(Original: "Lincoln in the Bardo"/ 2017) Bloomsbury Publishing, Übersetzer/in: -, Englische Ausgabe, ★★★★☆ 4 Sterne
Februar 1862. Der amerikanische Bürgerkrieg tobt, als der elfjährige Sohn des Präsidenten Abraham Lincoln ein schlimmes Fieber befällt. Einige Tage später verstirbt er und wird auf einem Friedhof in Georgetown beigesetzt. Zeitungen berichten, dass der trauernde Präsident mehrere Male an das Grab seines Sohns zurückkehrt, um seinen Körper zu halten.
Willie Lincoln findet sich selbst indessen in einem Zwischenraum wieder, welcher sich in der tibetanischen Kultur - Bardo - nennt.
Angelehnt an diese historisch belegten Fakten, spinnt George Saunders eine unvergessliche Geschichte rund um die Liebe, Familie und das Gefühl des Verlusts.
"'All were silent. - roger bevins iii
As the man continued to gently rock his child. - the reverend everly thomas" S.59
As the man continued to gently rock his child. - the reverend everly thomas" S.59
George Saunders erhielt für diesen Roman bereits den Man Booker Prize 2017 und auch sonst wird überwiegend lobend über das Buch gesprochen. Es mag also vielleicht nicht gerade überraschen, dass auch ich mich nicht mehr davon losreißen konnte und es unbedingt lesen wollte.
Vielleicht hing das mit dem sehr emotionalen Thema zusammen, welches den Leitfaden bildet. Denn alles dreht sich um den Verlust des kleinen Willie Lincoln und die Trauer die Abraham Lincoln damit zuteilwurde.
Auffällig ist bereits zu Beginn der doch recht ungewöhnliche Schreibstil und die Darstellung des Gesagten. Es gibt keinen fließenden Text, wie man es sonst von Romanen gewöhnt ist, sondern die Geschichte wird durch Figuren erzählt, die sich dauernd unterbrechen oder aber auch ergänzen. Um dabei nicht komplett den Faden zu verlieren, kennzeichnet der Autor dies immer mit dem jeweiligen Namen direkt unter der Äußerung (siehe auch erstes Zitat).
Zudem war ich auch etwas verblüfft darüber, dass Willie Lincoln und Abraham Lincoln selbst gar nicht so vordergründig präsent sind, wie ich es anfangs angenommen habe, denn schließlich dreht sich laut Klappentext alles um diesen Moment des Todes und der Verarbeitung des Todes von Willie Lincoln. Dennoch halten sich diese Figuren recht zurück, was die Interaktion angeht oder generell die Äußerungen. Einerseits fand ich es etwas 'schade', weil man wissen wollte, wie George Saunders mit diesem historisch emotionalen Ereignis umgeht und es darstellt, andererseits muss man sagen, dass es dadurch respektvoll wirkte. Er hat in dem Sinne keine Grenzen überschritten, an denen man vielleicht sagen würde, dass dort die Fiktion zu stark ausgeprägt wäre und man so das Andenken an das Kind oder den Präsidenten herunterspielen würde.
"Then father touched his head to mine. Dear boy, he said, I will come again. That is a promise. -willie lincoln" S.62
Dennoch gab es, meiner Meinung nach, einige wirklich schöne Passagen, die natürlich traurig waren, die aber immer durch einen Hoffnungsschimmer begleitet wurden. Auch wenn es um den Tod geht und um die Dinge, die man falsch gemacht hat, geht es um die Chance und die Einsicht, dass man diese Dinge reflektiert, akzeptiert und dennoch versucht mit sich ins Reine zu kommen.
Zusätzlich zu der Hauptgeschichte rund um den Präsidentensohn und diesen Moment, an dem sein Vater das Grab erneut aufsucht, gibt es nämlich noch viele Figuren, welche das Buch vervollständigen und so eine weiterführende Botschaft an den Leser senden. Einige Figuren treten relativ konstant und über einen längeren Zeitraum auf, sodass man sich an sie gewöhnt und ihren Schicksalen ebenfalls lauschen kann, andere wiederum sind sehr flüchtig und hinterlassen noch einen Nebel, der ein gewisses Bündnis festigt.
An der ein oder anderen Stelle erschien mir dieses Aufeinandertreffen etwas zu losgelöst, da sie nur kurz erwähnt werden und plötzlich keine Rolle zu spielen scheinen. Vielleicht erschien es mir aber auch nur so, da mir diese Gesprächsdialoge manchmal zu chaotisch wirkten.
