Thementag #34: Vom richtigen Zeitpunkt Bücher zu lesen

Dezember 15, 2015


























Ein Buch zu lesen ist grundsätzlich nicht so schwer. Aber oftmals ist es eben umso schwieriger den richtigen Zeitpunkt für das gewisse Buch zu finden und immer wieder fällt mir auf, dass ich vielen Büchern keine gute Bewertung geben kann, weil sie mich zu dem Zeitpunkt nicht wirklich interessieren oder überzeugen. Leider wird diesen Büchern dann meistens auch keine zweite Chance gegeben. Man wertet sie als "schlecht" ab und vergisst sie am besten schnell wieder. Dabei könnte es ja sein, dass man zwei Jahre später einen viel geeigneteren Zugang zu dem Buch finden und es letzten Endes doch mögen könnte. Meine letzte Lektüre "By the Book" hat diesen Gedanken noch verstärkt. Es ist nicht immer das Buch, welches schlecht ist, sondern manchmal ist es nur ein schlechter Zeitpunkt (Das trifft natürlich nicht immer zu. Es gibt auch einfach Bücher, die man nie gut finden wird).
Ich kann mich noch ganz gut daran erinnern, dass ich unbedingt James Joyces "Ulysses" lesen wollte. Das war ungefähr zu dem Zeitpunkt, an dem meine Liebe zur Literatur erneut entfacht wurde. Was sollte man da besseres in Angriff nehmen, als einen über tausendseitigen Klassiker? Also fing ich an zu lesen und zu lesen und zu lesen. Erstaunlichereise kam ich ganz gut voran und habe die Seiten nach einigen Tagen erfolgreich gelesen. Ja, nur leider blieben größtenteils Verständnislücken zurück und die Lust auf solche Klassiker war erst einmal verflogen! Komischerweise habe ich erneut das Bedürfnis das Buch in nächster Zeit vielleicht noch einmal zu lesen, um zu sehen, ob man sich selbst weiterentwickelt hat und die Literatur in den verschiedenen Lebensstadien mitwächst. Vielleicht wird sich aber auch einfach nur rausstellen, dass "Ulysses" schlicht und einfach zu "intelligent" für mich ist und ich erst im hohen Lebensalter verstehen werde, was Joyce einem sagen möchte. 
Ein anderes Beispiel für den richtigen Zeitpunkt ein Buch zu lesen wäre definitiv "Der Nachtzirkus" von Erin Morgenstern. Als ich das Buch gelesen habe, habe ich eine Geschichte gebraucht, die einen schönen, ruhigen Erzählstil hat und nicht vor Action oder unnötigen Machtkämpfen strotzt. Genau da war das Buch ein richtiger Glücksgriff und ich mochte es sehr. Heute denke ich manchmal daran zurück und stelle fest, dass ich das Buch sicherlich etwas schwächer gefunden hätte, wenn ich zu dem Zeitpunkt in einer ganz anderen Stimmung gewesen wäre. 
Andere Bücher wiederum "spare ich mir auf", weil ich weiß, dass ich sie in der jetzigen Situation noch nicht wertschätzen würde. Das trifft vorallem erneut auf Klassiker zu, wie "Don Quiote" oder "Great Expectations" von Charles Dickens.  Für diese Bücher möchte ich mir Zeit lassen und sie nicht in einem Zug durchlesen, nur um sagen zu können, dass ich sie irgendwann einmal gelesen habe.

Mit Büchern verhält es sich bei mir, manchmal wirklich wie mit der Musik. Es zählt nicht nur die richtige Geschichte, sondern auch der richtige Zeitpunkt und die richtige Stimmung, um das Werk dann auch genießen zu können. Aber genau das ist auch das schöne an der Literatur. man fühlt sich nie von ihr im Stich gelassen, da ein Buch immer das richtige, zur richtigen Zeit ist. 

Ist euch auch schon einmal aufgefallen, dass ihr ein Buch nach wiederholtem lesen besser (oder sogar auch schlechter) bewertet habt? Lest ihr alle Genres unabhängig von eurer gegenwärtigen Stimmung oder sucht ihr euch auch passende Lektüren (ruhiger, dramatischer etc.) aus?

 

11 Kommentare:

  1. Liebe Karin,
    deine Beitrtäge zu den Thementagen lese ich sehr gerne und nebenbei auch deine Buchbesprechungen.
    Das Thema heute ist mal wieder sehr spannend und eines, mit welchem ich mich hin und wieder auch schon beschäftigt habe.
    Ich habe mittlerweilen meine Lieblingsgenres gefunden und habe da selten Lust, auszubrechen und mal was fantasylastiges zu lesen. Aber neben all den schweren Büchern - von der Thematik, dem Schreibstil und den Plots - brauche ich manchmal eine Abwechslung, was leichteres, oder wie man so sagt, 'locker-flockiges'. Das merke ich aber, wie erwähnt, meistens ganz gut und kann dann meine nächste Lektüre darauf abstimmen.

