Die magische (Wasser-) Welt von Kirsty Logan

April 25, 2019





Vor knapp einem Jahr bin ich in die Welt von Kirsty Logan eingetaucht. Eingetaucht in eine ganz besondere, ganz eigene, mystische Welt, die sich stark auf das Element Wasser fokussiert. Überflutete Länder, Zirkusse auf Schiffen, die weiten Meere und deren geheimnisvolle Bewohner. All dies wird dem Leser in Logans Büchern nähergebracht. 
Sie weisen zudem etwas Magisches auf und spielen mit der Überlegung, ob die erzählte Geschichte nun wahr oder teilweise erfunden ist oder auch in wieweit die Bücher in unserer Welt spielen. Dadurch werden die Bücher gerne auch mit dem Begriff des "Magic Realism" in Verbindung gebracht. Also durchaus Erzählungen, die eine realistische Spiegelung unserer Welt sind, dabei aber Elemente des Phantastischen aufweisen.

Der erste Roman, den ich von Kirsty Logan gelesen hatte war "The Gloaming". Er hat mich unweigerlich in den Bann gezogen und nicht mehr losgelassen. Ich war wirklich davon überzeugt, dass mir eine Geschichte in die Hände gefallen ist, die ich schon sehr lange gesucht habe und die auf mich gewartet hat. Ich verspürte eine durchgehende Emotionalität, die ich selbst nicht erklären konnte, aber der Roman ist zu einen meiner absoluten Lieblingsbücher geworden. 

"Unless - Pearl grinned in the dark. Unless the magician only pretends it´s a trick, so you won´t know that the magic is real." ("The Gloaming")

Es hat schließlich fast ein Jahr gedauert, bis ich die beiden Vorgänge gelesen habe. Auch sie haben für mich eine ganz eigene Botschaft bereitgehalten, haben mich in gewissen Teilen berührt und bewegt, haben mich in eine neue Wasserwelt eingeladen. Und doch kamen sie nicht ganz an "The Gloaming" heran.
Was mich dabei jedoch erstaunt oder verwundert, ist, dass es scheinbar vielen Lesern so geht. Der erste Roman, den sie von der Autorin lesen, bleibt ihr Liebling. Vielleicht, weil sie damit etwas Neues entdeckt haben und davon so beeindruckt gewesen sind, dass dieses Buch ein Ausdruck und Zeichen eben dieses Moments bleibt. Was nicht bedeutet, dass man die anderen Geschichten nicht mag, sie sind aber mit der ersten verwandt, ergänzen sie um einige Elemente, fügen sich zusammen und bilden eine noch größere Geschichte. Man nimmt sie aber nicht mehr als wirklich eigenständig wahr. Alles scheint miteinander verknüpft zu sein.

Als ich mit "The Gracekeepers" begonnen habe, wusste ich aus den Beschreibungen und auch von "Miss Bookiverse", was mich in etwa erwarten würde. Ein auf dem Meer treibender Zirkus, eine überwiegend überflutete Welt und zwei Protagonistinnen, die miteinander verbunden sein würden.
In diesem Roman geht es, wie in "The Gloaming" ruhiger zu. Es geschieht zwar einiges, das wie ein aufbrausendes Meer erscheint, aber die Geschehnisse werden mit einer ruhigen, klaren Stimme erzählt. Eher wie das Treiben eines kleinen Bootes auf dem Meer, das sanft hin und her gewogen wird - Im Hintergrund aber lautes Donnergrölen.
Mich bewegte die innige Beziehung zwischen North, einem Mädchen welches Teil des "Flaoting Circus" ist und ihrem Partner der Auftritte, einem Bären. Ja, einem echten Bären (Auch hier treffen die Ebenen des Magischen und des Realen aufeinander). Es sind meist kurze Beschreibungen, die ihre Verbindung einfangen, aber sie entwickeln sich in dem Roman zu stark, dass dies vor allem zum Ende der Geschichte sehr gefühlvoll wird. Auch Callanish, die zweite Protagonistin durchlebt gewisse Abenteuer, wenn auch auf andere Weise, denn sie lebt an Land. Ein Zustand, der nicht vielen vergönnt ist. Dennoch hat sie ihr eigenes Päckchen zu tragen, sodass der Roman den Fokus nicht nur auf die spezielle Art des Lebens setzt, sondern auch auf persönliche Schicksale, die sich mit Vergebung und dem eigenen Seelenfrieden beschäftigen.

"North stuck her head back into the coracle, listening for the snuffle of her bear in sleep. If he was there, then nothing bad could happen to her, not even if the sea swallowed the bones of everyone in the world." ("The Gracekeepers")

Da ich durch den zweiten Roman also wieder von der Autorin und ihren Geschichten angetan gewesen bin, habe ich kurz darauf noch zu dem Erzählband "A Portable Shelter" gegriffen.
Das Merkwürdige hier ist ebenfalls, dass ich zunächst dachte, dass ich die Kurzgeschichten nicht so sehr mochte, wie die Romane. Je länger man aber über die Erzählungen und deren Verknüpfungen nachdenkt und sie eventuell noch einmal liest, desto mehr entfalten sie ebenfalls eine ganz spezielle Melancholie, die einen nicht ganz loslässt.
Logan vereint hier dreizehn Märchen oder überlieferte Familiengeschichten, die aber vollkommen der Wahrheit entsprechen sollen. Einer Wahrheit, die irgendwo in diesen Worten verborgen liegt. Allein dies macht das Buch zu einer kleinen Schatzkarte. Entdeckt man irgendwo ein verstecktes Geheimnis, das man zusammenfügen kann? Stellt man fest, dass es einfach nur Geschichten sind? Was zieht man für sich aus diesen doch teilweise skurrilen Erzählungen?
Besonders eingenommen hat mich aber die Grundstruktur des Buches. Es sind keine komplett voneinander isolierten Kapitel, denn die Erzählerinnen sind zwei Frauen, zwei Mütter, die ein Kind erwarten und diesem Kind abwechselnd etwas zuflüstern, bevor es geboren wird. Sie lassen dabei aber auch nicht die grausamen Details aus, die zum Beispiel von Hexen erzählen, die Kinder verschlingen oder Frauen, die sich von Männern abhängig machen und scheinbar alles verlieren.
Es sind Geschichten, die das Leben widerspiegeln, die traurig sind, die manchmal ein kleines Lächeln entlocken, die auch hier sehr oft mit dem Meer und dem Wasser in Verbindung stehen und die ebenso magisch wie auch real sein könnten, je nachdem wie man sie betrachtet und interpretiert.
Auch hier ist die Dynamik zwischen den beiden Frauen (wie auch bei "The Gracekeepers") sehr intensiv und stimmig.

