Das Buch der Snobs von William Makepeace Thackeray

März 31, 2016



Werbung ~ Rezensionsexemplar (Original: "The Snobs of England, by One of Themselves“), Manesse Verlag, Übersetzer/in: Gisbert Haefs, mit einem nachwort von Asfa-Wossen Asserate,   ★★★★☆ 4 Sterne
"Wo die Roben rauschen und wo man elegante Lässigkeit pflegt, da sind sie zu Hause, die Snobs. Mit Opportunismus gepaarte Überheblichkeit zeichnet sie ebenso aus wie die genaue Kenntnis des Adelskalenders und eine Heidenangst, nicht mehr Teil der High Society zu sein. Heute verbreiteter denn je und in aller Munde, wurde der Typus des arroganten Selbstdarstellers überhaupt erst mit diesem Buch berühmt. William Makepeace Thackeray beschrieb als Kolumnist der Londoner Satirezeitschrift «Punch» alle erdenklichen Arten von Snobs – dabei nie um eine Pointe verlegen. 2011 erschien im Manesse Verlag erstmals eine vollständige Übersetzung seiner vergnüglichen «Snobologie», die wir wegen des großen Erfolgs nun in neuer Ausstattung vorlegen."


MEINE MEINUNG | FAZIT

"
Zuerst wurde die Welt erschaffen; dann ganz selbstverständlich die Snobs. Sie existierten seit vielen Jahren, waren jedoch ebenso unbekannt wie Amerika. Aber plötzlich - ingens patebat tellus - gewahrten die Menschen dunkel, dass es solch eine Rasse gab." S. 9

"Das Buch der Snobs" wurde 1846 / 1847 im Original veröffentlicht. Man kann das Buch also sicherlich zu den gut bekannten Klassikern zählen. Nun würde man vielleicht denken, dass das Buch dadurch etwas "verstaubt" wirkt, beziehungsweise in seiner Bedeutung nicht mehr aktuell ist. Dem kann ich nur entgegenwirken. Thackerays Werk skizziert so viele verschiedene Typen von Snobs, die man überall, zu jedem Zeitpunkt im heutigen Leben vorfinden könnte, auch wenn man gewisse Gesellschaften in die Neuzeit interpretieren müsste. Mir gefiel jedoch die Tatsache, dass man nicht nur eine ironische Beschreibung jeglicher Snobs vorgesetzt bekommt, sondern auch einen Einblick in die damals noch vorhandenen Etiketten und andere gesellschaftliche Gepflogenheiten bekommt. Ich muss zugeben, ich habe für das Buch ein wenig länger gebraucht und habe auch vielleicht ein oder zwei Kapitel übersprungen, aber nur, weil ich mir sicher bin, dass man immer mal wieder in das Buch rein lesen kann. Das Buch besteht nämlich nicht aus zwingend zusammenhängenden Kapiteln, die eine Geschichte erzählen, sondern ist aufgeteilt in die Arten von Snobs und ihre "Vorkommnisse", so wie zum Beispiel: Kapitel 5: Was Snobs bewundern, Kapitel 8: Große City Snobs oder Kapitel 16: Über Literarische Snobs. Durch ein hinten angelegtes Inhaltsverzeichnis kann man so immer mal wieder in das Büchlein hinein blättern und Thackerays spitzzüngige Kommentare zur Gesellschaft erkunden. Ich glaube sogar es ist ganz hilfreich, wenn man sich immer mal wieder kleine Pausen setzt, um mit neuer Aufmerksamkeit den weiteren Kapitel folgen zu können. Zudem sind auch die Kapitel damals nacheinander in einer Zeitung erschienen, was den Lesefluss (auf Grund von zeitlichen Pausen) deutlich angenehmer macht.

"Und wie es für ein verzogenes Kind sehr schwer ist, der Selbstsucht und Anmaßung zu entgehen, so ist es wahrlich eine schwierige Aufgabe für ein verzogenes Glückskind, kein Snob zu werden."
S.75

Natürlich gibt es auch hier Fußnoten, die als Anhang im hinteren Teil des Buches wiederzufinden sind. Sollten Begriffe also unklar sein, kann man sie dort nachschlagen. Sicherlich fehlt einem ab und an einiges an Hintergrundwissen, im Großen und Ganzen aber kann man allen genannten Themen die Thackeray beschreibt, problemlos folgen. Mir gefiel an dem Buch aber grundsätzlich das gesamte Konzept. Wer sich also auch gerne mit einer etwas "älteren" Ausdrucksweise auseinandersetzt und gerne zu Klassikern greift, der wird mit diesem Buch nicht enttäuscht zurückbleiben. Es ist unterhaltsam geschrieben, bietet viel Diskussionsbedarf und ist herrlich ironisch. Ich mag Thackerays Formulierungen, seine Art, wie er Dinge, die ihm nicht passen, passend macht (mit Augenzwinkern) und Ansichten so verdrehen kann, dass man ihm beinahe alles abkaufen würde.
Da ich die Gestaltung eines Buches nie außer Acht lassen kann, muss ich an dieser Stelle ein Lob an den Manesse Verlag aussprechen. Ich finde die Leinenfassung wunderschön und auch ziemlich passend.

