Jack und Jill von Helen Hodgman

August 24, 2015













Titel: "Jack & Jill" | Original: "Jack and Jill" | Autor/in: Helen Hodgman | Knaus [klick] | Seitenanzahl: 192 | Hardcover | Einzelband | ★★★★  5 von 5 Sternen

INHALT | DARUM GEHTS

Original-Klappentext: "Nach dem Tod der Mutter lebt Jill mit ihrem Vater allein auf einer Farm im australischen Outback. Die beiden führen ein einfaches, aber zufriedenes Leben. Bis eines Tages Jack vor der Tür steht. Misstrauisch beobachtet der Vater, wie die heranwachsende Jill die Nähe des jungen Wanderarbeiters sucht. Doch weder Jack noch Jill haben gelernt, über ihre Gefühle zu sprechen. Langsam, aber stetig verwandelt sich ihre Liebe in Hass.

Die Geschichte zweier Menschen, die weder zueinander finden noch voneinander lassen können, besticht durch einen unverwechselbaren Ton und eigenwillig exzentrische Figuren. Der Roman wurde bei seinem Erscheinen mit dem Somerset Maugham Award ausgezeichnet."

MEINE MEINUNG | FAZIT

"Sie kratzte das Blattgold von den Einbänden und aß es. Anschließend betrachtete sie fasziniert ihre spektakulär glitzernde Zunge im Spiegel." S. 14

Es ist schon erstaunlich, wie man ein Buch lieben und schön finden kann, obwohl deren vorkommende Charaktere so am Abrgund zu stehen scheinen. Doch Helen Hodgmans Schreibstil und Art die Geschichte zu erzählen hat mir sofort gefallen und mich Protagonisten kennenlernen lassen, die so grotesk miteinander und sich selbst umgegangen sind, dass es schwer viel, unbeeindruckt zu bleiben. 
"Jack & Jill" ist 1978 zum ersten Mal veröffentlicht worden und thematisiert zudem auch Themen, die um diesen Zeitraum populär waren. Mitunter das Schicksal der Kriegsveteranen und die damaligen Entwicklung hinsichtlichd es Lebensstils.. Nichtsdestotrotz emfpand ich das Buch generell als sehr aktuell, da es in erster Linie die Entstehung einer Beziehung darlegt und gleichzeitig offenbart, wie wichtig es ist, sich mit seinen Mitmenschen auf sozialer Basis verständigen zu können, um nicht in ein emotionales "Loch" zu fallen und andauernd aneinander vorbeizureden und zu leben. Auf den überschaubaren 192 Seiten wird das Leben von Jill, seit sie fünf Jahre ist und von Jack, seit er als Jugendlicher in ihr Leben tritt geschildert. Und doch haben diese wenigen Seiten eine Bandbreite, die einem vorkommt, als hätte man deutlich mehr aus dem Leben der beiden mitgenommen. Zudem wird das andauernde Erscheinen des Vaters von Jill zu einem wahren "Running Gag", denn er tritt auch nach seinem Tod des öfteren auf undzwar in Form eines riesigen Gemäldes. Solche kleinen Feinheiten, die sich durch das Buch ziehen, lassen den Leser trotz des vorhandenen "Grauens", welcher die Beziehung der Beiden beherrscht, das ein oder andere Mal laut in sich auflachen.

"Sie wollte wissen, wie das Meer sich anfühlte, wenn man in ihm saß. Douggie schlug vor, sie solle einfach nach draußen gehen und den Kopf in den Sand stecken." S. 18

