Die Maschine steht still von E.M. Forster

November 30, 2016





(Original: "The Mashine Stops" / 1909) Hoffmann und Campe, Übersetzer/in: Gregor Runge, 80 Seiten, gebunden, Leinen,  Einzelband, ★★★★() 4 bis 5 Sterne

"In E. M. Forsters Dystopie leben die Menschen in einer unterirdischen, abgekapselten Welt mit allem Komfort: Das ganze Leben ist durch die Dienstleistungen der »Maschine« perfekt geregelt. Die Menschen haben kein Bedürfnis mehr nach persönlichen Begegnungen, man kommuniziert nur über die Maschine, die über allem wacht. Ihr Handbuch ist zu einer Art Bibel geworden, die Menschen sind gefangen in ihrer absoluten Abhängigkeit von der Technik, die sie nicht mehr kontrollieren können. Doch nach und nach geht das Wissen, das hinter der Maschine steckt, verloren und das System wird anfällig für Pannen ... E. M. Forsters visionäres Werk wirft Fragen auf, die von großer Aktualität sind: Wie kann der Mensch seine Selbstbestimmung wahren gegenüber Maschinen, die immer stärker unser Leben bestimmen?"


MEINE MEINUNG | FAZIT 

"Die MASCHINE ist vieles, aber nicht alles. Obwohl ich auf dieser Scheibe etwas sehe, das dir ähnlich ist, sehe ich nicht dich. Obwohl ich durch den Fernsprecher etwas höre, das dir ähnlich ist, höre ich nicht dich. Deswegen will ich, dass du zu mir kommst.“  S.8

Mich erstaunt und verblüfft es immer wieder, wenn ich sehe, dass auch Erzählungen aus dem Jahr 1909 so zeitgemäß sein können und hinsichtlich der technischen Entwicklungsprozesse so vorausschauend waren. E.M. Forsters Erzählung erstreckt sich zwar nur über knapp achtzig Seiten, ist aber voll von zum Nachdenken anregenden Passagen, die einem allerdings auch aufgrund des Gedankens, dass dies noch zutreffen könnte, etwas Gänsehaut bescheren. Dystopische Romane sind ja schon seit einiger Zeit "der letzte Renner" orientieren sich aber eher an der Struktur der Gesellschaft und ihres selbstzerstörerischen Handelns. Forster greift dies natürlich auch auf, setzt es aber in den Kontext der Technik. "Die MASCHINE" dient hier als Hauptanker und ist das Konstrukt, welchem sich die Menschen selbst verschrieben haben. Ich fand es unfassbar gut gelungen, wie man diese Isolation, in der sich die Menschen befinden, spüren kann und sich gleichzeitig davor fürchtet, dass es sich der Umgang der Menschen tatsächlich so weiter entwickeln könnte. Wir kommunizieren ständig über Handy, Computer und deren ausgeklügelte Programme, die uns unser Gegenüber so realistisch und "nah" zeigen sollen, wie nur möglich. Daraus entsteht aber die Überlegung, warum man sich dann überhaupt noch von Angesicht zu Angesicht sehen sollte. Die Technik nimmt uns alle Schwierigkeiten ab. Kein lästiges Rumfahren mehr, keine Unpünktlichkeit. Alles kann durch einen Klick gesteuert, bekommen oder weggebracht werden. Selbst die Luft wird in den Räumen, in denen sich die Menschen befinden nur "aufgefrischt". Bereits diese Darstellung klingt sehr kalt und distanziert. Und auch die Protagonisten müssen sich mit dieser Erkenntnis auseinandersetzen.

"In jenen Tagen reiste man nur selten, denn aufgrund des Fortschritts sah die Erde überall gleich aus.“  S.19

Im Mittelpunkt stehen eine Mutter und ihr Sohn, welche eigentlich das klassische Handlungsmuster aufweisen. Der Sohn beginnt die "MASCHINE" zu hinterfragen, die Mutter hingegen fügt sich dem System. Trotz des bekannten Schemas, in welchem also beide Seiten vertreten sind, schafft Forster es, die Erzählung in ihrer Dramatik immer weiter zu treiben. Der Leser spürt zunehmend die "Bewegung", die sich in der Entwicklung und den Problemen des Systems auftun. Es geht um die immer stärker werdende Bequemlichkeit der Menschen. Sie hinterfragen nichts, beugen sich der ihnen vorgegebenen Vorschriften und verfallen in eine Art Wahn, die dafür sorgt, dass sie sich selbst ihren Untergang herbeirufen. Mich persönlich faszinieren solche Erzählungen immer wieder, besonders dann, wenn sie so früh verfasst wurden und man irgendwie nicht glauben kann, dass sich immer noch kaum etwas verändert hat, zumindest hinsichtlich der sehr naiven und leichtsinnigen Handlungsweise der Menschheit. Die Erzählung bringt einfach alles mit sich, was so eine dystopische Darstellung braucht und sorgt tatsächlich dafür, dass man sie gerne jedem unter die Nase reiben würde, damit sich vielleicht der ein oder andere verloren gegangene Bezug zur "realen Welt" retten lassen könnte. Auf den letzten Seiten kommt es quasi zum großen "Showdown", welcher mir beim ersten Lesegang noch einige Fragen aufgeworfen hat, welche aber dafür sorgen, dass man sich gerne näher mit der Erzählung beschäftigt und sich vielleicht auch eine zusätzliche Interpretation zurechtlegt.