"Ich weiß, dass man es selbst in der feinsten Gesellschaft gebraucht. Und warum auch nicht? Versnobtheit ist geschmacklos - der bloße Begriff ist es nicht; was wir Snob nennen, wäre unter jedem anderen Namen immer noch versnobt." S. 182

Tolles Werk der Weltliteratur, der mit ironischem Anklang, der damaligen Gesellschaft den "Spiegel vorhalten" und sie zugleich aufrütteln wollte. Jegliche Arten von Snobs werden in verschiedenen Kategorien unter die Lupe genommen und Thackeray schafft es, dem Leser,  sein Anliegen, mit gutem Erzählstil vorzutragen. Man sollte das Buch allerdings nicht in kurzer Zeit runterlesen, sondern die kurzen Kapitel lieber mit Pausen "genießen". Ein Nachwort und die zusätzlichen Fußnoten sorgen für besseres Verständnis zu den Hintergrundinformationen der damaligen Zeit.






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Drei mal wir von Laura Barnett

März 29, 2016



(Original: "The Versions of Us“) Rowohlt Verlag,  486 Seiten, ★★(★)☆☆  2,5 Sterne

"Eva und Jim sind neunzehn und Studenten in Cambridge, als ihre Wege sich 1958 zum ersten Mal kreuzen. Eine Fahrradpanne führt die beiden zusammen. Was dann passiert, wird den Rest ihres Lebens bestimmen.
Wir folgen drei unterschiedlichen Versionen ihrer Zukunft, zusammen und getrennt. Sehen Eva dabei zu, wie sie eine berühmte Schriftstellerin wird. Und Jim, wie er für die Kunst seinen Beruf als Anwalt hinter sich lässt. Wir sehen Partner kommen und gehen, reisen mit ihnen nach London, New York und Los Angeles. In all den Jahren nimmt ihre Liebe immer wieder ungeahnte Wege, von den ersten drei Treffen bis hin zum Finale: Drei Liebesgeschichten, ein Paar. "
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"Dann eilte Eva davon, ohne sich noch einmal umzudrehen. Weil sie ihn nicht sehen will. Weil sie nicht aus das zurückblicken will, was hätte sein können.“
S. 54

Es tut mir schon ein wenig weh, das Buch nicht besser bewerten zu können, denn ich kann mir vorstellen, wie viel Arbeit damit für die Autorin verbunden gewesen ist. Allerdings hat mir persönlich der Schreibstil zum einen nicht ganz zugesagt und die Ausführung der drei verschiedenen Lebenswege, fand ich eher umständlich, als geschickt miteinander verknüpft. Es ist nicht grundsätzlich so, dass man nicht erwarten würde, verschiedene Handlungsstränge vorfinden, die sich in gewissen Lebensabschnitten treffen, jedoch werden hier, die doch relativ kurzen Kapitel aller drei Lebenswege, so häufig abgeschnitten und vermischt, dass ich zeitweise und vor allem zum Ende hin ein wenig die Lust am Lesen verloren habe. Positiv aufgefallen ist mir, die Hilfestellung durch die tolle Gestaltung des Buches. Jedes Kapitel, welches zu einem anderen Leben gehört, ist zusätzlich zu dem Vermerk „Erste, Zweite oder Dritte Version“, farblich mit Verzierungen am unten Rand hervorgehoben. Dadurch fiel es mir an der ein oder anderen Stelle zwar leichter, den Anschluss an das Vorhergeschehene zu finden, jedoch konnte es den Gesamteindruck nicht ganz verstärken. Ich hatte ein wenig den Anschein, als hätte sich die Autoren ein wenig in den kleinsten Einzelheiten der Leben verzettelt. Nach gefühlt jedem Jahr, gab es dieselben Probleme, erneute Partnerwechsel und gefühlt nur Drama. Mir haben die erhofften sehr gefühlvollen Stellen, trotz einiger schöner Passagen, gefehlt.

"Und doch ist da diese hartnäckige Stimme in mir, die mir sagt, dass das, was zwischen uns ist, irgendwie nicht real ist, dass es nur eine schale Nachahmung von Liebe ist ."
S.64

Auch die Tatsache, dass in jedem Lebensweg, zum Beispiel die Kinder der Protagonisten andere Namen tragen, was ja auf der einen Seite verständlich ist, hat dazu geführt, dass man sich in allen Kapiteln erneut in alle Charaktere hineinfinden musste. So kamen mir zum Beispiel Jim und Eva nicht vordergründig, als immer stetig wachsende Charaktere vor, sondern als Figuren, die bei jedem Kapitel eine neue Person darstellen. Dadurch fiel es mir schwer, in allen Situationen mit den Figuren „mit zu fiebern“ oder ihre Handlungen andauernd nachvollziehen zu wollen. Das fand ich wirklich schade, denn der Grundgedanke und die Stellen, die wirklich für schöne Momente gesorgt haben, sind keineswegs zu unterschlagen. Einige erwähnte Beziehungen haben mir gut gefallen und hatten auch durchaus das Potenzial für eine tolle, weitere Handlung. Sie sind aber für mich persönlich schlichtweg untergegangen. Ganz zum Schluss fand ich das Buch noch einmal etwas gelungener. Das lag zum einen, an den sich dort entwickelten und schönen Verknüpfungen, vieler im Buch erwähnter Andeutungen, wie auch an dem Gesamteindruck, dass die Autorin dort endlich das vermittelt hat, was sie die ganze Zeit eigentlich ausdrücken wollte. Das Buch hatte für mich also durchaus seine Stärken, aber ich glaube, einige Kapitel weniger, hätten dem Buch nicht geschadet.

