Dinner mit Edward von Isabel Vincent

August 21, 2018

Buch-Dinner mit Edward- von Isabel Vincent


Werbung - Rezensionsexemplar (Original: "Dinner with Edward: A story of an unexpected friendship"/ 2016) Heyne Verlag, Übersetzer/in: Ronald Gutberlet (aus dem Amerikanischen),   ★★★(☆)☆ 3,5 Sterne
"Zu ihrem ersten Dinner mit Edward erscheint Isabel mit einer Flasche Wein, aber ohne große Erwartungen. Eigentlich ist sie nur hier, weil ihre Freundin sie um den Gefallen gebeten hat, bei ihrem alten Vater nach dem Rechten zu sehen. Doch der Mann, der jetzt in der Küche steht und Hühnchenbrust und luftiges Aprikosen-Soufflé für sie zubereitet, steckt voller Überraschungen. Isabels Besuch ist der Auftakt zu einer ganzen Reihe von unvergesslichen Abenden, in deren Verlauf Edward zu ihrem teuren Freund und Ratgeber wird. Mit seiner Hilfe gelingt es ihr, das Leben neu zu betrachten und frische Wege einzuschlagen. "
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"Ich weiß nicht, ob die Aussicht auf ein Abendessen mich reizte, oder ob ich mich so einsam fühlte, dass mir sogar ein Rendezvous mit einem Neunzigjährigen attraktiv erschien." S.12

Es gibt so Bücher, die findet man irgendwie charmant und herzerwärmend, die aber nicht ganz überzeugen können. Bei mir ist das bei "Dinner mit Edward" leider auch der Fall. Und ich sage hier wirklich leider, weil ich dachte, das Buch würde ein komplettes "Feel-Good"-Buch werden. 
Warum das bei mir nicht ganz so rüberkam, hat wohl vorrangig zwei Gründe.
Zum einen konnte ich einfach nicht mehr davon lesen, dass wirklich für gefühlt alles Schweinefett verwendet und auch fortlaufend überwiegend sonstige tierische Zutaten serviert und beschrieben werden. Ganz klar, das ist ein sehr subjektiver Aspekt, den viele nicht annähernd störend finden werden, aber bei mir hat sich dadurch nicht das Gefühl eingestellt, dass ich gerne bei den meisten Abendessen dabei gewesen wäre. 
Zum anderen konnte ich mich nur sehr schwer komplett auf Isabel und Edward einlassen. Die Erlebnisse, die Dinner und die Gefühlswelt wird irgendwie so im Zeitraffer, aber manchmal diffus zusammengewürfelt, erzählt, dass es mir manchmal zu chaotisch vorkam. Immer mal wieder greift Isabel Vincent dann Vergangenes wieder auf und versucht daraus etwas Neues zu machen. Ich persönlich fand es tatsächlich etwas unharmonisch. Die Treffen selbst sind zwar natürlich immer durch das erwähnte Menü im Zentrum, werden aber oftmals doch irgendwie nur kurz erwähnt und durch persönliche Rückblenden ergänzt. Hier bin ich mir selbst noch unschlüssig, ob mir die Abende selbst dann zu knapp abgehandelt wurden oder ob es dadurch etwas abwechslungsreicher wirkte.

"'Ich koche einfach, Darling' , sagte er, als ich ihn fragte, warum er keine Kochbücher benutzte. 'Ich denke nicht mal darüber nach, wie ein Rezept sein könnte.Ich möchte mich nicht mit irgendwelchen Vorschriften herumschlagen. Für mich hat das nichts mit Kochen zu tun - man klebt doch bloß an einem Stück Papier.'" S.18

Die beiden Charaktere konnte ich nicht wirklich einschätzen. Beide wirken eigentlich sehr charmant, liebevoll und so, als seien sie einfach sehr verletzlich und doch wusste ich bei manchen Aussagen seitens Edward gar nicht, wie ich dazu stand. 
Da lässt er dann Sätze fallen wie: "'Ja, das betont deine Figur. [...] Wobei ich bis eben gar nicht gewusst habe, dass du eine Figur hast. Nicht umwerfend, aber sehr schön." Und anstatt solche Aussagen zu hinterfragen und dem Leser zu zeigen, dass es vielleicht nicht gerade das Ziel einer jeden Frau ist, vierundzwanzig Stunden wie die verführerischste Person auszusehen und sich zu schminken (was noch durch "Edward rügte mich sofort, weil ich seiner Ansicht nach nicht genügend Make-Up verwendet hatte" ergänzt wird), lässt sich die Autorin irgendwie nur "mitschleifen". Natürlich wird die charmante Art und das "Gentleman-hafte" an Edward ebenfalls erwähnt, genauso wie seine eigentlich nur guten Absichten, aber manche Sätze kamen so merkwürdig daher, dass man dachte, es handele sich eigentlich um vier und nicht zwei Personen, da deren Eigenschaften so schwankend und manchmal uneinig wirkten.
Nichtsdestotrotz gab es natürlich auch genau solche Passagen und Eigenschaften im Buch, die ich mir davon erhofft hatte. Es gibt auch einige sehr schöne Aussagen, die darauf abzielen, dass der Leser sich Gedanken über seine Mitmenschen macht, dass man hinterfragt wie man eigentlich mit seinen Mitmenschen kommuniziert, wie viel Zeit man sich für sie nimmt und was uns eigentlich wichtig ist.
Meine Lieblingsstelle, so traurig sie auch eigentlich ist, war zudem die Erwähnung des Todesfalls von Edwards Vater. Diese eine Stelle hat mich so getroffen, weil sie einfach so etwas "Tragendes" für das gesamte Buch und die gesamte Botschaft hatte.
Und irgendwie kann man die beiden, Isabel und Edward, doch nicht ganz zurücklassen. Auch wenn ich mich nicht komplett mit ihnen anfreunden konnte, habe ich das kurze Dinner-Tagebuch mit ihnen (mit einigen Ausnahmen) dennoch irgendwie gerne erlebt.

“ich war freiwillig in Krisengebiete gereist, hatte über Kriege in Afrika und Drogenschmuggel in Südamerika berichtet. Und ich hatte geglaubt, diese Erfahrungen seien mehr wert als der dumpfe Alltag. Ich hatte immer in der Überzeugung gelebt, dass das Paradies irgendwo anders war. Aber Edward wusste es besser.” S.193


Ein Dinner-Erlebnis, das neue Freundschaften hervorbringt. Grundsätzlich ein schönes "Tagebuch" der erlebten Treffen zwischen Isabel und Edward, jedoch für mich mit einigen unpassenden Äußerungen und manchmal "unstimmigen" Bildern der Charaktere.Vielleicht liegt mein teilweise enttäuschter Eindruck aber nur daran, dass ich mir zu viel und etwas zu Perfektes erwartet habe, vielleicht sollte man auch akzeptieren können, dass die wahren und echten Geschichten sich eben nicht komplett wie ein vollkommener Roman lesen.



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