"The dark brings stories, and I want to share one." ("A Portable Shelter")

Bei allen drei Büchern entlockte mir das Ende einen Seufzer. Aus Freude, Trauer oder anderen emotionalen Gemütslagen? Um das herauszufinden, lade ich euch gerne dazu ein, ebenfalls in die wunderbaren Geschichten der Autorin einzutauchen und euch von den ruhigen Tönen mitreißen zu lassen. Ich werde derweil sehnsuchtsvoll auf weitere Romane von Kirsty Logan warten und hoffen, dass sich das Wasseruniversum um ein weiteres Stück ergänzen lässt.




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Welttag des Buches 2019: Der Besuch von Buchhandlungen auf Reisen

April 23, 2019

Fotos zwei und drei: "American Book Center" in Amsterdam
"Perhaps that is the best way to say it: printed books are magical, and real bookshops keep that magic alive."   - Jen Campbell ("The Bookshop Book")

Heute ist wieder Welttag des Buches und wie feiert man ihn besser, als entweder mit dem Lesen von Büchern selbst oder einem Besuch in der Buchhandlung? Vielleicht mit beidem? 

Buchhandlungen in der eigenen Stadt zu besuchen, darin zu verweilen und neue Bücher zu entdecken ist ein durchaus schönes Erlebnis, vor allem wenn die Atmosphäre stimmt. Buchhandlungen in einer fremden Stadt oder sogar einem anderen Land zu besuchen ist aber noch einmal etwas ganz Besonderes, denn man kennt sich in ihnen nicht so gut aus, wie in den schon oft besuchten in der Heimatstadt. Man betritt diese Läden zum ersten Mal und ist von dem Anblick (wenn es gut läuft) direkt eingenommen. Ein neues Schaufenster, das es zu entdecken gibt, eine neue Einrichtung, neue Thementische oder gar andere Buchbereiche, Bücher in anderen Sprachen und eine neue Atmosphäre. 
Und dennoch haben diese Buchhandlungen immer etwas Heimisches. Irgendwie findet man sich immer zurecht, entdeckt vielleicht ein Lieblingsbuch und freut sich, es auch in anderen Städten und Ländern auf den Präsentiertischen zu sehen. 
So erging es mir zumindest, als ich am Ostersonntag mit meiner Familie einen Ausflug nach Amsterdam unternommen habe. Zwar sind wir schon relativ erschöpft von anderen Sehenswürdigkeiten und Unternehmungen in den Buchhandlungen angekommen, aber die Begeisterung und die Freude an diesen Orten ist jederzeit vorhanden. Selbst eine Stöberrunde von wenigen Minuten lässt das Bücherherz höher schlagen. 

  • Die erste Buchhandlung, die wir in Amsterdam betreten haben war das "American Book Center". Äußerlich geht es vielleicht etwas unter, besonders wenn man die gegenüberliegende Buchhandlung "Atheneum Boekhandel" mit den Überdachung erblickt, aber im Inneren wird man mit einem kleinen Paradies belohnt.
    Man kommt in einen sehr charismatischen Eingangsbereich. Blickt man hoch, sieht man nichts als (englischsprachige) Bücher und meterhohe Bücherregale. Die Treppen und auch die Inneneinrichtung haben, meiner Meinung nach, etwas Altertümliches (wenn auch auf moderne Art und Weise), was für eine sehr gemütliche Stimmung sorgt. Bisschen uneben hier und da, fühlt man sich auch ein wenig wie in einer Buchhandlung, die aus einem Film stammen könnte. Insgesamt besteht der Laden aus drei Etagen, aufgeteilt auf die jeweiligen Genres. Zudem gibt es eine ganze Menge reduzierter Bücher, die passend bei den Themengebieten ausgelegt sind. Sollte man schon genügend Bücher besitzen, hält der Buchladen auch einiges an literarischem Zubehör bereit zum Beispiel schöne Lesezeichen, Buchtaschen und Ähnliches.
  • Die zweite besuchte Buchhandlung war die "Waterstones"-Filiale. Eigentlich ein englische Shop, findet man ein Exemplar davon eben auch in Amsterdam. Auch hier ist das Konzept natürlich auf englischsprachige Bücher ausgelegt. Penguin Classics, Barnes & Noble Collectible Editions, MinaLima Bücher und natürlich die ganz "normalen" Romane und Non-Fiction Bücher lassen sich hier finden. Auch hier gibt es zudem eine interessante Auswahl an literarischem Zubehör.
    Was besonders für schöne Stimmung sorgt sind die vielen literarischen Poster und Bilder, die in unterschiedlichen Bilderrahmen an den Wänden hängen. Hallo Inspirationsquelle! Und auch hier ist die Buchhandlung zwar modern, aber in einem klassisch gemütlichen Stil eingerichtet. Dunkles Holz, viele verteilte Sessel und runde Büchertische, die prall gefüllt sind.
  • Die letzte Buchhandlung, die wir aufgesucht haben hat sich schließlich eher als modernes Antiquariat entpuppt. Im "New English Bookstore" gibt es sehr viele preisreduzierte Bücher, welcher Klassiker, Romane, Biographien, Kochbücher und Kinderbücher bereithält. Ist zwar sicherlich nicht so charmant und schön möbliert wie die beiden oberen Buchhandlungen, aber durchaus interessant, wenn man günstigere Bücher sucht und einfach mal stöbern möchte.
    Da wir etwas mehr Zeit mit dem Besuch von dem Van Gogh Museum und einer Grachtenfahrt verbracht haben (Lohnt sich übrigens beides sehr!), sind wir an den Läden angekommen, als sie bereits schließen wollten oder es in kürze in Angriff nehmen würden. Dennoch waren diese kurzen Momente in den Buchhandlungen ebenfalls ein kleines Highlight.

