(Original: "La piuma" / 2015) Atlanrik Verlag, Übersetzer/in: Gaby Wurster , 86 Seiten, gebunden, Rezensionsexemplar, ★★★★☆ 4 Sterne"Eine anrührende Fabel über die wirklich wichtigen Dinge im Leben: Eine Feder fliegt über ein Dorf, dessen Bewohner nur wahrnehmen, was unmittelbar vor ihren Augen geschieht. Die Feder belauscht einen König und seinen General, die Pläne für einen Krieg schmieden, und sich nicht darum scheren, wer diesen Kampf ausfechten muss; sie begegnet vielen unglücklichen Figuren, ehe sie in den Blick von jemandem gelangt, der fähig ist das zu verstehen, was bis dahin niemand vermochte, bevor sie schließlich in einem Theater landet, wo eine schöne Ballerina mit gebrochenem Herzen tanzt."
"Keiner
konnte die Feder sehen, weil keiner genügend Zeit hatte, den Blick zum Himmel
zu heben und sie anzublicken.“ S.23
Fabeln haben ja bekanntlich immer etwas leicht
Träumerisches, Märchenhaftes an sich gepaart mit dem nötigen Bezug zur Realität
und einer gekonnten, angespielten Kritik an der Gesellschaft. Auch bei Giorgio
Faletti lässt sich dies in seinem knappen Buch „Die kleine Feder“ wunderbar
aufgreifen und wiederfinden. Was beschäftigt Menschen im Alltag? Was ist ihr
Mittelpunkt im Leben? Leben sie vielleicht an ihrem Glück vorbei? Toll
inszeniert Faletti hier eine kleine Feder, die sich als „Überinstanz“ von einer
Figur zur nächsten begibt und doch Teil des Ganzen ist. Mir gefiel vor allem
die Darstellung der Figuren aus der Sicht der damaligen Zeit. Es herrschen noch
andere Verhältnisse zu Kriegsführungen und besonders auch zu der Kirche. Und
doch, selbst wenn man dies auf die heutige Zeit überträgt und sich
veranschaulicht, dass die Menschen diese negativen Denkweisen anscheinend
abgelegt haben, sind die angesprochenen Verhaltensweisen der Figuren sehr aktuell,
sei es nur in anderer etwas modernerer Ausführung. Ich sag es immer wieder
und sage es auch hier wieder gerne, dass auch eine kleine Fabel, die mit sechs
kurzen Kapiteln ausgestattet ist, oftmals eine größere Fähigkeit besitzt die
Dinge in ihrer Aussage zu bestärken, als ein langatmiger Epos. Die Direktheit des Aufgezeigten und der Botschaft hinter der Fabel sind wirklich interessant ausgelegt und durchaus lesenswert.
"Der
König hob die Hand und strich nachdenklich über seinen Bart. ´Die Verluste
wären äußerst hoch.´ In gleichgültigem Tonfall, als spräche er von den
Zinnsoldaten auf der Karte und nicht von Menschen aus Fleisch und Blut,
erwiderte der General dem König der halben Welt: ´Es sind einfache Soldaten.
Ihr Verlust ist nichts im Vergleich zu unserem Gewinn.´“ S.33
Was mir etwas gefehlt hat, war ganz zu Beginn, noch bevor die Geschichte beginnt, die Übersetzung der Zitate von Giorgio Faletti, welche leider nur auf Italienisch abgedruckt wurden. Da ich leider absolut kein italienisch verstehe, außer das neu erlernte Wort "piuma" für Feder, kann ich leider auch nicht sagen, ob das Zitat aus dem Original nur vorne angehängt wurde und sich in dem Buch wiederfindet. Nichtsdestotrotz ist die Aufmachung des Büchleins ganz nett anzusehen. Das Buch schimmert ein wenig, wenn man es gegen das Licht hält und ist so eine Überlegung als Geschenkbuch wert, für alle, die sich für Fabeln interessieren könnten. Ich weiß gar nicht mehr genau wo ich den Zusammenhang zum "kleinen Prinzen" aufgeschnappt hatte, aber als ich die Fabel beendet habe, hatte ich tatsächlich das Gefühl, dass sich beide Erzählungen vergleichen lassen. Denn auch hier geht es um die die Frage, was man sieht und ob man mit dem Herzen oder mit der Gier sieht. Ich persönlich bin ja ein Fan von solchen Denkanstößen und finde, dass sie sich auf diese Art wunderbar präsentieren können und dabei nie zu aufdringlich wirken, um vielleicht den Anstoß zu geben, sich in Sachen des Egoismus etwas zurückzunehmen.
"Verloren im Labyrinth hinter ihren
geschlossenen Lidern sah sie nichts, konnte also auch die Feder nicht sehen.
Und so setzte die Tochter des Himmels und der Lüfte ihren Weg allein fort, denn
trotz ihrer Gabe und ihres Wunsches nach Liebe war die Ballerina nicht mutig
genug, die Liebe mit der Feder herbeizusehnen.“ S.56f.
Kurze Fabelgeschichte, welche überraschenderweise wie eine normale Geschichte strukturiert ist und kleine Kapitel bereithält. Lässt den Leser an einer Sicht teilhaben, die darauf ausgelegt ist zu veranschaulichen, dass es gewisse menschliche Züge gibt, die man wohl nie abschütteln kann, die es sich aber lohnen würde zu überdenken. Nicht zu kitschig und erst recht nicht zu oberflächlich ausgelegt und sorgt zudem für einen Denkanstoß, den man tatsächlich öfter gebrauchen könnte.
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