    Und auch bei mir gibt es Bücher, die ich jetzt noch nicht lesen kann, und Bücher, die ich früher viel besser gefunden habe, und das ist auch ganz normal. Ich bin gerade wohl im gleichen Alter und in der selben Phase wie du, als du dir 'Ulysses' zum ersten Mal vorgenommen hast. Ich bin fünfzehn und ja, Ulysses interessiert mich, ich habe bereits reingelesen und über James Joyce, der in meiner Heimatsstadt ja begraben wurde, diskutiert. Aber ich glaube (oder gebe nur weiter, was ich unter anderem von meinem Deutschlehrer gehört habe), dass Ulysses auch ein sehr schweres Buch sei, welches mühsam und fast unmöglich zu lesen ist. Ich persönlich bin auch nicht der grösste Fan von Zeitdehnung. Bin gespannt, was Du dann aber nach deinem zweiten Lesen sagst.

    Bis dahin wünsche ich dir noch einen schönen Abend und immer das richtige Buch zur richtigen Zeit,
    Mara

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    1. Vielen lieben Dank für deinen ausführlichen Kommentar! Ulysses ist definitiv nicht einfach und sehr speziell! Ich selbst bin auch gespannt, wie ich mich durch den Text schlagen werde. Besprecht ihr das Buch in eurem Unterricht? Mir hat solch eine Literatur in der Schule definitiv gefehlt!


      Liebe Grüße,
      Karin

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  2. Huhu :)

    ich habe deinen Blog eben gerade entdeckt und bin gleich mal als Leserin geblieben :)

    Vielleicht liest man sich ja bald mal ;)

    Liebste Grüße
    Sonja

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  3. Hey :)

    Ich find das gerade interessant, dass du "Der Nachtzirkus" in diesem Zusammenhang erwähnst, denn dieses Buch habe ich tatsächlich mal in die Hand genommen, die ersten paar Seiten gelesen und wieder weggelegt, weil ich einfach nicht in Stimmung war und mir es zu langwierig und verwirrend vorkam. Ein Jahr später habe ich mich wieder daran versucht und fand es absolut wundervoll. Ich kann also total nachvollziehen was du meinst!

    Besonders bei Klassikern ist das schwierig und ich denke da so ähnlich wie du. Viele Bücher "spar" ich mir auf für einen späteren Zeitpunkt, weil ich mir einfach sicher bin, dass ich sie jetzt nicht mögen werde oder keine Geduld für sie hätte. "Great Expectations" habe ich auch hier liegen und auch mal angefangen, aber die Atmosphäre in dem Buch hat einfach nicht zu meiner Lesestimmung gepasst (jetzt weiß ich auch nicht mehr, ob ich's wirklich mal lesen werde).

    Ich glaube aber auch, dass das eine Sache von Leseerfahrung ist. Ich weiß noch, als ich erst angefangen habe wirklich zu lesen, war ich nicht sehr wählerisch was eine Buchwahl angeht. Ich bin in die Bücherei gegangen und hab einfach nach einem Buch gegriffen, das da war und interessant klang. Mit dem Kauf von Büchern wird man wählerischer ("Welches Buch könnte so gut sein, dass es sich lohnt zu kaufen?") und schließlich hat man durch das Internetzugang von abervielen Bücher, die es gar nicht in unmittelbarer Nähe gibt, und man findet so viele, interessante Bücher, das es einem schwer fällt, sich nur auf eines zu konzentrieren. Klar, es hat auch etwas mit Gemüt / Jahreszeit / etc. zu tun, aber ich glaube auch, dass es auch daran liegt, dass wir wissen - aha, da draußen gibt es sicherlich ein Buch, das mich jetzt mehr packen würde. Aber das ist nur meine Meinung :)

    Finde deinen Blog übrigens toll - du hast also eine Leserin mehr! :D

    Liebe Grüße,
    Sanne

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    1. "Der Nachtzirkus" war bei mir auch zunächst ein Buch, bei dem ich mir mehr erhofft hatte. Aber ich glaub, das Buch hatte Glück, dass ich zu dem Zeitpunkt etwas Ruhiges gebracht habe! : ) Ich kann also auch verstehen, wenn Leser sagen, ihnen war es zu langweilig...

