Antoine de Saint-Exupéry ist den meisten durch den weltweit großen Erfolg von "Der kleine Prinz" ein Begriff. Eine zauberhafte Geschichte über das, was im Leben wirklich wichtig ist. Leider fällt die Aufmerksamkeit für seine weiteren Bücher dadurch etwas kleiner aus. Umso erfreulicher habe ich der Ankündigung und Umsetzung einer Neuauflage von drei seiner Bücher, entgegengesehen. Der Karl Rauch Verlag hat sich dazu entschlossen die Titel "Südkurier", "Flug nach Arras" und "Nachtflug" in einer Sonderedition herauszubringen, besser gesagt als handliche Geschenkausgabe. Alle drei Bücher kommen natürlich im selben Format daher und ergänzen sich schön durch eine abwechslungsreiche, aber passende Farbpalette. Es gibt zwar keinen Schutzumschlag, aber das Material der Bücher an sich ist dennoch etwas Besonderes. Sie machen einen etwas "krepp"-artigen Anschein, liegen aber gut in der Hand und wirken vor allem als Geschenk auch wirklich bezaubernd. Sie sind etwas kleiner als die Normalgröße von Büchern, aber die Schrift ist meiner Meinung nach noch wirklich akzeptabel. Durch ihre Handlichkeit kann man sie dadurch aber wunderbar unterwegs lesen und sich so die Zeit mit Antoine de Saint-Exupérys wunderschöner Erzählweise versüßen.
"Nachtflug" (Original: "Vol de núit / 1931) von Antoine de Saint-Exupéry, Übersetzer/in: Annette Lallemand, 128 Seiten
"Nachtflug" (Original: "Vol de núit / 1931) von Antoine de Saint-Exupéry, Übersetzer/in: Annette Lallemand, 128 Seiten
Die Anfänge der Luftpost in Südamerika: Man fliegt nachts, um schneller als die Konkurrenz zu sein. Es sind heroische Zeiten, die heldenhafte Persönlichkeiten verlangen. Ein Held ist der Pilot Fabienne, der in ein gewaltiges Gewitter gerät und um sein Leben kämpft. Ein Held ist auch der Direktor der Bodenstation, der im Zwiespalt zwischen Pflichtgefühl und Menschlichkeit die Konflikte des Alltags zu lösen versucht. Antoine de Saint-Exupérys Buch wurde 1931 erstmals veröffentlicht.
Der Einstieg in dieses Büchlein war für mich tatsächlich etwas holprig. Obwohl es ein verständliches Vorwort gibt, haben mir die ersten paar Seiten etwas Orientierungslosigkeit bereitet. Ich wusste zunächst gar nicht so recht wie ich die Charaktere einordnen soll. Vielleicht lag es auch daran, dass ich mich erst ein wenig an den Schreibstil gewöhnen musste. Obwohl man ja Saint-Exupérys träumerische Züge kennt, war ich doch überrascht von der beinahe blumigen Erzählweise. Es treten sehr starke Bezüge zu den Himmelskörpern auf. Es zieht den Erzähler deutlich zu der Macht der Sterne, des Mondes der flackernden Lichter, die ihn umgeben. Alles trägt zunächst etwas dazu bei, dass man sich an einigen Stellen zu verlieren scheint, was die Handlung betrifft. Hat man sich aber etwas darauf eingelassen, so entfaltet die Geschichte eine ganz eigene Romantik, die aber auch von Verlust geprägt ist; vom Siegen und vom Verlieren und der Grenze, die man manchmal nicht mehr zu erahnen scheint.
"Er sah zu den Sternen hinauf, die über dem schmalen Streifen, den die Leuchtreklame frei ließen, nur noch scheu flimmerten und dachte dabei: > Mit meinen zwei Kuriermaschinen, die noch in der Luft sind, bin ich heute Nacht verantwortlich für einen ganzen Himmel. [...]" S.51
Für mich ist die Thematik tatsächlich ebenfalls eine ganz neue. Mit den Anfängen der Luftpost habe ich mich bisher recht wenig auseinandergesetzt, was mir vielleicht auch hier etwas zum "Verhängnis" geworden ist. Ich musste mich ganz neu auf die Schwierigkeiten der Betroffenen einstellen. Jedoch hat mir die kurze aber durchaus starke Erzählung gut gefallen. Und das eben genau aufgrund der mir zunächst nicht zusammenfallenden Zusammenhänge. Es ist eine Geschichte, mit der man sich aufgrund ihrer Kürze sehr gut öfters auseinandersetzen kann und vielleicht das ein oder andere Mal, erst beim zweiten Lesen, auch ihre wirkliche Bedeutung versteht.
"Südkurier" von Antoine de Saint-Exupéry, Übersetzer/in: Paul Graf Thun-Hohenstein, 176 Seiten
Es geht um Liebe, Einsamkeit und Flucht aus dem Alltag. Der Flieger Jacques Bernis findet seine Jugendliebe Genovefa wieder. Auf dem Flug von Toulouse nach Saint-Louis du Sénégal – er der niemals eintreffen wird – lässt Bernis die Ereignisse der vergangenen Monate Revue passieren. Die Geschichte einer schicksalhaften Lebenssituation, in die mitreißende Beschreibungen von Landschaften und Himmelsformationen eingebettet sind.