"´Wie bei diesem Spiel in der Zeitung, Finde den Unterschied´, hatte Helena gesagt, als er ihr damals die Idee umriss. Sie meinte es als Witz, aber geärgert hat es ihn doch. Seine Ambitionen für das Triptychon sind größer. Bei dem Gemälde geht es um die vielen Wehe im Leben, die man nicht einschlägt, um all die Leben, die man nicht führt, weil es anders kommt. Er hat es Die Versionen von uns genannt." S. 289


Sehr komplexe Darstellung zweier Protagonisten, die drei Versionen ihres Lebens widerspiegeln. Als Grundidee und auch an manchen Stellen gelungen. Das „Was wäre wenn…“ wird oft aufgegriffen. Im Großen und Ganzen hat es sich für mich zu sehr gezogen. Vieles war für mich noch nicht ganz perfekt umgesetzt und die sich ständig wiederholenden „Dramen“, kamen etwas stereotypisch rüber. Nichtsdestotrotz wunderschöne Gestaltung und eine ganz nette Geschichte für Zwischendurch. Bei mir kamen aber leider (!) nicht die gewünschten Gefühle hoch.



 Vielen lieben Dank an den Rowohlt Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!


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Gedankenschnappschuss #10: Ostern

März 27, 2016


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Neuerscheinungen April

März 24, 2016
























Ostern steht vor der Tür und gleichzeitig neigt sich auch dieser Monat dem Ende zu. Auch im April gibt es wieder eine Menge interessanter Bücher, die ich euch gerne vorstellen möchte. Mir wird es wohl wieder kaum möglich sein, selbst alle Bücher zu kaufen und zu lesen, aber wenigstens kann ich mir immer sicher sein, dass es ein interessantes Buch gibt, das man im Hinterkopf behalten sollte, falls man wieder auf der Suche nach neuem Lesestoff ist. Ich habe das Gefühl, dass auch der April recht unterschiedlich ist, was die Genres betrifft. Aber sehen wir uns die Bücher mal im Detail an.

Shylock von Howard Jacobson, Knaus, gebunden, 11.April
Howard Jacobsons Roman "J" hat mich damals nicht ganz losgelassen, sodass ich hoffe, dass auch dieses Buch zu einem besonderen Leseerlebnis werden könnte. Das Thema, Judentum, wird ja nun nicht gerade selten thematisiert, dennoch denke ich, dass Jacobson eine etwas andere Geschichte erzählen könnte.

Der Zirkus der Stille von Peter Goldammer, Atlantik, gebunden, 16. April
Definitiv eines der Bücher, auf die ich mich am meisten freue. Ein Zirkus bietet wirklich immer eine wunderbare Atmosphäre in Büchern, sodass sicherlich auch die Geschichte an sich das Potenzial hat, zauberhaft zu sein.

Die Maschine steht still von E.M. Foster, Hoffmann und Campe, gebunden, 14. Mai
Da war ich wohl etwas zu voreilig. Das Buch erscheint erst im Mai, also verschieben wir das hier an der Stelle mal.

Ist Shakespeare tot? von Mark Twain, Piper, laminierter Pappband, 01. April
Mit Mark Twain kann man nie etwas falsch machen. So musste das Buch automatisch auf meinen Merkzettel. Ein wenig Satire hat noch nie jemandem geschadet und Shakespeare ist nun auch kein uninteressantes Thema.

Wolken wegschieben von Rowan Coleman, Piper, Broschur, 01. April
Bereits "Einfach unvergesslich" hat mich dazu verleiten lassen, dass ich Colemans Geschichten unbedingt weiterverfolgen wollte. Ihr Folgewerk fand ich zwar auch ganz schön, leider nicht so gefühlvoll wie ihr Debutroman. Nun hoffe ich natürlich, dass dieses Buch für einige schöne Lesestunden sorgen wird.

Der Weite Raum der Zeit von Jeanette Winterson, Knaus, gebunden, 11. April
"Jeanette Winterson spielt souverän mit Figuren und Handlung aus Shakespeares "Das Wintermärchen" und erzählt eine verblüffend moderne Geschichte über rasende Eifersucht, blinden Selbsthass und die tiefe Sehnsucht in uns, die Fehler der Vergangenheit wieder gut zu machen." Hört sich gut an, kam also sofort auf meinen Merkzettel!

Per Zeitmaschine durch die Geschichte von verschied. Autoren, Atlantik, gebunden, 14. Mai
Wieder einmal, im Monat verrutscht...

Broken Hill von Nicholas Shakespeare, Hoffmann und Campe, gebunden, 16. April
Klingt für mich nach einem gesellschaftskritischen Roman, der einen zum nachdenken anregen könnte. Von Nicholas Shakespeare habe ich bisher noch nichts gelesen, aber auch sein Roman "Priscilla" verweilt schon länger auf meinem Merkzettel.

It´s teatime my dear! von Bill Bryson, Goldmann, gebunden, 25. April
England ist für mich eines der interessantesten Länder, auch wenn die Kultur sich nicht wirklich von unserer unterscheidet. Ich mag jedoch die Atmosphäre und vor allem die britische Musik lässt mein Herz oftmals höher schlagen. Daher musste dieses Buch einfach auf meinen Merkzettel. England mit einem gekonnten ironischen Augenzwinkern kann man sich doch nicht entgehen lassen.

Wink. Poppy. Midnight von April Genevieve Techolke, Englisch, gebunden, 01. April
Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Buch bereits vor einigen Tagen erschienen ist. Über Thalia wird jedoch vermerkt, dass es erst am 1. April erscheint. Wie dem auch sei. Auch ein Jugendbuch hat es mal wieder in meine Neuerscheinungen geschafft. Nachdem ich mich doch etwas von dieser Richtung abgewandt habe, weil mir die Handlungdstränge mitlerweile zu uninteressant sind, habe ich mich doch in dieses Buch "Schockverliebt". Es hört sich einfach ganz schön für zwischendurch an, wenn man mal keine Lust auf zu tiefgehende Themen hat.

