Lesen von Steve McCurry und Paul Theroux

November 10, 2016








(Original: "On Reading " / 2016) Prestel Verlag , Übersetzer/in: -, 144 Seiten mit 60 farbigen Abbildungen, gebunden,  Einzelband, ★★★★(4 bis 5 Sterne
Das Copyright der im Buch enthaltenen Bilder liegt bei Steve McCurry und dem Prestel Verlag
"Ein kurzer Moment der Ruhe inmitten des Chaos: Versunkenheit, Konzentration. Wenn Menschen lesen, verschwindet die Realität für kurze Zeit. In solchen magischen Augenblicken drückt Steve McCurry auf den Auslöser. Der weitgereiste Magnum-Fotograf hat die unterschiedlichsten Leser fotografiert: Kinder und Alte, Frauen und Männer, mit der Zeitung, dem Schulbuch oder einem Roman. Mit einer Einführung des berühmten Gegenwartsautors Paul Theroux.

MEINE MEINUNG | FAZIT 

"Aufgewachsen in einer Zeit verbotener Bücher, einer Zeit, in der manch ein Schriftsteller als Geächteter galt, übte diese offenkundige Verruchtheit auf mich eine große Faszination aus.“ S.8

Heutzutage und vor allem in unserer Gesellschaft ist das Lesen selbstverständlich geworden. Man sieht Menschen im Alltag überall mit etwas Lesbarem, sei es in der Bahn, im Bus, im Café oder eben im Internet. Besonders das Internet scheint den Eindruck des Lesens sehr zu prägen. „Bookstagram“ zeigt sich da zum Beispiel von einer ganz eigenen Seite. Meist fehlt aber dieser Moment des Lesens selbst auf den Bildern, der zeigt, wie sehr wir in der Welt der Bücher gefangen sind. Und genau da greift das Buch „Lesen“ von Steve McCurry, welches mit einem tollen Vorwort des Autors Paul Theroux („Hotel Honolulu“) ergänzt wurde, gekonnt ein. Er zeigt eben diese intimen Momente des Lesers, in denen er gebannt ist, in denen er fasziniert ist oder sich einfach gut unterhalten fühlt. Dabei spielt es auch kaum eine Rolle was man liest, es können Zeitungen, Bücher, Religionsbücher oder etwas anderes Niedergeschriebenes sein. Es ist faszinierend zu sehen, wie Menschen auf der ganzen Welt durch das Lesen eine Verbundenheit aufbauen, obwohl sie auf den ersten Blick sonst nichts gemeinsam zu haben scheinen. Was mir zudem noch umso besser an diesem Bildband gefällt, ist der Fokus auf die „exotischen“ Länder. Leser, die wir durch die andere Umgebung ganz neu kennenlernen und uns dennoch identifizieren können. Das stille Lesen am Küchentisch, die kurze Lesepause im Park während der Vorlesungen , das Eintauchen in ein Buch mit einem Freund. All dies bekommt durch Steve McCurrys einen ganz eigenen und einen ganz neuen Glanz, der einen tatsächlich verzaubert. Und obwohl es immer ums Thema und scheinbar um das selbe Motiv des „Lesers“, wie auch des „Lesens“ geht ist kein Bild wie das andere, es ist so vielseitig, wie die Menschen, die man dort sieht.

"Daran hat sich bis heute an den High Schools und am College nichts geändert - bekannte Namen werden den anderen vorgezogen, und der Grund dafür ist sicherlich, dass - leider - die Zeit begrenzt ist. Das ist eine wahre Schande, denn Lesen ist nichts, was man in Schubladen einsortieren kann, Lesen ist eine Kompetenz, ein Vergnügen, das auf Anregungen angewiesen ist, um sich zu einer lebenslangen Leidenschaft entwickeln zu können.S.12

