(Original: "Hotel Honolulu" / 2001) 528 Seiten, gebunden, Einzelband | ★★★★☆ 4 Sterne
"Das Hotel Honolulu auf Hawaii, nicht weit vom Strand, hat seine besten Tage lange hinter sich. Achtzig Zimmer - achtzig Gäste - achtzig Geschichten: ein eigenes Universum. Hier wird ein Schriftsteller unverhofft Manager und findet in den Geschichten der liebenswert-exzentrischen Hotelgäste genug Stoff für ein ganzes Leben. Im Hotel Honolulu steigen Hochzeitsreisende, Strandurlauber, ruhelose Seelen und notorische Lügner ab. Hier treffen sich Hawaiianer und Urlaubsgäste, und sie alle sind auf der Suche nach etwas: Sonne, Liebe, Glück - und manche Sehnsüchte bleiben namenlos. Buddy Hamstra, der verschwenderische Lebemann und Hotelbesitzer, bietet einem Schriftsteller den Posten als Hotelmanager an. Der zögert nicht lange - nach einem ruhelosen Leben und geplagt von einer Schreibblockade ist es Zeit für einen Neubeginn. Im Hotel Honolulu trifft er nicht nur auf Sweetie, die die Mutter seiner Tochter werden wird, sondern auch auf skurrile Hotelgäste: Da ist Eddie, der seiner Frau zum Geburtstag stets einen Liebhaber organisiert; oder Benno, der Befriedigung in den traurigen Schicksalen ehemaliger Vorzeigeschüler findet; oder der Dauergast, dessen geräuschvolles Liebesleben alle in die Irre führt. Sie bilden ein Panoptikum aus unerfüllter Liebe, geplatzten Träumen, spannenden Geschichten und kuriosen Begegnungen."
MEINE
MEINUNG | FAZIT
"Im Hotel Honolulu beobachtete ich häufig, dass seltsame Menschen Kontakt zu noch seltsameren Menschen suchten, um durch den Kontrast zu zeigen, wie normal sie waren.“ S.88
Eines kann man von dem Buch definitiv behaupten: es ist nicht langweilig! Ständig passieren skurrile Dinge, es tauchen passend dazu auch die skurrilsten Figuren auf, die diese Geschichte prägen. Man empfindet Trauer, Mitgefühl, Unverständnis, man schüttelt mit dem Kopf oder lässt sich einfach mitziehen. Genauer gesagt ist es aber nicht nur eine Geschichte. Es ist ein ganzes Geflecht aus Leben und Lebensabschnitten, die zum Schluss ein Gesamtbild ergeben. Auffallend ist dabei aber stets, dass der Erzähler, der gleichzeitig das Hotel Honolulu als Hotelleiter übernimmt, nicht namentlich genannt wird. Irgendwann dachte ich, ich hätte den Namen einfach überlesen. Dadurch wurde die Geschichte für mich paradoxerweise zunehmend unpersönlich und persönlich zu gleich, da ich mir Paul Theroux selbst als Erzähler vorgestellt habe (am Ende des Buches wird erwähnt, dass der Autor selbst auf Hawaii lebt). Zugegeben kann man nicht davon ausgehen, dass der Autor gleichzeitig der Erzähler ist (und man wird in der Schule auch ermahnt, sollte man es wagen, den Autor mit dem Erzähler gleichzusetzen), aber dadurch konnte ich etwas mehr mit diesem "unbekannten" Hotelleiter anfangen. Die Art und Weise wie er die Geschichten der Hotelgäste erzählt, hat mir aber im Allgemeinen ganz gut gefallen. Es gibt sozusagen immer eine Einleitung und am Ende des Kapitels, bezogen auf den Sachverhalt, eine Auflösung des Geschehens oder einen Blick in die Zukunft, die gewisserweise eine Pointe bereithält. Diese untergeordneten Kapitel fügen sich aber nach und nach zu einem Gesamtbild des Hotels zusammen. Denn obwohl manche Geschichten der Gäste nur oberflächlich angedeutet werden, wird das Leben derer, die in dem Hotel leben etwas stärker reflektiert. Das Hotel an sich, ist also nicht nur der Ausgangspunkt für alle kurzen Einblicke hinter die Hoteltüren, sondern auch der Ausgangspunkt für die Haupthandlung des Buches, welche den nicht namentlich erwähnten Hotelleiter und die Figur des "Buddy Hamstra", einbezieht. Jedoch greift jede auch noch so kurze Geschichte auf das "große Ganze" zurück. Ich mochte zwar mehrere Charaktere, aber ich glaube "Rosie", die Tochter des Hotelleiters war eindeutig meine Lieblingsfigur.
