Viele werden es kennen. Diejenigen unter euch, die es nicht kennen, denen werde ich die Situation einmal kurz veranschaulichen: Sobald man ein Buch in den Händen hält und bereit ist es zu kaufen oder zu lesen, riskiert man meist einen ersten Blick auf die Inhaltsangabe. Passt es überhaupt in die Kategorie Buch, die ich gerne lese? Hört es sich vielversprechend an? Gleichzeitig beginnt das eigene Kopfkino an, seine möglichen Filme abzuspielen. Kurze aufgeschnappte Sätze aus der Inhaltsangabe lassen einen vermuten, dass man nun genau weiß, worauf man sich einlässt, man weiß wie das Buch funktioniert, welche Wendungen es gibt. Insgeheim hofft man natürlich auch überrascht zu werden. Ja, so kann es laufen. Es gibt aber auch ganz andere Schlussszenen, die man am Ende eines Buches zu verkraften hat. Heute möchte ich euch gerne einige Varianten vorstellen, in denen die Vorstellung, die wir durch die Inhaltsangabe eines Buches haben, von der eigentlichen Handlung des Buches abweicht und welche Reaktionen meist darauf folgen.
#1: Unsere Vorstellung wird erfüllt
Bücher, die schon fast alles im Klappentext offenlegen, scheinen auf den ersten Blick für keine Kollision in unserer Zufriedenheit zu sorgen. Man weiß, was man von dem Buch zu erwarten hat und man ist mit seinen Vorstellungen am Anfang des Buches zufrieden. Alles, was man sich von dem Buch erhofft hat wurde erfüllt und vielleicht wusste man sogar auch, wie das Buch endet. Das könnte und kann manchmal ganz schön sein. In der Realität ist es allerdings so, dass man sich am Ende etwas mehr erhofft hätte. Man wünscht sich, dass der Autor etwas über die Idee hinaus gedacht hätte und man mit einer Wendung überrascht wird, die man sich hätte unmöglich vorstellen können. Mir ging es zum Beispiel bei der Lektüre "Vintage" von Susan Gloss so. Ich wusste ungefähr nach den ersten paar Seiten, wie das Buch enden würde und habe dadurch nur noch auf andere Details geachtet, auf die Dialoge, die Beschreibungen der Umgebung. Ich wusste aber, dass es der Handlung an sich an Schwung fehlen wird. Es gibt aber auch Bücher, von denen weiß man, dass sie unsere Vorstellungen erfüllen, weil sie zum Beispiel von unserer Lieblingsautorin verfasst wurden (z.B. Jojo Moyes). Zwar mochte ich ihr Folgewerk zu "Ein ganzes halbes Jahr", jedoch wusste ich bereits im Vorfeld, dass es mich nicht so mitnehmen würde, wie eben das genannte Erstwerk.
#2 Unsere Vorstellung wird nicht erfüllt / Version 1
Ja, es gibt sie noch. Die positiven Überraschungen. Auch in der Literatur. Manche Werke, entpuppen sich als wahre Schätze. In unserer Vorstellung sind wir davon ausgegangen, dass wir einige nette, aber doch recht unspektakuläre Stunden mit einer Lektüre verbringen werden. Aber es kommt ganz anders. Das ist mir vor allem bei der Lektüre zu "Lieber Mr. Salinger" von Joanna Rakoff passiert. Ich habe das Buch angefangen und habe gedacht: "Ja, doch das ist ganz nett". Am Ende des Buches war ich aber so von der Vielfalt und von der Liebe zu dem Thema fasziniert, dass ich unfassbar überrascht war, dass das Buch nicht von allen in den Himmel gelobt wird. In solchen Fällen bin ich immer glücklich, dass meine Vorstellungen mit einem Buch nicht immer übereinstimmen.
#2 Unsere Vorstellung wird nicht erfüllt / Version 2
Und auch hier gibt es sie. Die bösen Überraschungen. Die Inhaltsangabe klingt spannend. Es scheint, als sei viel zu erzählen, mit dem der Leser nicht rechnen wird und man erlebt eine wahre Leseexplosion. Und am Ende steht man da, mit seinen Erwartungen und wird schlichtweg enttäuscht. Beinahe so, wenn Filmtrailer die besten Szenen aus einem Film preisgeben und dieser, im Kino, dann einfach nur fad wirkt, so gibt die Inhaltsangabe bereits alles Spannende preis und man wird als Leser nur durch einen fast stehen gebliebenen Fluss geleitet, in dem man nur die daher schwimmenden Fische betrachten kann. Es mag ganz nett sein, ist aber im meisten Fall eine Enttäuschung. Nicht nur, dass man sich durch vielleicht sechshundert Seiten gequält hat und immer wieder auf ein spannendes Ereignis hofft, man fragt sich als Leser einfach: Warum sprudeln einem beim Lesen des Inhaltstextes so viele Ideen durch den Kopf, die dem Autor nicht eingefallen sind? Man möchte wirklich nicht überheblich wirken, hat aber das Gefühl, man selbst hätte mehr aus der Geschichte gemacht.
#3: Unsere Vorstellung wandelt sich mit der Geschichte
Natürlich gibt es auch die Erwartungen, die sich mit den ersten Seiten ein wenig wandeln, je nachdem, wie einnehmend der Schreibstil ist und sich von der Inhaltsangabe unterscheidet. Zunächst hält man sich ein wenig an dem fest, woran man am Anfang gedacht hat. Nach und nach lässt das Buch einen aber weder enttäuscht oder erfüllt zurück, da man sich einfach auf das Buch eingelassen hat und man es nicht als Nachteil ansieht, dass man seine Vorstellungen angleicht. Es bleibt schlicht und einfach ein Buch, dass unabhängig von den eigenen Vorstellungen im Gedächtnis bleibt und welches sich dann meist als guter Durchschnitt entpuppt.