Mein letzter Sommer von Cesarina Vighy, Atlantik, gebunden, 16. April
Dieses Buch klingt für mich, nach einer Menge Gefühle und einem mitreißenden Schicksal einer starken Frau. Auch hier, habe ich es nicht ignorieren können, sodass es auf meinem Merkzettel landete.

Die hohen berge Portugals von Yann Mantel, S. Fischer, gebunden, 27. April
Roadtrips lassen das Fernweh immer ein wenig aufblühen. Manchmal braucht man das einfach. Und ich habe wirklich Lust, mit diesem Buch auf eine kleine Reise zu gehen. Werde ich sicherlich im Auge behalten, wenn es erscheint.
Ihr merkt, es wird wieder etwas umfangreicher, darum hier auch wieder die restlichen Neuerscheinungen mit den Verlinkungen, aber ohne zusätzlichen Kommentar! Auch hier gilt wieder: Die Bücher sind trotz fehlendem Kommentar nicht weniger interessant!

Das Zimmer von Jonas Karlsson,   Luchterhand, gebunden, 11. April
Jeder Tag ist Muttertag von Hilary Mantel,   Dumont, gebunden, 20. April
Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind von Jonas Jonasson, carl´s books, gebunden, 07. April
Im unwahrscheinlichen Fall von Judy Blume,   Heyne, gebunden, 18. April
Der Hund von Joseph O´Neill,   Rowohlt, gebunden, 22. April
Die Theorie vom Marmeladenbrot von Titou Lecoq,  Ullstein, gebunden, 15. April
Montana von Smith Henderson, Luchterhand, gebunden, 25. April




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Die Knochenuhren von David Mitchell

März 21, 2016


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Memory Wall von Anthony Doerr

März 18, 2016



(Original: "Memory Wall" ) C.H. Beck Verlag: Bibliografie  auf der Verlagsseite (C.H. Beck Verlag) » ,  135 Seiten,  gebunden,  Einzelband,  ★★★() 3 bis 4 Sterne
"Unser Leben, unsere Welt werden durch unsere Erinnerungen zusammengehalten. Was geschieht mit uns, wenn wir sie verlieren, und welche Möglichkeiten tun sich auf, wenn andere unsere Erinnerungen wiederbeleben können? Der 74-jährigen Alma Konachek, die in einem Vorort von Kapstadt lebt, widerfährt genau dies. Sie verliert ihr Gedächtnis. Unbekannte brechen mehrfach in ihr Haus ein, auf der Suche nach Hinweisen zu einem spektakulären Fossilienfund ihres plötzlich verstorbenen Mannes. Denn Alma hat eine Wand voller Fotos, Gedächtnisstützen, Speichermedien, in der sich irgendwo der fehlende Hinweis zu dem gesuchten Fossil befindet."


MEINE MEINUNG | FAZIT

"Auf einer halben, aus einer Broschüre gerissenen Seite ist ein Satz mehrfach zittrig unterstrichen: Erinnerungen sind nicht in den Zellen gespeichert, sondern im extrazellulären RaumS. 14

Memory Wall ist eine Novelle, bestehend aus hundertfünfunddreißig Seiten. Mir war also durchaus bewusst, dass das Buch die Charaktere und die Handlung nicht ins kleinste Detail beschreiben kann und sich so keine tiefere Gefühlswelt entwickelt, wie bei einem achthundert Seiten Werk. Nichtsdestotrotz finde ich, dass Anthony Doerrs kleines Werk durchaus Potenzial hat. Wenn man Bücher mag, die einem einen Denkanstoß geben, ohne zu ausschweifend zu werden und sich mit den menschlichen Erlebnissen, wie auch dessen "Aufbewahrung" beschäftigen, dann ist das Buch sicherlich eine gute Wahl. Doerr erzählt eine Geschichte, die das Schicksal vieler verändert beziehungsweise beeinflusst und das nur, durch den Versuch an Erinnerungen zu gelangen. Soweit ich weiß (ich wäre zumindest sehr überrascht, wenn es doch so wäre), stützt sich Doerr auf eine Zukunftsvision, die weitreichende Folgen haben könnte. Dabei steht die Wiederbeschaffung der eigenen, wie auch anderer, Erinnerungen an erster Stelle. Als ich das Szenario in dem Buch mit verfolgt habe, wurde mir ganz "mulmig" zumute. Man geht schließlich davon aus, dass wenigstens die eigenen Erinnerungen nur einem selbst gehören. Doch was wäre, wenn andere diese ebenso abspielen könnten, wie einen Film? Ich lese normalerweise keine Science Fiction Literatur, sodass dieses Thema erst in Doerrs Werk, meine Beachtung geschenkt bekommen hat. Sicherlich haben sich schon andere mit solchen Themen auseinandergesetzt, aber ich mochte vor allem Doerrs klare Sichtweise und die harten Tatsachen, die folgen würden. Es gibt keine Ausschmückungen, sondern nur die Kette, die in Gang gesetzt wird, wenn solche Dinge möglich wären.

