimmigkeit und der Begeisterung für die Geschichte. Seine Figur sorgt zwar für Spannung, da er ein Geheimnis mit sich trägt, dessen sich der Leser nur Schritt für Schritt annehmen kann, aber sein Verhalten, seine Äußerungen, seine Naivität machen ihn zu einem sehr schwierigen Charakter. Bei jedem weiteren, merkwürdigen Kapitel das ihn beschrieb, zogen sich meine Augenbrauen zusammen und ich wusste nicht, ob ich die Geschichte nicht richtig durchschauen kann, oder ob es tatsächlich einfach sehr an den Haaren herbeigezogen war. Auch wenn er sich an vieles nicht erinnern kann, verhält er sich unfassbar unrealistisch. Er vertraut einem einzigen Mann, den er als Freund sieht, von dem er aber ebenso wenig weiß, wie wir eigentlich über Abel und seine Vergangenheit selbst. Dennoch agiert er wie ein Roboter, hinterfragt nichts, lässt eigentlich alles mit sich machen und ist irgendwie mit allem einverstanden und zufrieden. Gleichzeitig entdeckt er eine Gabe an sich, die ihm den Platz in dem Kabinett der Kuriositäten einbringt. Und auch damit beginnt eine Reihe wirklich nicht leicht zu ertragender Passagen. Er verletzt sich nämlich selbst und dies wird immer und immer wieder erwähnt. Genauso wie einige Details aus seinem damaligen Beruf als Schlachter - massenhaft Blut und Beschreibungen über das sezieren von Tieren. Definitiv nichts für schwache Gemüter und auch ich kam dabei oftmals an meine Grenzen.
Das Aufeinandertreffen und die Kapitel rund um die gesamte Gruppe bei dem Hausherren Josiah Arroner funktionierte für mich dann auch nicht wirklich gut. Vieles, insbesondere rund um Abel, wird mehrfach und beinahe auf gleiche Weise wiederholt, man hat das Gefühl man dreht sich im Kreis. Was dann wohl eigentlich auch als Liebesgeschichte der beiden Außenseiter gelten soll und auch im Klappentext angedeutet wird, ist im Endeffekt auch eher oberflächlich. Der Leser bekommt die Geschichte kaum erzählt, alles entwickelt sich auf den letzten Seiten plötzlich zu einem mehr oder weniger dramatischen Ende.
Was mich aber bis zum Schluss am stärksten von der Begeisterung der Geschichte abgehalten hat, ist tatsächlich die Wort- und Sprachwahl, also genau das, wovon andere so schwärmen. Ja, die Beschreibungen des grausamen, harten, stinkenden viktorianischen Englands, besonders als Außenseiter werden sicherlich deutlich und passen zu den Schicksalen, aber dass die Autorin auf rassistische Begriffe zurückgreift und an vielen Stellen sehr wirre Äußerungen macht, wenn es um sexuelle Handlungen geht, war mir einfach zu viel. Grausamkeiten gehören zu Geschichten dazu, man muss sie durchaus benennen können und dürfen, wie man sie aber verpackt und darstellt ist durchaus eine andere Sache.


Zwei im Vordergrund stehende Schicksale, die aufeinandertreffen.  In Kapiteln mit Protagonisten- und Perspektivenwechseln lernen wir, was es heißt als Außenseiter und Kuriosität einer Gruppe zu gelten, der im England des Jahres 1845 (und fortwährend) versucht, berühmt, bewundert und geliebt zu werden. Auch wenn die Geschichte durchaus Potential hätte, weil aufgezeigt wird, was Äußerlichkeiten für einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft haben, konnte mich der Roman, der als "magical-realism" angesehen werden kann, durch seine Sprachwahl und seine manchmal konfuse wie auch nicht ganz verständliche und passende Figurendarstellung, einfach nicht überzeugen.



3 Kommentare:

  1. Ach du meine Güte! Erst war ich ja ganz interessiert, weil ich das Buch nicht so richtig auf dem Schirm hatte (obwohl es in meinem GR-Regal steht, wie ich gerade sehe xD), aber was du so schreibst, klingt weniger ansprechend, v.a. der Part mit der Schlachtervergangenheit kam jetzt doch irgendwie überraschend. Danke für die Warnung.

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    1. Naja, ich kann mir vorstellen, dass manche das auch anders sehen. Aber für mich war es irgendwie dann nicht das, was ich mir von der Geschichte versprochen habe. Leider! Also die Schlachtungen sind quasi auch seine Gegenwart am Anfang der Geschichte und teilweilse dann echt unappetitlich. Seine andere Vergangenheit wird gefühlt in jedem Kapitel drölfzigtausend Mal wiederholt, was dann einfach echt langweilig wird.
      Aber wie immer: Ist ja nur meine Meinung. :D

      Kann man sich deine Goodreads-Listen eigentlich auch ansehen, wenn man keinen Account hat? Du bist ja bei den englischen Büchern auch immer up to date und so. :)

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    2. Nee, das mit den GR-shelfs geht leider nicht, weil mein Profil nur halb öffentlich ist. Also, du kannst es ansehen, wenn du auch Mitglied bist. Wird also mal Zeit für dich, dich anzumelden ;)

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