(Original: "Collected Stories" / 2013) Berlin Verlag, Übersetzer/in: Beatrice Howeg, Malte Friedrich und Nikolaus Hansen, 368 Seiten, gebunden, Einzelband, ★★★☆☆ 3 Sterne"Sämtliche Stories & drei literarische Essays - Dieser Band versammelt die Kurzgeschichten eines der besten Autoren unserer Zeit. »Salter schreibt mit Kenntnis, Präzision und Witz ... Die frühen Geschichten aus den sechziger bis hin zu den achtziger Jahren haben einen jazzigen Rhythmus und den aalglatten, kühlen Glanz der Welt von Mad Men. ... Wir befinden uns in der zweiten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts und das World Trade Center befindet sich gerade erst in der Planung. Was kann schon schiefgehen? Und doch geht am Ende so ziemlich alles schief … Salter ist ein Zauberer und seine Wunderwerke sind fein gewirkt, und doch vermögen sie, die alltägliche Wirklichkeit des Lebens kraftvoll zu packen. Wieder und wieder gelingt ihm auf diesen Seiten, was John Updike als die Aufgabe des Schriftstellers definiert hat, nämlich dass er das ›Schöne am Gewöhnlichen‹ zu zeigen habe. Salter zeigt das Gewöhnliche als das, was es wirklich ist: das Wunderbare.« John Banville.“
MEINE MEINUNG | FAZIT
"Er bereitet sich auf die Ankunft jenes großen Künstlers vor, der er eines Tages sein wird, wie er hofft, ein Künstler im wahren, modernen Sinne, das heißt ohne Fähigkeiten, aber überzeugt vom eigenen Genie.“ S.19
Ehrlich gesagt bin ich selbst etwas verwundert darüber, dass mir James Salters Erzählungen nicht so zugesagt haben, wie ich es mir erhofft hatte. Mittlerweile denke ich aber, dass es vielleicht der "falsche" Zeitpunkt war. Ich konnte bei einigen Geschichten einfach keinen Zugang finden, hatte aber die Vermutung, dass es oftmals daran lag, dass die Erzählungen Situationen beschreiben, die ich persönlich derzeit als "uninteressant" ansehe. Ich kann nicht abstreiten, dass die Geschichten etwas an sich haben. Einige haben mir auch gut gefallen und konnten mir die gewünschten Denkanstöße geben. Generell sind nämliche alle Kapitel, sprich alle Erzählungen recht kurz und beschreiben Lebenssituationen, die vor allem das alltägliche Leben der Erwachsenen widerspiegelt. Was mich zu Beginn besonders interessiert hat, war die Tatsache, dass viele Erzählungen aus der Sicht einer Frau geschrieben sind. Dadurch fragt man sich natürlich auch gleichzeitig, wie authentisch und wie gut James Salter diese Sicht ausgelegt hat. Gut, für einen Schriftsteller ist das Einfühlungsvermögen sicherlich ein anderes und auch die Protagonistenrolle wird nicht anhand des Autors abhängig gemacht, aber oftmals stellt man fest, dass männliche Autoren, weibliche Charaktere so überspitzt darstellen, dass sie nur noch stereotypisch wirken und man ihnen ihr "Seelenleben" nicht abnimmt. Bei James Salter trifft dies nicht zu. Ich mochte seine perspektivischen Ansichten der Frau und auch die persönlichen Gedanken haben sich für mich als sehr stimmig ergeben.
"Er blickte nur selten jemandem in die Augen. Antike Silberlöffel, hörte Ardis ihn mit leiser Stimme sagen. Als ob das niemand merken würde, dass es nicht stimmte.“ S.33
Wie das bei solchen Erzählbanden aber ist, ist die Wahrscheinlichkeit da, dass man nicht alles gut findet. Ich hatte besonders zum Ende hin einfach das Gefühl, dass James Salter und ich nicht zusammenpassen - auf literarischer Ebene versteht sich. Obwohl der Schreibstil durchaus ansprechend ist und wie im Vorwort von John Banville angesprochen wird, viel zwischen den Zeilen steht, konnte ich oftmals keinen sinnvollen Zugang finden. Die Erzählungen verkörperten einfach nicht das, wonach ich mich in speziell diesen Geschichten gesehnt habe. Ich habe damit gerechnet, dass mich die Alltagssituationen mit einer subtilen Wucht treffen. Vielleicht haben sie das in gewisser Weise getan, aber eben nicht so sehr, dass ich sofort wieder zu einem Band des Autors greifen würde. Alle Protagonisten verkörpern eine Sehnsucht die sichtbar wird. Es werden größtenteils eheliche, oder körperliche Begierden geschildert, die mich in ihrer Darstellung nicht ganz überzeugen konnten. Es ist etwas da gewesen, was mich zum weiterlesen animiert hat, zum Schluss blieb aber immer eine gewisse Sehnsucht nach etwas Greifbarerem. Es ist wirklich schwer zu beschreiben (vielleicht ist es so, als müsste man niesen, wartet darauf und dann kommt es doch nicht) , weil die Geschichten alle etwas Unaussprechliches in sich tragen, was die Entwicklung der Handlung und deren Figuren angeht. Mir persönlich hat zurzeit aber dieser Funke gefehlt. Die drei Vorlesungen, die den Erzählungen noch hinzugefügt wurden und welche sich auf das Schreiben und die Kunst beziehen fand ich ganz lesenswert und auch sympathisch. Sie sind ein ganz netter Abschluss der Geschichten und lassen das Buch noch einmal persönlicher werden.
"Ihr wurde fast schlecht bei dem Gedanken, dass es so etwas wie unverdientes Glück gab, das bestimmte Menschen fanden.“ S.265
Zweiundzwanzig Erzählungen, die das Leben in vollem Ausmaß thematisieren. Greifen größtenteils auf Ehen, unglückliche Beziehungen oder nicht ganz positive Zukunftsaussichten zurück. Obwohl mir der Schreibstil und viele Passagen gut gefallen haben, fehlte mir bei vielen Geschichten aber auch einfach der passende Zugang. Vielleicht brauchen die Erzählungen etwas mehr "Entfaltungszeit" oder mehr Erfahrungen des Lesers, um alles in voller Größe verstehen zu können. Dennoch mochte ich die drei Vorlesungen am Ende des Buches zum Thema Literatur und Kunst und bin mir sicher, dass die Erzählungen durchaus ihren Charme haben und viele Leser ihn auch schätzen.
Vielen Dank an den Piper / Berlin Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!
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