"Zunächst beschwerte man sich hartnäckig, dann nahm man es hin, und schließlich war es vergessen. Alles  verkam, und niemand nahm Anstoß.“  S.68


Eine kurze dystopische Erzählung, welche durch ihre geschickte, wenn auch nicht neue Art der Auslegung beider Seiten, sprich eine Seite die gegen die Entwicklung ist und eine die für diese ist, überzeugt. Erstaunlich wie nah die Zukunftsvision von Forster an gewisse bereits eingetroffene Fortschritte hinsichtlich der Technik übereinstimmt. Baut bis zum Schluss eine gekonnte Spannung auf und bietet reichlich Einblicke in eine sehr triste und auch angsteinflößende Zukunft, da die Isolation im Fokus steht und diese für den Menschen nie eine positive Entwicklung darstellt.


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Das Amerika der Seele von Karl Ove Knausgård

November 28, 2016



(Original: "Sjelens Amerika" / 2013) Luchterhand, Übersetzer/in: Paul Berf und Ulrich Sonnenberg, 496 Seiten, gebunden, Rezensionsexemplar ★★★()☆ 3 bis 4 Sterne
"Warum schreiben, warum malen, warum fotografieren? Warum lesen, warum Gemälde betrachten, warum in Galerien gehen? Kann es dabei um etwas anderes gehen als um die großen Fragen des Lebens? Und was hat diese Auseinandersetzung mit dem alltäglichen Leben zu tun?
Das Amerika der Seele ist eine Sammlung von Texten, die einen weiten Bogen spannen: von der Gnade, die darin liegen kann, der Beerdigung des eigenen Vaters beizuwohnen, bis zur Bedeutung der Einsamkeit in den Bildern der US-amerikanischen Fotokünstlerin Francesca Woodman. Vom Massaker auf Utøya bis zu Knut Hamsuns missglücktem Meisterwerk »Mysterien«."


MEINE MEINUNG | FAZIT 

"Auch in uns gibt es etwas, was kontinuierlich entsteht und einstürzt und dessen Bewegungen niemals aufhören, solange wir leben: Gemeint sind die Gedanken.“  S.15

Normalerweise kann ich mich mit Essays ganz gut anfreunden und auch mit sehr philosophischen Texten beschäftige ich mich ganz gerne. Aber mit dieser Lektüre hatte ich so meine kleinen Schwierigkeiten. Vielleicht liegt es aber auch überwiegend daran, dass ich Karl Ove Knausgards restliche Werke nicht kenne und mich unabhängig von seiner Popularität als Autor nicht immer ganz mitreißen lassen konnte. Die ersten Essays begannen für mich ganz vielversprechend und auch zwischendurch gab es Kapitel, die mich gut unterhalten und hinsichtlich ihrer philosophischen Überlegungen ein wenig gefördert haben, allerdings gab es auch Kapitel mit denen ich wirklich nichts oder sehr wenig anfangen konnte. Da wäre zum einen sein wirklich sehr ausführlicher Essay und Namensträger des Bandes "Das Amerika der Seele", welcher sich mit einem Werk oder Werken des in Norwegen bekannten Schriftstellers Knut Hamsun befasst. Obwohl ich mich recht schnell für neue Lektüren oder Autoren begeistern lassen kann, hat mir Knausgards Essay tatsächlich ein wenig die Begeisterung für den Autor Hamsun entrissen. Diese lange Auslegung einzelner Passagen, ohne dass man (vielleicht speziell als deutscher Leser) weiß, wie relevant die Werke Hamsuns sind, lassen einen irgendwie abschalten und ich habe mich etwas anstrengen müssen dieses Kapitel überhaupt vollständig zu Ende zu lesen. Wiederum andere Kapitel konnten meine vollste Aufmerksamkeit erlangen, wie das Kapitel um den Amokläufer Anders Brevik oder aber auch die Schwierigkeiten, die sich aus den verschiedenen Übersetzungsmöglichkeiten der Bibel ergeben. Die Themen, sprich die Essays sind wunderbar vielfältig, sorgen aber auch dafür, dass man sich vielleicht nicht für alles gleichermaßen interessiert (zumindest zum jetzigen Zeitpunkt).

"Der Mond hat für sie alle geschienen. Vor Kurzen schaute ich zu ihm hoch, als ich auf dem Hof stand, und dachte, dass Dante denselben sah. Höhlenbewohner und Savannnenmenschen, Jäger und Sammler, Bauern und Waldleute. Die Ägypter, Griechen, Römer, Indianer. Meine Ahnen. Ich selbst mein Leben lang, mit drei, neun, achtzehn, siebenunddreißig. Jede Nacht hing er da oben, der Mond.“  S.171