Ich liebe es, auf Reisen Buchhandlungen zu betreten oder sie zumindest von außen zu betrachten. Meiner Meinung nach wäre es unfassbar schade, wenn man an den Punkt kommen sollte, dass man sie nicht mehr entdeckt, weil sie durch die (Online-)Konkurrenz "aussterben". Sie sind ein so wichtiger und schöner Ort für das Stadtbild (denn ohne sie wäre es wirklich trist) und ich hoffe, dass nicht nur Viellesern und Buchbloggern die Buchhandlungen wichtig sind, sondern auch den "Weniglesern". 
Lasst uns den Welttag des Buches daher feiern und darüber hinaus weiter dafür sorgen, dass Bücher und Buchhandlungen in unserer Stadt und anderen Städten und Ländern erhalten bleiben, damit es immer einen Ort gibt, an dem wir uns willkommen fühlen und überall in fremde Welten eintauchen können.
Und nicht vergessen: Steckt andere Menschen weiter mit eurer Begeisterung an. Man weiß nie, wann man jemanden dazu bekommt auch eine Bücherleidenschaft zu entwickeln. Manche können vielleicht nicht so viel mit Büchern anfangen, aber einige wissen es vielleicht noch nicht!


Feiert ihr den Welttag des Buches mit einem besonderen Buch, eurer aktuellen Lektüre oder einem Besuch in der Buchhandlung? Habt ihr ein anderes literarisches Event geplant? Oder ist der Tag für euch in dem Sinne nichts Spektakuläres?

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Osterfeiertage

April 21, 2019



Zu aller erst möchte ich allen, die es denn überhaupt feiern, frohe Ostern wünschen!
Ich persönlich bin einfach kein Fan der Kirche als Institution und "feiere" solche Tage auch nicht dort, nichtsdestotrotz finde ich es schön, wenn man sich die Zeit nimmt und bewusst darüber nachdenkt, wozu diese Feiertage eigentlich da sind und wie sie entstanden sind. Es scheint, als bräuchten wir sie, damit wir in dem Alltagstrott immer mal wieder einen Schritt zurückgehen und uns auf das wirkliche Wichtige besinnen. Auch wenn es den einen mehr gelingen mag, als den anderen.

Die ruhige Zeit kann man aber natürlich auch mit einem guten Buch oder Film überbrücken. Ich muss gestehen, dass ich mit meinem Freund bereits einen Osterhasenfilm geschaut habe, der nicht wirklich was mit dem eigentlichen Feiertag zu tun hatte. Typisch Hollywood-mäßig, fast wie die Weihnachtsfilme. Aber süße, animierte Hasen kriegen mich irgendwie immer. 
Zudem habe ich über die Tage zu "A Portable Shelter" von Kirsty Logan gegriffen. Ich habe erst einige Seiten angelesen, aber ich bin bereits sehr angetan. Mal sehen, ob das so bleibt.
Ansonsten ging es für mich noch auf einen kleinen Osterausflug mit Kulturprogramm.Vielleicht wird es dazu in nächster Zeit noch einen separaten Beitrag geben.
Bis dahin: Genießt die Osterzeit.


Wie verbringt ihr die Osterfeiertage? Feiert ihr sie? Versteckt, bemalt, sucht ihr nach Ostereiern? Oder greift ihr lieber zu einem Buch?


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Die Farbe von Milch von Nell Leyshon

April 20, 2019

Werbung ~ Rezensionsexemplar (Original: "The Colour of Milk"/ 2013) Heyne (2019), Übersetzer/in: Wibke Kuhn (aus dem Englischen), ★★★★(☆) 4,5 Sterne
„' Mein Name ist Mary. Mein Haar hat die Farbe von Milch. Und dies ist meine Geschichte.'
Mary ist harte Arbeit gewöhnt. Sie kennt es nicht anders, denn ihr Leben auf dem Bauernhof der Eltern verläuft karg und entbehrungsreich. Doch dann ändert sich alles. Als sie fünfzehn wird, zieht Mary in den Haushalt des örtlichen Dorfpfarrers, um dessen Ehefrau zu pflegen und ihr Gesellschaft zu leisten – einer zarten, mitfühlenden Kranken. Bei ihr erfährt sie erstmals Wohlwollen und Anteilnahme. Mary eröffnet sich eine neue Welt. In ihrer einfachen, unverblümten Sprache erzählt sie, wie ihr Schicksal eine dramatische Wendung nimmt, als die Pfarrersfrau stirbt und sie plötzlich mit dem Hausherrn alleine zurückbleibt.“

MEINE MEINUNG / FAZIT  

"Ich stützte die Hände in die Hüften. Ich hab mein Leben lang ständig Ärger bekommen, sagte ich, aber das hat mich noch nie davon abgehalten weiter zu sagen was ich denke." S.11

Obwohl der Roman aufgrund des Bildungsstands der Protagonistin und in Anlehnung an die Ausdruckweise eher einfach erscheint, ist er nicht einfach zu verkraften. Besonders der letzte Teil hat einige sehr intensive Passagen, die auf körperliche Gewalt bezugnehmen.
Nell Leyshon erschafft mit der Figur Mary ein Mädchen, welches weiß, was sie kann und was sie will, was sie vom Leben erwartet. Vieles erscheint ihr so simpel, die Menschen in ihrer Umgebung aber verhalten sich so, als würde es für sie manchmal keinen Sinn ergeben. Zu viele Regeln, zu viele Bestrafungen, zu wenig Nächstenliebe. 
Was den Leser an der Protagonistin aber vor allem begeistert, ist die ehrliche und direkte Art, wie sie ihre Geschichte erzählt. Sie gerät durch ihre Äußerungen manchmal in Schwierigkeiten, erhält gerade dadurch aber auch Möglichkeiten, die sie weiterbringen. Sie ist einigen Menschen durchaus dankbar, aber sie verliert sich nicht in dem Dank. Sie weiß, dass sie selbst auch viel leistet und erarbeitet, fühlt sich also nie völlig untergraben. Das ist eine Eigenschaft der Figur, die sich durch den ganzen Roman zieht und die unheimlich wichtig ist. 
Grundsätzlich sieht der Leser durch Mary viele Dinge anders, obwohl man auf Anhieb versteht, welche Beziehungen und Konfrontationen problematisch sind. Durch ihre sehr einfache und direkte Sicht auf die Lebensweisen, lässt sie aber alles so einfach wirken. Zum Beispiel, wenn es darum geht, dass es selbstverständlich ist, dass man älteren Familienmitgliedern hilft und sich um sie kümmert oder dass man Menschen die Wahrheit schonungslos ins Gesicht sagen muss, auch auf die Gefahr hin, dass sie trotzdem nichts daran ändern werden. Der Versuch, etwas besser machen zu wollen, ehrlicher machen zu wollen, zählt.

