Sachbücher by Rowohlt: 2x Feminismus

Oktober 28, 2025


Werbung ~ Rezensionsexemplare
 

Sachbücher gehören nicht gerade zu dem Genre, das man mit einem "Lesen zur Entspannung" verbindet. Ich muss gestehen, dass ich daher öfter dazu greife, wenn ich weiß, dass ich etwas mehr Ruhe habe und der Kopf etwas freier ist, um mich wirklich mit dem Geschriebenen auseinandersetzen zu können. 

So auch bei diesen beiden Büchern, die in den letzten Monaten im Rowohlt Verlag erschienen sind: "Ada Lovelace - Visionärin und Genie" von Vera Weidenbach und "Witches, Bitches, It-Girls" von Rebekka Endler.
Beides Bücher, die relativ nah beieinanderliegen. Obwohl ersteres primär auf das Leben einer Person abzielt, wird in beiden deutlich, was es eben für weiblich gelesene Personen bedeutet, sich Wissen anzueignen, etwas Neues zu kreieren und miterleben zu müssen, wie ihre Erkenntnisse von (überwiegend) männlichen Kollegen geklaut werden oder schlimmer noch, sie (verbal wie auch körperlich) attackiert werden. Der Fokus liegt also sehr stark auf dem feministischen Aspekt. 

 

Vor nichts haben patriachale Mächte mehr Angst als vor dem feministischen Kollektiv! 
- S.264, "Witches, Bitches,It-Girls" von Rebekka Endler




 

"Ada Lovelace - Visionärin und Genie" von Vera Weidenbach

Dieses Buch hat es mit seinen knapp zweihundertundfünfzig Seiten durchaus in sich. Wir lernen Ada Lovelace kennen, die Vorreiterin im Bereich der Programmierung. Obwohl es damals noch nicht solche Computer gab, wie wir sie heute kennen, hegte Lovelace eine Begeisterung für Mathematik und hatte, durch ihre Stellung, auch einen Zugang zu den ersten Maschinen. 

Zwar wurden ihre Arbeiten in den letzten Jahren hier und da etwas präsenter in der Öffentlichkeit thematisiert, nicht zuletzt eben durch die Analysen der ausradierten Errungenschaften von Frauen durch feministische Aufklärungsarbeit, aber wirklich viel wusste ich bisher nicht über Ada Lovelace. 
Was mich hier selbst ein wenig (positiv) überraschte: Mir war bekannt, in welchem Bereich sie selbst Pionierin war, dass sie jedoch die Tochter von Lord Byron gewesen ist, hatte ich scheinbar als nicht ausschlaggebende Info irgendwo vergraben. Obwohl diese Verbindung meist weiterhin in den Vordergrund gerückt wird (in gewissem Maße ist dies auch teilweise relevant), wird Ada Lovelaces eigene Arbeit dadurch nicht (mehr) geschmälert. 

Dieses Buch zeigt auf, wie Lovelace groß geworden ist, welche Personen in ihrem Umfeld sie geprägt und tatsächlich auch teilweise gefördert haben und wie sie ihre Interessen überhaupt hat ausbauen können. Die gesellschaftlichen Strukturen und Mächte, die zu ihrer Zeit immer noch präsent waren, konnte sie teils gut "umgehen", dennoch konnte sie sich nicht alles erlauben. 
Mir gefielen die persönlichen Einblicke durch die eingebauten Briefwechsel zwischen Ada Lovelace und einigen ihrer Freund*innen, Partner und Familie. Dies sorgte dafür, dass man ihre Persönlichkeit etwas eher greifen konnte. 
Zwar skizziert das Buch ihren Werdegang und den Schritt von der "Visionärin zum Genie", allerdings erfahren wir hier auch viel über ihren langjährigen Arbeitspartner Charles Babbage, der ihr Zugang zu Wissen und Technologie ermöglicht, oder anderen Personen, die ihr nahestanden. Das mag manchmal etwas von Ada Lovelace ablenken, jedoch macht der Text dadurch wirklich gut deutlich, dass sie keine Selbstakteurin war und sein konnte. Ihre Arbeit war geprägt von Kontakten und dem Zusammenspiel anderer Menschen.  

