The House of Ullstein von Hermann Ullstein

Dezember 07, 2016







(Original: "The Rise and Fall of the House of Ullstein" / 1943) Ullstein Verlag, Übersetzer/in: James Stern, 336 Seiten, gebunden,  Einzelband, Englische Ausgabe ★★★(☆) 4 bis 5 Sterne 
"Inhaltsangabe der deutschen Ausgabe "Das Haus Ullstein": In seiner lebendigen Chronik der Jahre 1858 bis 1939 schildert Hermann Ullstein die frühe Geschichte des Ullstein Verlags – von seinem Aufstieg zu Europas größtem Verlagshaus bis zur Enteignung der Familie Ullstein durch die Nazis. [...] Mit zehn Reichsmark in der Tasche verlässt Hermann Ullstein 1939 das Land und emigriert nach New York, wo er seine Erinnerungen niederschreibt."


MEINE MEINUNG | FAZIT 

"At the close of two months of Hitler´s reign, our firm had been turned from a well-run organization into a battlefield of hatred.“  S.29

Nicht nur die Literatur an sich begeistert mich, sondern auch die Geschichte und Hintergründe der Verlagshäuser. So lag es auch nicht fern, dass mich dieses Buch auf sich aufmerksam gemacht hat. "The House of Ullstein" ist ein "reprint" des im Jahre 1943 veröffentlichten Buches "The Rise and Fall of The House Ullstein". Etwas verwirrend war für mich tatsächlich zunächst der eigentliche "Werdegang" des Buches selbst. Laut zusätzlichen Angaben, überwiegend im Epilog von Martin Münzel, wurde das Buch zunächst aus dem Deutschen ins Englische übersetzt, anschließend gab es dann eine deutsche Fassung, die aus dem Englischen übersetzt wurde und dieses Buch wurde laut Angabe von James Stern übersetzt. Leider weiß ich nicht genau auf welcher Grundlage der Text übersetzt wurde und in wieweit es sich dem Original "anpasst". Im Vergleich zu der deutschen Ausgabe (in welcher ich mir die Leseprobe angeschaut habe) scheinen auch kleine Unterschiede hinsichtlich des Inhalts zu bestehen, aber im Großen und Ganzen lässt sich alles auch in dieser englischen Ausgabe wiederfinden. Das Memoire von Herrmann Ullstein besteht aus neun sehr informativen Kapiteln, welche, wie man annehmen kann, die Verbindung zwischen dem Verlagshaus "Ullstein" und die mit dem Nazi Regime einhergehenden Veränderungen aufgreift. Alles wurde von ihm aus reiner Erinnerung "rekonstruiert", da sich all seine Unterlagen, die zum Beispiel die Chronologie und die exakten Abläufe aufzeigen, nicht mit nach Amerika genommen hat. Es ist aber tatsächlich erstaunlich und unfassbar interessant zu sehen, wie brutal die komplette Journaille niedergerungen wurde. Als Leser spürt man zum Teil diese Machtlosigkeit der Journalisten und Verleger, auf der anderen Seite empfindet man diese bekannte Ratlosigkeit, wieso dieses Schreckliche einfach seinen Lauf genommen hat und selbst einflussreiche Presseleute keine Chance hatten, sich durch ihre Aussagekraft zu wehren.

"He also understood another very important point - that a publisher should not expect loyalty from, nor demand anything unreasonable of, his readers. On the contrary, a magazine should be made so interesting that people will look forward to buying the following issue, to reading the next installment of an article or a novel.“  S.62

Obwohl fokussiert auf den Bezug zu Hitler und seinen Strategien hinsichtlich der Unterjochung der Presse eingegangen wird, erfährt man ganz spannende Dinge über das Verlagsleben abseits des Schreckens. Man bekommt einen zwar kleinen, aber lesenswerten Einblick in das Denken und die Fähigkeiten, wie auch die Visionen der Ullsteins und auch der Entwicklung der Zeitungen im Allgemeinen. Ich fand es erstaunlich, dass das Austragen von Zeitungen als etwas sehr innovatives und privilegiertes angesehen wurde, was man sich heutzutage kaum denkt. Dieser Beruf galt als gut bezahlt und Frauen, welche diese Tätigkeit ausgeübt haben, waren oftmals besser bezahlt, als viele andere Berufstätige. Ich mochte die Erwähnung der sich aufbauenden, großen, wie auch kleinen Zeitungen. Welche Zeitung war am beliebtesten und warum? Welche Zeitung bevorzugte die Ehefrau? Welche Zeitungen waren direkte Rivalen und wer hat letztendlich die größten Umsatzzahlen gehabt? All dies wird mit einbezogen und bietet so weitere Einblicke in das damalige Verlagsleben. Ebenso muss man aber auch mit vielen politischen Statements und den machthabenden Auftritten gewisser Menschen rechnen. Es wird nahe gelegt, wer wem unterlegen war, wer wem gedient und sich dem Boykott der Presse gefügt hat und natürlich was Hitlers Intention, die Presse zu kaufen bewirkt hat. Alles sehr spannende Punkte, sie man sich gerne verdeutlicht. Besonders in Hinblick auf die Tatsache, dass man heutzutage (zumindest in Deutschland) frei über alles Schreiben kann, solange es keine Beleidigungen sind, ist ein sehr großes Privileg. Bücher sind ein wichtiges Gut, welches dank der Leidenschaft vieler Verleger, die nicht aufgegeben haben (und wie Ullstein versucht haben in anderen Ländern an dieser Arbeit festzuhalten) wertgeschätzt werden sollte. Genau darum hat mich dieses Buch auch so gepackt. Weil man daran wieder sieht, dass Menschen dafür gekämpft haben, dass bestimmte Dinge (und auch literarische Werke) nicht aufgeopfert werden sollten. Am Ende bin ich davon ausgegangen, dass zwar noch etwas stärker auf den Aufenthalt in Amerika eingegangen wird, aber im Nachhinein war die Kürze für mich kein negatives Kriterium.

"´By the Führer´s orders,´ said their spokesman, everything in your archives of Jewish  origin or in any way connected with Jewry has to be burned!´  [...]

      ´What, for instance, [...] is to be done about Christopher Columbus? According to the most 
       recent  research, Columbus was of non-Aryan origin.´

´Then out he goes!´ [...]

        ´But he discovered America!´

´Never mind!´“  S.77

Trotz der Anmerkung, dass einige Daten und Fakten laut den Erinnerungen von Hermann Ullstein nicht ganz zutreffend sein können, ist es ein authentisches und auch informierendes Buch, welches vor allem die Schattenseiten des Journalismus und der Verlagshäuser zu Zeiten des Nazi Regimes aufzeigt, sich aber auch mit interessanten Nebeninformationen auseinandersetzt, die verdeutlichen, in wie weit sich die Verlagshäuser weiterentwickelt haben. Guter und auch wichtiger Bezug zur politischen Lage der damaligen Zeit und auch der im Epilog nennenswerten Selbstkritik von Hermann Ullstein an sich selbst. Empfehlenswert für jeden Leser, aber insbesondere für alle, die sich gerne mit der Geschichte hinter der heutigen Verlagswelt, insbesondere des Hauses Ullstein, beschäftigen.



Leave a little note ~ Hinterlasse eine kleine Notiz

Mit dem Absenden Deines Kommentars bestätigst Du, dass Du meine Datenschutzerklärung, sowie die Datenschutzerklärung von Google gelesen hast und akzeptierst.