"Alte Menschen in Pflegeheimen, so wird berichtet, benutzen Erinnerungsgeräte wie Drogen und schieben die immer gleichen Kassetten in sie hinein [...]. [...] Sie lebt weniger in dieser Welt, als in einer synthetischen  Technicolor-Vergangenheit, deren vergessene Momente durch Kabel in sie dringen." S.25


Die Kapitel sind recht kurz, unterteilen sich aber in gut gegliederte Abschnitte. Einige Kapitel bauen dabei mehr Spannungen auf, als andere. Wobei ich die fließenden, ruhigen Passagen mochte. Durch die Länge des Buches, ist es wir gesagt schwer, alle Figuren richtig einzuschätzen und all ihre Absichten offenzulegen. Dennoch tendiert man schnell dazu, gewisse Protagonisten als sympathischer einzustufen. Ich war überrascht, dass mir Alma so unsympathisch war, denn man würde denken, sie wäre in der Geschichte diejenige, die das "harte Schicksal" zu erleiden hat. Die gesamte Konstellation der Figuren gefiel mir durchaus gut. Auch wenn einige nur am Rande erwähnt werden, spiegeln sie das Leben genauso wider. Die Kapitel werden nicht nur aus der Sicht einer Person erzählt, sondern sind ein Kollektiv aus allen Protagonisten. Sie formen und ergänzen die aufgeworfenen Bruchstücke der Erzählungen und Erinnerungen. Die Verknüpfungen der einzelnen Schicksale fand ich gut durchdacht und auch nachvollziehbar. Nach und nach werden dem Leser neue Fortschritte offenbart, die man hinterfragt und über die man, in Bezug auf sich selbst, nachdenkt. Mir gefiel auch der Aspekt, dass Doerr sich nicht nur auf die Idee mit den Erinnerungen beschränkt, sondern gleichzeitig die gesellschaftlichen Probleme in Kapstadt thematisiert. Das Buch bietet so eine weite Fläche an Anhaltspunkten, die zum Nachdenken anregen. Obwohl ich sagen muss, dass ich die Idee und die Umsetzung allgemein überzeugend und gut gelungen finde, hätte ich mir manchmal gewünscht, dass Doerr dieses Konzept nicht nur als kurze Novelle verfasst hätte. Denn das Thema bietet wirklich sehr viel Raum und Potenzial um wenigstens etwas weiter vertieft zu werden. Eines ist aber ganz sicher: Dem Leser wird durch die Lektüre sehr wohl bewusst, wie wertvoll Erinnerungen sind oder sein sollten.

"Das Leben einer alten Frau wird zum Leben eines jungen Mannes. Der Erinnerungsbeobachter wird zum Erinnerungsbewacher" S. 93

Stellt die Frage in den Vordergrund, wer wir ohne unsere Erinnerungen sind und wer wir sind, wenn wir uns der Erinnerungen anderer berauben. Trotz der Kürze an einigen Passagen sehr gefühlvoll. Hätte meiner Meinung nach aber auch das Potenzial gehabt, weiter ausgearbeitet zu werden. Als Lektüre für Zwischendurch und für neue Gedankenanstöße sehr geeignet.






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Als Hemingway mich liebte von Naomi Wood

März 15, 2016



(Original: "Mrs. Hemmingway / ) Hoffmann und Campe Verlag: Bibliografie + Leseungstermine auf der Verlagsseite », 370 Seiten,  gebunden,  Einzelband,   ★★★★(☆)  4 bis 5 Sterne
"Im Sommer 1926 fahren Hemingway und seine Frau Hadley von Paris in ihr Haus in Südfrankreich. Sie verbringen ihre Tage mit Schwimmen, Bridge, Drinks und Hadleys bester Freundin Pauline. Dass sie zugleich Hemingways Geliebte ist, scheint Mrs. Hemingway Nr. 1 in Kauf zu nehmen - vorerst. Bald ist klar: Weder sie noch Pauline wird die letzte Ehefrau sein.
Basierend auf Briefen und anderen authentischen Quellen beschwört Naomi Wood nicht nur die immer wieder scheiternden Ehen des Schriftstellers herauf, sondern auch die Atmosphäre in den Kreisen der Bohème jener Zeit. Eine tragische, herzzerreißende, großartig erzählte Geschichte über das Scheitern vierer Frauen an einem charismatischen Mann und erfolgreichen Schriftsteller. "



MEINE MEINUNG | FAZIT

"Als sie sich wiedersahen, am Hafen von Boulogne-sur-Meer erklärte sie, sie werde den Rest ihres Lebens nicht mehr von ihrer Seite weichen. Erst später wünschte sie sich, er hätte ihr dasselbe versprochen." S. 144

Ernest Hemingway. Jeder kennt ihn und seine Werke. Alle feiern ihn und möchten mehr über den großartigen Schriftsteller erfahren. Aber es gab in seinem Leben vier Damen, die zusammen eine so vielfältige Geschichte erzählen, die sich ebenfalls lohnt gelesen zu werden. Bei den Damen handelt es sich um seine vier Ehefrauen. Dieses Werk von Naomi Wood nimmt Bezug auf die Übergänge der Ehen und die Gefühlswelten der Frauen. So ist die Geschichte, trotz einiger zeitlicher Überschneidungen, chronologisch angeordnet und widmet jeder Ehefrau ein ganzes Kapitel. Dabei ist jedes Kapitel für sich, eine eigene Welt. Als Leser wechselt man zwischen den verschiedenen Gefühlslagen und den Schicksalen, auch wenn sie sich in einigen Dingen sehr ähneln. Jede Frau verkörpert aber ein anderes Lebensgefühl. Nicht zu kurz kommt hierbei aber auch der Bezug zu Ernest Hemingway, auch wenn er als der Lebenspartner angesehen wird. Als Leser spürt man die Inspirationen, die Hemingway aus den Ehen gezogen hat. Mir kam das Werk "ruhig" vor, trotz der Höhen und Tiefen, die alle miterlebt haben. Die Sprache drängt sich einem nicht auf, man wird schlichtweg auf eine Reise durch die Vergangenheit mitgenommen. Ironie, Tragik, aber auch lebensbejahende Momente prägen die Geschichte. Im Vordergrund stand für mich deutlich, die Gefühlwelt der Protagonistinnen. Die Handlung spielte eine untergeordnete Rolle. Es geht um die Entwicklungen, die Hemingway, wie auch seine Frauen durchlebt haben und auch die Sehnsüchte, die alle mit sich trugen. Dennoch findet man auch in den zeitlichen Kontexten, in denen sich die Ehen befanden, einige schöne, wie auch ernste Impressionen des geschichtlichen Hintergrundes wieder.