Ein weiterer Punkt, der mir zunehmend in den Sinn kam, war tatsächlich die Diskrepanz die zwischen mir, als Nicht-Knausgard-Leser und seinem vielleicht sonst sehr beliebten Schreibstil herrschte. Dies bezieht sich vor allem auf Essays, die zwar lustig gemeint sein könnten (auch hier in Kombination mit gewissen philosophischen Aspekten), die bei mir aber einfach nur den Drang ausgelöst haben, dass ich das Kapitel übersprungen habe. Dies geschah bei dem Essay "Der braune Schwanz", in dem sich Knausgard tatsächlich über mehrere Seiten darüber auslässt, was das Ausscheiden des Essens bei dem Menschen zu bedeuten hat und wie Tiere diese Notwendigkeit verrichten. Mag dem ein oder anderen vielleicht interessant erscheinen, ich allerdings konnte getrost darüber hinweg blättern. Zum Ende hin haben mir die Essays dann wieder deutlich besser gefallen. Dort geht es unter anderem um das Selbstbildnis, welches Menschen von sich haben und warum der Drang nach der Selbstdarstellung überhaupt so prägnant zu sein scheint. Tatsächlich findet man also wirklich viele sinnvolle und auch wertvolle Ansätze in den Essays, die vielleicht den Lesern, die bereits Knausgards andere Werke kennen umso besser gefallen. Für mich war es eine bunte Mischung aus guten und für mich persönlich nicht zwangsläufig nützlichen Essays, welche aber sicherlich im Gesamten, lesenswerte Überlegungen an den Tag legen.

"So gern ich auch sagen würde, dass mir Bach, Brahms, Beethoven, Mozart oder Schönberg gefallen, ich kann es nicht. Solche Musik lasse ich zwischendurch laufen, aber sie sagt mir nichts, ich könnte ebenso gut auf dem Küchenboden sitzen und der Spülmaschine zuhören.“  S.307


Achtzehn Essays, die thematisch unterschiedlich sind, sich aber stets an sehr philosophischen Grundgedanken orientieren. Der Fokus liegt deutlich und auch naheliegend, auf dem Menschen und seinen Stärken, Schwächen und seiner Psyche, aber auch auf vielen literarischen Bezügen. Einige Essays waren für mich eher entbehrlich, andere wiederum sehr lesenswert und wertvoll. Ein guter Ausgleich für viele Geschmäcker. Zusätzlich ist das Buch sicherlich etwas interessanter für alle, die sich bereits mit Knausgards anderen Werken beschäftigt haben.






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Neuerscheinungen Dezember

November 27, 2016





Heute ist der erste Advent und die Neuerscheinungen neigen sich zum Ende des Jahres immer stärker dem Ende zu. Meist erscheinen dann nur noch Bücher in Taschenbuchformat, die es bereits als gebundene Variante gibt. Nichtsdestotrotz habe ich noch einige interessante Bücher gefunden, die tatsächlich "neu" sind und einen näheren Blick wert sind. Ich persönlich finde es ja ganz praktisch, dass im Dezember kaum neue Bücher erscheinen, da man sich guten Gewissens auf die winterlichen Lektüren freuen und konzentrieren kann. Aber hier erst einmal die Neuerscheinungen für den Dezember.

Charisma von James Salter, berlin verlag, gebunden, 01. Dezember
In letzter Zeit haben es mir Erzählungen irgendwie angetan. Da ich von James Salter bisher tatsächlich noch nichts gelesen habe, musste der Sammelband mit seinen Stories definitiv auf meinen Merkzettel

Amerikanische Erfindungen von Rivka Galchen, Rowohlt, gebunden, 16. Dezember
Auch hier handelt es sich um Erzählungen. "«Amerikanische Erfindungen» verbinden Psychologie, Philosophie und Naturwissenschaften und führen ihre Protagonisten wie Leser immer wieder auf neues Terrain. So geht es, wenn man lernt, der eigenen Wahrnehmung nicht zu trauen." Grund genug das Buch vorzumerken. Hört sich nämlich ziemlich gut an.

Verbindlichkeit von Maximilian Probst, Rowohlt, gebunden, 16. Dezember
Man kann es nicht bestreiten. In der heutigen Zeit hält man sich kaum noch an Abmachungen, lässt sich alles irgendwie frei halten und lieber nicht durch die Lappen gehen. Aber eine Verbindlichkeit scheint immer mehr zu verwischen. An diese Entwicklung und deren Betrachtung wagt sich Probst mit seiner eigenen Sichtweise. Mich spricht das Thema wahnsinnig an, daher kam es auch auf den Merkzettel.

Melrose von Edward St. Aubyn, Piper, gebunden, 01. Dezember
Das Buch habe ich letzten Monat schon einmal vorgestellt. Leider erscheint es tatsächlich erst diesen Monat als gebundene Version, im letzten Monat gab es das Buch nur als e-Book zu erwerben. 

Haben schwarze Löcher keine Haare? von Stephen Hawking, Rowohlt, gebunden, 16. Dezember 
Wäre ich deutlich stärker im Fach der Mathematik, Physik, Chemie oder anderem hätte ich sicherlich gerne eine Karriere in diesem Bereich der Forschung eingeschlagen. Da dies leider absolut nicht der Fall ist, befasse ich mich wenigstens gerne in literarischer Hinsicht damit. So landet meist alles, was mit dem Universum zu tun hat auf meinem Merkzettel, wie auch dieses Büchlein, welches zwei Vorträge von Stephen Hawking beinhaltet.

Das Glück der fast perfekten Tage von Fioly Bocca, wunderlich, gebunden, 16. Dezember
Hört sich nach etwas fürs Herz an. Kann man immer mal gebrauchen, also wird es mal einige Zeit im Hinterkopf behalten, bis ich weiß, ob ich es wirklich lesen möchte.

Im ersten Licht des Morgens von Virginia Baily, Diana, Broschur, 12. Dezember
Auch hier habe ich das Gefühl, dass sich einige Gefühlsachterbahnen hinter dem Buch verstecken könnten. Zuerst wollte ich es unbedingt lesen, momentan ist es aber eher ein Wackelkandidat. Mal sehen, wie es sich in paar Wochen noch einmal damit verhält.