Das Schöne am Lesen ist, dass man tatsächlich nichts weiter braucht, als sich selbst und die Lektüre. Keine weiteren Gadgets, keine teuren Accessoires oder eine bestimmte Kleidung; und dennoch fällt der Blick des Betrachters auch auf die Details um die Leser herum. Wie ist ihre Umgebung, wie könnte ihr Leben aussehen? Man beginnt, sich empathisch in sie hineinzuversetzen, so als würde man eine Geschichte lesen und Stück für Stück eine neue Welt erkunden. Verschiedene Kulturen, verschiedene "Schichten" werden hier nähergebracht und zeigen auf, dass dieser weltverbreitete Drang nach dem Lesen alle Menschen trifft. Es ist wirklich faszinierend wie viel man auf den Bildern entdecken kann. Obwohl es „nur“ sechzig Fotografien sind (auf einer Seite ist jeweils das Bild, auf der anderen der Ort der Aufnahme), kann man nicht bestreiten, dass man Stunden mit dem Betrachten der Bilder verbringen könnte, insbesondere wenn man sich für diese gezielte Darstellung des Lesens interessiert. Was zudem noch ein wirklich großer Pluspunkt des Buches ist, ist sicherlich das zauberhafte Vorwort von Paul Theroux. Seine Liebe zur Literatur bildet ebenfalls den Rahmen für diese einzigartigen Fotos und entfacht in einem selbst, ebenfalls eine erneute Leidenschaft dafür, besondere Bücher und auch Schriftsteller wertzuschätzen. Gleichzeitig findet man darin viele interessante „Literaturtipps“, da Theroux es dem Leser nicht vorenthält, seine Lieblinge unter den literarischen Meisterwerken preiszugeben.

"Meine Auffassung von Hölle ist eine Existenz ohne etwas Lesbares, aber meine Hoffnung läge darin, das zu ändern, indem ich etwas schreibe.“ S.8
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Unfassbar vielseitiger Bildband, der sich mit dem Lesen und dem Leser an sich auseinandersetzt. Zeigt die verschiedensten Umgebungen, Menschen und Einflüsse, wie auch die verschiedenen Positionen in denen man überhaupt lesen kann, auf. Es ist bunt und hält viel mehr für den Betrachter bereit, als auf den ersten Blick ersichtlich. Ergänzt durch das interessante Vorwort von Paul Theroux ist das Buch ein wahres Schätzchen für alle, die sich für das Lesen an sich interessieren und die auch eine Faszination für die kulturellen Unterschiede aufweisen kann (auch wenn alle Motive lesende Menschen sind).


























Vielen Dank an den Prestel Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!


2 Kommentare:

  1. Da ist mir dieses Buch gerade gestern in einem Boersenblatt-Artikel zum Thema Coffee Table Books aufgefallen, und jetzt sehe ich es heute auf deinem Blog! :)

    Die gezeigten Einblicke finde ich spannend, aber ich frage mich manchmal, ob Instagram in unserer Generation die Bildbände und Coffee Table Books vertreiben wird. Aktuell sehe ich da für mich selbst den Kosten/Nutzen Faktor nicht, aber vielleicht ändert sich das in ein paar Jahren auch wieder...

    Hier der Link zu betreffendem Artikel: http://www.boersenblatt.net/artikel-coffeetable-books_fuer___stheten.1248791.html

    LG, Cara

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    1. Also ich finde diese Art von Büchern wirklich wertvoll und auch sinnvoll und fände es furchtbar schade, wenn sie aus Konkurrenzgründen wie zum Beispiel Instagram "verschwinden" sollten. Es ist einfach ein ganz anderes Gefühl, wenn man sich solch ein Buch in Ruhe und mit der nötigen Zeit auf dem Sofa ansieht und darin schwelgt oder ob man flott zwischen der Arbeitspause oder Ähnliches durch die Instagram Timeline scrollt. Klar, sie sind als "Coffetable-Book" auch zum Blättern da, aber tatsächlich auf ganz eigene Weise. Zudem sind sie ja nicht nur für "normale" Leser gedacht, die eine tolle Gestaltung lieben, sondern eben auch für Leser die sich ganz speziell mit der Fotografie beschäftigen (möchten). Und ich finde solche Einblicke sind wahrhaftig etwas Wertvolles, da man ja nicht die Möglichkeit hat in alle Länder zu reisen und sich einen Eindruck von den "Lesenden" zu machen. : D Ja, auch hier gibts das sicherlich auch auf Instagram, aber ich persönlich bevorzuge diese Liebe zur Gestaltung der Bilder in Form eines Buches und sie sind ja auch allein als Geschenk-Idee viel ansehnlicher. Aber ich glaube das hat viel mit der eigenen Ansicht des "Nutzens" zu tun wie du sagst und ich kann auch nachvollziehen, wenn sich jemand (noch) nicht dafür begeistern kann, weil er andere Bücher lieber mag. : ) Ich hoffe ich hab dich jetzt nicht komplett falsch verstanden... : D


      Liebe Grüße
      Karin

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