"Keiner sagte etwas. Ach ja, sie hat vergessen, dass Erfolg sich entweder mühelos einstellt oder gar nicht. Es muss stets spielerisch bleiben. Eine immerwährende Cocktailstunde. Als bestünde das Leben nur aus schmachtender Jugend oder ständigem Vergnügen. Harte Arbeit war nichts für Leute von ihrem Schlag." S.87


Das Werk hat für mich definitiv etwas Großartiges geleistet. Man beginnt die ersten Seiten zu lesen und erwartet einen einfachen "Abtausch" der Ehefrauen, eine eher schlichte Geschichte über die gescheiterten Beziehungen eines großen Schriftstellers. Aber das Buch schafft es, die Frauen in den Fokus zu stellen und dabei von Kapitel zu Kapitel die Emotionen in eine ganz eigene Richtung zu lenken. Besonders am Ende war ich unfassbar gerührt und habe mich doch gefragt, was die Liebe aus uns allen machen kann und vor was sie uns beschützen oder nicht beschützen kann. Das überraschende für mich war, dass ich mir bei jedem Kapitel gewünscht habe, dass die Ehe halten würde. Und obwohl Hemingway bei der ganzen Sache nicht wirklich gut wegkommt, empfindet man für ihn stets dieses Gefühl, das man wohl für alle großen Schriftsteller hegt, die in ihrem Leben nach etwas Bestimmten gesucht und es scheinbar nie wirklich gefunden haben.  Es ist beinahe ein Gefühl des Bedauerns. Ich finde Naomi Wood hat ein so wunderbar authentisches, wie auch unterhaltsames, melancholisches und auch trauriges Werk geschaffen, das man lesen sollte, wenn man nicht die typischen Biographien über Hemingway lesen möchte. Interessant fand ich auch, dass im Anhang viele Quellen genannt werden, bei denen man sich noch zusätzliche Informationen, wie zum Beispiel Bilder der Ehefrauen etc. ansehen kann.  Als kleinen Tipp hätte ich noch das Buch "Der Sommer, in dem F. Scott Fitzgerald beinahe einen Kellner zersägte" anzuführen. Ich habe es kurz vor dieser Lektüre gelesen und habe dadurch einen sehr schönen Einstieg in das Buch gefunden, da vor allem der Sommer in Antibes thematisiert wird. Auch wenn der Fokus bei der anderen Geschichte eher bei den Fitzgeralds lag, kann man sich die Atmosphäre präsenter vorstellen.

"Ernest hätschelte sein Andenken an Hadley wie ein Baby. Fife hingegen beschimpfte er als Teufelin. Nach dem heutigen Tag fragte sich Martha, was sie einmal sein wird." S. 192 

Eine chronologische Darstellung der Ehen Hemingways, allerdings auf eine sehr spezielle und gefühlvolle Art.  Deutlich aufbauende Vertrautheit und Gefühlswelt der Protagonisten. Eine Hommage an Hemingway, aber eher eine Bestätigung und eine Begeisterung für die Ehefrauen,  die an seiner Seite waren und ihn unterstützt haben. Es wird ein sehr außergewöhnliches Leben skizziert, welches den Leser aber nicht unberührt lässt.



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H&M Conscious Beauty Collection

März 12, 2016


Ja ihr seht richtig. Heute wird es um etwas ganz anderes auf meinem Blog gehen. Undzwar um Kosmetik beziehungsweise Pflegeprodukte. Genauer gesagt um die neue Kollektion von H&M, die sich nun H&M Conscious nennt (Alle Produkte sind mit dem Ecocert-Siegel versehen). Insgesamt wurden 30 Produkte ins Sortiment aufgenommen. Jedes Pflegeprodukt gibt es in mehreren Ausführungen, sprich in anderen Duftsorten oder Pflegesorten. Ich habe sie vor einige Zeit im Online Shop entdeckt und war sofort angetan von der Idee. Bei diesen Produkten wurde nämlich, wie der Name schon sagt, darauf geachtet, die Inhaltsstoffe nachhaltig herzustellen. Zunächst war ich etwas unsicher, ob H&M sich an die Vorgaben hält. Mit den Jahren haben sich ja schließlich diverse "Ketten" als Flop in dieser Hinsicht erwiesen. Darum habe ich auch vorher ein wenig das Internet durchforstet und dabei durchaus bestätigende Aussagen gefunden. So soll diese Reihe tatsächlich sehr nachhaltig sein. Zwar sind es "nur" knapp 95% der Inhaltsstoffe, die natürlichen Ursprungs sind, aber dennoch denke ich, dass H&M damit einen guten Start hingelegt hat und vielleicht mit der Zeit diese restlichen Prozente aufstocken kann. Ich persönlich war mir zudem noch etwas unsicher, ob man die Sachen wirklich als Naturkosmetik bezeichnen kann. Ein genauerer Blick auf die Inhaltsstoffe zeigt aber, dass die es durchaus eine gute Alternative zu anderen Naturkosmetika ist.  Zudem versichert H&M, dass die Produkte nicht an Tieren getestet wurden, was für mich ebenfalls ein wichtiges Kriterium ist. Ich habe mir vier Produkte bestellt, die ich nun ein wenig getestet habe und über welche ich euch gern ein wenig erzählen würde.

