Der Zirkus der Stille von Peter Goldammer

April 19, 2016















(Original: - / 2016) Atlantik Verlag: Bibliografie auf der Verlagsseite»,  254 Seiten,  gebunden,  Einzelband,  ★★★(★)☆   3 bis 4 Sterne

"Thaïs Leblanc wächst nach dem Tod der Mutter bei ihrer Großmutter auf, der unvergleichlichen Victoria, wie sie auf Zirkusplakaten tituliert wird. Thaïs verabscheut das Zirkusleben und zieht, kaum volljährig, nach Paris; sie will nur eins: Normalität. Doch als die Großmutter stirbt, konfrontiert deren seltsames Testament sie mit ihrer Familiengeschichte, die sie zum wundersamen Cirque perdu und seinem Direktor Papó bringt. Dort lernt Thaïs, dass man sich seinen Ängsten stellen muss und für die wichtigsten Dinge im Leben keinen Applaus von anderen braucht. "



MEINE MEINUNG | FAZIT

"Hätte mich je ein Mensch gefragt – was nie jemand tat - , wie ich mich in diesem wunderbaren Moment gefühlt habe, er hätte eine ganz andere Geschichte zu hören bekommen: Für mich zeigte die Aufnahme ein verstörtes kleines Mädchen, das ein wildgewordener Zirkusaffe angesprungen hatte, um ihm ins Gesicht zu beißen.“
S. 7

Zirkusgeschichten sind meist etwas melancholisch angehaucht. Sie wollen den Leser mit einer ganz eigenen Portion der Magie fesseln und mit in die Manege nehmen. Peter Goldammers Geschichte ist hingegen etwas anders. Von dem Zirkus selbst, gibt es zunächst "keine Spur". Man wird mit der Vorgeschichte Thaís konfrontiert und wird quasi ins kalte Wasser geschmissen, was die Handlung anbelangt. Goldammer kommt recht schnell zu der eigentlichen Handlung. Er hält sich nicht lange mit Umschreibungen auf. Zunächst fand ich das ganz gut, da die Handlung nicht irgendwo auf der Strecke bleibt. Aber in der Mitte wurde es mir dann doch "zu" schnell. Es gab nur noch eine Abfolge von Geschehnissen und mir fehlte zwischendurch die Beschäftigung mit der Protagonistin und ihrem persönlichen Ziel. Gefallen hat mir hingegen sehr gut, dass Goldammer den Roman nicht in Deutschland spielen lässt, sondern sich auf die Region rund um Frankreich konzentriert. Das verleiht dem Roman definitiv mehr Charme und dieses gewisse Zirkusflair. Hinzu kommen viele nachdenkliche Fragen, die mir ebenso gefallen haben. So fragt man sich sicherlich an der ein oder anderen Stelle auch, ob nicht das eigene Leben ebenfalls zu bequem geworden ist. Leider hat mir aber auch in dieser Hinsicht der gewisse Funke gefehlt. Ich habe das Gefühl, die Geschichte dahingehend verstanden zu haben und auch die Botschaft, aber sie wurde mir an manchen Stellen schlichtweg zu abgehakt erzählt.

"Perspektivisch war sie viel zu groß abgebildet – es sah aus, als würde sie über allem schweben, transparent und leuchtend zugleich. […] Transparent, leuchtend und so präsent wie dieses Pfeifen, das einem manchmal in den Ohren klingt und das kein bisschen weniger real ist, nur weil andere es nicht hören.“  S.53

Die vorkommenden Personen waren mir im Großen und Ganzen ganz sympathisch. Der Roman baut die Gruppe, um die es geht, nach und nach auf, sodass man sich jeweils immer auf neue Protagonisten freuen kann. Obwohl Thaís Großmutter bereits vor dem eigentlichen Beginn der Geschichte verstorben ist, bleibt sie immer ziemlich präsent, was mir durchaus gefallen hat. Es hat der Geschichte die Gewisse "Nachdenklichkeit" verliehen. Zudem gibt es aber auch Passagen, die einen zum schmunzeln bringen. Mir persönlich gefielen die subtilen Andeutungen, an gewisse Verhaltensweisen der Protagonisten. Das führte dazu, dass diese einem immer sympathischer wurden und man nicht das Gefühl hatte, dass sie nur Statisten sind, um die Figur der Thaís voranzubringen. Einige andere Dinge wiederum haben mich nicht so sehr begeistert. Ich konnte mich zeitweise gar nicht mit dem Ablauf arrangieren und der Verhaltensweise der Protagonistin. Es war mir oft etwas zu vorgeplant beziehungsweise zu "perfekt", wie sich alles gefügt hat, obwohl man durchaus sagen kann, dass dies beabsichtigt sein könnte. Mir persönlich hat es nicht ganz so gut gefallen. Daher war mein Highlight an diesem Buch durchaus das Ende. Dort haben sich die Gefühle aufgebaut, die ich mir die ganze Zeit erhofft hatte. Es gibt eine schöne Verbindung zum Beginn der Geschichte und der Zirkus tritt in diesem Teil am stärksten auf. Hier werden Dinge zur Familiengeschichte erwähnt, die einen durchaus berühren und welche der Geschichte eine gewisse Ernsthaftigkeit verleihen. Auch wenn es wohl eine der traurigsten Stellen ist, hat mir die Szene, in der Thaís ein Gespräch mit einer Frau führt, die ihr einen Schlafplatz zur Verfügung stellt, mitunter am meisten gefallen. Sie war einfach nur rührend, macht einem aber auch durchaus Mut, dass das Leben noch mehr für uns bereit hält, als wir vielleicht glauben.

"´Dann stell deine Trauer ins Regal.´ ´Ins Regal?´ ´In das Regal deiner Gefühle.´[…] ´Wie im Supermarkt, alles schön geordnet, direkt vor dir: ein Regal mit deinen Gefühlen drin. Die Menschen wollen immerzu ihre Gedanken ordnen, aber viel wichtiger ist es, die Gefühle zu ordnen.´" S. 211


Nette Geschichte, die nicht unbedingt auf den typischen Gedanken des Zirkus abzielt, aber dennoch eine schöne nachdenkliche Botschaft vermittelt. Für mich war es ein perfektes Buch für Zwischendurch, auch wenn ich nicht immer mit der Schnelligkeit der Handlung "zufrieden" war. Einige Stellen stachen für mich besonders heraus und haben ihre Absicht nicht verfehlt. Nämlich über das Leben und die (eigene) Lebensweise nachzudenken. Es gibt gute Charaktere, die in das Gesamtbild passen und die "Zirkusatmosphäre" am meisten prägen.




Vielen lieben Dank an den Atlantik Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!

3 Kommentare:

  1. Ach liebe Karin dein Blog ist ja mal wunderschön! Ganz, ganz schöne Bilder und ich habe gerade mal ein wenig gestöbert... Ich freue mich bald weiterhin von Dir zu lesen und mich von Dir inspirieren zu lassen. :) Ich bin Anaïs und habe seit neustem auch einen Blog. Als mir Mara deinen gezeigt hat, habe ich ihn gleich als erstes abonniert, oder ihm gefolgt.

    Einen wunderschönen Tag wünsche ich!
    Anaïs

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    1. Vielen lieben Dank! Wie heißt denn dein Blog? Dann würde ich sicherlich auch mal vorbeischauen. : )


      Liebe Grüße,
      Karin

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    2. Oh tut mir Leid! Ich dachte wenn du auf mich klickst gelangst du zu meinem Blog. Uppsaaala! wiedersehenimfruehling.blogspot.ch :)) Schönen Nachmittag!

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