Die Empfindungen die ich den beiden Protagonisten und anschließend auch der dritten wichtigen Person, Raelene, gegenüber verspürt habe, haben sich etwas abgewechselt. Zunächt war mit Jill etwas suspekt, Jack hingegen schon fast unsympathisch. Mit der Zeit schließt man Jill, trotz ihrer schieren Skrupellosigkeit schon fast ins Herz, da man merkt, dass sie wohl kaum eine Wahl hatte, sich solch eine Persönlichkeit "zurechtzulegen". Raelene war das typische, naive Mädchen, dessen größte Aufgabe es war, heraufzufinden, wohin sie gehört. An einigen Stellen hatte ich das Gefühl, dass sich mit der Zeit die Verhaltensweisen von Jack und Jill vertauscht haben. Eines blieb jedoch durchgängig gleich; das Gefühl, dass beide fortwährend die Oberhand gewinnen und über den anderen triumphieren wollen. Daraus entstehen Situationen, die wirklich schon Szenenhaft wirkten. Es schien, als lebten beide auf einer Bühne, denn die Vorfälle wurden zunehmend dramatischer und verstrickter. 

"In einer sentimentalen Anwandlung warf sie ihm eine großzügige Kusshand zurück und musste sich dann unwillkürlich über die Reling übergeben." S. 59

Von Langeweile kann man bei diser Geschichte definitiv nicht sprechen. Abwechselnd hielten sich meine Emotionen zwischen Schock, Fassungslosigkeit und paradoxerweise dem Gefühl gut unterhalten zu werden. Am besten ließe sich das wohl damit erklären, wie "The Times" es auch auf dem Klappentext beschrieb: "Von Anfang bis Ende voll tiefschwarzem Humor.". Genau das charakterisiert diese Geschichte. Es veranschaulicht ein Schicksal zweier Menschen, welches durch und durch von diesem tiefschwarzen Humor getränkt ist. Wenn es nicht eigentlich so einen ernsten Hintergrund hätte, würde man wahrscheinlich darüber lachen, wie absurd sich deren Leben entwickelt hat.

"War es nicht zum Lachen? Das Schicksal." S. 134

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Skrupellos, mitreißend und dennoch unterhaltsam. Spielt mit Fassungslosigkeit und [schwarzem] Humor und lässt den Leser mit so vielen Emotionen überschüttet sein, dass man die Seiten nur so hinter sich lässt. Thematisert eine Beziehung, von der man nicht weiß, ob es eine Liebe ist oder auch nicht und skizziert mit einem wunderbar direkten, wie auch einnehmenden Schreibstil, in wie weit man sich selbst vergessen kann, um das Gefühl zu haben, doch zu gewinnen. 





Vielen lieben Dank an den Knaus Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!

2 Kommentare:

  1. Schade, dass die Originalausgabe vergriffen zu sein scheint! Ich lese nur ungern Übersetzungen, weil ich Angst habe, mir könnten Feinheiten des Schreibstils oder Wortspiele entgehen. Aber jetzt bin ich richtig angefixt auf das Buch und diese Ausgabe ist auch ganz schick ;) Ich mag es, wenn Hardcover dünn sind, die liegen dann nämlich immer so schön in der Hand beim lesen.
    Bücher, die etwas schockieren, lese ich eigentlich ziemlich gerne. Und was du da ganz am Anfang deiner Rezension schreibst, über Bücher, deren Charaktere gerade so am Rand einer Klippe balancieren, und die man trotzdem mag, das kann ich bestens nachempfinden.
    Du setzt deine Bücher immer so toll in Szene! (Wollte ich nur mal anmerken^^)

    Liebe Grüße,
    Bramble

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    1. Ich bin eben mal alle meine Buchquellen durchgegangen und es scheint wirklich so, dass es die englische Originalausgabe wohl zurzeit "nicht gibt". Man könnte es wohl nur gebraucht bekommen. Den Gedanken mit den Wortspielen kann ich nachvollziehen! Das denke ich mir eigentlich auch immer. Und sicherlich ist das ein oder andere nicht hundertprozentig übersetzt, aber selbst die übersetzte deutsche Fassung hat mich überzeugen können! : ). Ich denke aber auch, dass das Buch wirklich speziell ist und man dem Geschriebenen wirklich offen gegenüber sein muss :).
      Vielen lieben Dank für das liebe Kompliment!

      Liebe Grüße,
      Karin

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