Das Jahr der wundersamen Begegnungen von Sarah Winman, Limes, gebunden, 12. Dezember
Den Roman "Als Gott ein Kaninchen war" habe ich von der Autorin vor einigen Jahren gelesen und fand es eigentlich ganz schön. Allerdings hatte ich nicht zwingend das Bedürfnis ihr neustes Buch sofort lesen zu wollen. Daher wird dies auch noch ein wenig darauf geprüft, ob ich es wirklich lesen möchte. Aber es klingt ganz interessant.



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Das Buch ohne Bilder von B.J. Novak

November 26, 2016



(Original: "The Book with No Pictures" / 2014) Blanvalet,  Übersetzer/in: Oskar M. Delossa - CD gelesen von Adnan Maral (Gesamtspielzeit: 4:50 Min.") 52 Seiten, gebundenRezensionsexemplar, ★★★() 3 bis 4 Sterne

"Dieses Buch liest man nicht! Man liest es vor.  Sie werden sicher denken, dass ein Buch ohne Bilder langweilig und sehr ernst ist. Außer ... wenn das Buch so funktioniert: Alles, was in diesem Buch steht, MUSS vorgelesen werden. Selbst wenn da steht: BLORK oder BLuuRF. Selbst wenn es sich um ein absurdes Lied handelt, das davon erzählt, wie Sie einen Floh zum Frühstück verspeisen. Selbst wenn dieses Buch Sie dazu bringt, komische und peinliche Geräusche zu machen. Und vor allem – wenn Sie und Ihre Kinder nicht mehr aufhören können zu lachen!
Wunderbar schräg und total albern – "Das Buch ohne Bilder" gehört zu den Büchern, die Kinder immer wieder vorgelesen haben wollen und Eltern immer wieder gerne vorlesen. Sagen Sie nicht, wir hätten Sie nicht gewarnt – dieses Buch kennt kein Erbarmen!"


MEINE MEINUNG | FAZIT 

Bücher mit Bildern haben keine großen Schwierigkeiten uns zu begeistern. Besonders Kinder stürzen sich gerne auf Bilderbücher. Ein Buch ohne Bilder muss da also etwas ganz Besonders bieten, um die Aufmerksamkeit auf sich ziehen zu können. B.J. Novak hat ein Buch "geschrieben", welches auf den ersten Blick sehr einfach aussieht und es vielleicht auch ist, aber dennoch finde ich es sehr innovativ und auch kreativ. Er ist bekannt für seine ganz eigene Denkweise und seinen Umgang mit alltäglichen Situationen. So kann man auch davon ausgehen, dass es kaum möglich ist, von ihm ein Kinderbuch zu erwarten, welches ganz "normal" daherkommt. Das Buch ist mit seinen zweiundfünfzig Seiten recht kurz und fällt zudem durch die große Schrift auf. Man könnte zunächst annehmen, dass die Kürze ein Manko sei, aber ehrlich gesagt bin ich mir sicher, dass kleine Kinder diese Kürze umso mehr mögen, wenn der Inhalt richtig präsentiert wird.  

Das Buch fordert den Leser also dazu auf, dem jungen Zuhörer alles vorzulesen, was auf den Seiten steht. Sei es ein außergewöhnliches und nicht recht sinnvolles Lied, bestimmte Laute oder die Einschübe, die vermitteln sollen, dass der Vorleser selbst die Anweisungen absurd findet. Als ich das Buch für mich selbst gelesen habe (leider habe ich noch keine Kinder und konnte die Reaktion nicht direkt testen), musste ich tatsächlich oft lächeln und in mich hinein grinsen, weil man sich tatsächlich etwas blöd dabei vorkommt. Gewisse Sachen weiß man gar nicht lautlich zu interpretieren, was das Ganze aber wieder spannend macht. Denn ich bin mir sicher, dass Kinder dazu auffordern werden das Buch erneut vorzulesen und man kann dann ganz gut damit variieren, wie man es beim zweiten, dritten, vierten oder fünften Mal vorliest, da es zwar eine Richtung gibt, aber keine strikten Vorgaben. Die Laute kann man also immer wieder frei verändern und so das Kind mit anderen Geräuschen unterhalten.

Was die Reaktion der kleinen Leser angeht, kann ich wie gesagt nur aus eigener Betrachtung sprechen. Als ich klein war habe ich auch Bücher mit Bildern wahnsinnig geliebt und ich konnte sie mir stundenlang ansehen und darin blättern. Dieses Buch allerdings bietet den Vorteil, dass die Eltern aktiv daran teilhaben und die Kinder damit nicht einfach alleine lassen. So finde ich den Aspekt, dass gemeinsam Zeit verbracht und (höchstwahrscheinlich) gelacht wird vordergründig und positiv. Bei diesem Buch hätte ich meine Eltern damals sicherlich auch gebeten es mir mehrmals vorzulesen, einfach weil es eine wirklich unterhaltsame Sache ist. Allerdings kann es natürlich immer sein, dass jemand aus dieser Art des Buches herauswächst und sich lieber anderen Bucharten zuwendet, da sollte man individuell schauen, ob es für das Alter des Kindes noch interessant ist. Unabhängig davon, bin ich selbst aber auch ganz angetan von dem Buch und ich befinde mich auch nicht mehr im Kindesalter. Das liegt aber sicherlich auch daran, dass mir die zusätzliche CD gefällt, auf welcher das Buch ebenfalls vorgelesen wird (wobei mich rein äußerlich der aufgedruckte "Sticker" etwas stört, aber das nur am Rande). Ich kann einfach nicht mehr sagen, als dass ich das Buch unterhaltsam, sympathisch und durchaus gelungen finde, da ich mich für solche "anderen" Sachen einfach schnell begeistern kann.


