Winter Journal von Paul Auster

Februar 04, 2016







(Original: "Winter Journal") von Paul Auster, Emblem Publishing, Englische Ausgabe,  ★★★★☆ 4 von 5 Sternen
Dreißig Jahre nach seinem ersten autobiographischen Buch folgt nun ein zweites unkonventionelles Memoir, in welchem er über das Leben und den Tod seiner Mutter schreibt. In "Winter Journal" blickt Auster auf sein 63jähriges Ich und philosophiert über die Zeit, den Körper und die Erinnerungen, die uns bleiben.
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"In the next morning´s edition of the Daily News, there was a photograph of you being dragged off the paddy wagon. The caption read Stubborn Boy, and no doubt that was exactly what you were at that moment of your life: a stubborn, uncooperative boy.” S. 65f.

Es gibt viele Biographien verschiedener bekannter Leute, die aus dritter Hand stammen und weites gehend nicht der Wahrheit entsprechen. Es gibt aber auch Biographien, die von der Person autobiographisch erscheinen, die allerdings schön geredet werden. „Winter Journal“ fällt in keines der beiden Kategorien. Das „Tagebuch“ ist schonungslos und nimmt wirklich alle Gefühle des Autors Paul Auster mit ein. Dazu gehören nicht nur die glücklichen Momente, wie er beschreibt, die er mit seiner Familie erlebt und die er sehr schätzt, sondern auch die Erlebnisse, die sich wirklich wie ein tragischer Roman lesen. Es gibt definitiv Stellen, die man kaum erwartet, da der Autor diese mit einem humorvollen Satz einleitet. Es gibt einen Sprung und man sitzt mit weitgeöffneten Augen vor dem Buch und denkt sich, dass so etwas und vor allem so viel, nicht einem einzigen Menschen geschehen konnte. Ich muss dazu sagen, dass ich Paul Austers Romane bisher gar nicht in einer großen Vielzahl gelesen habe. Dennoch hatte ich sofort, als ich den Klappentext gelesen habe, das Bedürfnis, diese inneren Berichte von ihm zu lesen. Und dies hat sich auch ausgezahlt. So eine ehrlich und offene Schreibweise findet man sicherlich in der ein oder anderen Ecke, aber die Worte von Paul Auster haben mich wirklich sehr oft so berührt, dass man manchmal stocken musste, um weiterzulesen. Besonders angesprochen hat mich die Schreibweise des Autors. Er spricht nicht von sich in der ersten Person und seinen Erlebnissen. Sondern stellt den Leser quasi in seine Situation, in dem er immer sagt, dass „du“ in diesem Moment kein anderer warst, als ein sturer, unkooperativer Junge. Es hatte eine gewisse Wirkung, da sich zum einen der Autor selbst, in seinen niedergeschriebenen Worten, reflektiert, und zum anderen der Leser sich mit dem Autor ergänzen muss.

"[…] but nothing is more disconcerting to you than the ride in the plane itself. The strange sense of being nowhere […] ,the unreality of being propelled through space at five hundred miles an hour, so far off the ground that you begin to lose a sense of your own reality […] S. 115

Das Buch ist aber keineswegs eine Leier über das, ach so schwere Leben eines Autors. Nein, es ist ein Buch, welches ihm am Herzen liegt, um den Menschen aufzuzeigen, wofür es sich lohnt, im Leben durchzuhalten. Er schafft es auch an vielen Stellen, den Leser zum Lachen zu bringen und ihn nur mit wenigen Worten, wieder an die Magie der Literatur zu binden. Er benutzt zu dem verschiedene Stile, das Erlebte niederzuschreiben. Seine ersten Jahre bindet er zum Beispiel in die vielen Umzüge mit ein, die ihn an seine verschiedenen Lebensabschnitte erinnern. Man kann es ehrlich gesagt nur sehr schwer beschreiben. Aber man spürt einfach die Erfahrung, die Weisheit und auch die Hingabe, die der Autor mit den Jahren für sich entwickelt hat. Sicherlich gab es auch kleine Passagen, an denen mir der Autor nicht am sympathischsten vorkam, aber es gibt nun mal keine „perfekten“ Menschen, und das zeigt das Buch auch auf. Menschen machen Fehler, entweder sie lernen daraus, oder eben nicht. Und genau diese Tatsache, dass Paul Auster zu schätzen weiß, dass einem nicht unendlich viele Chancen im Leben gegeben werde, um gewisse Dinge wieder gutzumachen, machen ihn letztendlich doch sympathisch. Ich werde mich sicherlich noch an weitere Werke von ihm wagen. Zudem, wer sich vielleicht auch für den Autor und seine Geschichte interessiert, es gibt auch ein weiteres „Journal“, welches sich im deutschen „Bericht aus dem Inneren“ nennt. 

"[…] since who you are is a mystery and you have no hope that it will ever be solved.” S. 117



Sehr gefühlvolle und ehrliche Darstellung seines Lebens und seiner Empfindungen. Nicht durchgehend „Happy End“ mäßig, was das Buch dadurch sehr emotional und auch „echt“ wirken lässt. Man fühlt sich nicht gelangweilt und ist erstaunt über das chaotische und sehr weitgreifende Leben des Autors. Von meiner Seite aus eine wirkliche Leseempfehlung, auch wenn es an manchen Stellen, thematisch nicht ganz mein Fall war. 




4 Kommentare:

  1. Es kommt so selten vor, dass ich Besprechungen zu solchen Büchern auf einem Buchblog entdecke, umso glücklicher bin ich dann, wenn es doch geschieht :)

    Ich kann dein Fazit so nur unterschreiben, denn ich habe das Buch auch unheimlich gern gelesen und war überrascht, dass sich ein biografischer Titel so unbefangen und unterhaltsam lesen lässt. Gut, dass du mich daran erinnert hast, wie viel Spaß ich damit hatte. Vielleicht lege ich mir bald mal "Berichte aus dem Inneren" zu.

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    1. Ich bin auch sehr angetan von der Idee mir noch "Berichte aus dem Inneren" zuzulegen!

      Das freut mich sehr! Manchmal sieht man auf Buchblogs wirklich immer nur dieselben Bücher.. : D


      Liebe Grüße,
      Karin

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  2. Bei dir ist Lesen immer so eine verdammt sexy Angelegenheit! ;-)

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