Gedankenschnappschuss: Ein wenig Leben

März 10, 2017



" »Wie ist das bei dir gewesen, Jude?« war er zu Beginn des Semesters manchmal gefragt worden, doch da war er bereits klug genug gewesen - er lernte schnell -, lediglich mit den Schultern zu zucken und lächelnd zu sagen: »Zu langweilig, um davon zu erzählen.« Er war erstaunt, aber auch erleichtert darüber, wie bereitwillig sie das akzeptierten, und dankbar für ihre Ichbezogenheit. Keiner von ihnen interessierte sich für die Geschichten der anderen; jeder wollte nur seine eigene erzählen." - S.128 aus "Ein wenig Leben" von Hanya Yanagihara

Knappe zweihundert Seiten habe ich derzeit erst von meiner aktuellen Lektüre "Ein wenig Leben" gelesen und kann meine Eindrücken kaum zurückhalten. Die Handlung selbst bewegt sich noch an der Oberfläche, es knistert und bröckelt vorerst nur. Die Umrisse der Protagonisten wurden gezeichnet und entfalten sich langsam. Was mich aber jetzt schon beeindruckt, ist die Schreibweise und die Zwischentöne, welche angeschlagen werden. Darin liegt so viel Nähe zum Leben und eine ganz besondere Reflektiertheit derer, die nicht vom ständigen Glück gezeichnet sind. Die paradoxe Zartheit der Aussagen ist für mich ebenso einzigartig. Wie kann etwas so Schmerzhaftes, so unschuldig klingen? Meine Post-its sind jedenfalls in Dauerbetrieb. Es ist so ein Buch, welches "gehyped" wird und dadurch den typischen Status des überschätzten Buches tragen könnte, für mich ist es derzeit aber eines der intensivsten Lektüren, auf deren Weiterlesen ich mich jedes Mal freue, wenn ich dazu greife und damit gleichzeitig bereit bin, von einer tiefen Traurigkeit getroffen zu werden...


4 Kommentare:

  1. ich hab gerade deinen blog entdeckt und bin echt begeistert. ich mag deine wortwahl irgendwie unglaublich gerne und bin dir jetzt mal gefolgt, da ich schon gespannt auf die rezension von diesem buch bin :)

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  2. Je mehr ich von dem Buch lese, desto sicherer bin ich dass es auch bei mir unbedingt einziehen muss! Bin gespannt was du am Ende sagst. Hast du schon von "Depression abzugeben" gehört? :)

    Allerliebste Grüße, Sandy ☕

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    1. Hab das Buch heute beendet und bin irgendwie immer noch so aufgewühlt. Also mich hat es wirklich mehr beansprucht, als ich auch am Anfang gedacht hatte. Aber ich finde es gut, auch wenn es solche schwierigen Themen anspricht.

      Von dem Buch habe ich tatsächlich noch nichts gehört, aber ich werde mich mal demnächst etwas schlau machen. Danke für den Tipp. :)


      Liebe Grüße
      Karin

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    2. Ein wenig spät, aber so spannend zu lesen dass es dich bis zum Schluss so gefesselt hat! Werde mir deine Rezi so bald wie möglich anschauen. :)

      Und bei Depression abzugeben fand ich wirklich interessant, eine Stimme aus Deutschland zu dem Thema zu hören. Falls du es liest sag auf jeden Fall Bescheid!

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