"Der typische hawaiische, frevlerische Gedanke, den wir jedoch nie aussprachen, war: ´Wir sind gut wegen der Sonne. Wir sind besser als unsere Gäste. Wir sind sonniger.´" S. 16
Das einzige, das mich zwischenzeitlich wirklich an dem Buch gestört hat, war dieses Gefühl, dass es an vielen Passagen, vor allem im mittleren Teil, ein "totales Männerbuch" ist. Ständig war die Rede von irgendwelchen Affären, Liebesspielen oder der in Hawaii verbreiteten Prostitution. An manchen Stellen war es mir dann einfach wirklich zu viel. Natürlich spiegelt das ein gewisses Bild des Flairs und der vielleicht runtergekommenen Atmosphäre und des Etablissements wieder, dennoch glaube ich hätten es einige Andeutungen weniger auch vermitteln können. Auch hier könnte man natürlich aber im Gegenzug sagen, dass gerade diese Beschreibungen, dem Buch, die nötigen Eigenschaften bereitstellt, um dem Leser die "Botschaft" zu vermitteln, die man am Ende erlangt. Hier muss ich klar sagen, jedem das seine. Die Aufteilung der Geschichten, was auch auf dem Buchrücken angedeutet wird, dass es achtzig Geschichten gibt, die erzählt werden und diese auch in genau achtzig Kapiteln niedergeschrieben werden, fand ich ganz angenehm. Dadurch hat kein Kapitel mehr als zehn Seiten in Anspruch genommen, sodass man sich öfter mal eine Pause nehmen konnte. Man muss aber beachten, dass viele Namen und Personen genannt werden, die man ständig in einen Zusammenhang setzen muss, sodass es von Vorteil ist, das Buch nicht einen Monat zu unterbrechen, da man sonst die Figuren nicht ganz zuordnen könnte (war zumindest meine Empfindung). Mir hat an dem Buch aber vor allem gefallen, dass eben die hawaiische Sprache und die Kultur deutlich zum Vorschein kam. Vor allem, wenn es darum ging, dass Einheimische sich unterhalten haben, hat der Autor stets darauf geachtet, typische Sprichwörter oder allgemein Wörter zu verwenden, die hawaiisch sind. Es gab unzählige Situationen, die ich sehr unterhaltsam fand, in denen der Hotelleiter versucht hat, sich mit den Einheimischen darauf zu verständigen, welche Bedeutungen die Wörter tragen und in wie weit ein "Scrabble" Spiel zu Problemen führen kann.
"Er zuckte mit den Schultern. Hier auf Hawaii, dem Land der langen Pausen, wissen die Menschen vielleicht die Antwort auf eine Frage, auf zwei jedoch auf keinen Fall.“. S. 176
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Eine Darstellung eines sehr eigenen Hotels mit sehr skurrilen Hotelgästen und Einheimischen. Unterhaltsam, aber auch nachdenklich und skizziert neben den sehr runtergekommenen Protagonisten auch sehr charmante und liebenswerte Charaktere. Absurde Vorkommnisse und korrupte Machenschaften sind nicht die Ausnahme. Ruhige und doch sehr einnehmende Erzählweise. Obwohl ich an manchen Stellen genug von den dominierenden "Männerthemen" hatte, kann ich das Buch empfehlen, wenn man darüber hinaus, auf etwas andere Art und Weise, von dem Sinn des Lebens und der eigenen Zufriedenheit lesen möchte.
Hallo Karin,
AntwortenLöschenvielen Dank für deine Rezension! Ich habe mir das Buch vor kurzen schon mal genauer angeschaut, konnte mir aber noch nicht so recht vorstellen, was dahinter steckt. Die Idee von vielen Kurzgeschichten, die ein Gesamtbild ergeben, klingt sehr gut. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass mich das ständige Thematisieren von Affären und Prostitution auch stören wird. Nun kann ich mir auf jeden Fall mehr unter diesem Buch vorstellen. ;)
Liebe Grüße,
Hanna von buchsichten.de
Huhu liebe Karin,
AntwortenLöscheneine wirklich schöne Rezension und ein tolles Buch, dass du hier vorstellst!
Ich liebe deine Art zu schreiben und Bilder zu machen :) ähnelt tatsächlich meinem Bilderstil weshalb mir die Bilder dann noch besser gefallen, da es genau mein Ding ist <3 Allerliebst Jessie