(Original: "The Patrick Melrose Novels" / 2014) Piper Verlag, Übersetzer/in: Ingo Herzke, Frank Wegner, Dirk van Gunsteren und Sabine Hübner, 880 Seiten, gebunden, Sammelband aus allen fünf vorhandenen "Melrose" Romanen, ★★★★☆ 4 Sterne"Mit seinem furiosen fünfteiligen Romanzyklus um sein Alter Ego Patrick Melrose hat sich Edward St Aubyn weltweit in die erste Riege der zeitgenössischen Literatur geschrieben: Die Romane erzählen Patrick Melroses Geschichte von seiner Kindheit bis zum späten Tod seiner Mutter und schildern dabei so elegant wie unnachsichtig das Erwachsenwerden eines begabten, sensiblen Jungen, das in einer aristokratisch privilegierten Umgebung eine schwarze Hölle aus Missbrauch und Vernachlässigung gewesen ist. St Aubyns Melrose-Romane liegen nun erstmals in einem Band vor. "
"Wer David gut kannte, suchte nach Zeichen des Verfalls, doch die Maske wurde mit jedem Jahr edler. So steif er den Nacken auch machte, hinter seiner dunklen Brille zuckten die Augen unbeobachtet hin und her und taxierten die Schwächen der anderen.“ S.27
Was für ein Klotz von einem Buch und das in vielerlei Hinsicht. Ganze achthundertundachtzig Seiten umfasst die wirklich bittere Geschichte rund um Patrick Melrose und seine Familie, wie auch sein näheres Umfeld, welche ständig vor seelischen und körperlichen Misshandlungen trieft. So ist es keine wirklich leichte Kost, auch wenn öfters zu hören ist, dass sich die autobiographische Geschichte durch bitterbösen Humor auszeichnen soll. Ich für meine Verhältnisse bin nach der Lektüre ehrlich gesagt etwas sprachlos, da ich zum einen nicht wusste, dass es so stark autobiographische Züge aufweist und zum anderen, weil das Buch tatsächlich einiges von dem Leser abverlangt. Als erstes sicherlich ein gutes Maß an Aushaltevermögen. Denn obwohl ich die Thematik der ganz und gar nicht schillernden "Upper Class" und deren Abgründe, lesenswert, wie auch gut ausgearbeitet fand, mischten sich deutliche Längen mit ein, die das Gesamtwerk zunehmend "dumpf" wirken ließen. Es gibt sehr viele Dialoge, die sich manchmal ziehen und die im Nachhinein deutlich "gezielter" hätten umgesetzt werden können, um diese gesamte Länge der Geschichten etwas "erträglicher" zu machen. Durchaus sehe ich den Reiz in den fünf einzelnen Büchern, die immerhin in einem längeren Abstand erschienen sind und so vielleicht eine wohlproportioniertere Wucht an Information erlauben. Liest man aber diesen Sammelband, muss man sich vielleicht selbst nach jedem "Buch" eine kleine Pause gönnen, sonst wirken eben vor allem die vielen Dialoge sehr überladen.
"Alle nickten düster, und Patrick fragte sich, nicht zum ersten Mal, wie es wohl wäre, frei zu sein, ein Leben ohne die Tyrannei von Sucht, Konditionierung und Groll zu führen.“ S.712
"Alle nickten düster, und Patrick fragte sich, nicht zum ersten Mal, wie es wohl wäre, frei zu sein, ein Leben ohne die Tyrannei von Sucht, Konditionierung und Groll zu führen.“ S.712
Bezieht man sich allerdings stärker auf den provokanten, aber eben auch sehr offenen und ehrlichen Inhalt der Bücher, so muss man sich eingestehen, dass die Geschichten durchaus großes Potenzial aufweisen. Der Schreibstil mag vielleicht nicht jedermanns Geschmack sein, aber die Art und Weise, wie Edward St. Aubyn die schwierigen Erlebnisse, des vor allem jungen Patrick Melrose (5 Jahre) schildert, ist unfassbar ergreifend. Selbst wenn es nur eine fiktive Person gewesen wäre, ist man als Leser durch diese Machenschaften der Familie und dem unmöglichen Entkommen des Jungen, mehr als mitgerissen. Das gesamte Bild, welches sich von der gut betuchten und "besseren" Gesellschaft, in welcher sich die Protagonisten befinden, ergibt ist meiner Meinung nach fabelhaft dargestellt. Man spürt förmlich diese Falschheit des ganzen Scheins, an dem aber alle hängen und sich lieber dazu bekennen würden, andere Menschen zu verachten und klein zu halten, statt ihr Ansehen zu verlieren. Besonders einige Passagen, welche die viel besuchten Partys der Upper Class beschreiben sind ein wahrer Genuss für den Leser, weil er fast durchgehend mit dem Kopf schütteln könnte und durch St, Aubyns Ausdrucksweise mehr als gut unterhalten wird, sogar wenn es eben den bitteren Inhalt trägt.