Ein Vorlesebuch der anderen Art. Keine Bilder, dafür umso mehr Potenzial für den Vorleser, das Geschriebene lebendig vorzutragen. Für kleine Kinder sicherlich eine tolle Sache, für ältere Kinder oder auch Erwachsene ist es dann davon abhängig, ob man sich für diese "kreative" Auslegung begeistern kann. Ich persönlich finde das Buch unterhaltsam, süß, innovativ und mit der beigelegten CD herrlich erfrischend.






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Die kleine Feder von Giorgio Faletti

November 25, 2016



(Original: "La piuma" / 2015) Atlanrik Verlag, Übersetzer/in: Gaby Wurster , 86 Seiten, gebunden, Rezensionsexemplar, ★★★★☆ 4 Sterne

"Eine anrührende Fabel über die wirklich wichtigen Dinge im Leben: Eine Feder fliegt über ein Dorf, dessen Bewohner nur wahrnehmen, was unmittelbar vor ihren Augen geschieht. Die Feder belauscht einen König und seinen General, die Pläne für einen Krieg schmieden, und sich nicht darum scheren, wer diesen Kampf ausfechten muss; sie begegnet vielen unglücklichen Figuren, ehe sie in den Blick von jemandem gelangt, der fähig ist das zu verstehen, was bis dahin niemand vermochte, bevor sie schließlich in einem Theater landet, wo eine schöne Ballerina mit gebrochenem Herzen tanzt."


MEINE MEINUNG | FAZIT 

"Keiner konnte die Feder sehen, weil keiner genügend Zeit hatte, den Blick zum Himmel zu heben und sie anzublicken.“  S.23

Fabeln haben ja bekanntlich immer etwas leicht Träumerisches, Märchenhaftes an sich gepaart mit dem nötigen Bezug zur Realität und einer gekonnten, angespielten Kritik an der Gesellschaft. Auch bei Giorgio Faletti lässt sich dies in seinem knappen Buch „Die kleine Feder“ wunderbar aufgreifen und wiederfinden. Was beschäftigt Menschen im Alltag? Was ist ihr Mittelpunkt im Leben? Leben sie vielleicht an ihrem Glück vorbei? Toll inszeniert Faletti hier eine kleine Feder, die sich als „Überinstanz“ von einer Figur zur nächsten begibt und doch Teil des Ganzen ist. Mir gefiel vor allem die Darstellung der Figuren aus der Sicht der damaligen Zeit. Es herrschen noch andere Verhältnisse zu Kriegsführungen und besonders auch zu der Kirche. Und doch, selbst wenn man dies auf die heutige Zeit überträgt und sich veranschaulicht, dass die Menschen diese negativen Denkweisen anscheinend abgelegt haben, sind die angesprochenen Verhaltensweisen der Figuren sehr aktuell, sei es nur in anderer etwas modernerer Ausführung. Ich sag es immer wieder und sage es auch hier wieder gerne, dass auch eine kleine Fabel, die mit sechs kurzen Kapiteln ausgestattet ist, oftmals eine größere Fähigkeit besitzt die Dinge in ihrer Aussage zu bestärken, als ein langatmiger Epos. Die Direktheit des Aufgezeigten und der Botschaft hinter der Fabel sind wirklich interessant ausgelegt und durchaus lesenswert.

"Der König hob die Hand und strich nachdenklich über seinen Bart. ´Die Verluste wären äußerst hoch.´ In gleichgültigem Tonfall, als spräche er von den Zinnsoldaten auf der Karte und nicht von Menschen aus Fleisch und Blut, erwiderte der General dem König der halben Welt: ´Es sind einfache Soldaten. Ihr Verlust ist nichts im Vergleich zu unserem Gewinn.´“  S.33

Was mir etwas gefehlt hat, war ganz zu Beginn, noch bevor die Geschichte beginnt, die Übersetzung der Zitate von Giorgio Faletti, welche leider nur auf Italienisch abgedruckt wurden. Da ich leider absolut kein italienisch verstehe, außer das neu erlernte Wort "piuma" für Feder, kann ich leider auch nicht sagen, ob das Zitat aus dem Original nur vorne angehängt wurde und sich in dem Buch wiederfindet. Nichtsdestotrotz ist die Aufmachung des Büchleins ganz nett anzusehen. Das Buch schimmert ein wenig, wenn man es gegen das Licht hält und ist so eine Überlegung als Geschenkbuch wert, für alle, die sich für Fabeln interessieren könnten. Ich weiß gar nicht mehr genau wo ich den Zusammenhang zum "kleinen Prinzen" aufgeschnappt hatte, aber als ich die Fabel beendet habe, hatte ich tatsächlich das Gefühl, dass sich beide Erzählungen vergleichen lassen. Denn auch hier geht es um die die Frage, was man sieht und ob man mit dem Herzen oder mit der Gier sieht. Ich persönlich bin ja ein Fan von solchen Denkanstößen und finde, dass sie sich auf diese Art wunderbar präsentieren können und dabei nie zu aufdringlich wirken, um vielleicht den Anstoß zu geben, sich in Sachen des Egoismus etwas zurückzunehmen.