      Da hast du sicherlich recht! Allein schon der Blick auf meinen Merkzettel, lässt mich immer wieder grübeln, welches Buch sich als nächstes "lohnen" würde. Aber genau da denke ich dann selbst nach in welcher Stimmung ich gerade bin und welche Geschichte mich zurzeit packen würde, sprich etwas unterhaltsames, eine Liebesgeschichte oder doch eher etwas Geheimnisvolles, Rätselhaftes. Im Gegenzug ist es aber auch schön zu wissen, dass man für jede Stimmung ein passendes Buch finden würde! : )

      Liebe Grüße,
      Karin

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  4. Mir geht es sehr ähnlich mit der Stimmung, weshalb ich mir auch meist nur schwer richtige Leselisten machen kann (bzw. kann ich mir nur sehr lockere machen, weil meine Stimmung dann eben doch manchmal schneller wechselt und ich mir dann ein Buch dadurch nicht kaputt machen will). Mir ist es auch schon öfter passiert, dass sogar Bücher von Lieblingsautoren nicht so richtig gut ankamen, weil ich in dem Moment nicht in der Stimmung war. Da habe ich dann auch erstmal abgebrochen und bei Seite gelegt.
    Zuletzt habe ich en ersten "Grisha" Band noch mal gelesen, der hat mir beim ersten Mal lesen gar nicht besonders gut gefallen - wahrscheinlich auch, weil meine Erwartung etwas anders war und ich auch nicht in der Stimmung war, das Buch zu lesen. Beim jetzigen Mal lesen hatte ich richtig Lust drauf und es hat mir auch viel viel besser gefallen, sodass ich die Reihe jetzt auch weiterlesen will.
    Ich finde es manchmal aber auch schwierig, meine Stimmung zu erkennen, da weiß ich dann immer eher worauf ich gerade keine Lust hab, aber nicht, worauf ich eigentlich Lust hab.

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    1. Das hab ich auch öfters mal, dass ich selbst nicht sicher bin, was ich gerade suche. Meistens lese ich dann, wie du sagst, in ein Buch rein und entscheide spontan. Wenn ich aber das Gefühl habe, dass mir gerade gar nichts wirklich gefällt, lenke ich mich zunächhst mit anderen Sachen ab und versuchs noch einmal. Es gibt aber auch Momente, da beende ich ein Buch und weiß sofort danach, welches ich als nächstes lesen möchte. Es ist schon eine verrückte Sache mit den Büchern... : )


      Liebe Grüße,
      Karin

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  5. Liebe Karin,

    ein sehr interessanter Beitrag heute! :) Auch ich habe schon einmal darüber nachgedacht, wie das so ist, mit der richtigen Zeit für ein Buch. Ich persönlich glaube ja, dass jeder Moment einfach vollkommen und richtig ist, wie er ist und somit trifft das auch auf das Buch zu, das man zu der oder der Zeit liest. Es ist immer richtig, es dann zu lesen, wenn man es eben liest. Ich glaube nicht, dass es da eine "falsche Zeit" dafür gibt. Es sollte einfach so sein, dass du "Ulysses" damals gelesen hast und wenn du dich nun dazu entscheiden solltest, es nochmal zu lesen, dass ist eben jetzt der richtige Moment für dich, es noch einmal zu lesen. - So einfach ist meine Anschauung der Dinge!^^

    Ich selbst habe noch nie ein Buch ein zweites Mal gelesen, aus dem einfachen Grund, weil es mich langweilen würde. Ich kenne dann ja schon den Inhalt und habe eigentlich keine Lust mehr, das Ganze nochmal zu lesen. Kann schon sein, dass ich nach ein paar Jahren nicht mehr weiß, wie eine Geschichte geendet hat, aber ich weiß, sobald ich in so ein Buch reinlesen würde, würde es mir wieder einfallen und sowas ... mag ich einfach nicht. Was aber nicht heißen soll, dass ich behaupte, niemals ein Buch öfter zu lesen, aus meiner jetzigen Sicht bin ich nur eben der Meinung, dass ich es nicht will. Bei Filmen ist es bei mir aber ganz genauso, die schaue ich mir auch total ungern ein zweites Mal an, weil sie mich dann langweilen/nichts Neues mehr für mich sind.

    Alles Liebe ♥,
    Janine

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  6. Sehr akkurat beschrieben. Das Phänomen habe ich leider häufig, sodass viele Bücher in meinem Regal "versauern" - aber ich möchte ihnen nicht Unrecht tun und sie durchzwingen, nur, um sie gelesen zu haben. Mein liebstes Beispiel ist inzwischen "Der Russe ist einer, der Birken liebt" - beim ersten Lesen hat es mir nicht so gefallen, ich hatte andere Erwartungen und kein ausgeprägtes Bewusstsein für die Gesellschaftsprobleme, die da angesprochen werden. Anfang des Jahres musste ich es nochmal für ein Seminar lesen und war diesmal begeistert. Inzwischen zählt es zu meinen Lieblingsbüchern. :)

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    1. So etwas kenn ich nur zu gut! Manchmal ist es eben doch hilfreich, wenn man ein Buch zusätzlich mit anderen bespricht und sich etwas näher damit beschäftigt. Wenn ich einen Text nicht ganz verstehe oder ihn in einen geeigneten Kontext setzen kann, dann kann ich ihn meistens auch überhaupt nicht mögen... :)


      Liebe Grüße,
      Karin

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