"Patricks Kindermädchen war tot. Eine Freundin seiner Mutter hatte gesagt, sie sei in den Himmel gekommen, aber Patrick war dabei gewesen und wusste ganz genau, dass man sie in eine Holzkiste gesteckt und in ein Loch geworfen hatte." S.31
Ich muss aber auch gestehen, dass mich gewisse Teile ebenso gar nicht oder kaum interessieren beziehungsweise packen konnten. Die Zeit, in welcher der Protagonist Patrick Melrose in der Blüte seiner Zeit steckt (22 Jahre) und sich dem Drogenkonsum widmet, haben mich nach einigen Seiten komplett abgeschreckt. Auch wenn hier die Intensität und Tragik der Autobiographie vielleicht ebenso groß ist, war es für mich schlichtweg zu viel, beinahe ein gesamtes Buch nur über den Vorgang des Spritzensetzens und der Drogenbeschaffung informiert zu werden. So ist es tatsächlich eine Reihe von Romanen, die vielleicht eine gewisse Zeit benötigt und von der man nicht erwarten kann, dass sie sich durch einen "flotten" Erzählstil auszeichnet, sondern tatsächlich das Abbild eines Lebens voller Höhen, aber meistens eher Tiefen ist.
"Patricks Kindermädchen war tot. Eine Freundin seiner Mutter hatte gesagt, sie sei in den Himmel gekommen, aber Patrick war dabei gewesen und wusste ganz genau, dass man sie in eine Holzkiste gesteckt und in ein Loch geworfen hatte." S.31
Ich muss aber auch gestehen, dass mich gewisse Teile ebenso gar nicht oder kaum interessieren beziehungsweise packen konnten. Die Zeit, in welcher der Protagonist Patrick Melrose in der Blüte seiner Zeit steckt (22 Jahre) und sich dem Drogenkonsum widmet, haben mich nach einigen Seiten komplett abgeschreckt. Auch wenn hier die Intensität und Tragik der Autobiographie vielleicht ebenso groß ist, war es für mich schlichtweg zu viel, beinahe ein gesamtes Buch nur über den Vorgang des Spritzensetzens und der Drogenbeschaffung informiert zu werden. So ist es tatsächlich eine Reihe von Romanen, die vielleicht eine gewisse Zeit benötigt und von der man nicht erwarten kann, dass sie sich durch einen "flotten" Erzählstil auszeichnet, sondern tatsächlich das Abbild eines Lebens voller Höhen, aber meistens eher Tiefen ist.
"Patricks Stimme verlor sich. Er drehte die Wasserhähne wieder auf und lief ins andere Zimmer, um sich einen Bourbon einzuschenken. Ein Bad ohne Drink, das war wie - wie ein Bad ohne Drink. Wozu sich verkünsteln oder Vergleiche finden?" S.244
Fünf autobiographisch geprägte Romane in einem Band, welche die, gar nicht so verborgenen Missstände einer Upper Class Familie und Society aufzeigen. Zeichnet sich vor allem durch seine Sprachgewalt in den richtigen Passagen aus, verfällt aber vielleicht auch etwas in eine zu detaillierte Beschreibung gewisser Lebensumstände, wenn man versucht das Buch in einem Durchgang durchzulesen. Hat einen sehr eigenen Schreibstil, speziell durch die intime Ansicht der Gegebenheiten des Autors in Bezug auf die Protagonisten und des daher stark vorkommenden bitteren Humors bezüglich gewisser Charaktere. Für Leser mit Ausdauer und dem Interesse an autobiographischen Geschichten, ist es aber ein sehr starkes und im Großen und Ganzen auch gelungenes Werk, welches einen aber durch die nicht erfreulichen Erlebnisse, manchmal stärker zu Boden drückt, als man zunächst angenommen hat.
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