"Verloren im Labyrinth hinter ihren geschlossenen Lidern sah sie nichts, konnte also auch die Feder nicht sehen. Und so setzte die Tochter des Himmels und der Lüfte ihren Weg allein fort, denn trotz ihrer Gabe und ihres Wunsches nach Liebe war die Ballerina nicht mutig genug, die Liebe mit der Feder herbeizusehnen.“  S.56f.


Kurze Fabelgeschichte, welche überraschenderweise wie eine normale Geschichte strukturiert ist und kleine Kapitel bereithält. Lässt den Leser an einer Sicht teilhaben, die darauf ausgelegt ist zu veranschaulichen, dass es gewisse menschliche Züge gibt, die man wohl nie abschütteln kann, die es sich aber lohnen würde zu überdenken. Nicht zu kitschig und erst recht nicht zu oberflächlich ausgelegt und sorgt zudem für einen Denkanstoß, den man tatsächlich öfter gebrauchen könnte. 





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Die steinerne Matratze von Margaret Atwood

November 21, 2016




(Original: "Stone Mattress" / 2014) Berlin Verlag, Übersetzer/in: Monika Baark, 304 Seiten, gebunden,  Einzelband, ★★★() 4 bis 5 Sterne
"»Verna hatte anfänglich nicht vorgehabt, jemanden zu töten.« Mit diesem fulminanten ersten Satz beginnt die titelgebende Erzählung und sofort befindet man sich im Atwood-Kosmos, sofort wird man hineingezogen in eine Geschichte, die hintergründig, spannend und unglaublich komisch zugleich ist.
Verna begibt sich auf eine Arktisreise, um endlich alles hinter sich zu lassen, um abzuschalten. Doch statt Ruhe, Weite, Eis und Schnee trifft sie unerwartet auf den Mann, der ihr Leben für immer veränderte, als er sie vor über fünfzig Jahren zum Schultanz lud, die unscheinbare, fleißige Verna Pritchard an der Seite des begehrten Footballstars. Wie Verna nun späte Rache übt, erzählt Atwood so lakonisch und souverän, wie es nur die »Queen der kanadischen Literatur« (Literarische Welt) vermag, erzählt in einer einzigen Geschichte ein ganzes Leben. All ihre stilistische Virtuosität, die Leichtigkeit, den Witz und die Ironie legt Margaret Atwood in diesen Band, ein Glanzstück ihrer Erzählkunst."


MEINE MEINUNG | FAZIT 

"Es ist, als würde man gezwungen, jemandes Badezimmerspiegel zu sein, einer vom der Sorte, der alles vergrößert: selten eine schöne Erfahrung.“  S.7

Neun grandiose Erzählungen hält Margaret Atwood hier für uns bereit, die man nicht immer auf den ersten Blick zu deuten vermag, die aber dennoch eine starke Aussagekraft haben. Nicht immer am "normalen" Leben entlang geführt werden hier Erzählperspektiven aufgegriffen, die in einer solch beruhigenden Art und Weise daherkommen, welche aber teilweise von genau dem Gegenteil erzählen. Alle Erzählungen haben etwas Düsteres, etwas Unheimliches, etwas das hinter der Fassade der Erzähler verborgen zu sein scheint. Umso spannender für den Leser hinter diese Fassaden zu blicken. Bei mir war es tatsächlich dieses Gefühl, dass man schon bei den ersten paar Seiten weiß, man hat hier eine gute Schriftstellerin vor sich. Die Erzählungen nehmen einen gefangen und fordern einen dazu auf, das Geschehene eigenständig zu interpretieren. Dabei muss ich gestehen, dass mich die letzte Erzählung mit den meisten Fragezeichen zurückgelassen hat und ich sie mir sicherlich noch einmal vornehmen werde. Denn bei ihr wird der Leser nicht nur dadurch mit zweifelhaften Aussagen konfrontiert, weil Atwood generell gerne mit den Grenzen des tatsächlichen Geschehens spielt, sondern weil die Protagonistin selbst das Tageslicht verliert und sich ebenfalls auf andere Aussagen stützen muss. Es ist wirklich spannend zu sehen, wie die Aufmerksamkeit des Lesers durch diese Spielerei variiert und wie man sich versucht in dem Gesagten zurechtzufinden.

"Natürlich. Man kann nur eine bestimmte Zeit lang Mitleid haben mit einem Menschen; irgendwann bekommt man das Gefühl, sein Leiden sei ein bewusster Akt der Böswilligkeit.“  S.131