Vanilla Lip Balm, 7.5g. 
Doch recht handlich, kommt das Lippenbalsam daher. Überraschend für mich war, dass die Konsestenz wirklich reichhaltig ist. Das Lippenbalsam hat eine cremige Textur, welche man aus der Tube herausdrückt. Das empfand ich als kleines Manko. Denn wirklich hygenisch ist das meiner Meinung nicht. Das Auftragen direkt auf die Lippen würde ich vermeiden, da das Tübchen kratzt. So bleiben nur die Finger und die muss man vorher und danach immer säubern. Also etwas unhandlich. dafür aber sehr pflegend. Daher werde ich das Lippenbalsam wohl an erste Stelle immer auftragen, wenn ich schlafen gehe. Es bleibt lange auf den Lippen und hinterlässt ein weiches Gefühl. Die Ausführung "Vanilla" ist leicht bräunlich getönt, was auf den Lippen aber nur am Anfang wirklich sichtbar ist. Zertifizierte Inhaltsstoffe sind hier: Shea butter, Jojoba Oil, Beeswax und castor oil. Jedes Produkt enthält aber auch zusätzlich einen Beizettel, der veranschaulicht, was enthalten ist.

White Tea and Peppermint Hand Cream, 75ml
Meine Haut ist wirklich sehr trocken. Sehr trocken! Eigentlich überall, aber vor allem meine Lippen und meine Hände / Arme sind ständig rau. Daher war ich sehr auf die Handcreme gespannt. Voller Eifer habe ich mir eine ordentliche Portion auf die Hände geschmiert und war ganz verblüfft, als ich feststellte, dass die Hälte dessen genauso gut gereicht hätte. Die Handcreme ist also wirklich sehr ergiebig. Ich habe die Creme also einwirken lassen und geschaut, ob sich meine Hände weicher anfühlen. Das kann ich zwar bestätigen, aber ich denke, das hat so jede Creme an sich. Von daher werde ich dieses Produkt noch weiter testen und sehen, ob sich auch langzeitig etwas verbessert. Allerdings bin ich schon jetzt positiv davon überrascht. Der Duft ist nicht zu intensiv, aber es bleibt nach ein paar Stunden immer noch ein leichter Hauch dessen in der Luft. Auch hier ist die Textur sehr "dick", ist also nicht wässrig.

Vitalising Body Cream, 250ml
Hier gibt es soweit ich weiß zwei Sorten. Diese und eine "Relaxing Body Cream". Der Unterschied ist mir laut Inhaltsstoffen nicht ganz ersichtlich, weshalb ich mich nur nach Bauchgefühl für diese entschieden habe. Auch hier ist die Textur schön dick und macht einen reichhaltigen Eindruck. Leider müsste ich auch hier die Creme wahrscheinlich über einen Monat wirklich testen, damit ich weiß, ob sie besser ist, als andere Cremes. Aber der leicht zitronige Duft und das direkte Hautgefühl nach dem Auftragen haben mich fürs erste positiv überrascht. Im Beipackzettel wird empfohlen, die Creme zudem direkt nach dem Duschen aufzutragen.

Hydrating Face Mask, 50ml
Dies ist das einzige Produkt, welches ich zugegebenermaßen noch nicht getestet habe. Ich bin auch nicht der Typ, der jeden Tag eine Gesichtsmaske verwendet. Dennoch, ab und zu greife ich gerne dazu. Diese Maske soll sanft von Unreinheiten befreien und zusätzlich mit Feuchtigkeit versorgen. Es gibt noch zwei weitere Varianten, die anscheinend auch von der Textur anders sind. Diese hier ist aber ebenfalls etwas dicker und weiß. Der Geruch ist ehrlich gesagt etwas eigen und riecht für mich typisch nach "Naturkosmetik", was ich aber nicht schlecht finde. In den nächsten Tagen werde ich die Maske sicherlich mal anwenden und schauen, ob sie sich auch so gut eignet, wie die anderen Produkte.

Generell finde ich die Produkte auf den ersten Blick wirklich toll. Ich hoffe natürlich, als Laie, dass es sich um wirklich nahhaltige Kosmetik handelt und dass sich auch die Wirkung weiterhin positiv auswirken wird. Denn ehrlich gesagt, habe ich in letzter Zeit einfach keine Lust mehr, meine Haut ständig mit irgendwelchen chemischen Sachen zu reinigen und einzucremen. Ein positives Merkmal, das sich aber generell in den Drogerien auszeichnet, ist meiner Meinung nach aber die Tendenz dazu, von den Tierversuchen wegzugehen. Besonders auf der DM Seite kann man sich sehr gut über die einzelnen Produkte informieren. Dort wird angegeben, ob sie vegetarisch oder sogar vegan sind.