"‘Schau mich an, sagte ich, ich hab diese große Futterkiste rausgezerrt. Ich hab nicht gesehen dass Gott da seine Finger im Spiel gehabt hätte.'
                'Kann schon sein dass er kein Futter rumzerrt, sagte sie. aber er lässt es wachsen.‘
Verdammt aber auch, sagte ich, und ich dachte doch tatsächlich ich hätte die ganze Saat ausgebracht.'“ S.10

Die Thematik rund um den Glauben und die göttliche Macht wie auch das Verhältnis zwischen Gut und Böse spielen in diesem Roman ebenfalls eine zentrale Rolle. Besonders wenn man die Zeit betrachtet, in welcher der Roman spielt (um 1830), setzt man sich mit der Ideologie dieser Kraft Gottes auseinander. Zudem wird durch die Figur des Pfarrers natürlich erweiternd darauf eingegangen, in wieweit die guten Absichten an Kraft verlieren, wenn Menschen selbst zu schwach sind, um das "Gute" zu beherzigen und umzusetzen. Daraus folgen natürlich auch Überlegungen, die darauf anspielen, wie unehrlich Menschen sein können (zu sich selbst und anderen gegenüber), wie sie sich von ihrem Schein, den sie nach außen hin versuchen aufrechtzuerhalten, abgrenzen und wie der Glaube als Vorwand dienen kann, um sich dahinter zu verstecken.
Der Roman bietet wirklich einiges an pikanten Gesprächsthemen, die in Kombination mit der Protagonistin durchaus gut funktionieren. Man fühlt immer mit ihr mit, versucht ihre Hinweise, die am Anfang jedes neuen Kapitels auftauchen, zusammenzusetzen und man empfindet oftmals auch einfach eine gewisse Begeisterung für sie, weil sie sich auf dem Weg nicht selbst verliert und weiterkämpft.

"Mutter, fragte ich, wenn ich ein Baby bekommen würde, hätte das dann auch so ein Bein wie ich? Weiß nicht, sagte sie. Kein Mensch weiß vorher was er kriegt. Ich hab dich gekriegt und schau dich doch an." S.44
 

Sicherlich ein Roman, der nicht für alle leicht zu verkraften ist. Besonders das letzte Drittel spielt zunehmend auf körperliche Gewalt an. Die Protagonistin Mary lässt den Leser aber keineswegs unberührt. Sie ist direkt und gibt all ihre Erfahrungen an den Leser weiter. Ihr Schreibstil ist eher simpel, offenbart aber dadurch schonungslose Wahrheiten, die andere Menschen in ihrer Umgebung versuchen, gerade durch die gebildetere Sprache, zu verschleiern. Es ist eine Geschichte die den Leser bewegt und die darüber hinaus Fragen stellt, die sich auch auf den Unterschied zwischen "gebildeten" und "einfachen" Leuten und deren moralisches Verhalten bezieht.


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Bücher für ein Hygge-Gefühl

April 11, 2019


Wenn der Alltag wieder einmal zu anstrengend, zu grau erscheint, dann greift man am besten zu einem Buch und macht es sich hyggelig.
Doch was ist Hygge überhaupt? Hygge ist ein Gefühl das man hat. Ein gemütliches, entspanntes, vom Stress losgelöstes Gefühl, das einem besonders Zuhause helfen soll, nicht ständig zu grübeln, sondern den Moment zu genießen. Wichtig dabei ist eher die Atmosphäre in der Wohnung, auf die man natürlich selbst den größten Einfluss hat. Wer hier ganz nach Ratgeber gehen möchte, zündet am besten einige Kerzen zum Leseabend (oder -Tag) an. Wichtig dabei: Gut durchlüften, denn Kerzen sind nicht gerade gesund, wenn sie in geschlossenen Räumen abbrennen.

Da mein letzter Monat ganz im Zeichen der "gemütlichen Lektüre" stand und ich selbst öfters gerne zu Büchern greife, mit denen man sich nach einem eher turbulenten Tag entspannen kann, dachte ich mir, stelle ich eine kleine Liste zusammen. 
Grundsätzlich eignet sich natürlich jedes Buch für hyggelige Lesestunden, unabhängig von dem Genre. Doch wenn ich so durch meine Bücherregale schaue, dann verbinde ich mit Hygge ganz bestimmte Bücher. Bücher, die vielleicht etwas umfangreicher sind, damit man sich endlich mal etwas mehr Zeit zum Lesen nimmt (sie können einen dabei durchaus fordern, sollten aber nicht überanstrengen) oder damit man einen komplett verregneten Tag auskosten kann. Oder Bücher, die eben einfach dieses wohlige Gefühl zurücklassen, wenn man sich an sie zurückerinnert.

Daher hier eine kleine Auswahl an Büchern, die ein Hygge-Gefühl verbreiten (Die Liste kann man natürlich beliebig erweitern):

Die Basics:
  • "The Little Book of Hygge" von Meik Wiking: Wie schafft man es am einfachsten, sich in eine hyggelige Stimmung zu versetzen? Natürlich mit einem amüsanten Hygge-Ratgeber. Meik Wiking bringt uns den dänischen Lebensstil auf unterhaltsame Weise näher, mit Bildern, Statistiken, Anekdoten und kleinen Hilfestellungen, wie man sein Zuhause zu einer wahren Wohlfühlzone macht. Unbedingt lesenswert, um sich einen ersten Überblick zu verschaffen, auch wenn man vieles sicherlich bereits beherzigt. Denn, wie er auch selbst erwähnt, nicht nur die Dänen kennen sich mit Hygge aus - der Unterschied liegt in der Bezeichnung.