Tatsächlich hat mich keine Erzählung enttäuscht. Jede hält etwas sehr Spezielles bereit und versucht damit zu spielen, etwas Tabuisiertes wie zum Beispiel einen Mord als etwas Banales darzustellen. Man kann also sicherlich sagen, dass alle Protagonisten eine ganz eigene Sichtweise auf die Welt und die Menschen in ihr haben. Mir hat auch gefallen, dass sich die ersten drei Erzählungen gezielt aufeinander beziehen, aber aus unterschiedlichen Sichtweisen erzählt werden. Die restlichen sechs Kapitel werden dann mit selbstständigen Erzählungen gefüllt. Deutlich wahrgenommen und auch als positiv aufgefunden habe ich die Atmosphären, welche beschrieben werden. Schneestürme, kalte und regnerische Tage spielen eine vordergründige Rolle und stärken so das Bild der etwas schauderhaften Schauplätze, wie auch des oft auftretenden inneren Befindens der Figuren. Dennoch wird alles in diesem recht "lockeren" Ton erzählt, der einen nicht erstickt, sondern nur mit hinfort reißt und einem die kuriose Welt der Autorin offenbart. Für mich sind es gelungene Darstellungen von Lebenssituationen, die etwas Märchenhaftes haben und dennoch von diesem gewissen Alltagstrott erzählen, mit denen sich die Menschen herumschlagen. Ängste, Wünsche, Sehnsüchte, der Wunsch nach Gerechtigkeit und Ruhe. Vielfältig und einfach gut erzählt. Es war mein erstes Erlebnis mit den Werken der Autorin, aber es wird sicherlich nicht das letzte gewesen sein.

"Bitte, Bitte betete er in die eingedickte, dunstgeschwängerte Luft. Hilf mir! Mit irgendetwas, egal was! Alles was sich zu Geld machen lässt! 

Dergestalt werden Teufelspakte geschlossen. “  S.196
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Neun Erzählungen, welche den Leser nicht unbeeindruckt zurücklassen. Menschliche Sehnsüchte und Abgründe werden offenbart und das auf eine fast beruhigende Art und Weise. Liest sich an vielen Stellen wie eine Tragikomödie und besticht durch wirklich originelle und spezielle Ideen. Lässt Grausamkeiten harmlos erscheinen, als gehörten sie zum täglichen Leben dazu, zeigt aber auch auf, wie unscheinbar vieles für Menschen im Alltag ist. Spielt zudem gekonnt mit dem Realitätsaspekt.



























Vielen Dank an den Piper (Berlin) Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

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Gedankenschnappschuss: Schmuckstücke

November 19, 2016



Die Winterzeit ist die Zeit, in der es mich immer stärker zu besonderen Schmuckausgaben zieht. Darin kann man sich bei schlechtem Wetter wunderbar einfühlen und sie machen die ganze Atmosphäre etwas gemütlicher. Ein Schmuckstück, welches bei mir eingezogen ist, ist die komplette Box von "Winnie-The- Pooh". Ja, es ist zwar eine Kindergeschichte, aber auch die hat es mir irgendwie angetan. Es gibt aber auch "erwachsenere" Bücher mit wunderbarer Gestaltung, die es schaffen mein Interesse zu wecken. Wie zum Beispiel "Die Apokalypse" aus dem Manesse Verlag. Die Geschichte ist nicht neu (ganz im Gegenteil), aber die neue Gestaltung ist wirklich gut gelungen. Es kommt im Slipcase daher und besticht wirklich durch eine tolle Aufmachung. Oder auch "Die Schachnovelle" aus dem Knesebeck Verlag, die als Graphic Novel Adaption daherkommt, wie auch "Sternstunden der Menschheit" aus dem Fischer Verlag, welches durch tolle Illustrationen ergänzt wurde (gibt es sogar in einer noch schöneren Ausgabe mit Schuber). Kleinere Schmuckstücke habe ich auch beim Kiwi Verlag entdeckt, wie zum Beispiel die Ausgabe zu "Romeo und Julia" von Shakespeare, auch hier mit Illustrationen ergänzt und mit schönem Farbschnitt. Hier gibt es auch noch zwei weitere Ausgaben der Reihe unteranderem mit Franz Kafkas "Ein Landarzt". So mangelt es mir mal wieder nicht an der Frage, welches schöne Stück ich als nächstes in meine Sammlung aufnehmen soll...


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Liebe in Teedosen (Tea Time #1) von Janina Venn-Rosky

November 17, 2016






(Original: "-" / 2016) Selfpublishing: Bibliografie auf der Autorenseite», Übersetzer/in: - , 292 Seiten, TaschenbuchTrilogie , ★★★ 3 Sterne
Buchreihe: 1. "Liebe in Teedosen", 2. "Kein Tee für Mr. Darcy", 3. folgt
"Die große Liebe liegt bereits hinter ihr, glaubt Anastasia. Heute verschenkt sie ihr Herz lieber an verstoßene Möbel. Mit Farbe und viel Fantasie verwandelt sie ihre angeschlagenen Fundstücke in neue Lieblingsstücke. Als ihr Weg sie eines Tages in ein leuchtend rotes Teegeschäft führt, ist sie auf den ersten Blick fasziniert von dem charmanten Teeladen und seiner Inhaberin Olivia. Bald stößt auch die frisch nach Berlin gezogene Jane-Austen-Bloggerin Jane zu den Freundinnen dazu und das „Tea Time“ wird rasch zum Mittelpunkt einer besonderen Freundschaft. Mit viel Humor und Leidenschaft meistern die drei Frauen ihren Weg, der sich zwischen Hipstern, Teekapseln und tyrannischen Assistentinnen hindurchschlängelt. Mehr und mehr erkennen sie, dass ihre Sehnsüchte sich zu einem gemeinsamen Traum verdichten, dem sie schließlich Leben einhauchen wollen. Und auch für Anastasia kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem sie sich fragen muss, ob es sich nicht doch lohnen kann, einem Mann den einen oder anderen Fehler nachzusehen – vor allem, wenn er solch funkelnde Bernsteinaugen hat."


