Diesseits vom Paradies von F. Scott Fitzgerald

Februar 17, 2015



(Original: "This side of paradise" / 1920) , Bibliographie auf der Verlagsseite  (Diogenes Verlag) >>, Übersetzer/in: Martina Tichy und Bettina Blumenberg, 430 Seiten , Hardcover ,  Einzelband,  ★★★☆☆ 3 Sterne
"Amory Blaine ist begabt und privilegiert. Von der Mutter hat er die Überzeugung, zu Höherem geboren zu sein. Er studiert in Princeton, und nach etlichen Flirts begegnet er Rosalind, seiner ersten großen Liebe. Als sie ihn für einen anderen verläßt, zerschellen Amorys jugendliche Ideale. Was bleibt, ist der Alkohol – aber trotz aller Trauer und Enttäuschung auch die Erkenntnis, daß das Leben, so pathetisch und lächerlich es oft scheint, doch lebenswert ist: nicht jenseits, sondern diesseits vom Paradies. "

MEINE MEINUNG | FAZIT

"Der Unterschied ist, weißt du, daß die sentimentale Person denkt, die Dinge würden dauern - die romantische dagegen vertraut verzweifelt darauf, daß sie es nicht tun. (Dies war eine von Amorys altbekannten Unterscheidungen)" S.330

Die Geschichte ist in zwei Bücher und ein Zwischenspiel unterteilt. Die Unterteilung wird allerdings erst beim Lesen wirklich deutlich. Die jeweiligen "Bücher" enthalten eine, wie man sie kennt, gewöhnliche Handlungsform und zusätzlich einige Passagen, die Gedichtverse enthalten. Das Zwischenspiel ist wie ein Theaterstück aufgebaut, in dem die Szenerie beschrieben und das Auftreten der Personen angekündigt wird. Ich muss zugeben, ich musste mich erst ein wenig an den Schreibstil Fitzgeralds in diesem Buch gewöhnen. Nichtsdestotrotz gab es keine "Lesehinderungen". Ich habe das lesen somit genossen und habe durch das vorgegebene "Inhaltsverzeichnis" eine klare Struktur im Gedanken gehabt, wie die Geschichte aufgebaut ist. Das Inhaltsverzeichnis lässt auch schon darauf schließen, dass es um die Entwicklung des Charakters von Amory geht.

"Jeder Autor sollte jedes Buch so schreiben, als würde er geköpft, sobald er damit fertig wäre." S.313

Die Handlung in Kombination mit den verschiedenen Schreibstilen traf allerdings nicht zu Hundertprozent meinen Geschmack. Obwohl sich am Ende alles zu einem Gesamtkonzept entwickelt hat und man die vorhin genannte Entwicklung des Charakters nachempfinden und nachvollziehen konnte, blieb in einigen Passagen das Gefühl, dass etwas fehlte. Es geschahen so viele Dinge, die keine Beachtung gefunden haben, die jedoch einen relativ großen Stellenwert für die Person Amory hatten, dass man sich gewundert hat, warum der Autor so sprunghaft von einem Ereignis zum nächsten wechselt. Die Atmosphäre in der Geschichte ist auch sehr wechselhaft. So entsteht zu Beginn eine sehr ernste Atmosphäre, durch die Wichtigkeit die Amory der Princeton Universität zuschreibt, dann entsteht eine feierliche Atmosphäre durch seinen Hang zum "vergessen" und durch den in der Inhaltsangabe angedeuteten Konsum von Alkohol und es entstehen noch zwei Atmosphären am Ende, die sehr deutlich hervortreten. Eine davon ist eine Märchenhafte Atmosphäre. Dies äußert sich dadurch, dass eine Person auftritt, die schon als sehr märchenhaftes und wundersames Wesen beschreiben wird. Dadurch hat man das Gefühl, als würde es sich um eine ganz andere Geschichte handeln. Und danach folgt direkt eine sehr philosophische Atmosphäre. Ich hatte beim Lesen das Gefühl, dass der Autor in diesem Abschnitt die komplette Geschichte versucht in einem kurzen Kapitel zu "offenbaren" und dem Leser zu erklären.

"Er konnte, wie immer, alle Gefühle in einer halben Stunde durchlaufen [...]" S. 333

Natürlich ist auch in diesem Werk, die Gesellschaft nicht von Kritik seitens Fitzgerald verschont geblieben. Er kritisiert so gut wie Alles und Jeden, was aber an manchen Stellen sehr gut nachzuvollziehen ist.
Ich denke, es ist ein wirklich gutes Buch, allerdings fehlte mir ein wenig die "Tiefe" in bestimmten Passagen. Dass ein Charakter sich in Alkohol ertränkt und ein Kapitel danach keinen Tropfen mehr anrühren möchte und die Sonnenseiten des Lebens betrachtet, als wäre nie etwas Schlimmes geschehen zeugt natürlich von Verdrängung oder Schein und Sein, dennoch wirkte es manchmal zu "unrealistisch". Wobei ich das Gefühl habe, dass Fitzgerald genau so ein Charakter war. Voller Zwiespalte und voller Fragen an das Leben und was man mit sich anstellen soll. Ich könnte sicherlich noch sehr viel über das Buch philosophieren, da es einfach so viele Themen umfasst, mit denen man sich gerne beschäftigen würde, aber dieses Buch bietet auch so viele Sichtweisen, dass sich wohl jeder Leser auch ein anderes Urteil darüber bilden würde. Die Protagonisten in der Geschichte sind ebenso unterschiedlich und vertreten verschiedene Ansichten, wie die Abschnitte in Amorys Leben. Langweilig wird es demnach jedenfalls nicht!

"An manchen Tagen störte es Amory, daß das Leben sich so gewandelt hatte [...] zu einer Folge rascher, unverbundener Szenen [...]. Es ähnelte einem Bankett, bei dem er in dieser halben Stunde seiner Jugend saß und versuchte, erlesene Feinschmeckergerichte zu genießen. Er gab sich das unbestimmte Versprechen, daß es eine Zeit geben werde, in der sich alles zusammenfügen sollte." S.336

Fitzgeralds erster Roman über das Erwachsenwerden, die Schwierigkeiten im Leben und den ewigen Gedanken um Wohlstand und Liebe.





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