Hygge-Stimmung ohne Genrekategorie:
  •  "The Luminaries" von Eleanor Catton: Eines der wohl längsten Bücher auf der Liste, aber eines, das sich am Ende mehr als lohnt. Die Geschichte begleitet einen so lange, dass man einfach mit den Figuren zusammenfindet und sich intensiver mit ihnen beschäftigt. Auch wenn es manchmal etwas langsamer voran geht, entfaltet das Buch eine sehr eigene, interessante, geheimnisvolle Stimmung, nach der man sich nach Beenden doch zurücksehnt. Allerdings muss man bereit sein, sich mit vielen Namen und Figuren vertraut zu machen.
  • "The storied life of A.J. Fikry" von Gabrielle Zevin: Bücher, Bücher, Bücher und eine Buchhandlung. Was gibt es Schöneres für eine Hygge-Stimmung? Die Geschichte ist zwar recht schnell ausgelesen, aber sie hinterlässt einfach ein gutes Gefühl ohne allzu kitschig zu sein.
  • "Stardust" von Neil Gaiman: Man könnte sicherlich noch weitere Bücher des Autors anführen, aber Stardust ist wohl eines, das am besten passt. Märchenhaft, frech, schräg, spannend, komisch und einfach nur voller Fantasie entführt uns Gaiman auf einen Weg, den wir gemeinsam mit einem (wahrhaftigen!) Stern als Protagonistin entlang wandern. Eines der Bücher, die ich wirklich immer lesen könnte, wenn ich eine wohlige Stimmung benötige.
  • "Dinner mit Edward" von Isabel Vincent: Zugegeben, hundertprozentig überzeugt hat mich das Buch damals nicht, aber den Hygge-faktor hat es in der Tat. Das liegt sicherlich daran, dass Essen bei der Philosophie der Dänen eine sehr große Rolle spielt - und vor allem auch viel Fleisch (wo ich persönlich leider raus bin). In "Dinner mit Edward" gibt es sehr viele Essensbeschreibungen und einige Lebensratschläge, die man sich gerne durchliest und die für einige Stunden bei Kerzenschein und einer kuscheligen Decke sicherlich ganz interessant sein können. 
  • "Was im Leben wichtig ist" (herausgegeben) von Richard Reed: Auch einige Sachbücher eignen sich wunderbar. In diesem Buch hat Reed einige erfolgreiche, bekannte oder bemerkenswerte Persönlichkeiten getroffen und sie nach dem gefragt, was für sie wichtig ist. Daraus hat sich ein Band ergeben, der voller guter Motivationen und inspirierender Lebensläufe steckt. Liest sich dabei gut bei einer heißen Tasse Tee / Kakao oder aber auch tatsächlich an warmen Sommerabenden. 
  • "S - Das Schiff des Thesues" von J.J. Abrams & Doug Dorst: Auf den ersten Blick erscheint dieses Buch vielleicht als ungewöhnliche Wahl, da es wirklich viel Aufmerksamkeit von dem Leser verlangt und man sich etwas mehr anstrengen muss, um alle Puzzleteile zusammenzufinden. Aber genau hier setzte bei mir auch gleichzeitig das Hygge-Gefühl ein - Man nimmt sich die Zeit und geht jedem Hinweis nach, nimmt die beigefügten Zeitungsartikel zur Hand, studiert sie ausgiebig und liest sich durch die, von den "Protagonisten" angemerkten, Notizen im Buch. Es ist sozusagen eine Geschichte in einer Geschichte. Geheimnisvoll und doch am Ende rührend lässt es einen dann mit einem Gefühl zurück, als hätte man etwas ganz Großes entdeckt, aber etwas, das nur für einen selbst bestimmt ist, was die anderen leser des Buches vielleicht nicht herausgefunden haben - oder aber vielleicht begibt man sich nach einiger Zeit erneut auf die Suche nach weiteren Antworten, die möglicherweise offen geblieben sind.
    Dass das Buch dabei wie eine alte Bibliotheksausgabe gestaltet ist, macht das ganze noch gemütlicher.

Gut für´s Herz:
  • "The Secret Lives of Dresses" von Erin McKean: Das Buch habe ich selbst erst letzen Monat gelesen, eben in einer stressigen Zeit, in der ich beim Lesen einfach abschalten wollte. Daher ein ganz klarer Hygge-Kandidat. Es geht um eine Protagonistin, die aufgrund eines familiären Notfalls zurück in ihre Heimatstadt zurückkehrt und sich die Frage stellen muss, wonach sie sich wirklich sehnt und was sie sich für ihre Zukunft wünscht. An sich keine gänzlich neue Handlung, die Idee mit den "geheimen Leben der Kleider", die in dem Geschäft ihrer Großmutter hängen machen daraus aber eine wirklich schöne Geschichte mit viel humorvollen und rührenden Passagen.
  • "The Secrets of Happiness" von Lucy Diamons: Besonders hyggelig wirds anscheinen mit Geheimnissen, zumindest, wenn man nach den Buchtitel geht. Wie dieser Fall bestätigt. Die Geschichte dreht sich um eine (Stief-)Schwesterbeziehung, die nicht ganz problemlos verläuft. Doch durch ein Ereignis im Leben einer der Protagonistinnen sehen sie sich gezwungen, einige Dinge auszudiskutieren. Dies sorgt auch hier für einige zukunftsweisende Entwicklungen. Was mir hierbei besonders gefiel: Die Autorin ist darauf bedacht, problematische Verhaltensweisen bei den Geschlechterrollen aufzuzeigen und verliert sich nicht in den typischen Klischees. Man rollt nicht ständig mit den Augen, weil Standardsätze fallen und die Schwestern sind auch keine hilflosen Weibchen, die auf die große Liebe warten. Es geht tatsächlich eher um die Familie und um die Verbindung der Geschwister. Daher definitiv gut für eine hyggelige Atmosphäre. Hier finden sich zudem ganz zum Schluss auch einige Rezepte, die im Buch gebacken / gekocht wurden. Also ein Hygge-Pluspunkt.
  • "The Lark" von E. Nesbit: Diese Geschichte, in welcher ebenfalls zwei Protagonistinnen versuchen sich gemeinsam durchzuschlagen und unter anderem ein Blumengeschäft ins Leben rufen möchten, ist nicht wirklich als Liebesroman ausgelegt, könnte also auch durchaus ohne Kategorie auskommen. Aber wenn ich an das Buch zurückdenke, dann ist es ein Inhalt, der sich schon irgendwie um das Herz schmiegt. Vor tatenkraft sprühende junge Frauen, die mal mehr, mal weniger Glück im Leben haben, die natürlich auch auf den einen oder anderen attraktiven Mann treffen und die füreinander da sind. Liest sich aber tatsächlich besser im Sommer, da die beschriebene Stimmung so mehr wirkt.