 

Die letzten Absätze des Briefes zeugen von einem großen Unwohlsein über die Art, wie Adas Gehirn arbeitete und zu was sie womöglich fähig war. Für De Morgan ist das etwas, das in einer Frau nicht vorkommen kann. Nicht vorkommen darf, denn sonst geriete seine Welt aus den Fugen. 
- S.123, "Ada Lovelace- Visionärin und Genie" von Vera Weidenbach

 

Insgesamt ein wirklich spannendes Buch, das nähere Einblicke in die Thematik (ja, auch mathematische Ansätze werden hier durchaus stark ausgelegt, um das Prinzip der Maschine zu erklären), Ada Lovelaces´ Leben und der Verbindung zu feministischen Ansätzen liefert. Wer sich bisher wenig oder gar nicht mit ihrer Person befasst hat, wird hier viel Neues und Interessantes finden und die noch meist dominierte Ansicht über die viel cleveren "Computer-Bros" hoffentlich anders sehen. 

 



 "Witches, Bitches, It-Girls" von Rebekka Endler

Das zweite Buch, das sich dann nicht mehr nur auf eine Person fokussiert, sondern sich dem Schaffen von weiblich gelesenen Personen annimmt und diesen unter dem feministischen Aspekt untersucht, ist von Rebekka Endler und trägt den Untertitel "Wie patriachale Mythen uns bis heute prägen".
Und holla die Waldfee... hier steckt wirklich einiges drin. Auch hier würde ich wieder behaupten, dass ich mit vielen neuen Erkenntnissen zum Thema vertraut bin. Auf Social Media kommt man durchaus öfters in Kontakt damit oder mittlerweile (zum Glück nicht drumherum). Viele Strukturen und "Tricks", will ich es jetzt mal nennen, wie man den Feminismus klein oder schlechtreden kann, sind mir bekannt und ich finde es bewundernswert, wie viele Menschen weiterhin die Kraft aufbringen, aktiv gegen all das anzukämpfen. Dennoch war ich sehr davon überrascht, was in unserem Umgang miteinander und der Art wie medial berichtet wird, noch so alles steckt, was den Patriachismus wirklich schützen soll. 
Das Erschreckendste für mich ist jedoch zu erkennen, dass sich die "übergeordnete Macht" der Gesellschaft immer einen Übeltäter herausnimmt, der stets für alle Probleme verantwortlich sein soll, die sie selbst verbockt hat. Erst waren es die Frauen, anschließend die Hexen, dann die It-Girls, jetzt die Feministinnen (und Ausländer*innen natürlich sowieso). Das Buch schlüsselt wirklich wunderbar auf, wie sich Männer die Welt so gestaltet haben, wie es ihnen passt, um dann weiterhin behaupten zu können, sie seien die eigentlich "armen Geschädigten" der heutigen Gesellschaft. 
 
Was Rebekka Endler aber hier dennoch wirklich außerordentlich gut hinbekommt: Trotz der zahlreichen Belege, Ausführungen und Beschreibungen aktueller Beispiele von Antifeminismus, löst das Buch eben keinen "Männerhass" aus (was ja so oft von feministischen Texten behauptet wird) und beweist, dass dies auch nicht nötig ist, um Gerechtigkeit zu fordern und zu fördern. Es ist eine Aufarbeitung dessen, was Frauen in der Vergangenheit angetan wurde (Hexenverfolgung, Unterdrückung) und was sich ändern müsste, um halbwegs an einen Punkt zu kommen, dass wir aufhören den politischen Ball, der gespielt wird, in Form von: "Männer vs. Frauen" fallen zu lassen und als ein Ganzes zusammenzuarbeiten, um unser aller Miteinander zu stärken. Schwierig, ich weiß... 
 

In Zeiten, in denen offene Misogynie immer gesellschaftsfähiger wird [,,,], sollen wir - die Frauen - aufhören zu heulen und stattdessen Sektkorken knallen lassen, weil wir in einigen Bereichen kleine Fortschritte verzeichnen? Mein Eindruck ist: Die Gefahr geht noch nicht einmal von der gelebten Gleichberechtigung der Geschlechter aus, die noch in weiter Zukunft liegt, es reicht schon der Gedanke daran, dass es in diese Richtung gehen könnte, damit einige Männer mit ihrem gesamten journalistischen Gewicht auf die Bremse treten und "Es reicht!" rufen. 
- S.340, "Witches, Bitches, It-Girls" von Rebekka Endler
 
 
Es ist eines dieser Bücher, die wirklich, wirklich auch unbedingt von Männern gelesen werden sollte! Und ich hoffe, dass es dies auch wird und nicht als "Ah, wieder eines dieser Bücher, das über Männer herzieht" angesehen wird. Denn das ist es nicht! Es zeigt fehlerhafte Strukturen auf, aus denen wir uns scheinbar einfach nicht lösen können. 
Absolut lesenswert und sollte meiner Meinung nach auch an Schulen/ Unis etc. in den Unterricht aufgenommen werden!

 


 

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