Bücher und deren Inhaltsangaben werden uns wohl immer ein wenig in eine Richtung lenken, die entweder relativ gut zum eigentlichen Werk passen oder uns im Nachhinein enttäuschen. Aber nichtsdestotrotz gibt es immer wieder tolle Werke, die man entdeckt, von denen man nicht geahnt hätte, dass sie einen so verzaubern. Egal, ob man dem Autor gerne einige Tipps gegeben hätte, oder die Kreativität eines Autors in höchsten Tönen lobt, weil man selbst nie auf gewisse Ideen gekommen wäre, jedes Buch hat letzten Endes einen ganz eigenen Platz in unserer Leseerfahrung, die uns sicherlich in unserem weiteren Leseverlauf helfen wird, Bücher vielleicht gezielter auszusuchen, oder sich wieder aufs Neue überraschen zu lassen.
Gab es bestimmte Werke, bei denen ihr dieses Gefühl verspürt habt? Hat euch ein Buch gnadenlos enttäuscht oder seid ihr auf ein Lieblingsbuch gestoßen, das sich von der Inhaltsangabe komplett losgelöst hat?
Bücher und deren Inhaltsangaben werden uns wohl immer ein wenig in eine Richtung lenken, die entweder relativ gut zum eigentlichen Werk passen oder uns im Nachhinein enttäuschen. Aber nichtsdestotrotz gibt es immer wieder tolle Werke, die man entdeckt, von denen man nicht geahnt hätte, dass sie einen so verzaubern. Egal, ob man dem Autor gerne einige Tipps gegeben hätte, oder die Kreativität eines Autors in höchsten Tönen lobt, weil man selbst nie auf gewisse Ideen gekommen wäre, jedes Buch hat letzten Endes einen ganz eigenen Platz in unserer Leseerfahrung, die uns sicherlich in unserem weiteren Leseverlauf helfen wird, Bücher vielleicht gezielter auszusuchen, oder sich wieder aufs Neue überraschen zu lassen.
Gab es bestimmte Werke, bei denen ihr dieses Gefühl verspürt habt? Hat euch ein Buch gnadenlos enttäuscht oder seid ihr auf ein Lieblingsbuch gestoßen, das sich von der Inhaltsangabe komplett losgelöst hat?
Ein richtig toller Beitrag!
AntwortenLöschenBei dem Buch "Ein ganz neues Leben" ging es mir wie dir. Ich habe es gerne gelesen, aber es hat mich letztendlich nicht so mitgerissen wie der Vorgänger.
Klar war es schön, über die Protagonistin nochmal zu lesen und ihren Weg nach dem Tod zu verfolgen, aber unbedingt gebraucht hätte man es nicht... :D
Welches der o.g. Bücher kannst du denn besonders empfehlen? Ich bin immer auf der Suche nach Lesestoff ;)
♥
Also ich mochte "Junge Hunde", "Das Haus der vergessenen Bücher", "Lieber Mr. Salinger" und "Landline" sehr. Wobei Landline von der Handlung her nicht so spannend ist, sondern eher auf die Gefühle abzielt. : )
LöschenLiebe Grüße,
Karin
Ein wirklich toller Beitrag. Kenne die Situationen ja natürlich auch. Bei "Danach" war ich ehrlich gesagt damals sehr enttäuscht, da hatte sich der Klappentext richtig toll angehört und am Ende, wurde eigentlich nicht wirklich was draus gemacht.
AntwortenLöschenToll ist es natürlich immer, wenn einem Bücher so richtig überraschen, die bleiben mir auch meisten im Gedächtnis. Erst heute aber habe ich jedoch ein Buch beendet, bei dem ich auch schon recht früh wusste wie es enden wird. Trotzdem hatte ich aber Spaß beim Lesen und wollte unbedingt wissen, ob ich richtig liege mit der Vermutung, aber im Nachhinein hat man dann definitiv das Gefühl, dass man noch mehr hätte rausholen und der Autor noch kreativer hätte sein können.
"Danach" habe ich noch nicht gelesen und ich weiß auch gar nicht, ob ich mir mal den Klappentext dazu durchgelesen habe, aber ich finde es dann auch immer schade, wenn das gar nicht erfüllt wurde... : )
LöschenLiebe Grüße,
Karin
Ein klasse Beitrag! Ich kenne jedes dieser Szenarien und irgendwie kann man dem ganzen nicht entkommen. Schließlich informiert man sich gern vor dem Kauf und die Lesezeit ist zu kostbar, als dass man sie mit den "falschen" Büchern verbringen möchte. Dass ein Klappentext nicht immer von der Person geschrieben wird, die das Buch lektoriert und somit richtig gut kennt, sind diese manchmal mehr irreführend als wirkliche Hilfe.
AntwortenLöschenZuletzt positiv überrascht hat mich "Neringa" aus dem Mare Verlag. Da konnte ich mir durch den Klappentext rein gar nichts vorstellen und dann war das Buch weitaus vielschichtiger und in eine ganz andere Richtung gehend als ich vermutet hatte.
Liebe Grüße
Mareike