Die Klassiker:
  • "Das Haus der vergessenen Bücher" von Christopher Morley: Man kann hier sicherlich noch die Vorgeschichte des Buches, "Eine Buchhandlung auf Reisen" hinzuzählen. Hier kann sich der Leser wunderbar in die Welt der Bücher fliehen und unter anderem auf Spurensuche gehen. Perfekt, um sich wirklich für einen ganzen Abend in eine andere New-Yorker-Welt zu begeben und in das Jahr 1919.
  • Auf Spurensuche und in Hygge-Stimmung kann man sich auch ohne Zweifel mit den Fällen von Sherlock Holmes begeben. Zum Beispiel mit "A Study in Scarlett" von Arthur Conan Doyle. Ein zeitloser Klassiker, bei dem man mitgrübeln, mitschmunzeln und sich einfach gut unterhalten fühlt. Wer zudem gerne Adaptionen des bekannten Detektivs liest, der sollte mal auf dem Blog "Fiktion. fetzt" von der lieben Karo vorbeischauen. Dort gibt es hinsichtlich dieser Thematik wirklich alles, was das Herz begehrt!
  •  Mein persönlicher Favorit ist aber "Jane Eyre" von Charlotte Bronte. Ein wenig geheimnisvoll und mit Andeutungen an Geister, ein wenig verspielt und herzerwärmend durch die Beziehung zwischen Mr. Rochester und Jane und zum Schluss noch einmal etwas spannender durch gewisse Handlungsstränge, die man nicht unbedingt erwartet. Wenn es draußen stürmt und regnet passt die Lektüre zudem doppelt so gut.
  • Generell eignen sich aber eigentlich alle Klassiker, zum Beispiel auch Charles Dickens, der den Leser in das alte England entführt. Zwar nicht Dickens selbst, aber ähnlich ist zudem auch "Jack Engles Leben und Abenteuer" von Walt Whitman. Auch hier steht ein zu lösendes Geheimnis im Vordergrund und die wirklich ansprechende Atmosphäre der Stadt lässt den Leser den eigenen Alltagswahnsinn für kurze Zeit vergessen.

Habt ihr euch schon mit dem Hygge-Konzept beschäftigt? Hilft euch eine bestimmte Atmosphäre beim Lesen? Habt ihr bestimmte Bücher, die für euch ganz besonders hyggelig sind? 

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Der Bücherdrache von Walter Moers

April 08, 2019





Werbung ~ Rezensionsexemplar (Original: "Der Bücherdrache"/ 2019) Penguin Verlag, mit Illustrationen von Walter Moers, Übersetzer/in: -, ★★★★☆ 4 Sterne
„In den Katakomben von Buchhaim erzählt man sich eine alte Geschichte vom sprachmächtigen Drachen Nathaviel. Angeblich besteht er aus lauter Büchern, die von der mysteriösen Kraft des Orms durchströmt sind. Die Legende besagt, der Bücherdrache habe auf jede Frage die richtige Antwort.
Der Buchling Hildegunst Zwei, benannt nach dem zamonischen Großschriftsteller Hildegunst von Mythenmetz, macht sich eines Tages auf den Weg in den Ormsumpf, wo Nathaviel hausen soll.“

MEINE MEINUNG / FAZIT  

"Dreieckige und fünfeckige Bücher gab es da, sogar sternförmige und runde! Rares Zeug aus versunkenen Kulturen, von längst vergessenen Völkern." S.46

Die Buchlinge sind wieder los! Im Mittelpunkt steht diesmal der fleißige und engagierte Hildegunst Zwei. Eingeleitet wird die Geschichte durch einen kurzen Comic, der Hildegunst von Mythenmetz und Hildegunst Zwei aufeinander treffen lässt. Ich persönlich fand es eine ganz gelungene Idee, da die Beschreibung der Begegnung ohne diese Illustrationen wohl doch etwas unspektakulärer ausgefallen wäre.
Grundsätzlich fand ich die darauf folgende Erzählung wirklich unterhaltsam. Leider war es, wie bereits vermutet, eine recht kurze Geschichte, die wohl einfach zur Überbrückung dienen soll, bis der letzte Teil der Trilogie erscheint. Besonders der Anfang wirkt hier zudem sehr langatmig und vielleicht unnötig ausgedehnt.

"‘Fast jeder mag Bücher, aber wer nimmt es denn freiwillig auf sich, welche zu schreiben? […] Die meisten Leute sehen das genauso – selbst wenn sie die Literatur lieben. Sie wollen lesen. Und sind damit völlig zufrieden. Glücklich sogar. Wahrscheinlich empfinden sie in den paar Stunden der Lektüre eines Buches mehr Glück als der Autor bei der jahrelangen Niederschrift.‘“ S.111

Die Sache dabei ist aber, dass man, besonders wenn man die Trilogie der Stadt der träumenden Bücher im Hinterkopf hat, trotzdem weiterlesen möchte und die Illustrationen und die kleinen Sticheleien wie auch Liebeserklärungen an die Literatur und das Autorendasein einfach Spaß machen.
Die Erzählung hält hier und da ganz witzige Neuigkeiten über Buchlinge bereit, offenbart aber grundsätzlich vielleicht nichts Weltbewegendes. Dennoch, die Spielerei mit Namen und Wörtern haben schon ihren gewissen Reiz.
Auch wenn die Geschichte selbst eher zum Schluss etwas ereignisreicher wird, so gefielen mir aber die Gedanken rund um die Bücher und das Schreiben selbst. Geschickt wird dann auch noch darauf eingegangen, was Gier und Ruhm so alles anstellen können. Bei mir kam es zudem an der einen oder anderen Stelle vor, dass ich an "Der Hobbit" denken musste, was bei der Drachenthematik vielleicht nicht überraschend ist. Aber auch hier gibt es in Bezug auf eben den Bücherdrachen ganz schöne Denkanstöße. Als Leser kann man sich daher auf eine gelungene Mischung aus "Phantastischem" und "dem alltäglichen Wahnsinn" freuen.
Und natürlich kann man nicht ignorieren, dass man den kleinen Buchling Hildegunst Zwei grundsätzlich sympathisch findet und herausfinden möchte, was er nun alles erlebt hat. Hat er den Drachen getroffen oder bleibt es bei den Geschichten, die man sich über ihn erzählt? Auch wenn es wohl nicht artgerecht wäre, wünschte man sich den Buchling als treuen Gefährten und Mitbewohner, um mit ihm gemeinsam auf abenteuerliche Reise zu gehen.