MEINE MEINUNG | FAZIT 

"Fasziniert ließ sie ihren Blick über die farbigen Reihen gleiten. Für jede Teesorte schien es einen anderen Farbton zu geben. Von Himmelblau über zartes Mint, Waldmeistergrün und Sonnengelb bis hin zu kräftigem Kirschrot und dunkler Aubergine.S.13

"Abwarten und Tee trinken" lautet ja bekanntlich die Devise. Die drei Protagonistinnen des Liebesromans sehen das aber ein wenig anders. Tee trinken? ja. Abwarten? Keines falls. Mit großem Elan und einer Vorliebe für romantische Begebenheiten, Cafés und köstliches Gebäck versuchen sie ihr Leben auf die richtige Bahn zu lenken und sich von Vorurteilen zu lösen. Leser, die auf der Suche nach einer unterhaltsamen und süßen Geschichte für Zwischendurch sind, werden hier sicherlich auf ihre Kosten kommen. Das Buch sticht vor allem durch die Vorliebe zu verspielten Umgebungen auf und auch durch das Liebeswirrwarr der drei Frauen heraus. Die Charaktere von Olivia, Anastasia und Jane haben mir im Großen und Ganzen ganz gut gefallen. Sie haben alle ihre eigene Komfortzone, interessieren sich jeweils ausgiebig für Tee, restaurierte Möbel und Jane Austen. Die drei sind sicherlich charismatisch und versprühen auch meist direkt gute Laune, wenn sie mit einer ihrer Ideen um die Ecke kommen, die mit gut duftenden Sachen wie Tee und mit Liebe zubereiteten Kuchen zu tun haben. Eine gewisse Tiefe haben die Figuren also schon, aber für mich war es tatsächlich eher eine leichte Lektüre für Zwischendurch, statt eine etwas tiefer gehende Liebesgeschichte, was mir im Gesamtkonzept aber nicht missfiel. Ich mochte, dass man sich nicht mit unnötig komplizierten Sachen rumschlagen musste, sondern dass man sich mit der Geschichte einfach hat treiben lassen.

"Sobald die Dinge nur eine kleine Macke oder Eigenheit entwickeln, wollen die Leute sie nicht mehr haben. Angestoßene Ecken, quietschende Schubladen, alles, was  die Perfektion stört, ist den Menschen suspekt. Dabei sind es doch gerade die Narben, die die Möbel einzigartig machen.S.49

Natürlich lassen sich einige Dinge im Voraus erahnen, die während des Buches geschehen und auch die Dialoge waren für mich an der ein oder anderen Stelle etwas zu "statisch" beziehungsweise zu gewöhnlich. Einiges kam mir zu wenig in Schwung, anderes wurde zu schnell abgebrochen. Zwischendurch gab es dann aber auch tatsächlich so einige Stellen, die ich sehr gern mochte und die dem Ganzen etwas Aufschub verliehen haben. Ebenfalls ganz süß fand ich die am Ende angefügten Rezepte für die im Buch erwähnten Küchlein oder Scones. Dies ist sicherlich eine nette Gelegenheit sich dadurch etwas länger mit dem Gefühl des Buches zu beschäftigen. Grundsätzlich fand ich auch genau das an der Geschichte ganz angenehm, die beschriebene Atmosphäre der Läden der Frauen und die ganz herzliche Wärme, die von ihnen ausging. Auch, dass "Jane" als Bloggerin auftritt und ihre Freizeit am liebsten damit verbringt bei einer Tasse Tee und einem Stück Kuchen über die damaligen Gegebenheiten zu Jane Austens Zeit zu schreiben, hat mich sofort angesprochen, weil man sich als Bloggerin nun einmal sehr gut darin hineinversetzen kann. Mich hat tatsächlich die Liebe zur Atmosphäre in dem Buch etwas mehr angesprochen, als die Handlung an sich, aber ich finde mit dem Buch kann man sich bei einer Tasse Tee wirklich einige schöne Lesestunden bereiten. Am Ende wusste ich nicht genau, ob mir noch etwas gefehlt hat, da "Anastasia" zum Schluss als einzige etwas näher beleuchtet wird. Allerdings wird es laut Anhang noch eine Fortsetzung geben, in welcher der Fokus stärker auf der Figur "Jane" liegt, was mich persönlich doch etwas mehr anspricht.

"Jane seufzte. ´Ach, mit der Liebe ist das so eine Sache. Ich glaube, ich habe mich zu intensiv mit Männern auf Papier und Tinte beschäftigt, um noch Gefallen an den realen zu finden. Wie Jane Austen schon sagte: ´Wenn du jemanden wie Mr. Darcy begegnen willst, musst du ihn erfinden.´´S.118



Charmante Geschichte, die perfekt ist für Zwischendurch und die noch ein paar interessante Rezepte bereithält. Die Handlung hat seine gewissen Stärken und Schwächen, wichtiger und besonders positiv auffallend fand ich aber die gemütliche, romantische und sympathische Atmosphäre der Läden, wie auch das Auftreten der drei Protagonistinnen. Mit einer Tasse Tee zum Buch kann man sich wirklich gut zurücklehnen und sich der turbulenten Leben von Olivia, Anastasia und Jane hingeben. Ein Roman für Leserinnen, die sich gerne in die bunte und verspielte Welt der Frau fallen lassen.





























Vielen lieben Dank an Janina Venn-Rosky für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!

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