Auch hier zeichnet sich die Geschichte für mich, durch eine ganz eigene Zartheit und Verletzbarkeit aus. Wieder tritt die Aufgabe des "Kuriers" in den Vordergrund, wird aber durch viele weitere Komponenten, die das Leben bestimmen und scheinbar wertvoll machen, ergänzt. "Leider" ergibt sich für mich an viele Stellen, was die Erzählungen von Saint-Exupéry angeht, noch keine große Gemeinsamkeit. Für mich ist der Anfang und das Ende immer merkwürdigerweise etwas von der Mitte losgekoppelt, als seien es ganz andere Stadien oder Abläufe von Erzählsträngen. Aber ich muss auch sagen, dass mich das am Ende nie so ganz stört, weil der Text den Leser dazu auffordert, mal wieder etwas länger darin zu verweilen und nicht alles nur herunterzulesen und dann alles zu vergessen. Für den einen mag es vielleicht zu anstrengend sein, aber ich mag dieses etwas Geheimnisvolle, das mir sich erst nach und nach erschließt. Auch hier sind viele Metaphern enthalten, die sich auf Lichter, auf den Wind sogar auf die Symbolik des Meeres beziehungsweise des Schiffes beziehen. Alles aber in einer ganz stimmigen Atmosphäre. Ich mag aber an den Charakteren, dass sie nach dem Leben als solches trachten. Sie sehen sich nach etwas, das ihnen nicht vergönnt scheint und dennoch ist die Erzählung so lebendig.
"Neben ihr lag das Kind und atmete leise: War das nicht der Motor der
ganzen Welt, und die Welt wurde durch dieses zarte Atmen belebt?" S.62
"Flug nach Arras" von Antoine de Saint-Exupéry, Übersetzer/in: Fritz Monfort, 240 Seiten
Frankreich steht vor der Kapitulation, und doch wird so getan, als sei die Schlacht noch nicht entschieden. In niedriger Höhe sollen Antoine de Saint-Exupéry und seine zwei Begleiter bei einem Aufklärungsflug feindliche Panzerverbände erkunden. „Ohne ein genaues Ziel werden Besatzungen geopfert. Pflichtgemäß erlassen die Stäbe ihre Befehle […], sie verlangen Erkundungen, die unmöglich einzuholen sind“. Antoine de Saint-Exupéry überlebte den Einsatz und veröffentlichte sein Buch 1942
Für mich war diese dritte Lektüre die, die mir am meisten gefallen hat. Vielleicht weil sie Saint-Exupérys eigene Ansichten über den Krieg und deren, wie beschrieben, Sinnlosigkeit offenbart. Man spürt auch hier philosophische Denkweisen, eine gewisse Verträumtheit und einen Hang zur Zartheit, aber im Gegensatz macht sich hier auch die Trauer über das Verhalten der Menschheit breit. Allein schon der Anfang hat mich sehr für sich eingenommen. Die Beschreibungen, wie die "Kämpfer" von den Offizieren gesehen werden, wie sie sich aufopfern und wie sie sich selbst versuchen müssen zu retten, hat mich wirklich tief getroffen und hat mich, so merkwürdig es klingen mag, Antoine de Saint-Exupéry näher gebracht. Denn er beschreibt wirklich tiefgründige Dinge, die ihn beschäftigen, die aber schienbar niemanden interessieren, weil die "große Aufgabe" (der Krieg) es verlangt, dass man einfach bereit ist dafür zu sterben. Und Saint-Exupéry fragt sich ob es das überhaupt wert ist, den eigenen Tod so vorgesetzt zu bekommen. Wirklich bewegend und meiner Meinung nach mit einer sehr starken Botschaft. Dieses Buch sagt so viel über das Leben aus, dass ich es am liebsten jedem als Geschenk übergeben wollen würde, auch wenn die Thematik des Kriegs alles andere als "fröhlich" ist. Aber ich würde Leuten immer wieder gern Texte ans Herz legen, die verdeutlichen, dass das Menschsein mehr sein sollte, als ein Kampf um Sieg und Niederlage.
"Wir sind weiter nichts als Objekte in der allgemeinen Sinnlosigkeit. Für ihn sind wir nicht Saint-Exupéry oder Dutertre, mit ihren eigenen Gaben, die Dinge zu betrachten oder nicht zu betrachten, zu denken, zu marschieren, zu trinken und zu lachen. Wir sind Steine eines großen Baus, der mehr Zeit, mehr Schweigen und mehr Abstand erfordert, um in seinem Zusammenhalt erkannt zu werden." S.25
Vielen Dank an den Karl Rauch Verlag für die Bereitstellung der Rezensionsexemplare!
Liebe Karin,
AntwortenLöschenDas sind wirklich wunderschöne Ausgaben. Ich stehe ja sowieso unglaublich auf solche kleinen Bücher. :D
Vor allem haben es mir auch die Farben angetan.
Rein äußerlich finde ich das blaue Buch am schönsten. (:
Liebst, Lotta
Das blaue finde ich, sieht auch wirklich toll aus! Aber rein inhaltlich hatte ich da Anfangsschwierigkeiten. :D
LöschenLiebe Grüße
Karin
Hi Karin,
AntwortenLöschendiese Ausgaben sind ja fantastisch (tief durchatmen, nicht ausflippen :D)! Mein Ziel, mehr von AdSE zu lesen habe ich mir mit Wind, Sand and Stars erfüllt und war hin und weg. Ich hab mich genauso gefühlt wie du, die neuen Eindrücke aus der Luftfahrt und seine Mischung aus Gedanken, Erlebnissen und Erkenntnissen ist einfach einzigartig. Gut zu wissen, dass man also ohne Bedenken auch seine anderen Werke lesen kann! Und, wie immer tolle Fotos :)
Allerliebste Grüße, Sandy ☕
Oh, "Wind, Sand and Stars" würde ich auch gerne noch lesen! Hab mal aufgeschnappt, dass es gut sein soll.
LöschenJa, ich bin definitiv von seinen Büchern angetan, auch wenn sie sich vom so geliebten "Der kleine Prinz" abheben. :)
Viele, vielen lieben Dank!
Liebe Grüße
Karin