Eine ganz unterhaltsame Geschichte eines kleinen Buchlings, den man aufgrund seiner sympathischen Art gerne auf seinem Abenteuer begleitet. Auch wenn der Anfang etwas langatmig wirkt, nimmt die Erzählung zum Ende hin deutlich Fahrt auf und lädt auch zu ganz interessanten Gedanken hinsichtlich der Literatur und dem Schreibprozess ein. Daher vielleicht auch eher für zwischendurch und für ein jüngeres Publikum reizvoll.



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Lanny von Max Porter

April 06, 2019

Werbung ~ Rezensionsexemplar (Original: "Lanny"/ 2019) Kein & Aber, Übersetzer/in: Uda Strätling und Matthias Göritz (aus dem Englischen), ★★★★★ 5 Sterne
Nicht weit entfernt von London liegt ein kleines Dorf.
Dieses Dorf gehört den Menschen, die dort leben und die dort vor hunderten von Jahren gelebt haben. Es gehört zu Englands geheimnisvoller Vergangenheit und seiner wirren Gegenwart.
Aber es gehört auch Altvater Schuppenwurz, welcher aus seinem Schlaf in den Wäldern erwacht ist. Altvater Schuppenwurz, der allen lauscht.
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"Was meinst du, was geduldiger ist, eine Idee oder eine Hoffnung?“ S.48

Wie wird man einem Roman wie „Lanny“ in einer kurzen Besprechung gerecht? Ich weiß es nicht, aber ich will versuchen mich ein wenig heranzutasten.
Die Geschichte beginnt mit der nicht ganz greifbaren Figur Altvater Schuppenwurz. Wer oder was ist er? Wieso erwacht er gerade jetzt aus seinem Schlaf? Ja, man stellt zu Beginn viele Fragen und einige werden auch bis zum Schluss nicht direkt geklärt. Aber man wagt sich Schritt für Schritt weiter vor und versucht der Stadt und seinen Bewohnern ebenso zu lauschen, wie Altvater Schuppenwurz es macht. Dabei wird der Text an sein naturbezogenes Wesen angepasst, wenn es um die Gespräche der Dorfbewohner geht. Sie suchen sich ihren Weg, wie Ranken, wie Äste von Bäumen, wie der Wind. An einigen Stellen überlagern sie sich, verschmelzen, verdoppeln sich. Diese ganz eigene Art der Darstellung des Textes macht den Roman sicherlich zu etwas Besonderem, aber auch die Ausdrucksweise ist nicht zu unterschätzen. In einigen Abschnitten sucht man nach Antworten, an anderen Stellen hat man das Gefühl, als würde man alle Antworten auf einmal präsentiert bekommen, um dann wieder zu entschwinden. Dabei wird ein ständiger Wechsel von poetischen und sehr umgangssprachlichen Ausdrücken deutlich.

„Grotesk, Theresa, ist, wie rasend schnell das umschlägt, wie rasch ein vermisstes Kind zum Riesengeschäft wird. Wie manipuliert sind wir eigentlich?“ S. 166

Anfangs noch etwas unsicher, wie ich diese Umsetzung selbst fand, begann ich den Roman, die Geschichte, Lanny und auch Altvater Schuppenwurz immer mehr zu mögen. Lannys Art wird als speziell angesehen, ebenso wie die des „irren Pete“, der als stadtbekannter Künstler für reichlich Gesprächsstoff sorgt. Beide Figuren werden mit einer sehr nachdenklichen, beinahe philosophischen Sprache in Verbindung gebracht.
So stellt Lanny eben auch Fragen, wie die obere: „Was meinst du was geduldiger ist, eine Idee oder eine Hoffnung?“ Er steht sozusagen im starken Kontrast mit der heutigen Gesellschaft, die keine Zeit mehr für solche Fragen hat.
Auch Lannys Vater reagiert auf seine eigensinnigen Denkweisen verärgert. Generell ist er eine aufbrausende, nicht zur Ruhe kommende Person – vielleicht auch deshalb, weil ihn der stressige Arbeitsalltag Londons nicht loslässt. So unsympathisch mir Lannys Vater war, war er nötig, um diese Seite der Menschen mit einzubeziehen. Oberflächlich. Pessimistisch. Überarbeitet. Gefühlkalt?
Ebenso hat Lannys Mutter einige Eigenschaften an sich, die den Roman in eine düstere Richtung lenken. Hier muss ich ganz klar sagen, dass mich eine Stelle schon beinahe verstört hat. Wer nur sehr schwer Passagen lesen kann, die das Verletzen von Tieren beinhalten, der muss an einer Stelle wirklich aufpassen. Die Verknüpfung zum Beruf der Mutter als Krimischriftstellerin ist dadurch natürlich nur umso mehr gelungen und verdeutlich, wie makaber und wie paradox, aber psychologisch erklärbar sich Menschen manchmal verhalten.
Ehrlich gesagt könnte man jede beschriebene Figur so wunderbar und ausgiebig analysieren und versuchen dadurch jedes Detail zu interpretieren, aber ich denke, das würde die Geschichte zu einem gewissen Teil zerstören. Denn der Roman spielt mit dem mythischen, mit dem, woran wir vielleicht als Kind noch glauben können, was uns dann später aber abhandenkommt.