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Schischyphusch oder der Kellner meines Onkels von Wolfgang Borchert

März 11, 2016

(Original: "Schischyphusch") Atlantik, 64 Seiten mit Illustrationen, ★★★  4  Sterne
"Der Onkel groß, laut, reich, satt; der Kellner klein, blass, verbittert, verängstigt. Was die beiden Männer eint, ist ihr Sprachfehler. An einem sonnigen Sommertag geraten sie in einem Gartenlokal aneinander, jeder glaubt, vom anderen nachgeäfft und verhöhnt zu werden. Der selbstbewusste Onkel ist empört über das frevelhafte Verhalten des Kellners, der Kellner nimmt die Demütigung hin, so wie er es schon sein ganzes Leben lang gewohnt ist, und der Erzähler wird Zeuge einer Begegnung zweier Welten. Am Ende hat der Kellner einen Freund fürs Leben gefunden. Wolfgang Borcherts wohl rührendste Erzählung, liebevoll illustriert von Birgit Schössow. "
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"So standen sie nun und sahen sich an. Beide mit einer zu kurzen Zunge, beide mit demselben Fehler. Aber jeder mit einem völlig anderen Schicksal."

Vierundsechzig Seiten, Illustrationen und eine Geschichte, die zunächst ganz lustig erscheint. Der Neffe des besagten Onkels erzählt nämlich, wie der Kellner und sein Onkel aufeinandertreffen. Dadurch wirkt die Geschichte natürlich an einigen Stellen etwas naiv, beziehungsweise die Sprachwahl ist etwas verspielt.  Allerdings wird auch deutlich, dass der Text unter der Oberfläche Themen anspricht, die zwar auf unterhaltsame Weise geschildert werden, aber dennoch eine wichtige Aussage vermitteln wollen. Borchert gilt bekanntlich als einer der wichtigsten Autoren der Nachkriegsliteratur. Auch in diesem Buch findet man Hinweise auf Bezüge zum Krieg. Nicht zuletzt durch die, doch sehr unterschiedliche Weise, wie beide Charaktere zu ihrem Sprachfehler gekommen sind. Der Kellner besitzt den Sprachfehler von Geburt an, der Onkel jedoch wurde im Krieg verwundet. Deutlich zu erkennen sind dadurch auch die Unterschiede in den Verhaltensweisen, wie beide damit umgehen. Ich muss zugeben, bei dem ersten Lesedurchgang habe ich die Geschichte als unterhaltsame Anekdote angesehen. Daher habe ich beim zweiten Versuch auf ganz andere Dinge geachtet. So wird dem Leser schon deutlich, dass vielleicht die ein oder andere Interpretation notwendig ist, um den eigentlichen Kern zu erkennen. Sicherlich ist der Text aber keineswegs traurig, im Gegenteil. Er soll vor allem Mut spenden, um die eigenen Schwächen, als Stärke auszuarbeiten. Natürlich wird auch das Aufmunternde dadurch verstärkt, dass es um die Erzählung einer, sich später entwickelten Freundschaft handelt. So ist das kleine Büchlein sicherlich mit humoristischen Elementen ausgestattet und unterhält den Leser in erster Linie.

"Tausendmal am Tag bei jeder Bestellung an jedem Tisch, bei jedem >> bitte schehr<< kleiner, immer kleiner geworden. Die Zunge, gigantischer unförmiger Fleischlappen, die viel zu kurze Zunge, formlose zyklopische Fleischmasse, plumper unfähiger roter Muskelklumpen, diese Zunge hatte ihn zum Pygmäen erdrückt: kleiner, kleiner Kellner!"

Beide Figuren vermitteln jedoch gegensätzliche Typen in der Gesellschaft. Der Kellner wird immer als klein und unscheinbar beschrieben. Er muss andere Leute bedienen und steht sozusagen im Schatten anderer (nicht zuletzt eben auch durch den angeborenen Sprachfehler). Der Onkel hingegen wirkt selbstsicher, ist laut und offen. Er ist der Held, der aus dem Krieg mit Verletzungen zurückgekommen ist. Zudem tritt noch das Symbol des Sisyphus auf (nicht nur im eigentlichen Text, sondern auch im Titel), der auf gewisse Charakterzüge des Kellners hinweisen soll. Man kann die Geschichte durchaus so auslegen, dass sie stets um den Kern der Freundschaft und der Verbundenheit kreist, aber ich denke, dass man auch zwischen den Zeilen einige Anspielungen auf andere Themen findet. Dabei habe ich den Text aber so empfunden, dass man als Leser sehr stark selbst interpretiert und sich die entscheidenenden Elemente der Geschichte selbst zusammensetzt. Daher denke ich, dass die Geschichte neben der Unterhaltung sehr vielfältig und auch sprachlich mit vielen bildlichen Elementen versehen ist. Die Sprache der beiden Figuren deutet den Sprachfehler nicht nur an, sondern in der wörtlichen Rede, wird der S-Fehler stets aufgegriffen und miteinbezogen.
Zu den Illustrationen muss ich kaum noch etwas hinzufügen, denn sie sprechen quasi für sich. Ich finde, sie sind eine wunderschöne Ergänzung zu der Geschichte, auch wenn ich mich manchmal gefragt habe, ob die Handlung dadurch nicht zu oberflächlich wirkt. Jedoch passt sie wunderbar in Bezug auf den Erzähler, nämlich den Neffen, der schließlich alles aus seinem Blickwinkel darlegt.

"Schischyphusch war nämlich mein Schpitschname. Ja, in der Schule schon. die ganzsche Klasche nannte mich scho." 


Tolle, illustrierte Ausgabe einer liebevollen Kurzgeschichte. Ist heiter und thematisiert eine aufblühende Freundschaft zweier Männer, die mit demselben Sprachfehler zu "kämpfen" haben. Mir gefiel das Zusammenspiel aus Text und Gestaltung, da die Geschichte dadurch verschiedene Blickwinkel eröffnet. Der Text an sich ist zwar schon bekannt, wirkt aber in dieser Ausgabe lebendiger denn je.


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