Zusätzlich zu der Hauptgeschichte rund um den Präsidentensohn und diesen Moment, an dem sein Vater das Grab erneut aufsucht, gibt es nämlich noch viele Figuren, welche das Buch vervollständigen und so eine weiterführende Botschaft an den Leser senden. Einige Figuren treten relativ konstant und über einen längeren Zeitraum auf, sodass man sich an sie gewöhnt und ihren Schicksalen ebenfalls lauschen kann, andere wiederum sind sehr flüchtig und hinterlassen noch einen Nebel, der ein gewisses Bündnis festigt.
An der ein oder anderen Stelle erschien mir dieses Aufeinandertreffen etwas zu losgelöst, da sie nur kurz erwähnt werden und plötzlich keine Rolle zu spielen scheinen. Vielleicht erschien es mir aber auch nur so, da mir diese Gesprächsdialoge manchmal zu chaotisch wirkten.
Was ich allerdings neben diesen Kapiteln, in denen Saunders seiner Fiktion freien Lauf lässt gut gelungen fand, waren die Kapitel, die literarische Sekundärquellen aufgreifen. Nicht alle konnte ich ganz zurückverfolgen und bestätigen, dass es sie alle wirklich gab, aber viele Bücher und Zitate die er rund um diese traurigen Tage der Familie Lincoln anbringt gibt es so zu finden. Das sorgte bei mir immer mal wieder für leichte Gänsehaut, weil die darauf folgenden fiktionalen Elemente gar nicht so weit weg erschienen.
Aber auch die Thematisierung des Krieges und die Verantwortung des Präsidenten werden in dem Buch aufgegriffen. Manchmal schien es mir auch hier etwas zu überladen, weil versucht wurde tatsächlich alles mit einzubauen, aber am Ende passt alles doch so zusammen, dass man dem Buch eine absolute Faszination zusprechen muss. Es bleibt teilweise historisch belegt, greift übernatürliche Elemente auf und verpackt dies alles so, dass man verspannt weiterblättert. Auch wenn ich mir manchmal größere Passagen rund um Willie und seine persönlichen Empfindungen gewünscht hätte, bildet dieser Teil einen wunderbaren Rahmen um auch die vielen anderen Figuren zu würdigen und das Hauptmerkmal darauf zu legen, worauf das Buch eigentlich hinaus möchte. Nämlich sich die Frage zu stellen, wie wir unsere Lieben würdigen und ob diese Liebe wirklich oder überhaupt durch den Tod begrenzt sein kann.
Aber auch die Thematisierung des Krieges und die Verantwortung des Präsidenten werden in dem Buch aufgegriffen. Manchmal schien es mir auch hier etwas zu überladen, weil versucht wurde tatsächlich alles mit einzubauen, aber am Ende passt alles doch so zusammen, dass man dem Buch eine absolute Faszination zusprechen muss. Es bleibt teilweise historisch belegt, greift übernatürliche Elemente auf und verpackt dies alles so, dass man verspannt weiterblättert. Auch wenn ich mir manchmal größere Passagen rund um Willie und seine persönlichen Empfindungen gewünscht hätte, bildet dieser Teil einen wunderbaren Rahmen um auch die vielen anderen Figuren zu würdigen und das Hauptmerkmal darauf zu legen, worauf das Buch eigentlich hinaus möchte. Nämlich sich die Frage zu stellen, wie wir unsere Lieben würdigen und ob diese Liebe wirklich oder überhaupt durch den Tod begrenzt sein kann.
"Tell them we are tired of being nothing, and doing nothing, and matter not at all to anyone, and living in a state of constant fear, the Reverend said." S.260
Ein überwiegend fiktionaler Roman, der übernatürliche Elemente aufgreift, der aber auch passende und gezielte historisch belegte Zitate aufführt und so zu einem besonderen Leseereignis wird.
Gefühlvoll, emotional und gleichzeitig paradoxerweise an einigen Stellen sehr rabiat und mit Ironie unterlegt. Das liegt vor allem an einigen Charakteren, auf die der junge Willie Lincoln trifft.
Befasst sich zudem auch mit der Herausforderung des Präsidenten, das Land durch einen Krieg zu führen, während ein persönliches Leid zu überwiegen scheint. Obwohl ich im Großen und Ganzen von dem Buch positiv überrascht bin und es allein durch seine Erzählweise lesenswert finde, gab es kleine Kritikpunkte, die dazu geführt haben, dass mich der Roman nicht komplett und ausnahmslos überzeugen konnte.
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