"diese Bücher, bei denen man sich das Ende selbst aussucht“ S.71


Manchmal durcheinander, wirr, manchmal abgeklärt. Manchmal bitter ernst und dann im nächsten Moment wahnsinnig witzig, passt sich der Roman an seine Figuren – an seine Dorfbewohner an. Und man verliebt sich augenblicklich in die Figur des Lanny. Inmitten steht der mythische Altvater Schuppenwurz, der aufzeigt, was die Menschen ausmacht. Dass sie sich oft falsch verhalten, sich der Mehrheit wegen zu Sachen hinziehen lassen, die von Vorurteilen belastet sind. Dabei vergisst er nie den Verweis auf die Macht der Natur, den Dingen die wir zum Leben brauchen. Und doch fragt man sich, zwar mit Zufriedenheit, aber mit keiner klaren Antwort: Wovon handelt der Roman? Er handelt wohl von Allem und vom Nichts. Von einer Geschichte, die wahr oder unwahr sein kann. Von der Gesellschaft oder einer Familie und deren Problemen. Sicherlich aber von einer Geschichte, die einen aufweckt und dazu anregt sich von gängigen Denkmustern zu lösen.


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März: Probier´s mal mit Gemütlichkeit

April 01, 2019




Der März war für mich unfassbar intensiv, was die Fertigstellung von Hausarbeiten betrifft. Man hat zwar generell eine Idee, wie man die Arbeit aufbereiten möchte, aber wenn man dann anfangen soll zu schreiben, fühlt man sich ratlos und etwas überfordert.
Wie dem auch sei - gerade deshalb habe ich daher im März gezielt zu Büchern gegriffen, von denen ich das Gefühl hatte, dass sie eine gewisse Gemütlichkeit und Entlastung bereithalten, zumindest im Gegensatz zu den wissenschaftlichen Texten.
Hier also der genauere Überblick über die gelesenen Bücher aus dem vergangenen Monat:

Wie immer gelangt ihr durch Anklicken des Buchtitels, falls vorhanden, auf die jeweilige Rezensionsseite.  

  • "Little Women" (Little Women #1) von Louisa May Alcott: Dieses Buch hat definitiv als Ablenkung funktioniert. Die Geschichte rund um die vier Schwestern lässt sich locker lesen, hält aber auch wieder schöne Weisheiten bereit. Auch wenn die Weisheiten eher auf heranwachsende Mädchen zugeschnitten sind, besinnt man sich vielleicht mal wieder, dass man seinen eigenen Zielen nachstreben sollte und dass ein vernünftiger Umgang miteinander wichtiger ist, als wir manchmal annehmen. Kann man sicherlich immer mal wieder zur Hand nehmen, besonders um die Weihnachtszeit herum. Ich werde mich in der nächsten Zeit bestimmt noch an die weiteren Erzählungen der March-Familie wagen.
  • "The Palace of Curiosities" von Rosie Garland: Leider konnte mich das nächste Buch weniger überzeugen. Wie sagt man so schön: Irgendetwas hat mir einfach gefehlt. Oder es war der falsche Zeitpunkt für das Buch. Aber die Figuren fühlten sich unfertig an, der Handlungsstrang wollte am Ende auch nicht so richtig zusammenpassen und grundsätzlich ist der Funke einfach nicht übergesprungen. Vieles wird zu schwach ausgearbeitet und lässt den Leser eher etwas enttäuscht zurück.
  • Auch mit "The Binding" von Bridget Collins hatte ich einige Schwierigkeiten. Obwohl hier einiges deutlich greifbarer ist und man mehr mit den Figuren mit fiebert, bricht auch hier die Geschichte etwas unvollendet ab. Natürlich, das Stilmittel kennen wir, aber hier hat es für mich nicht gepasst. Viel zu viele angesprochene Handlungen, auch wichtige und problematische Handlungen, werden fallen gelassen und nicht genug hinterfragt. Am Anfang denkt man, dass sich noch eine unfassbar weite Welt errichten wird, von der man noch nichts ahnt, am Ende ist der Zauber irgendwie verflogen, auch wenn man die Erinnerung des Protagonisten Emmet zeitweise gerne verfolgt und miterlebt.
  • Ein wenig besser gefallen hat mir hingegen "Das Leuchten des Mondes" von Lydia Netzer. Ich mochte die "Eigenarten" (was sie eigentlich nicht sind) der Protagonisten und ihr Zusammenspiel als Familie. Ich mochte die Thematik, dass alles "Normale" meist nur ein inszenierter Schein ist und auch einige gelüftete Geheimnisse aus der Vergangenheit haben die Geschichte zu etwas Besonderem gemacht. Wären da nicht einige Fehlgriffe, was die Wortwahl angeht, hätte ich dem Buch vielleicht auch eine stärkere Bewertung gegeben.
  • "The Little Book of Hygge" von Meik Wiking hat natürlich wunderbar zu meiner "ich will Gemütlichkeit"-Stimmung gepasst. Wovon sollte man in so einer Situation schließlich sonst lesen, als von Dingen die glücklich machen und ein wohliges Gefühl bereiten? Wiking analysiert hier die Hygge-Lebenseinstellung der Dänen. Und sicherlich findet man hier ganz nette Anekdoten, Tipps & Tricks für eine schöne Stimmung, aber deutlich wird auch, dass jede Nation wohl so eine eigene Hygge-Tricks auf Lager hat. Dennoch ganz schön für Zwischendurch, um einfach mal abzuschalten. 
  • "The Secret Lives of Dresses" von Erin McKean: Nach dem Glücksratgeber hatte ich noch mehr Lust auf Wohlfühlbücher. Eines davon habe ich direkt gelesen, nämlich dieses. Das Buch bietet vom Inhalt, was es Äußerlich verspricht. Eine süße, verspielte, unterhaltsame Geschichte, die einige Geheimnisse bereithält und das nicht nur in Bezug auf die erwähnten Kleider. Es war deutlich besser, als zunächst erwartet und sicherlich perfekt, wenn man eine Geschichte fürs Herz sucht.
  • Das letzte Buch des Monats habe ich quasi verschlungen. Es handelt sich dabei um "Der Bücherdrache" von Walter Moers. Da das Buch recht kurz ist, kann man es gut an einem Abend durchlesen. Da noch eine separate Rezension folgen wird, werde ich an dieser Stelle noch nicht zu viel verraten.

Welche Bücher haben euch im März begleitet? Gab es Tops oder Flops? Hat euch heute jemand mit einem Aprilscherz erwischt?



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